Lehr- und Unterrichtsmaterialien und das Urheberrecht Zum rechtlich korrekten Umgang mit fremden, geistigen Eigentum! Von: Rechtsanwalt & Mediator Volker Semler (Justiziar DWBO) Das Urheberrecht schützt alle persönlich geistigen Schöpfungen der Literatur, Wissenschaft und Kunst, die konkret manifestiert, d.h. in einer bestimmten Ausgestaltung existent und nicht nur ideeller Natur sind. Als solches schützt es sowohl persönlich erarbeiteten Lehrmaterialien wie gleichermaßen auch die Lehrinhalte Dritter, die in Veranstaltungen oder als Lehrmaterial eingesetzt werden sollen. Für einige Fälle sind im Urheberrecht Regelungen vorgesehen, die das Verwertungsrecht der Urheber im Hinblick auf bestimmte Nutzungsarten einschränken und so für eng definierte Bereiche die zustimmungsfreie Verwendung urheberrechtlich geschützter Inhalte erlauben. Innerhalb von Unterricht und der Lehre sind dabei insbesondere die Bestimmungen relevant, die den Einsatz von Zitaten ( 51 UrhG), die Anfertigung von Kopien ( 53 UrhG) und die Gestaltung von Quellenangaben ( 63 UrhG) regeln, sowie aufgrund des zunehmenden Einsatzes elektronischer Medien schließlich auch die auf online vermittelte Inhalte zielenden Schranken ( 52a UrhG und 44a UrhG), die eine öffentliche Zugänglichmachung gezielt zum Zwecke von Lehre und Forschung ermöglichen. Der Rahmen der Freiheiten, den die Schrankenregelung 52a zum Zwecke der webgestützten Unterricht, Forschung und Lehre bietet, ist für Lehrende an diverse Bedingungen geknüpft, die ihrerseits in engem Bezug zum Zitatrecht ( 51 UrhG) und zum Vervielfältigungsrecht ( 53 UrhG) stehen. Elementare Tatbestandsvoraussetzung für die Anwendbarkeit von 52a UrhG ist vor allem das Vorliegen eines zur Veranschaulichung dienenden Unterrichts- oder Forschungszwecks. Darüber hinaus ist die Veröffentlichung fremder Inhalte ausschließlich unter folgenden Bedingungen zulässig: Regelungen zum Umfang der Werke Es handelt sich um kleine Teile eines Werks oder um Werke geringen Umfangs Als Richtwert für den geringen Umfang eines Werks werden etwa 15% im Falle eines Druckwerks und ca. 5 Minuten Länge bei Filmen angesetzt. Es gilt aber in jedem Falle, dass die bereitgestellten Inhalte keinesfalls das jeweilige Gesamtwerk ersetzen dürfen. Unter Werken geringen Umfangs werden Druckwerke von bis zu 25 Seiten Länge sowie einzelne Beiträge aus Zeitungen und Zeitschriften betrachtet. 1
Für Musikeditionen ist eine Obergrenze von 6 Seiten, für Film- und Audiodateien eine Obergrenze von 5 Minuten anzunehmen. Bildwerke dürfen naturgemäß auch vollständig eingestellt werden. Zusätzlich zu den Regelungen hinsichtlich des Umfangs ist zu beachten, dass auch eine Zugänglichmachung innerhalb von Lernumgebungen nur dann zulässig ist, wenn es sich um bereits erschienene Werke handelt, andernfalls würde der Urheber in seinem Persönlichkeitsrecht auf erstmalige Veröffentlichung seines Werks beschnitten ( 12). Selbstverständlich sind in jedem Falle die Quelle und der Name des Urhebers entsprechend 51 zu nennen. Diese Ausnahmeregelungen greifen zudem nur, wenn die urheberrechtlich geschützten Inhalte einem überschaubaren Personenkreis zugänglich gemacht werden. Es ist folglich sicher zu stellen, dass die Inhalte nur für den im Unterricht abgegrenzten Teilnehmerkreis verfügbar sind. Zusammenfassend gelten folgende Richtwerte zum Materialumfang als Orientierungshilfe: Druckwerke < ca. 15% Sprachwerke geringen Umfangs bis zu 25 Seiten Länge Filme Musikstücke Musikeditionen Bilder vollständig < 5 Minuten < 5 Minuten < 6 Seiten vollständige Abbildung erlaubt Folgende Besonderheiten sind zu beachten! Nach 12 UrhG dürfen nur schon erschienene Werke verwendet werden! Insbesondere bei Filmen ist zu beachten, dass eine öffentliche Nutzung erst 2 Jahre nach regulärem Filmstart zulässig wird; andernfalls (z.b. bei Dokumentationen) ist in jedem Falle und vorsichtshalber eine gesonderte Genehmigung beim Rechteinhaber einzuholen. Materialien die nur für den Schulunterricht konzipiert wurden sind von der Schrankenregelung des 52a UrhG ausgenommen und dürfen daher nur nach Einholung einer Sondergenehmigung beim Rechteinhaber in einer geschützten Lernumgebung zur Verfügung gestellt werden. Eine Umgehung der Richtwerte durch die sukzessive Bereitstellung in kleinere Portionen hintereinander ist nicht zulässig und gilt als Urheberrechtsverletzung! 2
ANHANG Auszüge aus dem Urheberrechtsgesetz Gesetz über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte (Urheberrechtsgesetz) 52 Öffentliche Wiedergabe (1) Zulässig ist die öffentliche Wiedergabe eines veröffentlichten Werkes, wenn die Wiedergabe keinem Erwerbszweck des Veranstalters dient, die Teilnehmer ohne Entgelt zugelassen werden und im Falle des Vortrags oder der Aufführung des Werkes keiner der ausübenden Künstler ( 73) eine besondere Vergütung erhält. Für die Wiedergabe ist eine angemessene Vergütung zu zahlen. Die Vergütungspflicht entfällt für Veranstaltungen der Jugendhilfe, der Sozialhilfe, der Alten- und Wohlfahrtspflege, der Gefangenenbetreuung sowie für Schulveranstaltungen, sofern sie nach ihrer sozialen oder erzieherischen Zweckbestimmung nur einem bestimmt abgegrenzten Kreis von Personen zugänglich sind. Dies gilt nicht, wenn die Veranstaltung dem Erwerbszweck eines Dritten dient; in diesem Fall hat der Dritte die Vergütung zu zahlen. (2) Zulässig ist die öffentliche Wiedergabe eines erschienenen Werkes auch bei einem Gottesdienst oder einer kirchlichen Feier der Kirchen oder Religionsgemeinschaften. Jedoch hat der Veranstalter dem Urheber eine angemessene Vergütung zu zahlen. (3) Öffentliche bühnenmäßige Darstellungen, öffentliche Zugänglichmachungen und Funksendungen eines Werkes sowie öffentliche Vorführungen eines Filmwerks sind stets nur mit Einwilligung des Berechtigten zulässig. Gesetz über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte (Urheberrechtsgesetz) 53 Vervielfältigungen zum privaten und sonstigen eigenen Gebrauch (1) Zulässig sind einzelne Vervielfältigungen eines Werkes durch eine natürliche Person zum privaten Gebrauch auf beliebigen Trägern, sofern sie weder unmittelbar noch mittelbar Erwerbszwecken dienen, soweit nicht zur Vervielfältigung eine offensichtlich rechtswidrig hergestellte oder öffentlich zugänglich gemachte Vorlage verwendet wird. Der zur Vervielfältigung Befugte darf die Vervielfältigungsstücke auch durch einen anderen herstellen lassen, sofern dies unentgeltlich geschieht oder es sich um Vervielfältigungen auf Papier oder einem ähnlichen Träger mittels beliebiger photomechanischer Verfahren oder anderer Verfahren mit ähnlicher Wirkung handelt. (2) Zulässig ist, einzelne Vervielfältigungsstücke eines Werkes herzustellen oder herstellen zu lassen 1. zum eigenen wissenschaftlichen Gebrauch, wenn und soweit die Vervielfältigung zu diesem Zweck geboten ist und sie keinen gewerblichen Zwecken dient, 2. zur Aufnahme in ein eigenes Archiv, wenn und soweit die Vervielfältigung zu diesem Zweck geboten ist und als Vorlage für die Vervielfältigung ein eigenes Werkstück benutzt wird, 3. 3
4. zur eigenen Unterrichtung über Tagesfragen, wenn es sich um ein durch Funk gesendetes Werk handelt, zum sonstigen eigenen Gebrauch, a) wenn es sich um kleine Teile eines erschienenen Werkes oder um einzelne Beiträge handelt, die in Zeitungen oder Zeitschriften erschienen sind, b) wenn es sich um ein seit mindestens zwei Jahren vergriffenes Werk handelt. Dies gilt im Fall des Satzes 1 Nr. 2 nur, wenn zusätzlich 1. 2. 3. die Vervielfältigung auf Papier oder einem ähnlichen Träger mittels beliebiger photomechanischer Verfahren oder anderer Verfahren mit ähnlicher Wirkung vorgenommen wird oder eine ausschließlich analoge Nutzung stattfindet oder das Archiv im öffentlichen Interesse tätig ist und keinen unmittelbar oder mittelbar wirtschaftlichen oder Erwerbszweck verfolgt. Dies gilt in den Fällen des Satzes 1 Nr. 3 und 4 nur, wenn zusätzlich eine der Voraussetzungen des Satzes 2 Nr. 1 oder 2 vorliegt. (3) Zulässig ist, Vervielfältigungsstücke von kleinen Teilen eines Werkes, von Werken von geringem Umfang oder von einzelnen Beiträgen, die in Zeitungen oder Zeitschriften erschienen oder öffentlich zugänglich gemacht worden sind, zum eigenen Gebrauch 1. 2. zur Veranschaulichung des Unterrichts in Schulen, in nichtgewerblichen Einrichtungen der Aus- und Weiterbildung sowie in Einrichtungen der Berufsbildung in der für die Unterrichtsteilnehmer erforderlichen Anzahl oder für staatliche Prüfungen und Prüfungen in Schulen, Hochschulen, in nichtgewerblichen Einrichtungen der Aus- und Weiterbildung sowie in der Berufsbildung in der erforderlichen Anzahl herzustellen oder herstellen zu lassen, wenn und soweit die Vervielfältigung zu diesem Zweck geboten ist. Die Vervielfältigung eines Werkes, das für den Unterrichtsgebrauch an Schulen bestimmt ist, ist stets nur mit Einwilligung des Berechtigten zulässig. (4) Die Vervielfältigung a) b) graphischer Aufzeichnungen von Werken der Musik, eines Buches oder einer Zeitschrift, wenn es sich um eine im wesentlichen vollständige Vervielfältigung handelt, 4
ist, soweit sie nicht durch Abschreiben vorgenommen wird, stets nur mit Einwilligung des Berechtigten zulässig oder unter den Voraussetzungen des Absatzes 2 Satz 1 Nr. 2 oder zum eigenen Gebrauch, wenn es sich um ein seit mindestens zwei Jahren vergriffenes Werk handelt. (5) Absatz 1, Absatz 2 Satz 1 Nr. 2 bis 4 sowie Absatz 3 Nr. 2 finden keine Anwendung auf Datenbankwerke, deren Elemente einzeln mit Hilfe elektronischer Mittel zugänglich sind. Absatz 2 Satz 1 Nr. 1 sowie Absatz 3 Nr. 1 finden auf solche Datenbankwerke mit der Maßgabe Anwendung, dass der wissenschaftliche Gebrauch sowie der Gebrauch im Unterricht nicht zu gewerblichen Zwecken erfolgen. (6) Die Vervielfältigungsstücke dürfen weder verbreitet noch zu öffentlichen Wiedergaben benutzt werden. Zulässig ist jedoch, rechtmäßig hergestellte Vervielfältigungsstücke von Zeitungen und vergriffenen Werken sowie solche Werkstücke zu verleihen, bei denen kleine beschädigte oder abhanden gekommene Teile durch Vervielfältigungsstücke ersetzt worden sind. (7) Die Aufnahme öffentlicher Vorträge, Aufführungen oder Vorführungen eines Werkes auf Bild- oder Tonträger, die Ausführung von Plänen und Entwürfen zu Werken der bildenden Künste und der Nachbau eines Werkes der Baukunst sind stets nur mit Einwilligung des Berechtigten zulässig. Gesetz über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte (Urheberrechtsgesetz) 62 Änderungsverbot (1) Soweit nach den Bestimmungen dieses Abschnitts die Benutzung eines Werkes zulässig ist, dürfen Änderungen an dem Werk nicht vorgenommen werden. 39 gilt entsprechend. (2) Soweit der Benutzungszweck es erfordert, sind Übersetzungen und solche Änderungen des Werkes zulässig, die nur Auszüge oder Übertragungen in eine andere Tonart oder Stimmlage darstellen. (3) Bei Werken der bildenden Künste und Lichtbildwerken sind Übertragungen des Werkes in eine andere Größe und solche Änderungen zulässig, die das für die Vervielfältigung angewendete Verfahren mit sich bringt. (4) Bei Sammlungen für Kirchen-, Schul- oder Unterrichtsgebrauch ( 46) sind außer den nach den Absätzen 1 bis 3 erlaubten Änderungen solche Änderungen von Sprachwerken zulässig, die für den Kirchen-, Schul- oder Unterrichtsgebrauch erforderlich sind. Diese Änderungen bedürfen jedoch der Einwilligung des Urhebers, nach seinem Tode der Einwilligung seines Rechtsnachfolgers ( 30), wenn dieser Angehöriger ( 60 Abs. 2) des Urhebers ist oder das Urheberrecht auf Grund letztwilliger Verfügung des Urhebers erworben hat. Die Einwilligung gilt als erteilt, wenn der Urheber oder der Rechtsnachfolger nicht innerhalb eines Monats, nachdem ihm die beabsichtigte Änderung mitgeteilt worden ist, widerspricht und er bei der Mitteilung der Änderung auf diese Rechtsfolge hingewiesen worden ist. 5
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Gesetz über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte (Urheberrechtsgesetz) 52a Öffentliche Zugänglichmachung für Unterricht und Forschung (1) Zulässig ist, 1. 2. veröffentlichte kleine Teile eines Werkes, Werke geringen Umfangs sowie einzelne Beiträge aus Zeitungen oder Zeitschriften zur Veranschaulichung im Unterricht an Schulen, Hochschulen, nichtgewerblichen Einrichtungen der Aus- und Weiterbildung sowie an Einrichtungen der Berufsbildung ausschließlich für den bestimmt abgegrenzten Kreis von Unterrichtsteilnehmern oder veröffentlichte Teile eines Werkes, Werke geringen Umfangs sowie einzelne Beiträge aus Zeitungen oder Zeitschriften ausschließlich für einen bestimmt abgegrenzten Kreis von Personen für deren eigene wissenschaftliche Forschung öffentlich zugänglich zu machen, soweit dies zu dem jeweiligen Zweck geboten und zur Verfolgung nicht kommerzieller Zwecke gerechtfertigt ist. (2) Die öffentliche Zugänglichmachung eines für den Unterrichtsgebrauch an Schulen bestimmten Werkes ist stets nur mit Einwilligung des Berechtigten zulässig. Die öffentliche Zugänglichmachung eines Filmwerkes ist vor Ablauf von zwei Jahren nach Beginn der üblichen regulären Auswertung in Filmtheatern im Geltungsbereich dieses Gesetzes stets nur mit Einwilligung des Berechtigten zulässig. (3) Zulässig sind in den Fällen des Absatzes 1 auch die zur öffentlichen Zugänglichmachung erforderlichen Vervielfältigungen. (4) Für die öffentliche Zugänglichmachung nach Absatz 1 ist eine angemessene Vergütung zu zahlen. Der Anspruch kann nur durch eine Verwertungsgesellschaft geltend gemacht werden. Gesetz über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte (Urheberrechtsgesetz) 62 Änderungsverbot (1) Soweit nach den Bestimmungen dieses Abschnitts die Benutzung eines Werkes zulässig ist, dürfen Änderungen an dem Werk nicht vorgenommen werden. 39 gilt entsprechend. (2) Soweit der Benutzungszweck es erfordert, sind Übersetzungen und solche Änderungen des Werkes zulässig, die nur Auszüge oder Übertragungen in eine andere Tonart oder Stimmlage darstellen. (3) Bei Werken der bildenden Künste und Lichtbildwerken sind Übertragungen des Werkes in eine andere Größe und solche Änderungen zulässig, die das für die Vervielfältigung angewendete Verfahren mit sich bringt. (4) Bei Sammlungen für Kirchen-, Schul- oder Unterrichtsgebrauch ( 46) sind außer den nach den Absätzen 1 bis 3 erlaubten Änderungen solche Änderungen von Sprachwerken zulässig, die für den Kirchen-, Schul- oder Unterrichtsgebrauch erforderlich sind. Diese Änderungen bedürfen jedoch der Einwilligung des Urhebers, nach seinem Tode der 7
Einwilligung seines Rechtsnachfolgers ( 30), wenn dieser Angehöriger ( 60 Abs. 2) des Urhebers ist oder das Urheberrecht auf Grund letztwilliger Verfügung des Urhebers erworben hat. Die Einwilligung gilt als erteilt, wenn der Urheber oder der Rechtsnachfolger nicht innerhalb eines Monats, nachdem ihm die beabsichtigte Änderung mitgeteilt worden ist, widerspricht und er bei der Mitteilung der Änderung auf diese Rechtsfolge hingewiesen worden ist. 8