Mikrobiologische (Prä-)Analytik: Wer, wie, was? Wieso, weshalb, warum? Und was sind eigentlich flocked swaps?

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Transkript:

Mikrobiologische (Prä-)Analytik: Wer, wie, was? Wieso, weshalb, warum? Und was sind eigentlich flocked swaps? Dr. Philipp Warnke, Institut f. Med. Mikrobiologie, Virologie und Hygiene, UMR Rostock

Inhalt 2 Analytik - Entwicklung und Stand der Dinge Materialgewinnung, Transport, Möglichkeiten der Diagnostik MRSA, MRGN - wann ist mit einem Befund zu rechnen MRSA - Screening Neues aus der Präanalytik - Flocked swaps

Analytik stetige Neuerungen 3

Analytik Differenzierung 4 Massenspektrometrie - Nachweis ribosomaler Proteinfragmente - bisher nur aus Kulturmaterial (auch Blut / Urin) - Dauer d. Analyse pro Keim 1 min. - Stammdifferenzierung mögl. (Epidemiologie) - Nachweis von Resistenzfaktoren bisher kaum mögl.

Analytik Resistenztestung

Präanalytik schleichende Entwicklungen 6

Bearbeitungszeiten 7 Identifizierungen: Resistenztestungen: Transport:

Schema: Gewinnung von Untersuchungsmaterial

Präanalytik 9 Präanalytik entscheidend für Qualität des Befundes! - Gewinnung - Transport / Lagerung - Temperatur - Untersuchungsauftrag / Ort der Materialentnahme - Krankheitsbild

mit Einsendeschein:

der inoffizielle Einsendeschein:

Präanalytik 12 Präanalytik verbessern! für verschiedene Materialien Übersicht im Folgenden.

Güte des Untersuchungsauftrags bestimmt Ausmaß der Diagnostik Inst. f. Med. Mikrobiologie, Virologie & Hygiene Rostock (2013) > 150 000 Materialien zur bakteriol. / mykol. / hyg. / virol. Untersuchung

Methoden zur Untersuchung von Bakterien Medien für den Kultur-Nachweis - Universalmedien - Selektivmedien - Differenzierungsmedien - Flüssig- / Festmedien (Bouillon / Agarplatte) Selektiv- / Differenzierungs- Medium Universal- / Differenzierungs- Medium

Transport / Lagerung 16 - Qualitativ vs. Quantitativ? - Flora? - Urin: gekühlt - Stuhl: gekühlt, RT - Blutkultur: bebrütet, RT - Liquor: bebrütet, RT - Atemwegsmaterial: gekühlt, RT

(Wund-)Abstrich oder Gewebe? 17 Abstriche in Medium Schadet nicht für Kultur Schlecht für PCR Schlecht für mikroskopische Präparate < 6h kein Medium nötig! Gewebe in steriles Gefäß, nicht in Tupferröhrchen evtl. mit NaCl Cave: kein Formalin Punktate in Spritze belassen oder in BK-Flaschen nicht in Tupferröhrchen

PCR 18 Gezielte PCR Vorteil: schnell, sensitiv, auch aus unsterilem Material möglich Nachteil: gezielter Verdacht nötig Beispiel: Pneumokokken in Sputum? Universelle PCR Vorteil: keine gezielte Anforderung nötig Nachteil: nur aus sterilen Kompartimenten sinnvoll Mischkulturen Dauer: PCR, anschließend Sequenzierung Tage Beispiel: Gelenkpunktat, Fragestellung: ist da was drin? Transport: Gekühlt, RT DNA sehr stabil, RNA sehr instabil Nie in Transportmedium!

Serologie 19 - man muss wissen, was man sucht - keine universelle Serologieanforderung - positives Ergebnis alleine nicht immer zielführend (persistierende AK, ausbleiben unter Therapie, von höherem Titer kommend) - Vorteil: - Nachweis auch noch möglich, wenn Erreger nicht mehr da ist - Nachweis von unkultivierbaren / schlecht kultivierbaren Erregern Transport: gekühlt, RT

mikrobiologischer Untersuchungsgang mittels Mikroskopie / Erregerkultur mikroskopische Untersuchung Beimpfen von Kulturmedien Material in Transport -gefäß / - medium 1 d Inkubation; Ausstrich der Flüssigkultur 1-2 d Inkubation MALDI-TOF-MS Differenzierung mind. 1 h; Resistenztest mind. 1 d nach 1 - ( 2) d unauffälliger Befund; Physiol. Standortflora nach ( 1) - 2 - ( 2) d spezifischer Befund: pathogener Mikroorganismus und Antibiogramm

Beispiel für die Automatisierung der Kulturansätze Automatisierung aller Schritte der Kulturdiagnostik möglich: Materialerkennung Auswahl der Kulturmedien Beschriftung Materialaufbringung Bebrütung Optische Begutachtung Dokumentation Entsorgung

MRSA - wann kommt das Ergebnis? 22 MRSA-Screening (Kultur) Kultur: 1d (Verdacht auf MRSA) Antibiogramm: 1d Befund: nach 2d Sensitivität: 1 KBE MRSA-Screening (PCR) Befund: am gleichen Tag Cave: Sensitivität > 1 KBE kein Antibiogramm trotzdem 2d

MRGN - wann kommt das Ergebnis? 23 MRGN Screening: Keine validierten Verfahren verfügbar Nachweise im Rahmen der Routine - Diagnostik MRGN Nachweise: Kultur: 1-2d Antibiogramm: 1d PCR / Schnelltest: nein Befund: nach 2-3d

MRE grundlegende methodische Probleme Pränanalytik optimales anatomisches Areal Art u. Menge d. Untersuchungsmaterials Abnahmebesteck Transportbedingungen Analytik optimale Untersuchungsmethode Selektivmedien vs. PCR, qualitativ vs. quantitativ Validiertes Verfahren?

25 für MRGN bisher keine Risikogruppen idenfiziert!

MRE Untersuchung / Screening bei (V.a.) Infektionen behandelnder Arzt alle Erreger - optimales Material spezifisch für jeweilige Erkrankung; kein Screening sondern indizierte Infektionsdiagnostik! 26 bei (V.a.) Kolonisation behandelnder Arzt MRSA - Abstrich Nasenlöcher, Rachen, (Perineum, Stirn-Haargrenze, Axilla) MRGN - bisher keine validierten Verfahren verfügbar für Umgebungsuntersuchungen Krankenhaushygiene Personal - nur bei Ausbrüchen nach Nachweis eines MRSA-Klons: Abstrich Nasenlöcher, (Rachen, Hände, Perineum) unbelebte Umgebung nur bei Ausbrüchen Patienten-nahe Flächen, Apparaturen (MRSA) Wasserhähne, Waschbecken, Flüssigkeit-Reservoirs (MRGN) Fortbildung MRGN, Karlsburg 2013

MRSA-Screening, aber wie? 27 Studiendesign: Ziel: Abstrich-Schulung führt zu eines höheren Trefferquote Aufbau: Gumminasen werden mit S. aureus / S. epi Suspension inokuliert Abstrich vor und nach Schulung Quantitative Detektion Zielgruppen: Auszubildende Student Assistenzarzt Aushilfskraft PJ ler Facharzt Pflegekraft Oberarzt Leitende Pflegekraft Chefarzt

MRSA-Screening, aber wie? 28 Verwenden Sie nur einen Tupfer für beide Nasenlöcher

MRSA-Screening, aber wie? 29 Tupfer nur so weit in die Nase einführen, dass Watteanteil gerade eben im vorderen Naseanteil verschwindet. Nicht im mittleren oder hinteren Anteil der Nase abstreichen.

MRSA-Screening, aber wie? 30 Unter leichtem Druck abstreichen, so dass Stäbchen leicht gebogen ist

MRSA-Screening, aber wie? 31 Den Tupfer im Nasenvorhof (Vestibulum nasi) in kreisenden Bewegungen nach links, oben, rechts und unten führen und dabei den Tupfer in sich rotieren. Für jeweils ca. 5 Sekunden nacheinander in beiden Nasenlöchern abstreichen.

MRSA-Screening, aber wie? 32 Ergebnisse (Beispiel aus 1 Abteilung) vor nach Daten noch nicht publiziert, deshalb entfernt

Flocked swaps 33

Flocked swaps 34 Probst et al., Appl. Environ. Microbiol. 2010

Diverse Abstrichtupfer im Test 35 Daten noch nicht publiziert, deshalb entfernt S. aureus : S. epidermidis 1:2 in 1 ml physiol. NaCl Abgabe speziesabhängig

36 Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

Kontakt Dr. Philipp Warnke Institut für Med. Mikrobiologie, Virologie und Hygiene philipp.warnke@med.uni-rostock.de Tel. 0381/494-5930