Norbert Dittmar Transkription

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FUr Eugen Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Ein Titeldatensatz fur die Publikation ist bei Der Deutschen Bibliothek erhiiltlich ISBN 978-3-322-95154-0 ISBN 978-3-322-95153-3 (ebook) DOI 10.1007/978-3-322-95153-3 Gedruckt auf siiurefreiem und alterungsbestiindigem Papier. 2002 Leske + Budrich, Opladen Das Werk einschlieblich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschtitzt. Jede Verwertung auberhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzuliissig und strafbar. Das gilt insbesondere fur Vervielfaltigungen, Obersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Satz: Leske + Budrich, Opladen

Inhalt o. Vorwort.... 9 1. 1.1 1.2 1.3 1.3.1 1.3.2 1.4 1.5 1.6 1.7 2. 2.1 2.1.1 2.1.2. 2.1.3 2.1.4 2.2 2.2.1 2.2.2 2.3 2.4 Kulturtechniken der Verdauerung fliichtiger miindlicher Rede.... Warum wir Stimmen gerne schwarz auf weib sehen mochten: Einladung zur Reflexion.... Kollektives Gedachtnis, Authentizitat und Verbindlichkeit.... Schrift und Schriftlichkeit.... Nicht-phonologische Systeme.... Phonologische Systeme.... Die stenographische Mitschrift.... Protokoll.... Die Einbindung authentischer fremder Stimmen in den literarischen Diskurs.... Aufgaben.... Das Untersuchungsfeld,sprechsprachliche Kommunikation'.... Kommunizieren als Sprechtatigkeit.... Sprechen als Ausdruck sozialer Identitat.... Sprechen als Aktivitat in Zeit und Raum.... Fltichtigkeit und (mentale) Fltissigkeit der Rede.... Die,Ko-Prasenz' von Sprecher und Horer.... Mtindlichkeit: Theoretische Modelle der Form und Funktion.... Konzeptionelle Mtindlichkeit.... Die Eigenstiindigkeit der Sprechsprache.... Eine modulare Sicht sprechsprachlicher Eigenschaften: Psycho-, sozio-, system- und diskurslinguistische Dimensionen.... Aufgaben.... 15 15 17 18 19 20 22 24 25 29 31 31 31 32 34 36 37 38 39 44 48 5

3. 3.1 3.2 3.3 3.4 4. 4.1 4.2 4.3 4.4 4.5 4.6 4.7 4.8 Die Transkription als Dokumentationsgrundlage wissenschaftlicher Untersuchungen miindlicher Kommunikationsprozesse.... Gegenstand und Definition der wissenschaftlichen Transkription.... Sprachdatenerhebung.... Die RoUe der Transkription im Rahmen kommunikationswissenschaftlicher Untersuchungen.... Aufgaben....,Sage mir, wie Du sprichst und ich sage Dir, wer Du bist': Lautliche Authentizitiit.... Die literarische Umschrift.... Die Transliteration.... Die,phonetische Umschrift' (IPA).... Die Heidelberger Umschrift,PDL' (Pidgin Deutsch Lautschrift).... SAMPA (Speech Assessment Methods Phonetic Alphabet).... Vor- und Nachteile von PA, PDL und SAMPA.... Aufgaben.... Anhang.... 51 52 55 58 59 61 62 65 66 74 76 77 78 79 5. 5.1 5.2 5.2.1 5.2.2 5.2.3 5.2.4 5.2.5 5.2.6 5.2.7 5.3 5.3.1 5.3.2 5.3.3 5.3.4 5.3.5 5.3.6 Die Verschriftlichung von Diskursen und Gesprachen: Pragmatische Authentizitat.... Grundlagen: Anforderungen an eine technisch, theoretisch und praktisch angemessene Transkription.... Dimensionen eines Vergleichsrasters ftir Transkriptionssysteme.... Design (D).... Redebeitrag (R).... Verbale (sprechsprachliche-kommunikati ve) Einheiten (segmentale Ebene).... Prosodische (nicht-segmentale) Phanomene.... Nonverbale Ereignisse (NV).... Kommentare (Transkribenten-Perspektive).... Extras (Symbole fur Besonderheiten).... Das Transkriptionsdesign der formalen Konversationsanalyse (KA).... Forschungsparadigma und -tradition.... Was sou die Transkription leisten?.... Leitgedanken.... DarsteUung der Konventionen.... Ausblick.... Anwendungen.... 81 81 88 90 95 95 97 98 99 100 101 102 102 103 104 109 110 6

5.4 5.4.1 5.4.2 5.4.3 5.4.4 5.4.5 5.4.6 5.4.7 5.5 5.5.1 5.5.2 5.5.3 5.5.4 5.5.5 5.5.6 5.5.7 5.6 5.6.1 5.6.2 5.6.3 5.6.4 5.6.5 5.6.6 5.7 5.7.1 5.7.2 5.7.3 5.7.4 5.7.5 5.7.6 5.8 5.8.1 5.8.2 5.8.3 5.8.4 5.8.5 5.9 5.9.1 5.9.2 5.10 Orchestrale Interaktion: Das Partiturdesign HIAT.... Forschungskontext.... Leitgedanke und Design (Partiturschreibweise).... Angaben zu Methoden und technischen Hilfsmitteln.... Anwendungen.... Darstellung der Konventionen.... Beispiele fur ein Transkript.... AbschlieBende Bemerkungen.... Das Transkriptionsverfahren DIDA.... Datenbanken fur Quer- und Uingsschnittstudien am IdS in Mannheim.... Forschungskontext.... Das Zeicheninventar (DIDA).... Darstellung der DID-Konventionen.... WUrdigung.... Transkript-Beispiel.... Anwendungsgebiete.... DT: DiskursTranskription nach Du Bois et al. (1992 u. 1993).... Kontext der Forschung.... Leitgedanken.... Konventionen der,diskurstranskription' (DT)..... WUrdigung.... Anwendung.... Beispiel fur ein Basis- und Feintranskript.... GAT: GesprachsAnalytisches Transkriptionssystem.... Kontext der Forschung.... Konzeptuelle Leitgedanken.... Darstellung der Konventionen nach GAT.... WUrdigung.... Anwendung der Konventionen in GAT.... Transkriptbeispiel.... CHAT: Das,Chamaleon' unter den Trankriptionssystemen fur multifunktionale Mehrebenenanalysen.... Zur historischen Entwicklung der Dokumentation von Spracherwerbsdaten.... Das CHILDES-System.... Die Grundstruktur eines CHAT -Transkripts.... Darstellung der Konventionen in CHAT..... Anwendung.... Evaluation.... GUtekriterien.... Kritischer RUckblick und Perspektiven.... Aufgaben.... 111 111 111 113 114 114 120 123 125 125 127 128 129 134 135 136 136 137 137 140 147 148 148 149 149 150 151 158 159 159 159 162 164 165 166 172 174 175 177 179 7

6. Die Transkription nichtverbalen Verhaltens... 183 6.1 Grundlagen... 183 6.2 NichtVerbale TranskriptionsSysteme (NVTS) nach Art der Bezeichnung (Symbolisierung vs. Ikonisierung)... 185 6.3 Form der Anlage der Trankription... 192 6.4 Zu Prinzipien der Segmentierung des kinesischen Verhaltens... 193 6.5 Ein integrativer Vorschlag... 195 6.6 Ausblick... 198 6.7 Aufgaben... 199 7. Die Arbeit mit Transkriptionen und die elektronische Datenverarbeitung... 201 7.1 Uberblick zur Einsetzbarkeit von PC......... 201 7.2 Der PC als Hilfsmittel............ 202 7.2.1 Speicherung von Daten... 203 7.2.2 Dateiformate fur Tonrnaterial... 203 7.3 Internet - Markt der Ideen und Projekte... 205 7.4 Computerprogramme ftir das Erstellen und die Analyse von Transkripten... 207 7.4.1 CHILDES und das Programm CLAN...... 207 7.4.2 Transkriptionssysteme fur HIAT... 210 7.4.2.1 sync WRITER..................... 211 7.4.2.2HIAT-DOS... 212 7.4.3 Text und Ton... 213 7.4.4 PRAAT... 214 7.5 Der Weg zum Uberblick oder wie ich mich auf dem Laufenden halte... 215 7.5.1 Institutionen und Einrichtungen... 216 7.5.2 Ausblick... 217 7.6 Aufgaben... 219 8. Die Praxis des Transkribierens... 221 8.1 Auswahl eines Trankriptionssystems... 221 8.2 Voraussetzungen... 222 8.3 Praktische Schritte zur Durchftihrung der Transkription... 224 8.4 Varia... 228 8.5 Aufgaben... 229 Literaturverzeichnis...... 231 Glossar... 241 8

Vorwort Wie werden Sie - Linguist, Soziologe oder Kommunikationsforscher - ein homo faber der Dokumentation alltaglicher und institutioneller Kommunikation in ihren vielfaltigen Formen und Funktionen? "Indem ich das Handwerk des Transkribierens erleme", wtirde uns der fiktive, fur multimediale Kommunikation aufgeschlossene modeme Sokrates antworten (und mit seiner heimlichen anglophonen PC-Phobie leise hinzufugen,transcription by doing'). Wer die fluchtige und flussige Gestalt von Gesprachen und Diskursen dauerhaft in graphische Reprasentationen verwandeln kann, halt sich und anderen den Spiegel unseres sozialen und institutionellen Kommunikationverhaltens vor, sei nun man/frau Experte oder Laie, Beratende(r) oder Ratsuchende(r), Chef(in), Mitarbeiter(in) oder schlicht Betroffene(r). Mit einer moglichst authentischen graphischen Fixierung unserer fluchtigen Kommunikationsmodi eroffnen wir uns und anderen die Chance, uns mit unseren eigenen kommunikativen Praktiken zu konfrontieren und zu lemen, diese wirkungsvoller, angemessener, gerechter... zu gestalten, kurz: ihre Dokumentation fur eine Verbesserung der Praxis zu nutzen. Es gibt gute GrUnde, ein homo faber der Transkription zu werden. Der soziale Druck, (jegliche) Formen und Funktionen unseres Verhaltens anderen gegenuber (explizit) zu legitimieren (oder legitimieren zu mussen), ist in der individualisierten Kommunikationsgesellschaft des 21. Jhds gewachsen. Missverstandnisse wollen behoben, VerstOBe gegen soziale Konventionen belegt, das eigene wie das fremde Image im Sinne ausgewogener und effizienter Kommunikationsverhaltnisse bedacht sein - sonst bewegt sich nichts. Veranderungen in den alltaglichen kommunikativen Praktiken mussen aber,legitimiert' und gezielt auf,realexistierende' Beobachtungen gegrundet sein. Eine grundlegende, zunehmend an Bedeutung gewinnende Grundlage einer dokumentarischen Methode I der Beobachtung stellt heutzutage das technisch weit fortgeschrittene Handwerk der Verschriftlichung dar. Daher sind auch EinfUhrungen in die Theorie und Praxis des Transkribierens in den Siehe hierzu Bohnsack, R., Nentwig-Gesemann. I. und Nohl, A.-M., Hrsg. (2001) Die dokumentarische Methode und ihre Forschungspraxis. Grundlagen qualitativer Sozialforschung. Opladen 9

gesellschaftswissenschaftlichen Fachern Linguistik, Soziologie, (Sozial-)psychologie und Kommunikationswissenschaft heute viel gefragt. Ziel dieses Buches ist es, das Handwerk der Verschriftlichung mtindlicher Rede im Deutschen zu vermitteln und - autodidaktisch oder in Kursenl Seminaren - zu lernen, dieses auf beliebige Diskurse gesprochener Sprache anzuwenden. In diesem allgemeinen Sinne richtet es sich an aile, die die Methode der, Verschriftlichung' kommunikativen Verhaltens zu praktischen oder Forschungszwecken anwenden wollen. Zielgruppen dieses Buches sind somit aile in Offentlichen Bereichen Beschaftigte, die die Kommunikation zwischen Betroffenen mit Hilfe von Verhaltensdokumentationen verbessern wollen (z.b. Arztlnnen, Therapeutlnnen, ManagerInnen, PersonalchefInnen, LehrerInnen, Dozentlnenn... ) SprachwissenschaftlerInnen, ftir die das Beherrschen des Handwerks der Transkription heutzutage Voraussetzung ist ftir (a) Diskurs- und Konversationsanalyse, (b) die auf Korpusbelege gegrtindete Grammatikschreibung, (c) die soziolinguistische Beschreibung von Varietaten im sozialen Kontext, (d) die Dokumentation von Spracherwerbsstadien und von nicht-muttersprachlichem Kommunikationsverhalten (interkulturelle Kommunikation) und (e) die gebrauchs- und systembezogene Beschreibung der Sprachen dieser Welt (Sprachtypologie), urn nur die wichtigsten def betroffenen Gebiete zu benennen; (Sprach-)SoziologInnen und SozialpsychologInnen, die die Mikroebene sozialen Verhaltens auf der Ebene interaktiver Prozesse im Alltag und in Institutionen erfassen wollen; die der,kommunikativen Kompetenz' zugrunde liegenden kommunikativen Praktiken sollen in ihrer sozialen Dynamik beschrieben und erklart werden 2 ; KommunikationswissenschaftlerInnen, die die fortwahrenden Veranderungen unserer multimedialen Kommunikationskultur (TV, Handy, E mail, Internet etc.) untersuchen wollen. Das Handwerk der Sprach- und Kommunikationsforscher ist das orale Medium der mtindlichen Rede, der Gegenstand dieses Handwerks die Materialisierung der das soziale Leben verkorpernden kulturellen Spielarten des Sprachgebrauchs. Die moderne Informationstechnologie eroffnet uns heute ein hocheffizientes Feld schneller, expliziter und effizienter Verarbeitung aller Arten von Daten. Ais forschende Dozentlnnen oder Laien sitzen wir heute nicht mehr isoliert in den Gelehrtenzimmern und verbringen Jahre mit dem Auswerten von tausenden von Karteikarten. Mit EDV erstellte Verhaltensdokumentationen erlauben eine grtindliche und sorgfaltige Beschreibung und 2 Siehe auch Bohnsack, R. 4(2000) Rekonstruktive Sozia/forschung. Einftihrung in Methodologie und Praxis qualitativer Forschung. Opladen 10

Erkliirung von Kommunikation, dass Theorien ohne Korpusbelegungen heute nicht mehr attraktiv sind. Wenn in diesem Buch ein gewichtiger Akzent auf Diskurstranskriptionen gelegt wird, so entspricht dies einem breiten Interesse der Kommunikationswissenschaften, die keine Phonetiker im engeren Sinne ausbilden wollen, sondern eben den modernen homo faber communication is, der/die die Breite des formalen und funktionalen Verhaltens in Gespriichen vielseitig erfassen soll. Der phonetischen Transkription, die ja auch eine Grundlage fur die korpusbezogene Grammatikschreibung darstellt, haben wir jedoch in Kap. 4 einen wichtigen Platz eingeriiumt; im tibrigen werden die (der Phonetik zugerechneten) Phiinomene der suprasegmentalen Eigenschaften der Rede (Prosodie) in Kap. 5 behandelt. Dieses Buch ist als Lehrbuch konzipiert. Es soll umfassend tiber alle praktischen, theoretischen und methodischen Aspekte des Transkribierens informieren. Der Stand unseres Wissens zum Thema Transkription wird so vermittelt, dass tiber die zentralen und zugiinglichen Quellen des Wissens, seien es nun Handbticher, CDs oder das Internet, informiert wird 3. Nun zum Inhalt des Buches. Kapitel 1 befasst sich propiideutisch mit den Kulturtechniken des Verschriftlichens mtindlicher Rede. Die Entwicklung von Schriftsystemen spielt hier natiirlich eine zentrale Rolle. Kapitel 2 stellt den Stand unseres Wissens auf dem Gebiet der Untersuchung,sprechsprachlicher Kommunikation' dar. Auf der Grundlage dieser Ausfiihrungen kann in Kap. 3 der Gegenstand der Transkription definiert und in den Kontext des Forschungsprozesses gestellt werden. Kap. 4 widmet sich dann der Verschriftlichung der lautlichen Ausdrucksseite, insbesondere dem System der IP A. Die in Kap. 5 vorgestellten,verbal en, Diskurstranskriptionen stellen das,handwerkliche' Herzsttick des Buches dar; sie werden durch die Erliiuterung nicht-verbaler Notationssysteme in Kap. 6 ergiinzt. Neben dem Kap. 5 ist ein zweiter,handwerklicher' Schwerpunkt mit dem Kap. 7 gesetzt: es informiert tiber den neuesten Stand des EDV -gesttitzten Transkribierens. Am rosaroten EDV-Horizont bieten sich der Forschung vielversprechende Perspektiven. Mit Kap. 8 kehre ich abschliebend zur Praxis des Transkribierens zurtick, die zwar in den Kapiteln 4 bis 7 immer wieder angesprochen, nicht aber in ihren Alltagsnoten ernst genommen wird. Bei den Aufgaben werden zwei Schwerpunkte gesetzt. Ein Teil der Fragen soll das Verstiindnis von Konzepten und Methoden kontrollieren. Es wird Problembewusstsein verlangt, eine angemessene ReflexionIWiedergabe des Wissensstoffes, keine genau festgelegte (Schulaufgaben)Losung. Der andere Teil der Aufgaben bezieht sich auf die Anwendung des Vorgestellten und 3 Unabhangig von den Namen zur Zeit bestehender Programme und einzelner technischer Verfahren wird das Handwerkszeug an die Hand gegeben, sich im Internet die neuesten Informationen mit den entsprechenden Termini und Titeln seiber zu suchen. 11

Erlauterten. Die Transkriptionsverfahren sollen praktiziert werden, die Unterschiede zwischen ihnen sollen Uber Anwendungen augenfallig werden. Urn im Buch genug Platz fur die Vermittlung des Wissensstoffes zu haben und allen, die an den Problemlosungen der Aufgaben wirklich interessiert sind, die Moglichkeit zu geben, Losungen und Kommentare auf angemessenem Raum mit einschlagigem Material dargestellt zu finden, habe ich die in den Aufgaben zu bearbeitenden Materialien (Transkriptionen, Tonbandaufnahmen) und die Aufgabenlosungen unter meine Homepage (http://www.userpage.fuberiin.de/-norditihp, LINK: Transkriptionsbuch, Aufgaben) ins Internet gestellt. So erliegen die Studierenden nicht der Versuchung, mal schnell im Anhang das Ergebnis nachzuschauen - es muss eine Anstrengung unternommen werden, die Losungen im Internet aufzusuchen. FUr diejenigen, die aus welchern Grunde auch immer den Weg ins Internet scheuen, biete ieh eine CD mit den Losungen an. 4 1m Literaturverzeichnis finden sieh nur im Buche zitierte Angaben, die als BUcher, Handbuchartikel oder EinzelverOffentlichungen breite Informationen im Sinn informativer,nachschlagquellen' bieten. Das Register dient der praktischen Auffindbarkeit wiehtiger terminologischer SchlUsselworter. MUndlicher Dank ist immer der Sache wert, schriftlieher hat umso MEHRwert. Ohne die computerseelsorgende hochkompetente UnterstUtzung durch Ralf Heuer-Meuthrat ware nieht nut mein PC ein dutzendmal mehr abgesturzt, sondern auch das Kap. 7 nie entstanden. Ralfs Kenntnisse sind die covert agenda dieses Kapitels. Gemeinsam gefundene Problemlosungen und didaktische Verbesserungen in der Formulierung von Aufgaben sind die overt agenda fur eine Kooperation, fur die die illokutionare Rolle des Wortes Dank sicher zu wenig ist. Kathrin Kirsch, Bianca Pergande und Sonja Seidel haben mich bei der Literaturverarbeitung, den Korrekturen, dem Bibliographieren und Formatieren tatkraftig unterstutzt. FUr das praktische Zustandekommen dieses Buches waren sie,himmelskrafte', wiewohl mir die Verwaltung vorschreibt, sie korrekt,akademische Hilfskrafte' zu nennen. Die,Verschriftlichung' ist akademischer Gegenstand dieses Buches; mein praktisches Problem damit war allerdings die Umsetzung meiner Ausflihrungen auf Papier. Jenny Dallmann hat Teile der praktischen Manuskripterstellung in die Hand genommen und zwar so gut, dass ich sie als Transkriptionsexpertin einstellen wurde... 4 Die CD wird zurn Selbstkostenpreis versandt: der Rohling sowie die Zeit, die eine Hilfskraft braucht, urn die CD herzustellen, werden berechnet (ca. 15, OM). Die CD kann bestellt werden bei Jenny Dallmann, Institut fur Deutsche u. Niederlandische Philologie, FU Berlin, Boltzmannstr. 3, 14195 Berlin oder tiber die E-mail-Adresse: dallmann@germanistik.fu-berlin.de 12

Mit Rat und Tat, Kommentaren, Transkriptbeispielen, Literaturhinweisen, PC-Programmen, technischen Informationen, die zur Verbesserung der vorliegenden Buchversion geftihrt haben, waren mir selbstlos behilflich: Ursula Bredel (UniversiUit Koln), Angelika Redder und Konrad Ehlich (Universitiit Mtinchen), Wilfried Schtitte und Werner Kallmeyer (IdS, Mannheim), Peter Auer und Karin Birkner (Universitat Freiburg i. Brg.), Elisabeth Couper-Kuhlen (Universitat Konstanz), Irene Forsthoffer (FU Berlin), Sven Sager (Universitat Hamburg), John Du Bois (Santa Barbara, USA). Ihnen allen sei herzlich fur die Untersttitzung gedankt, Unzulanglichkeiten und Fehler fallen nattirlich ausschlieblich in meine Verantwortung! SchlieBlich mochte ich meinen Studenten des Wintersemesters 2000/ 2001 ftir viele praktische Hinweise und Kommentare zu Transkriptionssystemen und Aufgaben dazu im Rahmen des Proseminars,Transkribieren' danken. Was ftir ein,verschriftlichungstater' ware ich, wollte ich mich nicht bei ED, JL und AL ftir den Strandstundenraub revanchieren, den ich zum Korrigieren und Revidieren in der Sommerfrische missbrauchte. Ich verspreche: sooft ein,z' in diesem Buch vorkommt, so viele strandbystunden will ich nachholen. Die Abbuchung erfolgt tiber das Konto nd@mille.grazie.de. 13