SVS Schweizerischer Verband der Sozialversicherungs-Fachleute Zentral-Prüfungskommission Diplomprüfung 2011 Ergänzungsleistungen zu AHV/IV (EL) und Sozialhilfe (SH) Aufgaben : Prüfungsdauer: Anzahl Seiten der Prüfung (inkl. Deckblatt): Beilage(n): 60 Minuten 13 Keine Maximale Punktzahl: 55 Erzielte : Note: Hinweise: Schreiben Sie Ihre auf das Deckblatt und jede Seite. Prüfen Sie den Aufgabensatz auf seine Vollständigkeit. Schreiben Sie Ihre Antworten ausschliesslich auf die Vorderseiten der Antwort-/Lösungsblätter. Stichworte sind zugelassen (auf Ausnahmen wird hingewiesen). Der blosse Hinweis auf einen Gesetzes- oder Verordnungsartikel genügt nicht (ausser, es wird ausdrücklich erlaubt). Verwenden Sie bei Bedarf für Ihre Lösungen ein Zusatzblatt. Die Prüfungsaufgaben können in beliebiger Reihenfolge gelöst werden. Teillösungen ergeben ebenfalls. Das maximum wird bei jeder Aufgabe angegeben. Die Experten Unterschriften Datum Experte 1 Experte 2
Ergänzungsleistungen (EL) Aufgabe 1: Anspruchsvoraussetzungen EL ohne Rente Sachverhalt: 12 Samir Dukic, Jahrgang 1960, Staatsangehöriger von Bosnien, reiste am 18.12.1999 invalid als Asylsuchender in die Schweiz ein. Er erhält die Aufenthaltsbewilligung F. Per 11.10.2003 wird ihm die vorläufige Aufnahme erteilt. Finanziell wird er von der Asylorganisation unterstützt, welche ihn im Dezember 2009 wegen seiner Invalidität bei der IV-Stelle für eine IV-Rente anmeldet. Die IV-Stelle teilt mit, dass Samir Dukic die Mindestbeitragszeit nicht erfüllt hat und deshalb kein Anspruch auf eine IV-Rente besteht. Er müsse sich für den Bezug einer Ergänzungsleistung ohne Rente anmelden. Im Januar 2010 wird Samir Dukic bei der EL-Durchführungsstelle seines Wohnsitzkantons für den Bezug von Ergänzungsleistungen angemeldet. Fragen/Aufträge: 1.1 Zählen Sie alle Anspruchsvoraussetzungen auf, die ausländische Staatsangehörige zu erfüllen haben, damit sie Ergänzungsleistungen ohne eine IV-Rente beziehen können. 7 Seite 2
Ergänzungsleistungen (EL) Aufgabe 1: Anspruchsvoraussetzungen EL ohne Rente (Fortsetzung) 1.2 Beschreiben Sie, wie eine EL-Durchführungsstelle vorzugehen hat, wenn eine EL-Anmeldung wie oben aufgeführt vorliegt, was zu überprüfen und durch welche Stelle ein allfälliger Anspruch zu verfügen ist. 5 Seite 3
Ergänzungsleistungen (EL) Aufgabe 2: Anerkannte Ausgaben Familienrechtliche Unterhaltsbeiträge 10 Sachverhalt: Der IV-Rentner Mehmet Özdengiz, türkischer Staatsangehöriger, erhält seit Januar 2010 eine ganze IV-Rente. Von seiner Ehefrau ist er seit August 2008 geschieden. Sie lebt seit der Scheidung mit den drei gemeinsamen Kindern wieder in der Türkei. Gemäss Scheidungsurteil hat der Rentner je Kind einen Unterhaltsbeitrag von monatlich CHF 400.-- zu leisten. Die Ehegatten haben gegenseitig auf Unterhaltsleistungen verzichtet. Die IV-Kinderrenten im Betrag von je CHF 350.-- pro Kind zahlt die Sozialversicherungsanstalt dem Rentner aus. Bei der Anmeldung für den Bezug von Ergänzungsleistungen legt er das Scheidungsurteil vor. Aus den eingereichten Bankbelegen wird ersichtlich, dass der Rentner seit der Scheidung jeweils CHF 1'200.-- an Alimenten in die Türkei überweist. Fragen/Aufträge: 2.1 Müssen die im Gerichtsurteil festgelegten Unterhaltsleistungen von CHF 1'200.-- für die drei Kinder zwingend in der Berechnung als anerkannte Ausgaben berücksichtigt werden? Begründen Sie Ihre Antwort. 2 2.2 Ist es korrekt, dass die Sozialversicherungsanstalt die Kinderrenten dem Rentner auszahlt? Begründen Sie Ihre Antwort. 3 Seite 4
Ergänzungsleistungen (EL) Aufgabe 2: Anerkannte Ausgaben Familienrechtliche Unterhaltsbeiträge (Fortsetzung) 2.3 Muss abgeklärt werden, ob ein Verzichtstatbestand vorliegt, da der Rentner auf Unterhaltsleistungen von seiner Frau verzichtet hat? Begründen Sie Ihre Antwort. 3 2.4 Wie müsste der Unterhaltsbeitrag eines Kindes berücksichtigt werden, wenn es seine Ausbildung in der Schweiz absolvieren möchte und dazu bei seinem Vater in die Wohnung einzieht? Begründen Sie Ihre Antwort. 2 Seite 5
Ergänzungsleistungen (EL) Aufgabe 3: Anrechenbare Einnahmen Sachverhalt: 8 Das Ehepaar Meister hat mit einem Ehevertrag im Jahre 1998 den Güterstand der Gütertrennung vereinbart. Die Ehefrau ist 45 Jahre alt, arbeitet in einer Kaderposition bei einer Bank und bezieht einen Nettolohn von CHF 120'000.-- pro Jahr (Sozialversicherungsbeiträge und Berufsauslagen abgezogen). Der Ehemann, Jahrgang 1940, bezieht eine AHV-Rente von CHF 2'320.--. Er musste im Februar 2011 auf Grund eines Hirnschlags in einem Pflegeheim platziert werden. Der Tochter hat das Ehepaar im Jahre 1992 einen Erbvorbezug von CHF 300'000.-- gewährt. Die Liegenschaft mit einem Marktwert von CHF 500'000.-- ist im Jahre 1995 dem Sohn übertragen worden. Als Gegenleistung hat der Sohn die Hypothek von CHF 220'000.-- übernommen. Weder die Ehefrau noch der Ehemann haben sonst noch Vermögen. Im März 2011 wird der Ehemann für den Bezug von Ergänzungsleistungen angemeldet. Fragen/Aufträge: 3.1 Hat die vereinbarte Gütertrennung bei der Beurteilung für einen Anspruch auf Ergänzungsleistung eine Bedeutung? Begründen Sie Ihre Antwort. 3 Seite 6
Ergänzungsleistungen (EL) Aufgabe 3: Anrechenbare Einnahmen (Fortsetzung) 3.2 Berechnen Sie, welche gemeinsamen Einnahmen sich für das Ehepaar aus den vorgängig aufgeführten Angaben ergeben. 4 3.3 Die Ehegattin lässt sich im Oktober 2011 scheiden. Welche Konsequenzen ergeben sich daraus. Begründen Sie Ihre Antwort. 1 Seite 7
Sozialhilfe (SH) Aufgabe 4: Bezugsberechtigte Personen Sachverhalt: 5 Gianni Moro, geboren am 1.10.1980 in Brusio (GR), Bürger von Brusio (GR), ledig, beantragt am 1.4.2010 beim Sozialamt in Chur (GR) Sozialhilfe, nachdem er vor zwei Tagen mittellos aus Spanien zurückgekehrt ist. Seine Finanzen reichten, gemäss seinen Angaben, nur für die Rückreise aus. Er wohnt seit dem 1.4.2010 bei seinen Eltern in Chur (GR). Diese verfügen lediglich über ein bescheidenes Einkommen und stehen kurz vor der Pensionierung. Gianni Moro sucht eine Arbeitsstelle als kaufmännischer Angestellter und hat sich bereits beim Arbeitsamt zum Bezug von Arbeitslosenentschädigung angemeldet. In Spanien arbeitete er in den letzten 5 Jahren unregelmässig in verschiedenen Funktionen als Koch, Angestellter in einem Touristikunternehmen, Sprachlehrer und im letzten Jahr in einem kleinen Hotel als Allrounder auf Abruf für einen bescheidenen Lohn. Es bestand kein Anstellungsvertrag und das Arbeitsverhältnis war auch nicht ordentlich bei der zuständigen Sozialversicherung angemeldet. Fragen/Aufträge: 4.1 Welche Leistungsansprüche müssen vorgängig grundsätzlich geprüft werden? Nennen Sie vier. 2 Seite 8
Sozialhilfe (SH) Aufgabe 4: Bezugsberechtigte Personen (Fortsetzung) 4.2 Welches Prinzip kommt hierbei zum tragen? Erklären Sie dieses kurz. 3 Seite 9
Sozialhilfe (SH) Aufgabe 5: Unterstützungspflicht der Verwandten Fragen/Aufträge: 11 5.1 In welchem Gesetz ist die familienrechtliche Unterstützungspflicht (Verwandtenunterstützung) geregelt, und welche Voraussetzungen müssen gegeben sein, damit die Eltern zur Zahlung herangezogen werden können. Wie interpretiert das Bundesgericht diese Voraussetzungen? 4 5.2 Wie wäre die Situation zu beurteilen, wenn ein Bruder von Gianni Moro über ein sehr hohes Einkommen und Vermögen verfügen würde? 1 Seite 10
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Sozialhilfe (SH) Aufgabe 5: Unterstützungspflicht der Verwandten (Fortsetzung) 5.3 Kann die Sozialbehörde per Beschluss die Verwandtenunterstützung einfordern? Kreuzen Sie die richtige Antwort an. 1 Ja Nein 5.4 Welchen Schritt muss die Sozialbehörde einleiten, um die Verwandtenunterstützung einzufordern? 2 Nennen Sie das Gesetz und das Vorgehen. 5.5 Unter welchen Umständen kann die Unterstützungspflicht der Verwandten in auf- und absteigender Linie oder in der Reihenfolge ihrer Erbberechtigung ermässigt oder ganz aufgehoben werden? 3 Nennen Sie das Gesetz und den Artikel und begründen Sie die Ermässigung bzw. die Aufhebung der Verwandtenunterstützungspflicht. (Es ist nicht die mangelnde Leistungspflicht gefragt.) Seite 12
Sozialhilfe (SH) Aufgabe 6: Sozialhilfeleistungen an Auslandsschweizer Fragen/Aufträge: 6 6.1 Welche Hilfen hätte Gianni Moro beanspruchen können, wenn er bereits in Spanien in eine Notlage geraten wäre? 3 Nennen Sie das entsprechende Gesetz und den Artikel, und begründen Sie die möglichen Hilfen. 6.2 Hätte Gianni Moro Hilfe für seine Heimreise erhalten und falls ja, unter welchen Bedingungen? Falls nein, begründen Sie, warum nicht. 2 6.3 Was wird rechtlich unter dem Begriff Auslandsschweizer verstanden? 1 Seite 13
Sozialhilfe (SH) Aufgabe 7: Rechtliche Grundlagen, Verfahren Sachverhalt: 3 Gianni Moro verlegt seinen Wohnsitz nach acht Monaten von Chur (GR) nach Zürich (ZH), da er dort eine 100%-Stelle per 1.12.2010 in einem Reiseunternehmen antreten kann. Der Monatslohn beträgt CHF 5 500.--. Frage/Auftrag: Welcher Kanton ist nun für die öffentliche Unterstützung (Sozialhilfe) zuständig und wie lange? 3 Begründen Sie die Zuständigkeit mit den entsprechenden Gesetzesartikeln sowie die vermutliche Unterstützungsdauer. Seite 14