Die Zukunft der EU sichern

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Transkript:

European Office Die Zukunft der EU sichern Forderungen des VDMA zu einer Reform der EU Registration number in the register of representative bodies: 976536291-45 Januar 2017

1. Einleitung Die EU befindet sich in der tiefgreifendsten Krise seit ihrer Gründung. Wohlstand und Sicherheit durch Kooperation: Dieses Versprechen eines geeinten Europas wird zunehmend in Frage gestellt. Brexit, die Flüchtlingskrise, die Probleme in der Eurozone, die anhaltende wirtschaftliche Schwäche in den südeuropäischen Ländern und vor allem der in fast allen Ländern aufkommende Nationalismus stellen die EU vor eine Zerreißprobe. Das Auseinanderbrechen der EU ist kein unrealistisches Szenario mehr. Spätestens nach der Brexit-Entscheidung hat die Politik in Europa erkannt: Ein weiter so kann es nicht geben. Es sind aber nicht nur die politischen Institutionen und Akteure, sondern die sogenannten europäischen Eliten insgesamt, das heißt vor allem auch die Wirtschaft, die eine Antwort geben müssen. Die EU muss reformiert werden und eine neue Stabilität finden, damit sie die Herausforderungen, vor denen Europa steht, meistern kann. Als exportorientierte Industrie hat der deutsche Maschinen- und Anlagenbau wie kaum eine andere Branche von der wirtschaftlichen und politischen Einigung sowie dem Euro als Gemeinschaftswährung profitiert. Die EU ist nicht nur der größte Markt für den Maschinenbau. Sie ist auch gewichtige Stimme im internationalen Konzert und hilft, global Märkte für die Unternehmen der Investitionsgüterindustrie zu erschließen. Die EU ist Garant für Frieden und politische Stabilität in Europa und nur als Einheit hat Europa eine Chance, sich in einer globalisierten Welt langfristig zu behaupten. 2. Integration fortsetzen - Die EU braucht eine Reform Für den VDMA gibt es zur europäischen Einigung keine Alternative. Wir glauben an die europäische Idee und sehen auch ganz sachlich keine Alternative in einer globalisierten Welt. Die Antwort auf die wirtschaftspolitischen Machtzentren USA und China kann kein zersplittertes Europa sein. Die politischen Entwicklungen weltweit zeigen deutlich, dass sich Europa nicht länger darauf verlassen kann, dass andere große Volkswirtschaften in kritischen Situationen eine Führungsrolle einnehmen. Zusätzlich muss damit gerechnet werden, dass die traditionelle Bindung zwischen westlichen Staaten aufweicht. Vor diesem Hintergrund wird es noch wichtiger, dass Europa mit einer Stimme auf der Weltbühne auftritt, sei es in handelspolitischen oder aber auch geopolitischen Fragen. Der VDMA fordert daher, die Integration der Europäischen Union fort zu führen und zu vertiefen. Die erforderliche Reform der EU muss den europäischen Einigungsprozess stärken, die EU handlungsfähig machen und in die Lage versetzen, die Herausforderungen, vor denen Europa steht, zu bewältigen. Diese Neuaufstellung der EU ist politisch hochbrisant, inhaltlich umstritten und auch angesichts von anstehenden Wahlen in Deutschland und Frankreich kurzfristig nicht zu realisieren. Die Debatte hierzu ist jedoch in vollem Gange und der VDMA will mit diesem Papier seinen Beitrag in der Diskussion hierzu leisten. 3. Mehr Europa bei den großen Themen Der EU ist es in den letzten Jahren nicht gelungen, zentrale Probleme, die Menschen in Europa bewegen, effizient zu adressieren und zu lösen. Das beste Beispiel hierfür ist die Flüchtlingskrise. Die EU konnte eine echte europäische Lösung hierfür durch stark divergierende Interessen der Mitgliedstaaten bis heute nicht finden. Aber auch die anhaltende Wirtschaftskrise mit hohen Arbeitslosenzahlen vor allem in Südeuropa kreidet die Bevölkerung zumindest teilweise der EU an. Der Versuch der EU, den Euro nachhaltig zu stabilisieren, ist ebenfalls keine Erfolgsgeschichte. Sowohl im Rahmen der Flüchtlingskrise (Dublin-Verordnung) als auch beim Euro (Stabilitätspakt) haben sich Mitgliedstaaten absichtlich und eklatant über bestehende EU-Regelungen 2

hinweggesetzt, ohne dass dies wie vorgesehen sanktioniert wurde. Dieses Verhalten ist nicht nur den südeuropäischen Staaten, sondern auch Deutschland und Frankreich vorzuwerfen. Es untergräbt die Unionstreue und sendet das Signal, dass EU-Vereinbarungen im Zweifel ignoriert werden können, wenn es einem Mitgliedstaat nützlich erscheint. Ein einheitliches Vorgehen der EU in Krisensituationen lässt sich so nicht gewährleisten. Gerade bei den zentralen europäischen Themen gibt die EU ein Bild der Zerstrittenheit ab. Nationale Egoismen führen zu halbgaren europäischen Kompromissen und verhindern effektive Lösungen. Die Diskussionen um die Unterzeichnung von CETA haben dieses Dilemma so plastisch gemacht wie selten zuvor: eine kleine Region in Europa hat die Möglichkeit, die gesamte EU zu blockieren. Die eingeschränkte Handlungsunfähigkeit der EU behindert nicht nur eine effiziente Problemlösung, sondern untergräbt auch das Ansehen und die Reputation der EU in der Bevölkerung, bildet den Nährboden für Populisten in ganz Europa und gefährdet so das gesamte europäische Projekt. Angesichts der wirtschaftlichen, sozialen und geopolitischen Herausforderungen vor denen wir stehen, kann die Antwort auf diese Krise nicht eine Renationalisierungspolitik sein. Für den VDMA kann die die Antwort nur lauten: Wir brauchen mehr statt weniger Europa. Der VDMA spricht sich daher für eine klar definierte EU-Zuständigkeitsordnung aus. Die zentralen Themen und Problemen, die Europa nur als Einheit angehen und lösen kann, müssen in die ausschließliche Zuständigkeit der EU fallen und vor allem müssen sie Gegenstand von Mehrheitsentscheidungen sein. Ein Vetorecht einzelner Staaten darf es nicht mehr geben. Dies bedeutet natürlich auch, dass in einem starken Europa die deutsche Position sich nicht immer durchsetzen wird. Das wird im Einzelfall unbequem sein und kann wehtun. Solange die Entscheidungsprozesse jedoch demokratisch legitimiert und transparent sind, ist dies einem zersplitterten Europa vorzuziehen, das nicht in der Lage ist die großen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Herausforderungen unserer Zeit zu meistern. Hieraus ist aber nicht zu schließen, dass alles auf europäischer Ebene zu entscheiden und zu regeln ist. Einen europäischen Superstaat will der VDMA nicht. Themen, die besser auf nationaler oder regionaler Ebene zu entscheiden sind, müssen den Mitgliedstaaten oder Regionen überlassen werden. Dies ist in einer neuen EU-Zuständigkeitsordnung, die in einem demokratisch legitimierten Prozess entwickelt wird, ebenfalls fest zu schreiben. 4. Zuständigkeiten klar abgrenzen - Transparenz herstellen Die EU wird derzeit immer wieder zum Sündenbock für Missstände gemacht, die vor allem auf Entscheidungen der Mitgliedstaaten zurückgehen. Die Bevölkerung und sogar Spezialisten durchschauen nicht mehr, welche Ebene und konkret welcher Politiker für welche Entscheidungen verantwortlich ist. Darüber hinaus hat in einem Europa ohne echte europäische Öffentlichkeit die EU kaum eine Stimme, um falsche Informationen und Behauptungen zu entkräften. Dies führt im Endeffekt nur zu einem weiteren Vertrauensverlust der EU. Politik, die nicht klar zuzuordnen ist, kann auch bei Wahlen nicht unterstützt oder abgewählt werden und verliert so ihre Legitimation und öffentliches Vertrauen. Die neue Zuständigkeitsordnung muss daher klare Abgrenzungen enthalten. Es muss so trennscharf wie möglich definiert werden, welche Ebene (EU, Mitgliedstaaten, Regionen) für welche Themen und politischen Entscheidungen zuständig und damit auch verantwortlich ist. 3

Nur so kann die dringend erforderliche Transparenz der Verantwortlichkeiten hergestellt und das Sündenbock-Dilemma vermieden werden. 5. Mehr Europa nur mit mehr Demokratie Schon jetzt wird die EU in der Bevölkerung und auch in der Wirtschaft als undemokratisches Gebilde gesehen, das von Brüssel aus in das Leben der Bürger und Unternehmen hineinregiert. Die Übertragung von weiteren Zuständigkeiten und vor allem die Abschaffung des Vetorechts der EU-Mitgliedstaaten müssen daher unbedingt einhergehen mit einer weiteren Demokratisierung der EU. Ein mehr an Europa muss auch ein mehr an Demokratie bedeuten. Ansonsten wird der Rückhalt der EU in der Bevölkerung weiter erodieren. Hinterzimmerdeals zwischen den Mitgliedstaaten im Europäischen Rat oder auch zwischen Rat und Europäischem Parlament müssen der Vergangenheit angehören. Dies geht nur, wenn das Europäische Parlament endlich die Rolle eines echten Parlaments in einer repräsentativen Demokratie wahrnehmen kann. Der VDMA fordert daher die Stärkung der Rechte des Europäischen Parlaments hin zu einer vollwertigen europäischen Volksvertretung. Hierzu gehört, vor allem dass die Europäische Kommission als Regierung der EU der vollen Kontrolle des EP unterliegen muss. Außerdem muss das Europäische Parlament das Vorschlagsrecht für Gesetzgebung erhalten. 6. Ein neuer institutioneller Rahmen für die EU Mit den derzeitigen Strukturen und Prozessen der EU, wie sie im Lissabonner Vertrag festgelegt sind, können die dringend erforderlichen Veränderungen nicht erreicht werden. Es führt kein Weg daran vorbei: Die EU braucht einen neuen institutionellen Rahmen, um sich den gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts stellen zu können und die von uns geforderten Reformen umzusetzen. Die neue Zuständigkeitsordnung, die das Verhältnis zwischen EU und Mitgliedstaaten in Teilen neu regelt und neue Entscheidungsprozesse in der EU können nur als Ergebnis einer breiten politischen Debatte und auf der Grundlage eines demokratisch definierten Prozesses festgelegt werden. Gerade die Definition der Zuständigkeitsordnung muss auf der Grundlage des Subsidaritätsprinzip erfolgen. Entscheidungen, die besser und effektiver auf nationaler oder regionaler Ebene getroffen werden sollten, dürfen nicht in die Zuständigkeit der EU fallen. Politikbereiche hingegen, die sinnvollerweise einen europäischen Ansatz brauchen, müssen in die ausschließliche Zuständigkeit der EU fallen. Die aufkommenden nationalistischen Trends in vielen Mitgliedstaaten der EU lassen Zweifel aufkommen, ob eine derartig umfassende Reform der EU überhaupt realisierbar und durchsetzbar ist. Allerdings scheint trotz dieser Tendenzen auch ein latentes Gefühl in der Bevölkerung vor zu herrschen, dass die Staaten in Europa nur gemeinsam ihre Interessen zwischen den Blöcken China und USA wahren können. Anders sind die steigenden Zustimmungsraten in einigen Ländern nach dem Austritt Großbritanniens und den Wahlen in der USA kaum zu erklären. Es scheint viel dafür zu sprechen, dass die Bürger und Unternehmen Europas eine EU befürworten, und zwar eine EU, die handlungsfähig ist und dadurch in der Lage ist die Herausforderungen und Probleme vor denen Europa steht anzupacken. Eine Reform der EU muss daher in einer sehr intensiven Debatte in allen Mitgliedstaaten vorbereitet und demokratisch legitimiert werden. Ein weiteres Eliteprojekt aus den Elfenbeintürmen Brüssels und den anderen EU-Hauptstädten wird scheitern. 4

7. Zusammenfassung Als exportorientierte Industrie hat der deutsche Maschinen- und Anlagenbau wie kaum eine andere Branche von der wirtschaftlichen und politischen Einigung sowie dem Euro als Gemeinschaftswährung profitiert. Auch für die Zukunft ist eine funktionierende und handlungsfähige EU mitentscheidend für den wirtschaftlichen Erfolg der Branche. Die letzten Jahre haben gezeigt, dass die EU in der jetzigen Verfassung nicht zukunftsfähig ist. Der VDMA fordert daher eine umfassende Reform der EU. Die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Herausforderungen in einer globalisierten Welt werden sich nur mit einem starken und handlungsfähigen Europa meistern lassen. Die Eckpunkte einer solchen Reform umfassen: - Klare und ausschließliche EU-Zuständigkeit für alle Themen, die effektiv nur europäisch adressiert werden können; - Kein EU-Superstaat; Subsidiaritätsprinzip bei Zuständigkeitsverteilung beachten; - Einführung der Mehrheitsentscheidung für diese Bereiche, Abschaffung des Vetos einzelner Mitgliedstaaten; - Abgrenzung der Zuständigkeiten von EU und Mitgliedstaaten klar definieren und transparent machen; - Demokratisierung der EU durch Stärkung des Europäischen Parlaments - Intensive europäische Debatte und demokratischen Prozess zur EU-Reform lancieren. Kontakt: Holger Kunze VDMA European Office Boulevard A. Reyers 80, B - 1030 Brüssel Tel: + 32 27 06 82 13 Email: holger.kunze@vdma.org 5