Regionale Tourismusausgaben

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Inhalt. Seite. Vorbemerkungen 3. Tabellen. 1. Bevölkerung, Haushalte, Familien sowie Gebäude und Wohnungen am 9. Mai 2011 nach Gemeindeteilen 5

Transkript:

Regionale Tourismusausgaben 1 Ausgangslage und Ziel der Arbeiten Im Juni 2017 wurde vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie der Ergebnisbericht Wirtschaftsfaktor Tourismus in Deutschland veröffentlicht. Gemäß der internationalen Definition wurde ein umfassender Tourismusbegriff zugrunde gelegt. Als Querschnittsbranche berührt der Tourismus nahezu alle Wirtschaftsbereiche, ist aber selbst kein statistisch definierter Wirtschaftszweig im Sinne der amtlichen Statistik. Im Gegensatz zur angebotsorientierten Wirtschaftszweigdefinition definiert sich der Tourismus nachfrageseitig. Diverse Ausgaben können touristischen Charakter haben. So können Verkehrsausgaben dem touristischen Zweck einer Reise, aber auch dem täglichen Berufspendeln, dem regelmäßigen Einkaufen oder dem Besuch beim Arzt dienen. Die Tourismusausgaben in Deutschland belaufen sich nach der Untersuchung auf insgesamt 287,2 Mrd. Euro im Jahr 2015. Darin enthalten sind touristische Ausgaben von ausländischen Gästen in Deutschland, der Inlandsanteil von Auslandsreisen in Deutschland lebender Menschen sowie die in Deutschland anfallenden touristischen Ausgaben bei Geschäftsreisen. Ziel der Untersuchung war es, die Ausgaben der ausschließlich in Deutschland lebenden privaten Haushalte für touristische Leistungen im In- und Ausland in einer ersten Näherung auf der Ebene der Kreise und kreisfreien Städte abzuschätzen. 2 Methodisches Vorgehen In einem ersten Schritt wurde geprüft, welcher Zusammenhang zwischen dem relativen Anteil touristischer Ausgaben an den Konsumausgaben und der Einkommenshöhe besteht. Um eine regionale Verteilung zu erreichen, musste in einem zweiten Schritt ein Indikator für die regionale Einkommenshöhe gefunden werden, um näherungsweise die regionalen Tourismusausgaben der privaten Haushalte bestimmen zu können. 3 Ausgabenstruktur und Einkommenshöhe Die Einnahmen- und Ausgabenstruktur der privaten Haushalte wird über die alle fünf Jahre durchgeführte Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS) abgebildet. Die für das Jahr 2013 hochgerechneten Zahlen an Haushalten und Personen in diesen Haushalten nach Einkommensklassen zeigt Abbildung 1. 1

Die Zahl an Personen je Haushalt steigt von einer Person in der untersten Einkommensklasse auf gut drei Personen am anderen Ende des Einkommensspektrums. Rund 60 % der Haushalte mit 70 % der Personen entfallen auf die Einkommensklassen von 2.000 Euro bis 7.500 Euro monatlich. Abbildung 1: Hochgerechnete Zahl an Haushalten und Personen nach dem monatlichen Nettoeinkommen (ohne Einkommen unter 500 Euro) Haushalte Personen 0 2 4 6 8 10 12 14 16 Quelle: Statistisches Bundesamt Mio. Haushalte und Personen Viele der in der EVS ausgewiesenen Ausgaben können touristischen wie nichttouristischen Zwecken dienen. So können Ausgaben für öffentlichen und privaten Verkehr dem täglichen Pendeln zum Arbeitsort (nicht touristisch), dem Einkauf am Wohn- oder Arbeitsort (nicht touristisch) oder dem Besuch einer anderen Stadt (touristisch) dienen. Auch Gaststättendienstleistungen reichen vom Feierabendbier (nicht touristisch) bis zum Event-Essen im Urlaub (touristisch). Weit überwiegend können dagegen etwa Flugreisen oder Dienstleistungen des Beherbergungsgewerbes touristischen Zwecken zugeordnet werden. Gemäß der Untersuchung Wirtschaftsfaktor Tourismus ergeben sich folgende Tourismusquoten für verschiedene auch in der EVS abgebildete Güter und Dienstleistungen: Beherbergungsleistungen 96,0 % Luftfahrtleistungen 91,7 % Gaststättenleistungen 74,1 % 2

Treibstoff für Kraftfahrzeuge hat mit 27,9 % eine relativ geringe Tourismusquote, aber trotzdem mit 20,8 Mrd. (touristischen) Euro eine recht hohe Bedeutung. In Abbildung 2 sind tourismusnahe Ausgaben nach der absoluten Höhe je Jahr und Haushalte nach Einkommensklassen visualisiert. Abbildung 2: Jährliche tourismusnahe Ausgaben der privaten Haushalte nach Einkommensklassen gesamt Pauschalreisen, Flugreisen, Übernachtungen Verkehr (ohne Flugreisen) Gastronomie sonstige Güter Camping, Sport 0 2 4 6 8 10 12 14 16 18 Ausgaben je Jahr in 1.000 Selbst wenn in diesen zusammengefassten Ausgabenblöcken auch nicht-touristische Anteile enthalten sind, so ist doch bei den absoluten Ausgaben ein starker Anstieg mit wachsendem Einkommen zu erkennen. Den relativen Anteil der zusammengefassten tourismusnahen Ausgaben an den Konsumausgaben insgesamt zeigt Abbildung 3. Abbildung 3: Anteil der tourismusnahen Ausgaben der privaten Haushalte an den Konsumausgaben nach Einkommensklassen gesamt 0 2 4 6 8 10 12 14 16 18 20 22 24 Anteil der tourismusnahen Ausgaben an den Konsumausgaben in v.h. 3

Der Zusammenhang ist eindeutig. Mit steigendem Einkommen steigen nicht nur die absoluten tourismusnahen Ausgaben, auch der relative Anteil an den Konsumausgaben steigt deutlich an. Die hier definierten tourismusnahen Ausgaben erreichen einen Anteil an den Konsumausgaben von rund 18 %, während nach der Untersuchung Wirtschaftsfaktor Tourismus die tatsächlichen Tourismusausgaben der privaten Haushalte knapp 16 % der Konsumausgaben ausmachen. Das liegt u.a. daran, dass bei der EVS-Auswertung alle Ausgaben für den Bereich Verkehr als tourismusnah betrachtet wurden. Mit einer Nachfrageelastizität >1 gehört die Nachfrage nach Gütern und Dienstleistungen des Tourismus zu den so genannten Luxusgütern. Bei steigendem Einkommen wird ein überproportionaler Teil für diese Güter ausgegeben. Anders verhält es sich z.b. bei Nahrungsmitteln, wo der relative Ausgabenanteil mit steigendem Einkommen sinkt. Zu beachten ist, dass der touristische Konsum bei Empfängern von Mindestsicherungsleistungen nahe Null liegen dürfte. Die im Regelsatz nach dem SGB II vorgesehenen Ausgaben für Beherbergungs- und Gaststättendienstleistungen betragen 7,74 Euro je Erwachsenem und Monat. Für den Verkehr sind 24,62 Euro vorgesehen und für Freizeit, Unterhaltung und Kultur 43,17 Euro. 4 Tourismusausgaben der in Deutschland wohnenden privaten Haushalte Die touristischen Ausgaben in Deutschland ansässiger privater Haushalte beliefen sich gemäß der oben genannten Untersuchung bei vorsichtiger Rechnung im Jahr 2015 auf knapp 246 Mrd. Euro. Einen Überblick zeigt Abbildung 4. Abbildung 4: Touristische Ausgaben privater Haushalte im Jahr 2015 300 Mrd. 250 200 150 100 Inlandsreisen Auslandsreisen Inlandsanteil von Auslandsreisen anderer Konsum 50 0 Ausgaben privater Haushalte 4

Die touristischen Gesamtausgaben beliefen sich damit im Jahr 2015 auf 15,6 % der Konsumausgaben der privaten Haushalte, die sich 2015 auf insgesamt 1.577 Mrd. Euro summierten. 5 Regionalisierung der Tourismusausgaben der in Deutschland wohnenden privaten Haushalte Zur regionalen Einkommensverteilung stehen die verfügbaren Haushaltseinkommen je Einwohner aus der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen zur Verfügung. Die Spreizung reicht von 16.136 Euro in Gelsenkirchen bis 41.707 Euro in der Stadt Heilbronn. Da der regionale Anteil der Empfänger von Mindestsicherungsleistungen an der Bevölkerung stark differiert, von 1,5 % im Landkreis Eichstätt bis zu 21,8 % in Bremerhaven, bestand die Gefahr, die Einkommenssituation der Haushalte außerhalb des Transferbereiches zu unterschätzen. Deshalb wurden zunächst die verfügbaren Einkommen der Empfänger von Mindestsicherungsleistungen regional abgeschätzt. Anschließend wurden die verfügbaren Einkommen der übrigen, Tourismusleistungen konsumierenden Haushalte abgeschätzt. Zu den Haushalten in den Kreisen und kreisfreien Städten liegen Daten nach Einkommensklassen vor. Es ist, u.a. aus der EVS, bekannt, dass der Anteil der Konsumausgaben am Nettoeinkommen mit steigendem Einkommen sinkt, während der Anteil der touristischen Ausgaben an den absolut steigenden Konsumausgaben zunimmt. Regionen mit niedrigen Durchschnittseinkommen weisen sicher geringere touristische Konsumausgaben je Haushalt auf als Regionen mit hohen Durchschnittseinkommen. Auf der Basis dieser Erkenntnisse wurde die Annahme getroffen, dass mit zunehmenden Durchschnittseinkommen auch der Anteil der touristischen Konsumausgaben ansteigt und es wurden über die regionalen Einkommenshöhen und die Zahl der Haushalte (ohne Empfänger von Mindestsicherungsleistungen) die touristischen Gesamtausgaben der privaten Haushalte in Deutschland verteilt. Es ist sicher wenig überraschend, dass von den Berliner Haushalten mit 8,2 Mrd. Euro die höchsten absoluten Tourismusausgaben ausgehen. Den privaten Haushalten in der Stadt München sind, bei nur 41 % der Einwohnerzahl Berlins, immerhin 5,4 Mrd. Euro Tourismusausgaben zuzurechnen, je Haushalt und je Einwohner somit deutlich mehr als in Berlin. 5