Psychotherapie bei postpartaler Depression

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Transkript:

Psychotherapie bei postpartaler Depression Arbeitskreis der AVM, Plenarsitzung Dr. Gesine Schmücker-Schüßler, Klinische- und Gesundheitspsychologin und Verhaltenstherapeutin Dr. G. Schmücker-Schüßler 12..9.2012

Psychische Veränderung nach Geburt Auseinandersetzung mit reellem Kind (Fantasie vs. Realität) Partnerschaft (Dyade Triade) Identität als Mutter (Wunschvorstellung, eigene Kindheitsgeschichte) Verantwortung für Kind Veränderung von sozialem Status (u.a. kulturell bedingt) Prioritäten (eigene Bedürfnisse, Kind, Partnerschaft, Beruf)

Postpartale Depression (PPD) betrifft ungefähr 10-20 % aller Mütter im ersten Lebensjahr des Kindes Symptome Erschöpfung, Konzentrations-, Appetit-, Schlafstörungen Traurigkeit, häufiges Weinen Schuldgefühle Allgemeines Desinteresse, innere Leere, sexuelle Unlust extreme Reizbarkeit Suizidgedanken ambivalente Gefühle dem Kind gegenüber Psychosomatische Beschwerden Ängste, Panikattacken, Zwangsgedanken

Risikofaktoren der Mutter für PPD Einheitliche Ergebnisse Gravierende soziale Benachteiligung (Boyce, 2003) Schwierige Paar Beziehung (O`Hara & Swain, 1996) Belastende Lebensereignisse z.b. Krankheit oder Tod von nahen Angehörigen (O Hara & Swain, 1996) Vorherige depressive Erkrankungen (Cooper & Murray, 1986) Uneinheitliche Ergebnisse komplikationsreichen Geburten Kein statistisch signifikanter Zusammenhang mit Schwangerschaftsabbrüchen oder Fehlgeburt

Risikofaktoren des Kindes für PPD Kinder die an schweren und länger andauernden Erkrankung oder Behinderung leiden (z.b. Eltern von Frühgeborenen) Kinder die leicht irritierbar sind, eine verzögerte motorische Entwicklung haben oder häufig schreien (Murray et al. 1996) Mütter haben eine größerer Wahrscheinlichkeit an PPD zu erkranken

Auswirkung von PPD auf die Mutter-Baby-Interaktion Depressive Mütter: spielen, sprechen und liebkosen weniger (Mattejat et al., 2000) haben Schwierigkeiten, kindliche Signale richtig zu deuten und adäquat zu reagieren (Murray et al., 2003) antworten auf das Signal des Kindes eine halbe Sekunde später (Papousek, 2002) haben erheblich mehr negativen oder ausdruckslosen Gesichtskontakt (Cohn et al., 1990) Babys von depressiven Müttern haben weniger positive Interaktionen mit anderen Personen (Field et al., 1988).

Video Mutter-Baby Fütterungssituationen in Psychiatrie gesunde Interaktion Mutter- Baby Wickelinteraktion

Therapiebausteine Psychoedukation Stressbewältigung Unterstützung mütterlicher Kompetenz; Feinfühligkeitstraining (Mutter- Baby- Psychotherapie) Rollenwechsel und Übergang in die Mutterschaft Strategien zur Bewältigung negativer Gefühle Medikamentöse Behandlung

Psychoedukation 10-20% aller Mütter haben PND Postpartale Depression ist eine Erkrankung und nicht ein Versagen in ihrer Rolle als Mutter Schuldgefühle, Überforderung, Entfremdungsgefühle gehören zum Störungsbild

Stressbewältigung Identifikation von Stressfaktoren Erkennen von eigener Belastungsgrenze Strategien entwickeln: z.b. Zeitmanagement, delegieren von Aufgaben, eigene Belastbarkeit steigern (Schlaf/Entspannung), Positives Verhalten aufbauen (Hobby) Bewertung der Stresssituation verändern (positive Selbstinstruktion)

Unterstützung mütterlicher Kompetenz Verstärken der mütterlichen Achtsamkeit in Interaktion mit ihrem Baby Mutter für kindliche Signale sensibilisieren Feinfühligkeitstraining (Ainsworth, 1978)

Rollenwechsel zur Mutterschaft Rollenerwartungen transparent machen und hinterfragen Emotionen vergegenwärtigen, die im Zusammenhang mit der alten Rolle stehen (Trauer, große Erwartungen) Veränderung des Selbstwertgefühls (Status von Mutterschaft/ Status von Erwerbstätigkeit)

Strategien zur Bewältigung negativer Gefühle Mütter fokussieren oft auf negative Erfahrungen im Umgang mit ihrem Kind Dichotomes Denken gute Mutter/ schlechte Mutter (Winnicott good enough mother ) Übertriebenes Verantwortungsgefühl nur sie beeinflusst Baby Katastrophisieren Aufbau von positiven Erfahrungen mit Baby

Schlußfolgerung Frühe Erkennung im Krankenhaus bzw. durch Kinderarzt/ Frauenarzt ist erwünscht. Professionelle Hilfe niederschwellig anbieten. Netzwerke nützen, Berührungsängste meiden

Organisationen/Netzwerk Beratung und Psychotherapie Beratungszentrum für Schwangere (Caritas) Institut für Familienfragen Niedergelassene Psychotherapeuten Information Schatten und Licht (Krise nach der Geburt e.v) www.schatten-und-licht.de Marce Society (Mental Illness related to childbearing) Im Aufbau: Netzwerk Graz wird koordiniert von: Prim. Dr. Hackinger, LSF, Abt.2, 2 Mutter-Kind Betten. 2191-2521 Dr. G. Schmücker-Schüßler 7.10.212.9.2012