Zielvereinbarungen an Hochschulen im Spannungsfeld zwischen strategischer und operativer Steuerung

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Transkript:

Zielvereinbarungen an Hochschulen im Spannungsfeld zwischen strategischer und operativer Steuerung Dr. Michael Jaeger HIS Hochschul-Informations-System GmbH Herbsttagung des Projekts Qualitätssicherung der HRK Bonn, 3. November 2006 Zielvereinbarungen an Hochschulen Übersicht 1. Zielvereinbarungen im Kontext Neuer Steuerung 2. Staatliche Rahmenbedingungen: Zielvereinbarungen in den Bundesländern 3. Hochschulinterne Zielvereinbarungen 1. Verbreitungsgrad 2. Einbindung in den Steuerungskontext 3. Ausgestaltung 4. Controlling 5. Exkurs: Schnittstelle von staatlicher zu hochschulinterner Zielvereinbarung 4. Ausblick 3. November 2006 2

Zielvereinbarungen im Kontext Neuer Steuerung HRK-Empfehlungen (2005): Punktueller Ersatz für diskretionäre Steuerung Fokussierung auf Leistungsziele (eigentlich: Leistungsergebnisse) und nicht auf Maßnahmen, d.h. Übertragung der fachlichen Ausgestaltung der Zielerreichung auf die untergeordnete Ebene Definition von Verfahren und ggf. Indikatoren zur Erfolgskontrolle Beziehung Leistung - Gegenleistung Finanzielle Funktion: Vorfinanzierung und Leistungsanreiz durch Belohnung bei Zielerreichung Prozessebene: Gegenstromverfahren, regelbasierter Verhandlungsprozess 3. November 2006 3 Staatliche Rahmenbedingungen Zielvereinbarungen in den Bundesländern Zielvereinbarungen zwischen Land und Hochschulen werden inzwischen in allen Bundesländern eingesetzt, teilweise ergänzt um Hochschulpakte Zwei Umsetzungsformen (Ziegele, 2002): Zielvereinbarungen als Gegenleistung bzw. Legitimation der Grundfinanzierung (z.b. Hochschulverträge Berlin, Kontrakte Bremen, Zielvereinbarung Saarland) Zielvereinbarungen zur Profilbildung bzw. Innovation (z.b. Rheinland-Pfalz, Brandenburg) 3. November 2006 4

Verbreitungsgrad HIS-Umfrage bei staatlichen deutschen Universitäten im Jahr 2004: 61% der Universitäten setzen bereits hochschulinterne Zielvereinbarungen ein oder planen konkret deren Einführung Große Universitäten (mehr als 20.000 Studierende) verwenden Zielvereinbarungen deutlich häufiger als kleine Universitäten Laufzeit zwischen einem und fünf Jahren 3. November 2006 5 Hochschulinterne Zielvereinbarungen Einbindung in den Steuerungskontext Zwei Prototypen: Punktueller Einsatz von Zielvereinbarungen zu bestimmten Themen, je nach Themenbezug und Bedarf nur mit bestimmten Fakultäten bzw. Fachbereichen und nicht zwangsläufig in Folgevereinbarung mündend Beispiel TU München: Zielvereinbarungen Typ 1 und Typ 2 Einsatz von Zielvereinbarungen als zentrales Koordinationsinstrument im Rahmen eines alle Fakultäten/Fachbereiche einbeziehenden periodischen und umfassend ausgerichteten Kommunikations- und Abstimmungsprozesses Beispiel FU Berlin: Einbeziehung aller Fachbereiche, periodischer Prozess, großes Themenspektrum (neben den klassischen Aufgabenbereichen z.b. auch Weiterbildung, Öffentlichkeitsarbeit, fachbereichsinterne Binnenorganisation etc.) 3. November 2006 6

Ausgestaltung: Ziele und Operationalisierung Ziele und Operationalisierung: Klassischer Ansatz des MBO erfordert Definition von Zielen und ihre Operationalisierung in Form der Festlegung angestrebter Zielzustände, deren Erreichung überprüfbar ist (z.b. Ziel: Steigerung des Lehrerfolges, angestrebter Zielzustand: Steigerung der Erfolgsquote um 5%) Diese Form der Zielfestlegung und -operationalisierung erfolgt in hochschulinternen Zielvereinbarungen bisher nur in Ausnahmefällen (z.b. FU Berlin, TU München) Überwiegend Operationalisierung vereinbarter Ziele in Form von bestimmten Maßnahmen und Aufgaben, dabei oft hoher Detaillierungsgrad Darüber hinaus dienen Zielvereinbarungen vielfach als Instrument für allgemeine Absprachen, Aufgabenfestlegungen und Abstimmungsprozesse 3. November 2006 7 Hochschulinterne Zielvereinbarungen Ausgestaltung: Leistung und Gegenleistung Leistungen der Hochschulleitung Gegenleistungen der Hochschulleitung bestehen in erster Linie in der Bereitstellung finanzieller Ressourcen bezogen auf bestimmte vereinbarte Ziele bzw. Maßnahmen Darüber hinaus vielfach Bemühenszusagen der Hochschulleitungen (z.b. TU München: Einwirken auf Politik, um Rahmenbedingungen von Ausländern an der TUM zu verbessern; FU Berlin: Erlass von Ordnungen und Verfahrensregelungen; Universität Bremen: Übertragung von Bewirtschaftungskompetenzen über Personal- und Sachmittel) 3. November 2006 8

Controlling: Erfolgskriterien Problem fehlende Erfolgskriterien: Infolge der dominierenden Maßnahmenorientierung stellt die Überprüfung der Zielerreichung häufig auf die vereinbarungsgemäße Aufgabenerledigung ab und nicht auf die effektive Erreichung der angestrebten Ziele Aus Sicht von 58% der Universitäten stellt die Prüfung der Zielerreichung noch ein ungelöstes Problem dar (Aufwand, Frage der Bewertungsmaßstäbe, Erreichbarkeit in teilweise geringer Laufzeit) Finanzielle Relevanz der Zielerreichung: Wird bisher nur selten in systematischer Form umgesetzt (Beispiele FU Berlin, TU München) 3. November 2006 9 Hochschulinterne Zielvereinbarungen Controlling: Konsequenzen der Zielerreichung Beispiel FU Berlin: Sollten Zielvereinbarungen in den Bereichen Steigerung der Drittmittel, Steigerung der Absolventenzahlen und Steigerung der Alexander-von- Humboldt-Stipendiaten nicht eingehalten werden, kann die Zuweisung der im Titelverbund zusammengefassten Sachmittel des Fachbereichs/ Zentralinstituts im Nachhinein um bis zu 15% gekürzt werden. Der Umfang der Abzüge richtet sich u.a. nach der Bedeutung des Ziels und nach dem Grad der Zielerreichung. Die Ausgestaltung wird zwischen dem Präsidium und dem Fachbereich auf der Basis des Kennzahlenmodells fixiert. Beispiel TU München Sollte dieser Zielwert [Prozentanteil ausländischer Studierender] nur zur Hälfte oder darunter erreicht werden, wird die Fakultät 20% der durch die Hochschulleitung gewährten Unterstützung zurückerstatten. 3. November 2006 10

Exkurs: Schnittstelle staatliche/hochschulinterne ZV Kein einfaches Herunterbrechen der landesseitigen Ziele: Nur ein Teil der in den Zielvereinbarungen zwischen Hochschule und Land behandelten Aspekte bezieht sich auf die Leistungsebene der Fakultäten/Fachbereiche (Beispiel: Hochschulverträge Berlin) Nicht für jeden Leistungsaspekt sind Zielvereinbarungen das (einzig) richtige Steuerungsinstrument Ausgangssituation in jeweiliger Fakultät muss berücksichtigt werden; nicht jedes Steuerungsziel ist für jede Fakultät gleichermaßen relevant Landesseitige Zielvorgaben sind nur ein Aspekt bei der Ausgestaltung hochschulinterner Zielvereinbarungen Konsequenz: isolierte Betrachtung der Schnittstelle landesseitige/ hochschulinterne Zielvereinbarung nicht sinnvoll, Einbeziehung des jeweiligen Steuerungskontextes (z.b. Finanzierungsformeln) notwendig 3. November 2006 11 Ausblick 1. Universitäten setzen Zielvereinbarungen vielfach als zentrales Steuerungsinstrument im Rahmen eines alle Fakultäten bzw. Fachbereiche einbeziehenden periodischen Abstimmungsprozesses ein (d.h. zumeist kein punktueller Einsatz ) Hochschulweite Steuerungseffekte, Umsetzung Entw.planung Aber hoher Aufwand Verbrennung des Instruments? 2. Trend zu starker Maßnahmen- und Aufgabenorientierung, teilweise mit einem hohen Detaillierungsgrad Fortsetzung der alten operativ geprägten Detailsteuerung? Transparenz wird nicht genutzt 3. Die meisten internen Zielvereinbarungen beinhalten finanzielle Zusagen; jedoch zumeist keine Anreizsetzung im Sinne von Belohnung/Sanktion 3. November 2006 12

Danke für Ihre Aufmerksamkeit! Dr. Michael Jaeger HIS Hochschul-Informations-System GmbH Herbsttagung des Projekts Qualitätssicherung der HRK Bonn, 3. November 2006