Interview: Perfrmance und Cmpliance praktische Werkzeuge zur wirksamen Umsetzung durch den Aufsichtsrat Veröffentlicht: 14. September 2016 Dr. Karl Wagner ist Geschäftsführer der prcn Unternehmensberatung GmbH, Wien. Als Pinier des Strategischen Przessmanagements ist er Autr vn Perfrmance Excellence, einem Lehr- und Arbeitsbuch bzw. Praxisleitfaden zum effektiven Przessmanagement. Sein Cred lautet, dass klar definierte und strukturierte swie wirksame Przesse Vraussetzung auf dem Weg zu einem exzellenten Unternehmen sind. Was der Aufsichtsrat dazu beitragen kann, erläutert er im Interview mit INARA. Das Gespräch war s lebhaft und kurzweilig, dass die geplante Dauer vn einer Stunde bei weitem nicht ausreichte, alle damit verbundenen Aspekte zu beleuchten. Frtsetzung flgt. Ftcredit: prcn INARA: Was bedeutet Kntrlle ist gut Wirksamkeit ist besser für den Aufsichtsrat? Wagner: Das Bild des Aufsichtsrats als berster Kntrllr wurde abgelöst durch die Rlle eines aktiven Gestalters der Unternehmensentwicklung. Der Fkus der Aufsichtsratsarbeit liegt nicht mehr ausschließlich auf der finanziellen und rechtlichen Unternehmensüberwachung, sndern auf der zukunftsrientierten Begleitung des Vrstands in der Unternehmensführung. Dabei geht es primär um Perfrmance, Wirksamkeit und Develpment. Damit meine ich die steigende Verantwrtlichkeit des Aufsichtsrats für die Perfrmance in Ergänzung zur Cmpliance des Unternehmens; 1
Verschiebung des Fkus vn der Kntrlle der Krrektheit zur Überprüfung der tatsächlichen Wirksamkeit der Geschäfte, Transaktinen und Maßnahmen des Unternehmens; aktive Begleitung des Develpments, als der Unternehmensentwicklung. Mit anderen Wrten: die Aufgaben des Aufsichtsrats umfassen mehr als den Jahresabschluss frmal zu prüfen und die Hauptversammlung unbeschadet zu überstehen. Seine Verantwrtung verschiebt sich hin zur Sicherstellung wirksamer Geschäftsprzesse und einer zukunftssicheren Unternehmensleistung. INARA: Sie sehen Perfrmance als DAS Fundament der Unternehmensführung, nicht wahr? Wagner: Ohne einen differenzierenden Leistungsbeitrag überlebt kein Unternehmen. Daher braucht jede Firma eine Strategie, die ihre Daseinsberechtigung und den Nutzen für die Stakehlder bestimmt. Der Aufsichtsrat steht dafür ein, dass die Strategie swhl langfristig angelegt, als auch wirksam umgesetzt wird. Hier sei der Ex-General Electric-Chef Jack Welch zitiert: If yu dn t have a cmpetitive advantage, dn t cmpete! Aufsichtsräte müssen sicherstellen, dass es diesen erkennbaren Wettbewerbsvrteil gibt und dass weitere Kmpetenzen aufgebaut, entwickelt und umgesetzt werden. INARA: Wie können Aufsichtsräte diese strategische Leistungsfähigkeit vrgeben und deren Einhaltung überwachen? Wagner: Neben Branchenerfahrung und einem Vertrauensverhältnis zum Vrstand steht dem Aufsichtsrat eine Reihe vn Perfrmance-Werkzeugen zur Verfügung. Diese verschaffen ihm ein klares Verständnis der strategischen Unternehmenspsitin. Beispiele für essenzielle Perfrmance-Werkzeuge nicht-finanzieller Art sind: das Aufsichtsrats-Perfrmance-Cckpit, das auch nicht-finanzielle Kennzahlen aufzeigt; eine Strategy Sundness Evaluatin (s. Richard Rumelt: Gd Strategy/Bad Strategy) mit flgenden Inhalten und Fragestellungen Knsistenz: Beinhaltet die Strategie inknsistente Ziele und Strategien? Übereinstimmung: Stellt die Strategie eine adaptive Reaktin auf die Umwelt und auf kritische Veränderungen dar? Vrteil: Srgt die Strategie für die Schaffung und Entwicklung vn Wettbewerbsvrteilen? Durchführbarkeit: Überfrdert die Strategie die verfügbaren Ressurcen bzw. schafft sie Prbleme in der Umsetzung? Realitätstest: Können die kritischen Annahmen, auf denen die Strategie beruht, durch die erhaltenen Fakten bestätigt der widerlegt werden? Briefings für Fkusthemen wie Digitalisierung, Rhstffpreisentwicklung, Finanzkrisen, Przessmanagement, etc.; ein Kmpetenzenprfil der Organisatin (Ist/Sll); einen Strategieumsetzungs-Excellence-Bericht; INARA: Cmpliance ist als nicht gleich Cmpliance Wagner: Cmpliance am Papier ist geduldig. Schlimmer nch, z. B. ist manchmal der CSR- Bericht das Papier nicht wert, auf dem er gedruckt wurde. Faktisch wird dem Aufsichtsrat 2
immer mehr die Verantwrtung für die tatsächliche Einhaltung übertragen, nicht nur für die dkumentierte Cmpliance. Die aktuelle BPM (Business Prcess Management) Cmpass 2016 Studie mit der WU Wien erhb als höchsten Wert der Cmpliance bei regulativen Nrmen 50%, durchschnittlich aber unter 30%. Kein Wunder, dass viele Aufsichtsräte über schlechten Schlaf klagen. Sicherzustellen, dass eine Vrgabe nicht blß erlassen Instituted Cmpliance sndern auch umgesetzt wird Effective Cmpliance ist eine grße Herausfrderung für den Aufsichtsrat. Essenzielle Cmpliance-Werkzeuge mit nicht-finanziellem Fkus sind: Review der 4 Ms zur Sicherung der Cmpliance; Effektivität des integrierten Management-Systems (Risik-, Sicherheits-, Qualitäts-, Umwelt-, Infrmatinssicherheits-Management, etc.); Dkumentatin und Steuerung des IKS (Internes Kntrll-System); Einrichten eines Risikmanagement-Kmitees (RM, IKT, Cntrlling, IT); Aufbau eines Infrmatinssicherheits-Systems nach ISO27001. INARA: Bitte erklären Sie die 4 Ms zur Sicherung der Cmpliance und was der Aufsichtsrat damit zu tun hat. Wagner: Unserer Erfahrung nach fährt ein Aufsichtsrat am besten, wenn er die Einführung der flgenden 4 Ms der Cmpliance sicherstellt und deren Einhaltung auch faktisch überprüfen lässt. Die ultimative Verantwrtlichkeit liegt beim Aufsichtsrat. Mitteilung Ausreichende Infrmatin der Mitarbeiter über die an sie gestellten Anfrderungen und Vrgaben; Mindset Überprüfung, b die betrffenen Mitarbeiter die Vrgaben und deren Zweck auch verstanden haben; Mittel Ausstattung der Mitarbeiter mit Zeit- und Wissensressurcen, damit sie das Richtige zur richtigen Zeit tun; Mtivatin Anleitung der Mitarbeiter die Vrgaben nach bestem Wissen und Gewissen umzusetzen. INARA: Wie kann der Aufsichtsrat den Umsetzungserflg vn Vrgaben überprüfen? Wagner: Erst durch eine tatsächliche Realisierung in den Unternehmensprzessen werden die Vrgaben zum Leben erweckt und entfalten ihre beabsichtigte Wirkung. Lassen Sie mich kurz auf die Herausfrderung eines gelebten Risikmanagements insbesndere für nichtfinanzielle Risiken eingehen. Ein prfessinelles Risikmanagement-System erschöpft sich nicht in einem peridischen Reprt der immer gleichen Themen. Ein Risikmanagement-System ins Leben zu rufen erfrdert ein erlebbares Cmmitment aller Ebenen zu den grundlegenden Werten der Organisatin hinsichtlich Verantwrtlichkeit, Srgfalt und Engagement. S darf zum Beispiel das Risik Sicherheit nicht zum frmalen Checkpunkt einer Abhak- Rutine degenerieren. Es muss bei allen Führungskräften und Mitarbeitern fühlbar wahrnehmbar sein, um wirksam zu sein. 3
Der Aufsichtsrat kann zur Sicherstellung der Effektivität des Risikmanagements viel beitragen, s kann er Fragen stellen und mit gutem Beispiel vrangehen, wie bspw. Ist Risikmanagement eine Pflichtübung der wird der Sinn und Nutzen vn allen verstanden und gelebt? Werden jährlich die gleichen Tp 3 Risiken an den Aufsichtsrat berichtet? Was sind die Entscheidungen, die auf Basis der Risikbewertung beeinflusst werden? Auf welchem Detaillierungsgrad werden Risiken dem Prüfungsausschuss berichtet? Was frdert der Prüfungsausschuss überhaupt ein? Zeigt der Aufsichtsrat durch sein Verhalten, dass Nn-Cmpliance nicht tleriert wird? Werden nicht nur die Risiken, sndern auch die Chancen betrachtet? Wie ft ist das Unternehmen im letzten Geschäftsjahr vn wesentlichen Cmpliance- Verstößen und Risiken überrascht wrden? INARA: Um was geht es bei dem vn Ihnen genannten Develpment? Wagner: Develpment erfrdert mutige Veränderung für eine attraktive Zukunft. Für den Aufsichtsrat bedeutet das einen aktiven Beitrag zur Weiterentwicklung des Unternehmens, des Managements und der Mitarbeiter. Wer hier stehen bleibt, fällt zurück. Der Aufsichtsrat hat dafür Srge zu tragen, dass die beschriebenen Instrumente zu Cmpliance und Perfrmance tatsächlich wirksam werden. Dies erfrdert, dass vn Persnal- und Führungskräfteentwicklung bis hin zur rllierenden Unternehmensentwicklung das Mindset der Organisatin und vr allem der Führungskräfte merkbar verändert wird. Essenzielle Develpment Werkzeuge zur Sicherstellung der Wirksamkeit sind: eine strategiegekppelte Persnal- und Führungskräfteentwicklung (Abkehr vm Schulungs- und Trainings- Turismus ); regelmäßige Stakehlderanalysen und ein 360-Grad-Feedback der Organisatin, des Management-Systems und der Mitarbeiter/Führungskräfte; Sunding Bards zur Unterstützung der Kmmunikatinsdurchlässigkeit im Unternehmen und zum Barrierenabbau in den Reprting-Sils ; eine X-Matrix gemäß Hshin Kanri-Ansatz (einem unternehmensumfassenden Planung- und Steuerungssystem, das alle Führungskräfte und Mitarbeiter einbindet) zum Abgleich der Strategien, Ziele, Kennzahlen, Prjekte, der Przesse und der relevanten Unternehmensergebnisse; das Einrichten und Management eines Critical Incident Reprting Systems (CIRS). INARA: Was ist ein Critical Incident Reprting System? Wagner: Der fatale Unterschied zwischen einem schönen Auditbericht und der harten Realität zeigt sich meist erst, wenn es zu spät ist: Erträge brechen ein, Ksten expldieren der eine massive Sicherheitslücke zwingt das Unternehmen in die Knie. Der Abschlussbericht allein bietet hier keine Antwrt. Entsprechend dem Österreichischen Crprate Gvernance Kdex (Regel 83) prüft der Abschlussprüfer zwar die Gestaltung und Einrichtung eines Risikmanagement-Systems, aber nicht dessen tatsächliche Wirksamkeit. Selbst wenn hier grbe Abweichungen berichtet werden, ist es meist zu spät. Nur Frühwarn-Indikatren aus den Geschäftsprzessen selbst signalisieren Risiken und Abweichungen, bevr sie Schaden anrichten. Aus der Unfallfrschung wissen wir, dass 4
jedem Tdesfall zuvr 30 leichtere Unfälle und 300 Beinahe-Unfälle vrausgehen (Heinrich Pyramide). Ein Critical Incident Reprting System schlägt frühzeitig Alarm, wenn sich die Frühwarnkennzahlen in die falsche Richtung bewegen. Das Frühwarn-System erlaubt es, auftretende Mängel in der Wirksamkeit vn Cmpliance und Perfrmance schn im Przess- Stadium rechtzeitig zu erkennen. Das Ziel besteht darin, nicht auf einen Vrfall zu warten, sndern vrweg entsprechende Anzeichen ernst zu nehmen. Diese Vrläuferinfrmatin ermöglicht es dem Aufsichtsrat, hinter die Kulissen zu blicken und frühzeitig auf Abweichungen mit aktiver Begleitung zu reagieren. Das Interview führte Dr. Brigitta Schwarzer, MBA Mehr zu prcn: www.prcn.at Kntakt prcn: Dr. Karl Wagner, Geschäftsführer, +43 1 3679191-0, wagner@prcn.at 5