auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Ursula Fischer und der Gruppe der PDS/Linke Liste Drucksache 12/7131

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Transkript:

Deutscher Bundestag 12. Wahlperiode Drucksache 12/7376 25. 04. 94 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Ursula Fischer und der Gruppe der PDS/Linke Liste Drucksache 12/7131 Hebron-Massaker und der Friedensprozeß in Nahost Der durch die Eröffnungskonferenz am 30. Oktober 1991 in Mad rid eingeleitete Friedensprozeß und die elf Runden der Nahostgespräche führten letztendlich am 13. September 1993 zur Unterzeichnung der israelisch-palästinensischen Prinzipienerklärung für eine Übergangsregierung für Gaza und Je richo. Große Erwartungen und Hoffnungen verbanden mit dieser Erklärung die Völker Palästinas, Israels, der gesamten Nahostregion und darüber hinaus. Skepsis und Zweifel, ob die Chance eines dauerhaften Friedens auch wirklich genutzt werden wird, waren leider nicht unbegründet. Kompliziert genug gestaltete sich die Entwicklung nach dem 13. September 1993. Das Massaker in Hebron am 25. Februar 1994 schlug wie eine Bombe ein und droht den Friedensprozeß zu untergraben. So begrüßenswert die Bemühungen der israelischen Regierung zur Schadensbegrenzung auch sind, reichen die bislang von ihr getroffenen Entscheidungen nicht aus, um den Friedensprozeß wieder in Gang zu bringen. Die Entscheidungs- und Handlungsunfähigkeit des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen ist alles andere als dazu angetan, in der Region Frieden zu stiften. Zum umfassenden und dauerhaften Frieden in Nahost gibt es bekanntlich keine vernünftige Alternative. 1. Teilt die Bundesregierung die Auffassung, daß sich die Ereignisse nach der Unterzeichnung der israelisch-palästinensischen Prinzipienerklärung für eine Übergangsregierung für Gaza und Je richo insbesondere nach dem Massaker in Hebron dramatisch zugespitzt haben und den Friedensprozeß nunmehr ernsthaft gefährden, und wenn nein, warum nicht? Die Bundesregierung stellt mit Bedauern fest, daß das Massaker von Hebron am 25. Februar 1994 zu einem mehrwöchigen Stillstand im Nahost-Friedensprozeß geführt hat. Allerdings sind auch in dieser Zeit die Gesprächskontakte zwischen den betroffenen Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Auswärtigen Amtes vom 19. April 1994 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich in kleinerer Schrifttype den Fragetext.

Drucksache 12/7376 Deutscher Bundestag 12. Wahlperiode nahöstlichen Parteien insbesondere zwischen der israelischen Regierung und der Führung der PLO nicht völlig zum Erliegen gekommen. Die Bundesregierung begrüßt, daß diese Kontakte am 10. April 1994 zu einer Wiederaufnahme der Verhandlungen zur Umsetzung der Grundsatzerklärung vom 13. September 1993 geführt haben. 2. Ist die Bundesregierung der Auffassung, daß das Massaker in Hebron lediglich eine Verzweiflungstat" eines jüdischen Extremisten war, oder verfügt sie über Erkenntnisse, daß es sich hierbei um eine Provokation handelt, die den Nahost-Friedensprozeß stören sollte? Der Bundesregierung sind genaue Einzelheiten des Massakers von Hebron nicht bekannt. Eine von der israelischen Regierung eingesetzte Untersuchungskommission befaßt sich derzeit mit Hintergrund und Tathergang des Anschlags. Ein Bericht hierüber liegt noch nicht vor. 3. Ist der Bundesregierung bekannt, wie man mit 114 Patronen, die der Amokläufer" abgefeuert haben soll, 50 Menschen töten und weitere 173 verletzen kann? Zu dieser Frage erwartet die Bundesregierung eine Klärung durch die in der Antwort zur Frage 2 erwähnte Untersuchungskommission. 4. Ist der Bundesregierung der Grund für die beträchtliche Diskrepanz zwischen den Opferzahlen bekannt, die die israelische Seite veröffentlicht, und denen, die die PLO angibt? Auch hierzu muß der Bericht der Untersuchungskommission abgewartet werden. 5. Ist der Bundesregierung bekannt, warum die Palästinenser ihre Opfer so schnell als möglich beisetzen, um den Zugriff durch israelische Behörden zu verhindern? Die Bundesregierung verfügt hierzu über keine Informationen. 6. Verfügt die Bundesregierung über Erkenntnisse, daß dieses Massaker nicht nur durch bereits eingestandenes Fehlverhalten des israelischen Militärs möglich wurde, sondern möglicherweise sogar durch aktive Beteiligung von Extremisten der israelischen Armee? Die Bundesregierung hat hierzu keine Erkenntnisse. 7. Ist der Bundesregierung bekannt, ob an den Untersuchungen des Massakers nur israelhörige Palästinenser oder eine repräsentative Delegation der Palästinensischen Befreiungsbewegung beteiligt sind?

Deutscher Bundestag 12. Wahlperiode Drucksache 12/7376 Der Bundesregierung ist nicht bekannt, wen die israelische Untersuchungskommission, die vom Präsidenten des höchsten israelischen Gerichts geleitet wird, an den Untersuchungen beteiligt. Die Bundesregierung hat jedoch keinen Zweifel daran, daß die Kommission ihren Auftrag objektiv durchführt. 8. Teilt die Bundesregierung den Standpunkt von einigen israelischen Ministern, daß es im Interesse einer objektiven Untersuchung der Umstände des Verbrechens an betenden Palästinensern wünschenswert wäre, eine unabhängige Untersuchungskommission unter Ausschluß israelischer Vertreter einzusetzen? Diese Frage wird erst zu prüfen sein, wenn der Bericht der israelischen Kommission vorliegt. 9. Hat die Bundesregierung gegenüber der israelischen Seite die Forderung erhoben, eine objektive Untersuchung des Massakers unter internationaler Beteiligung zuzulassen, und wenn nein, warum nicht? Die Bundesregierung hat keinen Grund zu zweifeln, daß die israelische Untersuchungskommission ihre Arbeit objektiv weiterführen und zum Abschluß bringen wird. 10. Teilt die Bundesregierung die Auffassung, daß die Entwaffnung der israelischen Siedler sowie der Hamasanhänger eine wichtige Voraussetzung ist, um die Chance, die der Friedensprozeß bietet, auch nutzen zu können? Diese Frage ist Gegenstand von Gesprächen zwischen israelischer Regierung und PLO nach dem Massaker von Hebron vor allem auch im Zusammenhang mit den Beratungen über die Formulierung der VN-Resolution 904 gewesen. Es ist nicht Aufgabe der Bundesregierung, das Ergebnis dieser Beratungen nachträglich zu kommentieren. Die Bundesregierung teilt jedoch die Meinung, daß Waffen in den Händen von Extremisten den Friedensprozeß gefährden. 11. Indem wir das Verbot der terroristischen jüdischen Organisationen Kach" und Kahane lebt" sowie der palästinensischen Organisation Hamas begrüßen, fragen wir die Bundesregierung, ob sie das Ausmaß an vertrauensbildenden Maßnahmen für ausreichend hält, um den Friedensprozeß erfolgreich fortzusetzen? a) Wirken das Verbot für Palästinenser, Jerusalem zu betreten, sowie die Errichtung zusätzlicher Checkpoints nicht eher vertrauenshemmend? b) Sind die gewaltsamen und entwürdigenden Methoden der Steuereintreibung nicht eher kontraproduktiv? c) Sind die zusätzlich durch Israel errichteten Kontrollen in palästinensischen Städten der Westbank nicht eher vertrauenshemmend? d) Ist die Errichtung von Militärcamps in allerjüngster Zeit an der Küste des Gazastreifens, der einer palästinensischen Selbstverwaltung unterstellt werden soll, nicht geradezu friedenshemmend?

Drucksache 12/7376 Deutscher Bundestag 12. Wahlperiode Die Bundesregierung begrüßt, daß die israelische Regierung auf das Massaker von Hebron mit folgenden Maßnahmen reagiert hat: deutliche Verurteilung der Untat, Bereitschaft zu Entschädigungszahlungen für die Opfer und deren Angehörige, Einsetzung einer Untersuchungskommission, Entwaffnung und Einschränkung der Bewegungsfreiheit für einige extremistische Siedler, Freilassung von ca. 1 000 palästinensischen Gefangenen, grundsätzliche Bereitschaft zur Stationierung internationaler Beobachter, Verbot der Gruppierungen Kach" und Kahane Hai" als terroristische Organisationen. Die Bundesregierung hofft, daß die israelische Regierung weitere vertrauensbildende Maßnahmen ergreifen wird, die geeignet sind, zu einer Beruhigung der Atmosphäre in den palästinensischen Gebieten beizutragen. Gemeinsam mit ihren europäischen Partnern hat die Bundesregierung wiederholt darauf hingewiesen, daß Israel verpflichtet ist, die gültigen Normen des Völkerrechts, insbesondere die Genfer Konvention über den Schutz von Zivilpersonen, gegenüber der palästinensischen Bevölkerung zu achten. In ihrer Erklärung vom 8. März 1994 zum Massaker von Hebron hat die Europäische Union die israelische Regierung erneut an ihre Verantwortung für die Sicherheit und den Schutz aller Bewohner der besetzten Gebiete erinnert und die Parteien aufgefordert, die Frage der Sicherheit der Palästinenser, einschließlich der Frage bestimmter Siedlungen, miteinander zu erörtern und sich dabei auf geeignete Maßnahmen zu verständigen. - Jede Maßnahme, die geeignet ist, das Konfliktpotential zu verringern, das durch das unmittelbare Aufeinandertreffen der palästinensischen Bevölkerung und israelischer Siedler entsteht, wird von der Bundesregierung begrüßt. 12. Ist der Bundesregierung bekannt, ob nach Anerkennung der PLO durch Israel jene Mitglieder der al Fatah aus den israelischen Gefängnissen entlassen worden sind, die seinerzeit nur deshalb verhaftet worden sind, weil sie dieser Organisation angehörten, und wenn nein, warum sind sie bisher nicht freigelassen worden? Die Bundesregierung verfügt nicht über detaillierte Angaben zur Zusammensetzung der bisher von Israel freigelassenen palästinensischen Häftlinge. Vorrangig sind bisher offensichtlich Häftlinge entlassen worden, die bestimmten humanitären Kriterien entsprechen (Frauen, Kinder, ältere Menschen) oder bei denen die israelische Regierung eine positive Grundhaltung zum Friedensprozeß annimmt. 13. Welche Überlegungen hat die Bundesregierung, dem Friedensprozeß in Nahost durch neue Initiativen der EG neue Impulse zu verleihen? Die Bundesregierung ist überzeugt, daß der Erfolg des Friedens prozesses in erster Linie von den unmittelbar Beteiligten abhängig ist. Die wichtigsten Probleme können nur durch die Fortsetzung

Deutscher Bundestag 12. Wahlperiode Drucksache 12/7376 des Dialogs zwischen ihnen gelöst werden. Die Europäische Union kann nur flankierend Hilfe leisten. Die Bundesregierung nutzt daher jede Gelegenheit zum Dialog mit den nahöstlichen Parteien und dringt in diesen Kontakten auf Fortführung der bilateralen und multilateralen Verhandlungen im Rahmen des Nahost-Friedensprozesses. Daneben leisten die Europäische Union als Gemeinschaft und ihre einzelnen Mitglieder erhebliche materielle Hilfe, die sie in bezug auf den Aufbau der palästinensischen Gebiete zum größten internationalen Geber überhaupt machen. Die EU, die schon bisher der größte Geber für die besetzten Gebiete war, hat bereits Ende letzten Jahres zur Unterstützung des Friedensprozesses die Hilfe für 1993 um 20 Mio. ECU aufgestockt und für die Jahre 1994 bis 1998 einen Betrag von 500 Mio. ECU bereitgestellt [250 Mio. ECU als nicht rückzahlbare Zuschüsse aus dem EU-Haushalt und 250 Mio. ECU Darlehen der Europäischen Investitionsbank (EIB)]. Die Europäische Union bereitet derzeit im Rahmen der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik eine Gemeinsame Aktion Nahost vor, in der die einzelnen Maßnahmen zur Unterstützung des Nahost-Friedensprozesses festgelegt werden. 14. Was ist bisher an konkreter deutscher Hilfe auf bilateraler bzw. multilateraler Ebene für Gaza und Jericho wirklich geleistet worden, und wenn nichts, warum nicht? Bereits vor der Unterzeichnung der israelisch-palästinensischen Grundsatzerklärung vom 13. September 1993 hat Deutschland Hilfe in beträchtlichem Umfang für die israelisch besetzten Gebiete geleistet. Zusätzlich zu unserem Anteil an der Hilfe der EU (ca 28 %), dem größten Geber für die Palästinenser, und unseren Beiträgen für UNRWA sowie für Projekte von Nicht- Regierungs-Organisationen (besonders der Kirchen) sind als bilaterale Einzelprojekte der technischen Zusammenarbeit zu nennen: Berufsbildungsprojekte in Hebron und Beit Hanina (Westbank) laufen erfolgreich seit sieben Jahren in einem Gesamtvolumen von 14,4 Mio. DM. Mit der deutschen Hilfe sind u. a. zwei Werkstatthallen gebaut worden. Abwasserentsorgung in Bethlehem wird seit drei Jahren gebaut. Deutscher Gesamtbeitrag von 14 Mio. DM. Abwasserentsorgungsprojekt Al Bireh (Westbank) mit Beitrag von 6,7 Mio. DM wurde Ende 1993 begonnen. Wasserversorgungsprojekte in Nablus und Ramallah (Westbank) werden in diesem Frühjahr begonnen (zusammen 15 Mio. DM). In diesem Sommer wird der erste Teil eines größeren Abfallentsorgungsvorhabens im Gazastreifen durchgeführt. Es handelt sich dabei um eine Aufräumaktion, die gezielt als schnell sichtbare Maßnahme konzipiert ist (Gesamtumfang 6 Mio. DM, davon Aufräumaktion 2,5 Mio. DM).

Drucksache 12/7376 Deutscher Bundestag 12. Wahlperiode Als erstes Vorhaben der finanziellen Zusammenbarbeit (10 Mio. DM) ist 1994 ein Abwasserentsorgungsvorhaben in Salfeet (Westbank) in Vorbereitung. Die deutsche Unterstützung ist mehrmals vom PLO-Vorsitzenden Arafat und anderen palästinensischen Partnern als besonders wirksam gewürdigt worden. Bei der bilateralen wie auch bei der multilateralen Hilfe ist jedoch zu berücksichtigen, daß die Durchführung neuer Projekte in den palästinensischen Gebieten auch von der Mitwirkung der palästinensischen Seite abhängig ist. Ebenso wie unsere europäischen Partner und alle anderen Geber haben wir wiederholt die PLO und die palästinensischen Führer in den israelisch besetzten Gebieten gedrängt, beschleunigt die notwendigen Verwaltungsstrukturen aufzubauen und verantwortliche Personen zu benennen, die als Verhandlungspartner für die Geber bevollmächtigt sind. Dies geschieht jedoch nur sehr zögerlich (Aufbau von PECDAR Palestinian Economic Council for Development and Reconstruction). Im Rahmen der o. a. Entwicklungszusammenarbeit wird der Aufbau von Verwaltungsstrukturen mit unterstützt. - Zur Koordinierung der deutschen Hilfe ist die Errichtung eines eigenen Büros in Jericho vorgesehen. Die deutsche Präsenz in Jericho wird jedoch erst dann sichtbar sein können, wenn auch die PLO dort eigene Strukturen aufgebaut haben wird. 15. Teilt die Bundesregierung den Standpunkt, daß Israel seine Siedlungspolitik in den besetzten Gebieten entsprechend den VN Resolutionen umgehend stoppen muß, und wenn nein, warum nicht? Die Bundesregierung hat wiederholt in den einschlägigen VN Gremien ebenso wie ihre europäischen Partner unmißverständlich zum Ausdruck gebracht, daß die israelischen Siedlungen gegen das Völkerrecht verstoßen, und gleichzeitig Israel zur Einstellung der Siedlungstätigkeit aufgefordert. 16. Teilt die Bundesregierung die Auffassung, daß es im Interesse der Verwirklichung des Gaza-Jericho-Abkommens sowie eines vertrauensbildenden Klimas sinnvoll wäre, die jüdische Siedlungsenklave von 52 Siedlern in Hebron aufzulösen? Wie bereits in der Antwort zur Frage 11 ausgeführt, begrüßt die Bundesregierung jede Maßnahme, die geeignet ist, das Konfliktpotential zu verringern, das durch das unmittelbare Aufeinander treffen der palästinensischen Bevölkerung und israelischer Siedler entsteht. 17. Hält es die Bundesregierung nicht für sinnvoll, den eingeleiteten Friedensprozeß durch kollektive Anstrengungen zur Entwicklung der Region des Nahen und Mittleren Ostens, in der jährlich 50 Mrd. US-Dollar für Militärausgaben verschwendet werden, zu begleiten, und welche Kerngedanken nach Auffassung der Bundesregierung müßte eine solche Politik umfassen?

Deutscher Bundestag 12. Wahlperiode Drucksache 12/7376 Die Bundesregierung hält wirtschaftliche Prosperität für eine der wichtigsten Bedingungen für einen dauerhaften Frieden im Nahen Osten. Deshalb beteiligt sich die Bundesregierung aktiv an den multilateralen Arbeitsgruppen des Nahost-Friedensprozesses, die neben der Vertrauensbildung zwischen den nahöstlichen Parteien das Ziel verfolgen, die Grundlagen für eine regionale Kooperation zu legen. Die Arbeitsgruppen Regionale Wirtschaftsentwicklung", Wasser" und Umwelt" widmen sich dabei unmittelbar wirtschaftlichen Themen, die Arbeitsgruppen Regionale Sicherheit und Abrüstung" sowie Flüchtlinge" greifen weitere Probleme auf, die für die gesamte Region von Bedeutung sind.