KAPITEL 1: EINFÜHRUNG

Ähnliche Dokumente
Output Input. Ziel Mittel. Ziel Mittel. Ziel Mittel. AUFGABE 3/ Übungsblatt #1. a) Ökonomisches Prinzip

Klausur Mikroökonomie I Diplom SS 06 Lösungen

Semester: -- Workload: 150 h ECTS Punkte: 5

UNIVERSITÄT DORTMUND WIRTSCHAFTS- UND SOZIALWISSENSCHAFTLICHE FAKULTÄT

OTTO-VON GUERICKE-UNIVERSITÄT MAGDEBURG FAKULTÄT FÜR WIRTSCHAFTSWISSENSCHAFT

Lernender.ch - Das Infoportal für Lernende

Einführung in die VWL für Studierende der Fächer Rechts- und Politikwissenschaft I (WS 2001/02)

Wirtschaftspolitik. Übung 2 - Marktversagen

Grundlagen der Volkswirtschaftslehre Übungsblatt 11

Lösungen zu Aufgabensammlung. Wachstumstheorie: Aufgabensammlung I. Was versteht man unter dem Begriff Produktionspotential einer Volkswirtschaft?

5. Das Standardmodell der realen Außenhandelstheorie

1. Nennen sie 6 Aufgabengebiet mit denen sich die VWL beschäftigt.

Wirtschafts- und Sozialkunde

Inhaltsverzeichnis Repetitorium Vwl (Grafiken) Wählen durch anklicken!

Kapitel 2: Arbeitsproduktivität und komparativer Vorteil: Das Ricardo-Modell. Folie 2-1

Antworten zu den Repetitionsfragen

Lösungen zu Aufgabensammlung. Konsumgüter. Arbeitseinkommen. Was wird am Geld-, bzw. Güterstrom gemessen und was bedeuten diese Begriffe?

Einführung in die Mikroökonomie

Spezialisierung, Komparativer Vorteil

Vorlesung 4: Unternehmen: Input - Blackbox - Output

Mikro I Definitionen

Einführung 1. Einführung S. 14. Was versteht man unter dem Begriff Wirtschaft? Unter dem Begriff Wirtschaft verstehen wir

Einführung in die VWL für Studierende der Fächer Rechts- und Politikwissenschaft I (WS 2001/02)

SSC Basismodulprüfung Stufe Berufsprüfung Musterprüfung mit Musterlösungen. Fach: Volkswirtschaftslehre (Basiswissen) Kandidat/in: 7 Aufgaben

Mikroökonomik 9. Vorlesungswoche

Klausur Basismodul Einführung in die Volkswirtschaftslehre

III. Theorie und Politik der Öffentlichen Ausgaben. A. Wohlfahrtsstaat B. Öffentlich angebotene private Güter

Finanzwissenschaft I Finanz- und Wirtschaftspolitik

Ausgewählte Konzepte der Steuerwirkungslehre

MODUL: AGRARPREISBILDUNG AUF EU-MÄRKTEN WS 01/02 ULRICH KOESTER

Die klassische Beschäftigungstheorie und -politik Deutsche Sparkassenzeitung, Nr. 65, , Seite 2

Mag. Dr. Magdalena Bleyer

Das Solow-Modell und optimales Wachstum

Allgemeine Volkswirtschaftslehre

Krisen. (Die volkswirtschaftliche Perspektive) Xenia Matschke Internationale Wirtschaftspolitik (IWP)

Kapitel 1 auf den Punkt gebracht

Crashkurs IHK Prüfung

1.3 Die Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung. Einkommensentstehung, -verwendung und -verteilung

GRUNDZÜGE DER VOLKSWIRTSCHAFTSLEHRE

Prof. Dr. Ulrich Schwalbe Wintersemester 2004/05. Klausur Mikroökonomik. Matrikelnummer: Studiengang:

Komparativer Vorteil: Die Grundlage von Handelsbeziehungen

Kapitel 1.2: Marktgleichgewicht und Effizienz 1

Kapitel I: Makroökonomische Probleme und Theorien

Klausur Basismodul Einführung in die Volkswirtschaftslehre

Unterschiede bei den Produktionsfunktionen zurückzuführen und können sich auf partielle Produktivitäten (Arbeitsproduktivität, Kapitalproduktivität,

Grundlagen der Ökonomie (Teil II) Grundlagen der Makroökonomik und der Wirtschaftspolitik Wirtschaftswachstum

Internationale Ökonomie I. Vorlesung 5: Das Standard-Handels-Modell (Masterkurs) Dr. Dominik Maltritz

Gerechter Handel. gerechtes Handeln?

Makroökonomie I Vorlesung # 1 Einführung

Internationale Ökonomie I Vorlesung 4: Das Heckscher-Ohlin-Modell: Ressourcen, komparative Vorteile und Einkommen (Masterkurs) Dr.

Finanzwissenschaft Einführung

Dr. Ulrich Mössner Grundbegriffe der Volkswirtschaft und was dahinter steckt

Volkswirtschaftslehre Mikroökonomische Entscheidungsmodelle - Vorlesung im WS 2015/2016

Grundlagen der VWL, Mikroökonomie und VGR

Internationale Ökonomie II. Vorlesung 4:

Inhalt. Einführung in die Betriebswirtschaftslehre. 1 Grundlagen und Rahmenbedingungen der Betriebswirtschaftslehre

Kann eine Wirtschaft auch ohne Wachstum funktionieren? Prof. Dr. Mathias Binswanger

Geld ist ein Wertaufbewahrungsmittel:

Inflation. Was ist eigentlich../inflation u. Deflation

Univ.-Professor Dr. Jan Franke-Viebach SS Makroökonomik II

Stoffplan Gymnasium Laufen: Schwerpunktfach Wirtschaft (1 Jahr) 1. Semester (5 L) 2. Semester (5 L) Recht. Recht. Buchhaltung.

UE2: Aufgaben Vollständige Konkurrenz und Marktversagen

Aufgaben zur Mikroökonomik I

Gesamtklausur Mikroökonomie II WS 06/07 Lösungen

Ökobilanz Brillengläser

Warum wächst die Wirtschaft?

I. DIE ROLLE DES ÖFFENTLICHEN SEKTORS IN EINER MARKTWIRTSCHAFT: ANALYTISCHE GRUNDLAGEN

Mikroökonomie I WS 2004/2005. PD Dr. Thomas Wein, Universität Lüneburg Sprechzeiten: mittwochs, Uhr 30, UC (bitte in Liste eintragen)

Welche Gründe liefert die ökonomische Theorie für die Pflichtversicherung und die Versicherungspflicht?

Einführung in die VWL Teil 2

Volkswirtschaftslehre & (Wirtschafts-) Politik

Nachfrage, Angebot, Gleichgewicht, Effizienz auf perfekt kompetitivem Markt Aber: Marktversagen (Part 3)

Das Modell spezifischer Faktoren

Unterschied zwischen Volkswirtschaftslehre und Betriebswirtschaftslehre. Kauf von Gütern und Dienstleistungen Zur Befriedigung der Bedürfnisse

Kapitel 16 und 17. Anwendungen Konsumententheorie

Lehrstuhl für Volkswirtschaftslehre insbesondere Wirtschaftstheorie

UNIVERSITÄT HEIDELBERG ALFRED-WEBER-INSTITUT PROF. DR. AXEL DREHER

Kapitel V. Öffentliche versus private Produktion

Diplom-Vorprüfung - Wirtschaftswissenschaften - Prüfungsfach: Volkswirtschaftslehre (Makro) Prüfer: Prof. Dr. Johann Graf Lambsdorff Matr.-Nr.

Übung Teil 2: Bevölkerung, Technologie, Demographie

Unterrichtsmodule zum Inhaltsfeld Marktwirtschaft

AVWL I (Mikro) - Prof. Sven Rady Ph.D. - Klausur am Abschlussklausur AVWLI

Lösungen zu Aufgabensammlung. Aussenwirtschaftstheorie: Aufgabensammlung I

Unternehmensprozesse Teil 1

Übung zur Vorlesung Grundlagen der Wirtschaftspolitik

Linguistische Analyse innerbetrieblicher Metakommunikation

Marktinteraktion: Übersicht

WIRTSCHAFTSKREISLAUF UND ARBEITSTEILUNG

Der Einfluss monovalenter Strom- Wärmepumpen auf den Bedarf an gesicherter Kraftwerksleistung. Michael Bräuninger. Nr. 5

LÖSUNG ZUR VORLESUNG MAKROÖKONOMIK I (SoSe 14) Aufgabenblatt 4

Fallstudie 4: Natürliche Monopole

SVWL IV-Klausur zur Veranstaltung. Finanzwissenschaft II

E-Lehrbuch BWL einfach und schnell DER WIRTSCHAFTSKREISLAUF

Modulhandbuch. für den Teilstudiengang. Wirtschaft / Politik

Farmer: Internationale Mikroökonomik, Kurs, 3 SSt, Do, Uhr, HS 15.06

Bearbeiten Sie vier der fünf Aufgaben!

Einführung in die Volkswirtschaftslehre (Kurs 40501)

Transkript:

KAPITEL 1 KAPITEL 1: EINFÜHRUNG Gliederung 1.1 Gegenstand der Ökonomie 1.2 Methodisches Vorgehen in der Ökonomie 1.3 Gesellschaftliche Bedeutung ökonomischer Analysen 1.1 Gegenstand der Ökonomie Themen, mit denen sich die Ökonomen beschäftigen (Beispiele): - Entscheidungen von Marktteilnehmern - Marktpreise (u. a. Mindestpreise, Höchstpreise) - Marktformen (u. a. vollkommene Konkurrenz, Monopol) - Leistungskraft von Volkswirtschaften - Integration von Volkswirtschaften in den Welthandel - Arbeitslosigkeit - Inflation Die Volkswirtschaftslehre umfasst zwei Teilgebiete, einerseits die Mikro- und andererseits die Makroökonomie. In der Mikroökonomie (Kapitel 2, 4, 5 der Vorlesung) befasst man sich mit den wirtschaftlichen Entscheidungen der einzelnen Haushalte und Unternehmen sowie mit ihrem Zusammenwirken auf den Märkten für einzelne Güter und Dienstleistungen. Hierbei stehen drei Themen im Vordergrund: Mikroökonomie - Nachfrageaspekte (Nachfrage nach Gütern, Arbeit usw.) - Angebotsaspekte (Angebot an Gütern, Arbeit usw.) - Marktgeschehen (Marktformen, Marktpreise, Marktgleichgewicht) In der Makroökonomie (Kapitel 6-9 der Vorlesung) werden gesamtwirtschaftliche Zusammenhänge betrachtet. Man beschäftigt sich mit gesamtwirtschaftlichen Grössen wie z.b. dem Sozialprodukt eines Landes, der Inflation oder der Arbeitslosigkeit. Hierbei steht eine Volkswirtschaft als Ganzes im Vordergrund. Die Makroökonomie umfasst mehrere Teilgebiete, wie etwa: Makroökonomie - Aussenwirtschaftstheorie und -politik - Geldtheorie und -politik - Arbeitsmarkttheorie und -politik. Angewandte Fragestellungen umfassen vielfach eine mikro- und eine makroökonomische Komponente (insbesondere Kapitel 3, 10 der Vorlesung). Dies machen die folgenden Beispiele deutlich: Beispiel 1: Soll der Benzinpreis auf 5 CHF erhöht werden? Mikro: Welche Auswirkungen hat eine Benzinpreiserhöhung auf die Nachfrage einzelner Autofahrer nach Benzin? Makro: Welche Auswirkungen hat die Veränderung der Benzinnachfrage auf den Arbeitsmarkt? 1

EINFÜHRUNG Beispiel 2: Soll man eine CO 2 -Steuer einführen? Mikro: Wie hoch soll die Steuer sein? Welche Nachfrageänderung will man bewirken? Makro: Welche Auswirkungen hat eine CO 2 -Steuer auf das gesamtwirtschaftliche Preisniveau? Gibt es Auswirkungen auf die Konkurrenzfähigkeit inländischer Produkte auf den Weltmarkt? Beispiel 3: Lohnt sich ein Studium? Mikro: Rentiert sich das Studium für den Einzelnen (Rendite), und von welchen Faktoren hängt die Rendite ab? Makro: Lohnt sich das Studium des Einzelnen für die gesamte Volkswirtschaft? Und gibt es eine Rendite für das Bildungssystem einer Volkswirtschaft? Einige Kernaussagen über die Rolle der Ökonomie - Ökonomie ist eine Denkmethode - Ökonomie ist Sozialwissenschaft - Ökonomie ist keine eindeutige Wissenschaft - In der Ökonomie geht es darum, warum und wie Menschen (ökonomische) Entscheidungen treffen - Es geht darum, aus knappen Ressourcen das Beste herauszuholen (Effizienz) - In der Ökonomie geht es um das Glück der Menschen (als Nutzen) in dem Sinn, dass (individuelle) Ziele möglichst gut erreicht werden - Ökonomisches Denken bedeutet die Wahrnehmung von Zielkonflikten und das Auswählen von Alternativen - Die Auswahl sollte so erfolgen, dass die Differenz zwischen Ertrag und Kosten maximiert wird. 1.2 Methodisches Vorgehen in der Ökonomie Das methodische Vorgehen in der Ökonomie lässt sich in 3 Stufen unterteilen: 1. Feststellung eines Problems (z.b. Arbeitslosigkeit, Inflation) Setzt Vorhandensein einer (gesellschaftlichen) Zielfunktion und empirischer Befunde über die Zielgrösse voraus. 2. Analyse, Theorie, Modellbildung (Erklärung und Ursachen) Elemente: - Annahmen: Sie werden entweder über die Analyse von Daten aus der Vergangenheit oder über Laborexperimente gewonnen. Bei Laborexperimenten führen Teilnehmer bestimmte Aufgaben unter kontrollierbaren Rahmenbedingungen aus, so dass man Informationen über ihr wahres Entscheidungsverhalten erhält. - Abstraktion/Vereinfachung: Man konzentriert sich auf einen bestimmten Bereich, um die Komplexität der Realität zu vereinfachen (z.b. nur den Arbeitsmarkt). Man leitet dann Kernaussagen aus einem Modell ab. - Empirische Tests: Mit Hilfe von statistischen Methoden werden die Modelle empirisch überprüft, um festzustellen, ob diese zur Erklärung des betrachteten Phänomens beitragen. 3. Politik (Handlungsempfehlungen) Hier geht es um Massnahmen zur Verringerung der in der ersten Stufe festgestellten Probleme. Methodisches Vorgehen 2

KAPITEL 1 1.3 Gesellschaftliche Bedeutung ökonomischer Analysen Grundidee: Ressourcen von Ländern bzw. Volkswirtschaften sind knapp. Die Ressourcen sollen so eingesetzt werden, dass ein grösstmöglicher Nutzen (Wohlfahrt) für das Land erreicht wird. Ressourcen lassen sich in 4 Kategorien einteilen (Kapitalarten): - Natürliche Ressourcen (Rohstoffe, Landschaft, Umwelt: Qualität von Luft und Wasser) - Humane Ressourcen / Humankapital (Fähigkeiten und Fertigkeiten von Einwohnern eines Landes bzw. einer Volkswirtschaft) - Sachliche Ressourcen / Sachkapital (Häuser, Gebäude, Produktionsmittel; Sie werden zur Produktion von Gütern und Dienstleistungen verwendet) - Soziale Ressourcen / Spielregeln (formelle und informelle Verhaltensregeln; Korruptionsniveau, Verlässlichkeit von Verträgen) Eine der Hauptfragen der Ökonomie: Wie kann man bei gegebenem Potential (Ressourcenkombination) eines Landes das Maximum an Wohlfahrt erreichen? Eine der Hauptfragen der Ökonomie Die Frage nach dem Maximum an Wohlfahrt für ein Land beinhaltet drei grundlegende wirtschaftliche Kernfragen, mit denen sich eine Gesellschaft beschäftigen muss: 1. Was soll produziert werden? (Welche und wie viele Güter und Dienstleistungen sollen mit den zur Verfügung stehenden knappen Ressourcen produziert werden?) 2. Wie sollen die Güter und Dienstleistungen produziert werden? (Welche Inputkombination bzw. welche Technologie soll verwendet werden?) 3. Wie und an wen sollen die produzierten Güter und Dienstleistungen verteilt werden? (Wer darf die produzierten Güter und Dienstleistungen konsumieren? Welche Verteilung ist gerecht?) Wirtschaftliche Kernfragen Um der Antwort der Kernfragen ein Stück näher zu kommen, lässt sich ein einfaches ökonomisches Modell heranziehen. In diesem Modell geht man davon aus, dass nur zwei Güter (oder Güterbündel wie z.b. Konsumgüter) hergestellt werden. Alle Güterkombinationen, die mit den vorhandenen Ressourcen maximal hergestellt werden können, kann man in einem Diagramm darstellen (schraffierte Fläche in Abb. 1.1.), bei dem die Mengen der beiden Güter auf den Achsen abgetragen sind. Die Transformationskurve stellt hierbei die Produktionsmöglichkeitsgrenze dar. Die Transformationskurve gibt die Mengen zweier Güter X 1 und X 2 (Outputs) an, die in einer Gesellschaft maximal bei gegebenen Ressourcen (Inputs) hergestellt werden können. Transformationskurve In der Ökonomie geht man davon aus, dass die vorhandenen Ressourcen voll ausgeschöpft werden, d.h., nur die Outputkombinationen auf der Transformationskurve werden als ökonomisch relevante Güterbündel betrachtet. Eine Outputkombination unterhalb der Transformationskurve (Punkt D) bedeutet eine Verschwendung von Ressourcen. Im Punkt D könnte man mit gleichbleibenden Ressourcen eine zusätzliche Menge ΔX 1 3

EINFÜHRUNG produzieren, ohne die Produktion von X 2 einzuschränken (analog ΔX 2 ). Die Güterbündel D oder D sind in diesem Fall effiziente Güterbündel, wohingegen das Güterbündel D ineffizient ist. Eine Outputkombination oberhalb der Transformationskurve (Punkt E) kann nicht erreicht werden, da die vorhandenen Ressourcen nicht ausreichen, um diese Güterkombinationen zu produzieren. Ein Güterbündel (x 1, x 2 ) gilt als produktions-effizient, wenn es zu den minimal möglichen Kosten hergestellt wird, oder wenn es zu gegebenen Kosten kein anderes Güterbündel (x 1, x 2 ) gibt, für welches x 1 >x 1 oder x 2 >x 2. Ein produktions-effizientes Güterbündel liegt also auf der Transformationskurve. Produktions-Effizienz Gut X 2 x 2max D'' E Abb. 1.1.: Transformationskurve x 2C C Δx 2 x 2D D Δx 1 D' x 1D x 1C x 1max Gut X 1 Abb. 1.1.: Das Konzept der Transformationskurve (TK). Der Punkt x 1max gibt die Menge des Gutes X 1 an, die maximal hergestellt werden kann, wenn die vorhandenen Ressourcen nur für die Produktion des Gutes 1 verwendet werden (Punkt x 2max für Gut X 2 ). Die Punkte x 1max und x 2max sind die Eckpunkte der TK. Die Punkte C, D und D sind effiziente Güterbündel, wohingegen der Punkt D ineffizient ist. Die Produktion des Güterbündels E ist nicht möglich, da die gegebenen Ressourcen dazu nicht ausreichen. Wenn man sich auf der Transformationskurve von einem Produktionspunkt zu einem anderen Produktionspunkt (wie z.b. von Punkt D zur D ) bewegt, erkennt man, dass man für die Mehrproduktion des einen Gutes eine Minderproduktion des anderen Gutes in Kauf nehmen muss. Man verzichtet also auf einen Teil der Produktion des einen Gutes, um die Produktion des anderen Gutes ausweiten zu können. Man bezeichnet diesen Verzicht als Opportunitätskosten. Sie sind durch die Knappheit an Ressourcen begründet. Opportunitätskosten (auch: Verzichtskosten) resultieren aus der Tatsache, dass die Ressourcen knapp sind. Dies hat zur Folge, dass eine Mehrproduktion des einen Gutes mit einer Minderproduktion des anderen Gutes einher geht. Die Minderproduktion des anderen Gutes entspricht den Opportunitätskosten. Opportunitätskosten Beispiel 1: Im Schaubild sind die Verzichtskosten von einer Mehrproduktion von ΔX 1 eine Minderproduktion von -ΔX 2. 4

KAPITEL 1 Beispiel 2: Die Verzichtskosten für den Besuch einer Vorlesung könnten im Einkommen bestehen, auf das man verzichtet, weil man während des Vorlesungsbesuchs kein Arbeitseinkommen erzielt oder im Nutzen bestehen, auf den man verzichtet, weil man während der Vorlesungszeit nicht ins Kino geht. Die Transformationskurve gibt an, was produziert werden kann. Jedoch ist dadurch noch keine Aussage darüber getroffen worden, welches Güterbündel von der Gesellschaft erwünscht ist. Welches Güterbündel produziert werden soll, hängt von den Präferenzen einer Gesellschaft ab. Die Präferenzen werden durch Indifferenzkurven dargestellt, wobei eine einzelne Indifferenzkurve diejenigen Güterbündel darstellt, die von der Gesellschaft als gleich gut eingeschätzt werden. Eine Indifferenzkurve stellt alle Outputkombinationen dar, zwischen denen die Gesellschaft (oder auch ein Individuum) indifferent ist. Je weiter die Indifferenzkurve vom Ursprung entfernt ist, desto höher ist das jeweilige Nutzenniveau der Indifferenzkurve. Indifferenzkurve Abb. 1.2.: Wohlfahrtsmaximum Abb. 1.2.: Das Wohlfahrtsmaximum. Der Punkt C gibt die Menge des Gutes 1 und 2 an, die produziert werden muss, damit die Gesellschaft ihr Wohlfahrtsmaximum erreicht. Die Punkte E und F sind Güterbündel, die die Gesellschaft gleich gut einschätzt. Sie befinden sich auf einer Indifferenzkurve, die allerdings nicht erreicht werden kann, weil die zu den Punkten E und F gehörenden Gütermengen im Land nicht produziert werden können (Punkte ausserhalb der Transformationskurve). Das Wohlfahrtsmaximum befindet sich auf der Transformationskurve, und zwar dort, wo die am weitesten oben liegende Indifferenzkurve gerade noch einen Berührungspunkt (Tangentialpunkt) mit der Transformationskurve hat. Obwohl die zu produzierenden Mengen des gesellschaftlichen Wohlfahrtsmaximums mit Hilfe des Modells hergeleitet werden können, bleibt die Frage offen, wie die produzierten Güter unter den Mitgliedern der Gesellschaft verteilt werden sollen. Zur Beantwortung dieser Frage könnte man die individuellen Indifferenzkurven heranziehen. Dabei ist allerdings zu beachten, dass sich die Präferenzen und damit auch die 5

EINFÜHRUNG Indifferenzkurvensysteme einzelner Gesellschaftsmitglieder unterscheiden. Was läst sich nun im Hinblick auf die Lösung des Verteilungsproblems sagen? Ziel der Verteilung ist die so genannte Allokations-Effizienz. Eine Güterverteilung gilt als allokations-effizient, wenn keine andere Güterverteilung möglich ist, welche mindestens ein Gesellschaftsmitglied besser stellt und zugleich keines schlechter stellt. Dieses Kriterium geht auf den italienischen Ökonomen Vilfredo Pareto zurück und wird deshalb auch als Pareto-Effizienz oder Pareto-Optimum bezeichnet. Eine Verteilung gilt als allokations-effizient (pareto-effizient oder pareto-optimal), wenn keine andere Verteilung möglich ist, welche von mindestens einem Individuum bevorzugt wird, jedoch niemand anderen benachteiligt. Allokations-Effizienz Die Lösung des Verteilungsproblems ist grundsätzlich ein gesellschaftspolitisches Problem. Die von der Ökonomie vorgeschlagene pareto-optimale Verteilung muss nicht mit der politisch erwünschten Verteilung übereinstimmen. Die Festlegung einer solchen Verteilung ist immer ein gesellschaftlicher Werturteilsentscheid, der i.d.r. weitere Aspekte neben reinen Effizienzaspekten berücksichtigt. Insofern ist eine pareto-optimale Lösung ein guter Referenzpunkt für gesellschaftliche Werturteilsentscheidungen. Sie ist aber selten der alleinige Massstab. Die in der Realität zu findenden Verteilungslösungen beruhen fast immer auf Werturteilen. Hier ist es wichtig, diese Werturteile möglichst transparent zu machen. Literatur Einführung in die Theorie: Frank, R. H. (2003). Microeconomics and Behavior. International Edition. 5 th Edition. New York. Frey, R. L. (1997). Wirtschaft, Staat und Wohlfahrt. 10., überarbeitete Auflage. Basel / Frankfurt am Main. Friedman, D. (1996). Hidden Order. The Economics of Everyday Life. New York. Mankiw, N. G. (2004). Principles of Economics. 3 rd Edition. Masion, Ohio. Taylor, J. B. (2001). Economics. 3 rd Edition. Boston, Massachusettes. Vertiefte Betrachtung der Schweizerischen Volkswirtschaft: Hotz-Hart, B., Mäder, S. & Vock, P. (2001). Volkswirtschaft der Schweiz. 3. Auflage, bearbeitet durch: Daniel Schmuki, Patrick Dümmler. Zürich. Kleinewefers, H., Pfister, R., & Gruber, W. (1993). Die schweizerische Volkswirtschaft. 4,. vollständig neu bearbeitete Auflage. Frauenfeld. 6