WIEDERANSIEDLUNG DER BACH- UND FLUßPERLMUSCHEL IN DER NISTER UND IHRER NEBENGEWÄSSER. Carola Winkelmann, Aquatische Ökologie

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Transkript:

WIEDERANSIEDLUNG DER BACH- UND FLUßPERLMUSCHEL IN DER NISTER UND IHRER NEBENGEWÄSSER Carola Winkelmann, Aquatische Ökologie 1

Muschelarten an der Nister Flussperlmuschel Bachmuschel Die Nister bietet Arten in besonderer Verantwortung Deutschlands und geschütze Arten einen Lebensraum. Bilder: ARGE Nister e.v., Aquatische Systembiologie, TU München; Gemeine Teichmuschel

Übersichtskartierung Problemlage Bachmuschelnachweise Erfassung 2006/2007 und 2013 Bachmuschel statistische Bestandsermittlung Methode Dr. NAGEL 2007: 6.108 Einzeltiere 2013: 2.413 Einzeltiere Bilder: Manfred Fetthauer, ARGE Nister e.v. 2013 nur noch 39% des 2007 ermittelten Bestandes

Problemlage Verschlechterung der Wasserqualität in den letzten 10 Jahren beobachtet (insbesondere Algenmassenentwicklungen) Muschelbestände überaltert, keine Reproduktion Naturvermehrung Lachs wieder rückläufig Mai 2010 Abbildung: Westermann, Landesamt RLP

Problemlage Algenmassenentwicklungen verstopfen die Sedimente und reduzieren den Wasseraustausch 0 Sauerstoffsättigung (%) 0 20 40 60 80 100 Sauerstoffmangel im Sediment -5-10 Fischlaich und Jungmuscheln sterben Tiefe (cm) -15-20 -25-30 Daten: Universität Koblenz-Landau, Aquatische Ökologie, BLE-Projekt

Problemlage Eutrophierung: Sauerstoffdefizit im hyporheischen Interstitial Sauerstoffschwankungen ph-wert Schwankungen Ammoniakbelastung der Fische Daten: Gerke et al., BLE-Projekt 6

Problemlage Feinsedimenteinträge verstopfen die Sedimente und reduzieren den Wasseraustausch Sauerstoffmangel im Sediment Fischlaich und Jungmuscheln sterben Foto: Dr. Brunke, Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume Niedersachsen

Problemlage Mangelnde Substratdiversität Zu wenig geeignete Muschelhabitate Muscheln sterben Foto: Dr. Brunke, Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume Niedersachsen

Problemlage Gewässerbelastungen stammen aus dem Einzugsgebiet Abbildung: TU-Darmstadt, Leichtweiß-Institut für Wasserbau

Einzugsgebiet der Nister Hoher Waldanteil im Einzugsgebiet der Nister Karte: SGD Nord

Einzugsgebiet der Nister Insbesondere im Oberlauf: Teilweise intensive Grünlandnutzung Teilweise strukturelle Defizite Erhöhter Feinsedimenteintrag erkennbar

Problemlage Nister Phosphateintrag + Eutrophierung Geringe Populationsdichte Bachmuschel und Flussperlmuschel Mangelnde Substratdiversität Feinsedimenteintrag Abbildungen: SGD Nord,

BLE-Projekt Bioeffekt Kann eine hohe Dichte großwüchsiger Fische (Nase, Döbel, Barbe) Eutrophierungserscheinungen reduzieren? Ist die Steuerung des Fischbestandes eine wichtige Maßnahme zur Verbesserung der ökologischen Gewässerqualität? Werden Eutropierungserscheinungen in Mittelgebirgsflüssen durch den Bestand großwüchsiger Fischarten beeinflusst? Großskaliges Experiment zur Nahrungsnetzsteuerung M u D Vorhaben Bioeffekt, 2015-2018, 2813BM010

BLE-Projekt Bioeffekt Referenzstrecke Manipulationsstrecke Phase 1 2015-2017 Phase 2 2017-2018 Referenz P1 Manipulation P1 versusreferenz P2 Manipulation P2 Besatz mit Chondrostoma nasus (Nase) Absperrung mit tauchbarem Fischwehr

BLE-Projekt Bioeffekt Untersuchung der Korngrößenverteilung (freeze-coring) Messung der chemischen Qualität des Interstitialwassers (Sauerstoff, ph, Leitfähigkeit, Ammonium, Nitrit, Nitrat, Phosphat) Periphyton Sedimenteintrag Makrozoobenthos

Integrativer Artenschutz Aquatische Biodiversität Schutz nationaler Verantwortungsarten unter Berücksichtigung biotischer Wechselwirkungen Öffentlichkeitsarbeit Habitatentwicklung Verantwortungsarten Wissenschaftliche Begleituntersuchung E u E Vorhaben Intasaqua, 2017-2018, 3517892011

Habitatentwicklung Modul 1 Umlandentwicklung Modul 2 Modul 3 Entwicklung gewässerinterner Strukturen Grabenentwicklung Reduktion des Feinsediment- und Nährstoffeintrages Bessere Beschattung Verbesserung Interstitialqualität Lebensräume für Muscheln, Barbe, Lachs und Äsche schaffen. Rückzugsräume für Jungfische Aufwuchshabitate für Flussperlmuschel und Bachmuschel Uferrandstreifen Landkauf bzw. Nutzungsänderungen Schaffung geeigneter Habitate durch Strukturverbesserung (Strömungsdiversifizierung) Wiederanschluss von Wiesengräben

Habitatentwicklung

Verantwortungsarten Verantwortungsarten Bestandsmonitoring und Bestandsstützungen Regelmäßige Bestandskontrollen (insbes. Barbe, Nase) ggf. eigene Nachzucht und Bestandsstützung

Begleituntersuchung Wissenschaftliche Begleituntersuchung Identifikation und Charakterisierung der Renaturierungsstellen Monitoring des Renaturierungserfolges (Biodiversität und Sedimenteigenschaften) Entwicklung eines invasionsarmen Monitorings für Muscheln mittels edna (environmental DNA) aus Wasserproben zum Bestandsmonitoring

Öffentlichkeitsarbeit Rahmen: Nistervertrag Öffentlichkeitsarbeoit Kooperation mit Kreisen und Gemeinden zur Entwicklung akzeptierter und umsetzbarer Maßnahmen Einbindung interessierter BürgerInnen in die Erfassung und den Schutz der Biodiversität Umweltbildungsangebote für Schulen der Region Foto: SGD, https://sgdnord.rlp.de/de/wasser-und-abfall/wasser/aktion-blau-plus/nisterprogramm

Problemlage Nister Phosphateintrag + Eutrophierung? Geringe Populationsdichte Bachmuschel und Flussperlmuschel Mangelnde Substratdiversität Feinsedimenteintrag Abbildung: SGD Nord, Foto links unten Dr. Brunke, Foto rechts oben: Hugo

Zusammenfassung Sanierung der Nister erfordert integrative Herangehensweise Reduktion der Eutrophierung bzw. der Eutrophierungserscheinungen (Oberfläche und Sediment) Verbesserung der Sedimentdiversität für die Muscheln Maßnahmen im Einzugsgebiet zur Reduktion von Feinsedimenteinträgen Bestandsstützung Flussperlmuscheln und Bachmuscheln

Vielen Dank

Gewässerqualität Verhältnismäßig gute Gewässerstruktur Gewässerstrukturgüte Nister Daten: Geoportal Wasser 25

Belastungspfade Nister Gründe für die geringe ökologische Qualität der Nister Interaktionen: 12500 Einbruch des Bestandes größerer Fischarten in der Nister Fischbestand 10000 7500 5000 2500 0 1995 1996 1997 1998 1999 Daten: J. Schneider, BfS; befischte Strecke: 1700 m Einflug von 118 Kormoranen im Winter 1998/1999

Belastungspfade Nister Gründe für die geringe ökologische Qualität der Nister Interaktionen: Einbruch des Bestandes größerer Fischarten in der Nister evtl. durch Kormoran verursachte Reduktion der Weidegänger - - + - + +