Einführung in die Methoden der empirischen Sozialforschung

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Einführung in die Methoden der empirischen Sozialforschung 20.11.2008 Fragen Womit beschäftigen sich Ethnologen, Sozial- und Kulturanthropologen? Definitionen Das Eigene und das Fremde Spannungen (Nähe und Distanz Subjektivität und Objektivität) Feldforschung - Wissenschaft als Tätigkeit, soziale Praktik Teilnehmen Beobachten Schreiben Darstellen Repräsentieren - Krise der Repräsentation' 'Reflexivität' - Kultur als Text - Der Wissenschaftler als Autor - Strategien der Etablierung von 'Autorität' - Politische Dimensionen Euro/Ethnozentrismus cultural bias (Auto)biographie Wo vollzieht sich diese Tätigkeit?

Orte und Felder (kleine abgeschlossene Gemeinschaften; Städte; transnational communities, traveling cultures) Historische Entwicklungen und veränderte Fragestellungen

Ethnologie Ethnologie (griech. ethnos Volk, logos Lehre ) läßt sich [...] als die Wissenschaft vom Menschen als kulturellen Wesen erklären. Haller, Dieter, 2005: dtv-atlas Ethnologie. München: Deutscher Taschenbuchverlag, 11. Die Ethnologie ist die Wissenschaft von den Unterschieden und Gemeinsamkeiten zwischen den Kulturen und Gesellschaften der Gegenwart und Vergangenheit. Streck, Bernhard (Hg.), 1987: Wörterbuch der Ethnologie. Köln: DuMont, 7.

Die primäre Aufgabe der Ethnologie besteht [...] darin, sich dem Studium der Unterschiede zwischen den Kulturen zu widmen. Da jedoch die Wahrnehmung solcher Unterschiede die Annahme von Gemeinsamkeiten immer schon voraussetzt, ist die Untersuchung dieser Gemeinsamkeiten ein zweiter und nicht weniger wichtiger Gegenstand des Faches. In einem dritten Schritt gilt es schließlich, Erklärungsmodelle dafür zu entwickeln, weshalb die einzelnen menschlichen Kulturen in bestimmten Grundzügen übereinstimmen und weshalb sie sich in anderen Zügen wiederum voneinander unterscheiden. Kohl, Karl-Heinz, 2002: Ethnologie Die Wissenschaft vom kulturell Fremden. Eine Einführung. München: Beck, 94-95.

Ø Ethnographie ist die beschreibende Darstellung einzelner Ethnien. Sie erfolgt heute auf der Grundlage der vom Forscher durch direkte Beobachtungen oder Befragungen gewonnenen Informationen. Ø Ethnologie bezeichnet dagegen die systematische Auswertung der erhobenen empirischen Daten unter vergleichenden und theoretischen Gesichtspunkten.

Feldforschung Als Feldforschung wird der Aufenthalt des Forschers in der zu erforschenden Kultur bezeichnet, zu deren Mitgliedern er intensive Kontakte pflegt. Bei der extensiven Feldforschung bereist der Forscher ein größeres Gebiet, das er auf bestimmte Fragestellungen hin untersucht. In der stationären Feldforschung lebt der Forscher an einem Ort in ständigem Austausch mit seinen Gewährsleuten. Ihre Dauer kann variieren und hängt u. a. von der Fragestellung und der Finanzierung ab, i. d. R. umfaßt sie jedoch zumindest einen Jahreszyklus. Die Feldforschung ist die zentrale Methode der Datengewinnung mit dem Zweck, Kultur darzustellen, Hypothesen zu testen oder Probleme zu entdecken bzw. zu nuancieren. Haller, Dieter, 2005: dtv-atlas Ethnologie. München. Deutscher Taschenbuchverlag, 141.

Als Feldforschung bezeichnen Ethnologen jeden professionellen Kontakt mit Vertretern der von ihnen untersuchten Kulturen oder Gesellschaften. [...] [Der Forscher bemüht sich] um ein länger anhaltendes Zusammenleben mit der untersuchten Gruppe [...]. Er versucht den Alltag teilnehmend zu beobachten, d. h. als Akteur in der sozialen Szene mitzuspielen und dabei Etikette und Weltanschauung seiner Gastgeber von innen her kennenzulernen. Streck, Bernhard (Hg.), 1987: Wörterbuch der Ethnologie. Köln: DuMont, 50.

Ethnographische Feldforschung nach den Prinzipien der teilnehmenden Beobachtung zu betreiben stellt eine extrem persönliche Form der Erfahrung dar. Der Ethnograph ist in die Gesellschaft, deren wissenschaftliche, und das heißt eben auch: objektive Darstellung er anstrebt, subjektiv involviert. Er ist Subjekt und Objekt der Forschung zugleich, er ist Beobachter, Instrument der Beobachtung und Beobachteter in einem. Es gibt wohl kaum eine andere Wissenschaft, die ihren Adepten ein ähnlich hohes Maß an persönlichem Einsatz abverlangt. Die ethnographische Fremderfahrung stellt sich daher nicht selten als eine strapaziöse, ja manchmal sogar schmerzhafte Form der Selbsterfahrung dar. Kohl, Karl-Heinz, 22000: Ethnologie Die Wissenschaft vom kulturell Fremden. Eine Einführung. München: Beck, 115-116.

Furcht, Sehnsucht und Zivilisationskritik Historische Entwicklung - Reisende (Herodot, 490/480 v. Chr.; um 425 v. Chr.) - Entdecker (Christoph Kolumbus 1451-1506; Amerigo Vespucci 1451-1512, James Cook 1728-1779) - Forschungsreisende - Missionare - Kolonialbeamte - Entwicklung der wissenschaftlichen Disziplinen im 19. Jahrhundert (Soziologie, Sprachwissenschaften, Orientwissenschaften) Gesellschaftlicher Kontext - Europäische Expansion - Koloniale Unterwerfung und Ausbeutung (Zeitalter des Kolonialismus, politische Beherrschung und ökonomische Ausbeutung). Anthropologie und ihre Methoden als Teil machtvoller gesellschaftlicher Diskurse, Praktiken und Strategien (Michel Foucault)

Damit sind unterschiedliche Beziehungen und Spannungen angezeigt, die uns immer wieder beschäftigen werden. Das Eigene das Fremde Universalismus - Partikularität Nähe und Distanz Gegenwart und Vergangenheit Räumlichkeit und Zeitlichkeit Vergleich, Abgrenzung, Othering (Johannes Fabian) Wir Sie Hier und Jetzt Dort und Damals Fortgeschritten Rückständig, primitiv Rational Irrational Kultur Natur