Zeitvariierende Effekte in Markenwahl-Modellen

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Transkript:

Zeitvariierende Effekte in Markenwahl-Modellen Thomas Kneib Institut für Statistik Ludwig-Maximilians-Universität München gemeinsam mit Bernhard Baumgartner Universität Regensburg Winfried J. Steiner Technische Universität Clausthal 29.9.2008

Überblick Überblick Klassische Markenwahlmodelle. Semiparametrische Erweiterung auf Modelle mit zeitvariierenden Effekten. Inferenz basierend auf gemischten Modellen. Anwendung auf Kaffee-Käufe. Zeitvariierende Effekte in Markenwahl-Modellen 1

Markenwahl-Daten Markenwahl-Daten Beim Kauf eines Produkts entscheidet sich der Konsument zwischen einer diskreten Auswahl von Alternativen (Substitutionsgüter). Ziel der Marketing-Forschung: Identifiziere Faktoren (Kovariablen), die das Entscheidungsverhalten beeinflussen. Zwei Typen von Kovariablen: Globale Kovariablen: Unabhängig vom Produkt, z.b. Alter oder Geschlecht des Käufers. Produktspezifische Kovariablen: Abhängig vom Produkt, z.b. Loyalität zu einer Marke, Preis, spezielle Werbung für das Produkt. Zeitvariierende Effekte in Markenwahl-Modellen 2

Im Folgenden: Analyse von Käufen der größten Kaffee-Marken. Markenwahl-Daten Einige Charakteristika des Datensatzes: Scanner-Paneldaten erhoben durch die Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) Nürnberg. Fünf Kaffeemarken mit insgesamt 53% Marktanteil. Beobachtungszeitraum: Ein Jahr. 7.439 Haushalte mit insgesamt 32.477 Kaufakten. Aufgeteilt in 16.238 Beobachtungen zur Modellschätzung und 16.239 Beobachtungen zur Modellvalidierung. Zeitvariierende Effekte in Markenwahl-Modellen 3

Markenwahl-Daten Kovariablen: Loyalität Referenzpreis Loss Gain Werbeaktivitäten Loyalität des Käufers zu einer Marke. Referenzpreis des Käufers, gebildet aus früheren Käufen. negative Differenz zwischen Referenzpreis und Preis. positive Differenz zwischen Referenzpreis und Preis. Dummy-Variable zu speziellen Werbemaßnahmen. Loyalität und Referenzpreis werden durch exponentiell gewichtete Mittelwerte aus früheren Käufen geschätzt. Zeitvariierende Effekte in Markenwahl-Modellen 4

Multinomiale Logit Modelle Multinomiale Logit Modelle Idee eines Regressionsmodells zur Beschreibung der Markenwahl: Latente Nutzenvariablen, die mit dem Kauf einer Marke r durch den i-ten Konsumenten verbunden sind: L (r) i, r = 1,..., k. Die Nutzenvariablen sind nicht beobachtbar (nur die Kaufentscheidung). Bei rationalem Verhalten entscheidet sich der Käufer für das Produkt, das den Nutzen maximiert: Y i = r L (r) i = max s=1,...,k L(s) i. Zeitvariierende Effekte in Markenwahl-Modellen 5

Multinomiale Logit Modelle Beschreibe die Nutzenvariablen in Abhängigkeit von Kovariablen und einem Fehlerterm: L (r) i = u iα (r) + w (r) i δ + ε (r) i. Bestandteile des Modells: u i α(r) : produktspezifische Effekte globaler Kovariablen u i. w (r) i δ: globale Effekte produktspezifischer Kovariablen w (r) i. ε (r) i : Zufälliger Fehler. Speziell in der Anwendung: L (r) i = α (r) + w (r) i δ + ε (r) i. Zeitvariierende Effekte in Markenwahl-Modellen 6

Für standardextremwertverteilte Fehler ergibt sich aus Multinomiale Logit Modelle das multinomiale Logit-Modell: π (r) i = P (Y i = r) = Y i = r L (r) i = max s=1,...,k L(s) i. exp(η (r) i ) 1 + k 1 s=1 exp(η(s) i ), r = 1,..., k 1 mit η (r) i = u iα (r) + (w (r) i w (k) i ) δ = u iα (r) + w (r) i δ. Aus Identifizierbarkeitsgründen können nur Kontraste produktspezifischer Kovariablen einbezogen werden. Die Kovariableneffekte wirken multiplikativ auf Verhältnis der Wahrscheinlichkeiten π (r) i /π (k) i. Zeitvariierende Effekte in Markenwahl-Modellen 7

Multinomiale Logit Modelle Positive Effekte bewirken eine verstärkte Auswahl der Kategorie r im Verhältnis zur Referenzkategorie k. Rein parametrische Markenwahl-Modelle vernachlässigen die zeitliche Dimension der Daten. Zeitlich variierende Präferenzen und Effekte ergeben sich beispielsweise durch Veränderungen der ökonomischen Rahmenbedingungen. Promotion-Aktivitäten. Änderungen der Verwendungssituation (z.b. Feiertage). Änderungen der Produkteigenschaften. Semiparametrische Erweiterungen des multinomialen Logit-Modells. Zeitvariierende Effekte in Markenwahl-Modellen 8

Semiparametrische Multinomiale Logit-Modelle Semiparametrische Multinomiale Logit-Modelle Erweitere das lineare Modell L (r) it semiparametrischen Modell. = α (r) + w (r) it δ + ε (r) it in zwei Schritten zu einem Zeitvariierende Präferenzen: Ersetze die Konstanten des Modells durch zeitvariierende Präferenzen. L (r) it = f (r) 0 (t) + w(r) it δ + ε (r) it. Zeitvariierende Effekte: Parameter. Ersetze auch die Kovariableneffekte durch zeitvariierende L (r) it = f (r) 0 (t) + J j=1 w (r) itj f j(t) + ε (r) it. Die Funktionen f (r) 0 (t) und f j(t) sollen keine spezifische parametrische Form besitzen und flexibel (basierend auf penalisierten Splines) geschätzt werden. Zeitvariierende Effekte in Markenwahl-Modellen 9

Semiparametrische Multinomiale Logit-Modelle Spline-Schätzung: Approximiere die Funktionen f(t) durch B-Spline-Basisfunktionen: f(t) = M m=1 β m B m (t). Zeitvariierende Effekte in Markenwahl-Modellen 10

Semiparametrische Multinomiale Logit-Modelle Zur Regularisierung des Schätzproblems wird die Likelihood um einen Strafterm ergänzt. Strafterme basierend auf Ableitungen lassen sich für B-Splines einfach durch Differenzenstrafterme approximieren: 1 2τ 2 1 2τ 2 M (β m β m 1 ) 2 (Differenzen erster Ordnung) m=2 M (β m 2β m 1 + β m 2 ) 2 (Differenzen zweiter Ordnung) m=3 Der Glättungsparameter τ 2 steuert den Ausgleich zwischen Datenanpassung (τ 2 groß) und Glattheit der Funktionsschätzung (τ 2 klein). Zeitvariierende Effekte in Markenwahl-Modellen 11

Ergebnisse Ergebnisse Marke 2 Marke 3.4.2 0.2.4.6 0 10 20 30 40 50 2 1 0 1 0 10 20 30 40 50 Marke 4 Marke 5.5 0.5 0 10 20 30 40 50 3 2 1 0 1 0 10 20 30 40 50 Zeitvariierende Effekte in Markenwahl-Modellen 12

Ergebnisse Gain Loss 0 2 4 6 5 4 3 2 0 10 20 30 40 50 0 10 20 30 40 50 Referenz Preis 3 2.5 2 1.5 1 0 10 20 30 40 50 Zeitvariierende Effekte in Markenwahl-Modellen 13

Ergebnisse 3.5 4 4.5 5 5.5 Loyalität 0 10 20 30 40 50 2 1 0 1 2 Promotion 0 10 20 30 40 50 Zeitvariierende Effekte in Markenwahl-Modellen 14

Exkurs: Inferenz basierend auf gemischten Modellen Exkurs: Inferenz basierend auf gemischten Modellen Penalisierte Splines sind ein spezielles Beispiel der penalisierten Likelihood-Schätzung l pen (β) = l(β) 1 2τ 2β Kβ max β. Die Likelihood l(β) bewertet die Modellanpassung, die quadratische Form β Kβ bestraft zu große Modellkomplexität (bestimmt durch die Wahl der Strafmatrix K). Der Glättungsparameter τ 2 steuert den Ausgleich zwischen Modellanpassung und Modellkomplexität. Zeitvariierende Effekte in Markenwahl-Modellen 15

Beispiele: Exkurs: Inferenz basierend auf gemischten Modellen Penalisierte Splines: K = D D mit Differenzenmatrix D, z.b. für erste Differenzen Dβ = 1 1 1 1...... 1 1 β 1. β M = β 2 β 1. β M β M 1 Markov-Zufallsfelder: K entspricht einer Nachbarschaftsmatrix und führt zur Schätzung räumlich glatter Effekte. Zufällige Effekte: Unabhängig und identisch normalverteilte zufällige Effekte führen zu einem Ridge-Strafterm mit K = I. Für jeden dieser Ansätze lässt sich die penalisierte Likelihood aus verschiedenen Perspektiven betrachten und herleiten. Zeitvariierende Effekte in Markenwahl-Modellen 16

Exkurs: Inferenz basierend auf gemischten Modellen Am Beispiel des Random Intercept Modells für Wiederholungsmessungen y it = x itγ + β i + ε it, i = 1,..., n, t = 1,..., T, mit β i i.i.d. N(0, τ 2 ), ε it i.i.d. N(0, σ 2 ). Gemischte Modelle: Die Individuen sind eine Zufallsstichprobe aus einer Population, so dass zwei Quellen der Zufälligkeit zu beachten sind. Marginale Sicht: Durch die zufälligen Effekte werden Korrelationen zwischen Beobachtungen eines Individuums induziert. Zeitvariierende Effekte in Markenwahl-Modellen 17

Exkurs: Inferenz basierend auf gemischten Modellen Penalisierte Likelihood: Ziel ist die Schätzung individuenspezifischer Effekte. Zur Stabilisierung der Schätzung wird der Ridge-Strafterm 1 2τ 2 n i=1 β 2 i = 1 2τ 2β β eingeführt. Bayesianische Sicht: Die Verteilungsannahme für die zufälligen Effekte drückt Vorwissen über die Parameter β i aus. In ähnlicher Weise lassen sich die vier Perspektiven für die anderen Penalisierungsansätze herleiten. Zeitvariierende Effekte in Markenwahl-Modellen 18

Exkurs: Inferenz basierend auf gemischten Modellen Motiviert aus den unterschiedlichen Perspektiven wurden verschiedene Schätzverfahren entwickelt. Prinzipiell lässt sich jedes der Schätzverfahren auf jede der Perspektiven übertragen. Im Kontext gemischter Modelle am weitesten verbreitet: Likelihood Schätzung. Restricted Maximum Diese liefert insbesondere eine Schätzung für den Glättungsparameter und damit eine voll-automatische Schätzung beispielsweise für penalisierte Splines. Inferenz in semiparametrischen multinomialen Logit-Modellen basierend auf gemischten Modellen: Schätzung der Spline-Koeffizienten über penalisiertes Fisher-Scoring. Schätzung der Glättungsparameter basierend auf approximativer Restricted Likelihood. Zeitvariierende Effekte in Markenwahl-Modellen 19

Im Detail Schwierigkeiten: Exkurs: Inferenz basierend auf gemischten Modellen In Modellen mit nicht normalverteilten Zielvariablen sind die Perspektiven teilweise weniger offensichtlich und schwieriger zu interpretieren. Hat die Strafmatrix K nicht vollen Rang, muss geeignet reparametrisiert werden, um zu einem gemischten Modell zu gelangen. Zeitvariierende Effekte in Markenwahl-Modellen 20

Modell-Validierung & Scoring-Regeln Modell-Validierung & Scoring-Regeln Ist die zusätzliche Modellkomplexität in semiparametrischen Regressionsmodellen tatsächlich notwendig? Modell-Validierung basierend auf der Vorhersage-Qualität. Wie misst man diese Vorhersage-Qualität und was ist eine Vorhersage? Im Folgenden: Vorhersage-Verteilungen ˆπ = (ˆπ (1),..., ˆπ (k) ) basierend auf den modellierten Auswahlwahrscheinlichkeiten π (r) = P (Y = r). Eine Scoring-Regel ist eine reellwertige Funktion S(ˆπ, r), die der Beobachtung r einen Wert basierend auf der Vorhersage-Verteilung ˆπ zuweist. Zeitvariierende Effekte in Markenwahl-Modellen 21

Modell-Validierung & Scoring-Regeln Ein Score ergibt sich dann durch Summation über Beobachtungen in einem Validierungs-Datensatz n S = S(ˆπ i, r i ). Sei π 0 die wahre Verteilung. Dann heißt eine Scoring-Regel Proper falls E π0 (S(π 0, )) E π0 (S(ˆπ, )) für alle ˆπ gilt. Strikt proper falls die Gleichheit genau dann gilt, wenn ˆπ = π 0. Übliche Beispiele: Hit Rate (proper aber nicht strikt proper): i=1 S(ˆπ, r i ) = { 1 n falls ˆπ (r i) = max{ˆπ (1),..., ˆπ (k) }, 0 sonst. Zeitvariierende Effekte in Markenwahl-Modellen 22

Modell-Validierung & Scoring-Regeln Logarithmischer Score (strikt proper): S(ˆπ, r i ) = log(ˆπ (r i) ). Brier-Score (strikt proper): k S(ˆπ, r i ) = (1(r i = r) ˆπ (r)) 2 r=1 Sphärischer Score (strikt proper): S(ˆπ, r i ) = ˆπ (r i) k r=1 (ˆπ(r) ) 2. Zeitvariierende Effekte in Markenwahl-Modellen 23

Modell-Validierung & Scoring-Regeln Im Beispiel ergibt sich: parametrisch zeitvar. Präf. zeitvar. Effekte Hit Rate (Schätzung) 0.6956 0.7011 0.7043 Hit Rate (Vorhersage) 0.6967 0.7007 0.7020 Logarithmisch (Schätzung) -13816.1104-13591.8655-13498.9401 Logarithmisch (Vorhersage) -13953.8974-13844.1197-13801.7610 Brier (Schätzung) -6913.6315-6807.7259-6763.6767 Brier (Vorhersage) -6930.8855-6874.8116-6859.8093 Sphärisch (Schätzung) 12101.5453 12174.2805 12199.5373 Sphärisch (Vorhersage) 12093.4520 12132.6391 12139.2852 Die Verwendung zeitvariierender Präferenzen und Effekte ergibt eine deutlich verbesserte Vorhersage. Diese Verbesserung überträgt sich auch auf die Vorhersage der Marktanteile. Zeitvariierende Effekte in Markenwahl-Modellen 24

Modell-Validierung & Scoring-Regeln Marktanteile (Marke 1).2.25.3.35.4.45 5 10 15 20 25 30 wahrer Marktanteil, - - - zeitvariierende Effekte, zeitkonstante Effekte Zeitvariierende Effekte in Markenwahl-Modellen 25

Software Software Die entwickelte Methodik ist im Software-Paket BayesX umgesetzt. Eigenständige Software für additive und geoadditive Regressionsmodelle. Unterstützt werden univariate Exponentialfamilien, kategoriale Regressionsmodelle und Modelle der zeitstetigen Verweildaueranalyse. BayesX ist kostenlos erhältlich unter http://www.stat.uni-muenchen.de/~bayesx Zeitvariierende Effekte in Markenwahl-Modellen 26

Zusammenfassung Zusammenfassung Semiparametrische Erweiterung des multinomialen Logit-Modells. Automatisierte Schätzung aller Modellparameter (inklusive der Glättungsparameter). Model-Validierung basierend auf Scoring-Regeln. Referenzen: Kneib, T., Baumgartner, B. & Steiner, W. J. (2007). Semiparametric Multinomial Logit Models for Analysing Consumer Choice Behaviour. AStA Advances in Statistical Analysis, 91, 225 244. Kneib, T., Baumgartner, B. & Steiner, W. J. (2008). Time-Varying Coefficients in Brand Choice Models (in Vorbereitung). Zeitvariierende Effekte in Markenwahl-Modellen 27

Weitere Forschungsinteressen: Zusammenfassung Boosting-Verfahren zur Modellwahl und Variablenselektion in geoadditiven Regressionsmodellen. Bayesianische Regularisierungs-Prioris für hochdimensionale Regressionsmodelle. Geoadditive Hazardraten-Modellierung für Verweildauern und Mehrstadien- Modelle. Quantilregression. Mehr Informationen unter http://www.stat.uni-muenchen.de/~kneib Zeitvariierende Effekte in Markenwahl-Modellen 28