Straftaten gegen Lesben, Schwule, Bisexuelle, trans- und intergeschlechtliche Menschen (LSBTI)

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Transkript:

Straftaten gegen Lesben, Schwule, Bisexuelle, trans- und intergeschlechtliche Menschen (LSBTI) Konzept und Tätigkeitsbericht der Ansprechpersonen für LSBTI Zentralstelle für Prävention, LKA Präv 1 Die Ansprechpersonen für LSBTI der Polizei Berlin POK in Anne Grießbach-Baerns und PK Sebastian Stipp Columbiadamm 4, 10965 Berlin Tel. 030-4664-979444 Berlin, aktualisierte Fassung Januar 2018

Inhalt Einleitung 03 Straften gegen LSBTI 04 Konzeptioneller Ansatz 05 Erkenntnisgewinnung 05 Polizeiliche Aus- und Fortbildung 06 Einsatzunterstützung 07 Beratung 07 Opferschutz 07 Unterstützung in Beschwerdefällen 08 Prävention 08 Öffentlichkeitsarbeit 09 Netzwerkarbeit 10 Praktische Beispiele 11 Ausblick 12 Seite 2 von 11

Einleitung Im Jahr 1992 wurde die Stelle des Ansprechpartners der Berliner Polizei für gleichgeschlechtliche Lebensweisen eingerichtet. 2006 wurde zusätzlich eine Ansprechpartnerin benannt, um den Belangen lesbischer Frauen besser gerecht werden zu können. Die Einrichtung der Stelle erfolgte, um das durch die gesellschaftliche Ächtung und das Verbot männlicher Homosexualität durch 175 StGB jahrzehntelang schwer belastete Verhältnis zwischen Homosexuellen und der Polizei zu verbessern. Die Polizei wurde bis zu diesem Zeitpunkt vorwiegend als Verfolgungsbehörde wahrgenommen, was dazu führte, dass auch schwerste Straftaten gegen LSBTI nicht zur Anzeige kamen und jeglichem polizeilichen Handeln mit tiefem Misstrauen begegnet wurde. Mit der Einrichtung der Stelle sollte zunächst ein neues Rollenverständnis vermittelt werden. Es mussten gänzlich neue Konzepte erarbeitet und umgesetzt, neue Strukturen und ein geeignetes Klima geschaffen werden, die eine vertrauensvolle Zusammenarbeit überhaupt erst möglich machten. Seit 1992 konnte das Verhältnis zwischen Lesben, Schwulen, Transgendern und der Polizei nachhaltig verbessert werden. Jedoch sind weitere vertrauensbildende Maßnahmen nötig sind, um einerseits die bestehenden Kontakte und Strukturen zu festigen und andererseits neue Bereiche der LSBTI-Bevölkerung zu erschließen. Im Jahr 2017 berichteten Presse und Medien verstärkt über Gewalt gegen LSBTI. Aus polizeilicher Sicht sind diese Straftaten kein neues Phänomen. Vergleichbare Fälle konnten auch in den Vorjahren festgestellt werden. Die Ursachen für Gewalt und Diskriminierung von LSBTI sind vielfältig. Die Förderung der Akzeptanz verschiedener sexueller Orientierungen und Identitäten ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Die Polizei hat in diesem Zusammenhang in erster Linie die Aufgabe, Straftaten durch vorbeugende Maßnahmen zu verhindern, Opfer und Zeugen von Straftaten zur Mitarbeit im Strafverfahren zu ermutigen und Täter zu ermitteln. Als zuverlässiger Netzwerkpartner trägt sie darüber hinaus aktiv zur Schaffung eines gewaltfreien Klimas bei. Seite 3 von 11

Dieser Bericht soll die aktuelle strategische Ausrichtung erläutern und anhand von Beispielsfällen den konzeptionellen Ansatz verdeutlichen. Straftaten gegen Lesben, Schwule, Bisexuelle, trans- und intergeschlechtliche Menschen In der Polizeilichen Kriminalstatistik sind Straftaten gegen LSBTI nicht recherchierbar, da die sexuelle Orientierung der Opfer bewusst nicht erfasst wird. Straftaten gegen die sexuelle Orientierung werden als Taten der Hasskriminalität statistisch beim Polizeilichen Staatsschutz erfasst. Ausschlaggebend ist dabei alleine die Tätermotivation, unabhängig von der tatsächlichen sexuellen Orientierung oder Identität des Opfers. Diese Zahlen bilden jedoch nur das Hellfeld ab und lassen keine Rückschlüsse auf die tatsächliche Anzahl der Taten zu.dass das Dunkelfeld bei Straftaten mit der Tätermotivation Hass bzw. Vorurteile gegen LSBTI nach wie vor hoch ist, kann als gesichert angenommen werden. Untersuchungen kommen zu Ergebnissen von weit über 90 Prozent bei Beleidigungen und ca. 50 Prozent bei Körperverletzungen. Diese Delikte stehen bei den vorurteilsmotivierten Taten im Vordergrund, aber auch Raubtaten werden begangen. Die Tatorte liegen häufig in der Öffentlichkeit, in der Umgebung von Szenetreffpunkten oder im Wohnumfeld des Opfers. Als Täter treten überdurchschnittlich oft männliche Jugendliche, männliche Heranwachsende und junge männliche Erwachsene auf. Straftaten der Eigentumskriminalität, bei denen die Art und Weise der Tatbegehung darauf schließen lassen, dass günstige Tatgelegenheiten, zumeist in schwulen Szenebereichen, gesucht wurden und die Täter damit rechnen, dass Schwule keine Anzeige bei der Polizei erstatten, sind nicht ohne weiteres der Hasskriminalität zuzuordnen, werden aber immer mit betrachtet und in der polizeilichen Arbeit berücksichtigt. Seite 4 von 11

Konzeptioneller Ansatz Die Ansprechpersonen haben das Ziel, Straftaten gegen LSBTI durch vorbeugende Maßnahmen zu verhindern und die Aufklärung begangener Straftaten zu erleichtern. Polizeiextern liegt der Schwerpunkt dabei in der Durchführung vertrauensbildender Maßnahmen, der damit verbundenen Öffentlichkeitsarbeit und der Gewaltprävention. Polizeiintern liegen die Schwerpunkte in der Auswertung von Straftaten gegen LSBTI, der Entwicklung von Konzepten zur Vorbeugung und Strafverfolgung, der Aus- und Fortbildung von Polizeiangehörigen sowie der Ermittlungsunterstützung. Die dabei besonders im Fokus stehenden Bereiche Opferschutz, Prävention und Bürgernähe haben in den vergangenen Jahren in der gesamten Polizei Berlin eine deutliche Aufwertung erfahren. So wird die Arbeit der Ansprechpersonen für LSBTI bei der Polizei Berlin durch die inzwischen eingerichteten Stellen der Ansprechpersonen im Nebenamt in den örtlichen Direktionen, dem Polizeipräsidium und der Polizeiakademie, den Opferschutz- und Präventionsbeamten der örtlichen Direktionen und Abschnitten, durch die Arbeitsgebiete interkulturelle Aufgaben (AGIA), die Ansprechpersonen für Integration und Migration, dem Diversity Büro, aber auch durch die Beschwerdesachbearbeiter unterstützt. Die Ansprechpersonen für LSBTI sind bei der Zentralstelle für Prävention im Landeskriminalamt angesiedelt und berlinweit zuständig. Erkenntnisgewinnung Um ein aktuelles und umfangreiches Fachwissen zu erlangen, werden sowohl bei den Ansprechpersonen bekannt gewordene Straftaten als auch Studien und Fachpublikationen ausgewertet. Das Hauptaugenmerk liegt dabei auf den vorurteilsmotivierten Taten, jedoch werden auch die Bereiche Eigentumskriminalität und Häusliche Gewalt in die Betrachtung einbezogen. Die durch die Auswertung gewonnenen Erkenntnisse und das bei den Ansprechpersonen für LSBTI gesammelte Fachwissen fließen in die polizeilichen Maßnahmen der originär zuständigen Dienststellen ein. So können Seite 5 von 11

Tatzusammenhänge erkannt und präventive sowie repressive Strategien entwickelt werden. Polizeiliche Aus- und Fortbildung Mit dem Ziel, eine angemessene Opferbetreuung sicherzustellen und das Fachwissen zu erhöhen, werden durch die Ansprechpersonen für LSBTI der Polizei Berlin Aus- und Fortbildungsveranstaltungen durchgeführt. Dabei werden insbesondere die Themen Phänomenologie und Bearbeitung von Straftaten gegen LSBTI sowie der Opferschutz vermittelt. Auch allgemeine Fragen zu sexuellen Orientierungen und Identitäten werden diskutiert, um die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu sensibilisieren. In der Ausbildung ist dafür ein Tagesseminar vorgesehen. Eine Unterrichtseinheit von 90 Minuten wird dabei von Mitarbeitern der Einrichtung Maneo Das schwule Anti- Gewalt-Projekt in Berlin durchgeführt. Fortbildungsveranstaltungen bei Dienststellen haben in der Regel einen Umfang von zwei bis drei Stunden. Sie werden schwerpunktmäßig in Dienststellen durchgeführt, in deren Zuständigkeitsbereich sich Szenetreffpunkte oder -einrichtungen befinden oder die in anderer Weise mit der Bearbeitung von Straftaten gegen LSBTI befasst sind. Seit 1998 wurden mit diesen Veranstaltungen ca. 8100 Beamtinnen und Beamte erreicht, davon ca. 6700 in der Ausbildung. Zum Thema Hasskriminalität gegen die sexuelle Orientierung werden gemeinsam mit Referenten von Maneo bis 2017 ca. 650 Multiplikatorinnen und Multiplikatoren mit Führungsaufgaben der örtlichen Direktionen fortgebildet. Einsatzunterstützung Einsätze anlässlich von szenebezogenen Veranstaltungen (z. B. Christopher-Street- Day-Demonstration), aber auch polizeiliche Maßnahmen in von LSBTI frequentierten Szenebereichen (z. B. in Diskotheken; in Cruisinggebieten) werden nach Möglichkeit durch die Ansprechpersonen für LSBTI der Polizei Berlin begleitet. Dies kann die Seite 6 von 11

Vorbereitung der Einsätze erleichtern und wirkt bei den Betroffenen der Maßnahmen vertrauensbildend. Beratung Die Ansprechpersonen für LSBTI stehen Einzelpersonen, Freien Trägern, sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Verwaltungen und Behörden für Beratungen zur Verfügung. Durchschnittlich werden dabei pro Jahr ca. 400 telefonische und persönliche Beratungen vom Büro aus geführt. Persönliche Beratungen im Rahmen der Präventionseinsätze vor Ort und der Netzwerkarbeit kommen noch hinzu. Darüber hinaus stehen die Ansprechpersonen für LSBTI der gesamten Kollegenschaft unter Zusicherung der Vertraulichkeit zur Verfügung. Sie bieten Beratung insbesondere im Konfliktfall für Betroffene oder deren Kolleginnen und Kollegen. Führungskräfte, in deren Arbeitsbereich Konflikte auftreten, bei denen die Homo- oder Transsexualität eines Mitarbeiters oder einer Mitarbeiterin möglicherweise eine Rolle spielt, werden bei der Problemlösung unterstützt. Maßnahmen werden ausschließlich in Absprache und auf ausdrücklichen Wunsch der ratsuchenden Person getroffen. Die Ansprechpersonen unterliegen diesbezüglich keiner Dokumentations- oder Berichtspflicht. Opferschutz In Ergänzung zu den allgemeinen Anstrengungen der Polizei Berlin zum Opferschutz und der Sensibilisierung von Polizeiangehörigen in den o. g. Aus- und Fortbildungen stellt die Dienststelle ein niedrigschwelliges Angebot für Betroffene von Straftaten dar. Neben der telefonischen oder persönlichen Beratung erfolgt auch direkte Hilfe bei der Erstattung von Anzeigen und es werden Kontakte zu Opferberatungsstellen hergestellt. Unterstützung in Beschwerdefällen Bringen LSBTI als Opfer von Straftaten oder als Betroffene polizeilicher Maßnahmen Beschwerden gegen die Polizei vor, so werden die Ansprechpersonen von den Seite 7 von 11

Beschwerdesachbearbeiterinnen und -sachbearbeitern in die Auswertung eingebunden. Gute Ergebnisse konnten mit klärenden Gesprächen zwischen den Beschwerdeführenden und den betroffenen Dienststellen unter Beteiligung der Ansprechpersonen erzielt werden. Prävention Durch die Ansprechpersonen für LSBTI der Polizei Berlin werden Flyer und Präventionsmaterialien entwickelt, z. B. zu den Themen Gewalt gegen Lesben und Schwule, Raub in Wohnung, Rücksichtsvolles Verhalten im Cruisinggebiet, Nothilfe und Beratungseinrichtungen. Diese werden bei Präventionseinsätzen oder im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit verteilt und in Beratungseinrichtungen ausgelegt. Bei Großveranstaltungen von LSBTI, wie dem Lesbisch-Schwulen Stadtfest Berlin in Schöneberg oder dem Parkfest Friedrichshain, sind die Ansprechpersonen für LSBTI der Polizei regelmäßig mit einem Informationsstand vor Ort vertreten. Gemeinsam mit den Präventionsbeauftragten der Abschnitte werden außerdem Präventionseinsätze an Szenetreffpunkten oder in Lokalen durchgeführt. Zum Teil erfolgen die Einsätze auch in Kooperation mit dem Anti-Gewalt-Projekt Maneo. In LSBTI-Beratungseinrichtungen werden Veranstaltungen zum Umgang mit Aggression und Gewalt in der Öffentlichkeit durchgeführt. In den vergangenen Jahren erfolgte darüber hinaus die Beratung und Unterstützung von Präventionskampagnen von LSBTI-Projekten, wie z. B. Plakatkampagnen oder Veranstaltungen des Lesben- und Schwulenverbandes Deutschland (LSVD e. V.), der Lesbenberatung Berlin oder von Maneo. Öffentlichkeitsarbeit Durch gezielte Öffentlichkeitsarbeit soll bei LSBTI-Personen Vertrauen in die Polizei geweckt, Solidarität mit den Opfern von Straftaten demonstriert und potenziellen Tätern die Sanktionierung verdeutlicht werden. Seite 8 von 11

In diesem Kontext sind z. B. das Hissen der Regenbogenflagge vor dem Berliner Polizeipräsidium in der CSD-Woche sowie die Veröffentlichung der Zahlen zur Hasskriminalität gegen die sexuelle Orientierung in der jährlichen Lagedarstellung der Politisch Motivierten Kriminalität in Berlin zu nennen. Weiterhin gehören dazu die Unterstützung von Veranstaltungen und Präventionskampagnen der Kooperationspartner durch Grußworte der Behördenleitung und die Verwendung des Logos der Polizei Berlin. Trotz regelmäßiger Interviewanfragen an die Ansprechpersonen hat sich das Interesse der Presse und der Medien an dem Thema Homophobe Gewalt in den letzten Jahren als wechselhaft und insgesamt eher verhalten erwiesen. Daher wird dauerhaft auf die Multiplikatorenfunktion von Projekten und Beratungseinrichtungen, die Veröffentlichung der Erreichbarkeit in Szenemagazinen sowie die aktive Teilnahme an Szeneveranstaltungen gesetzt, um den Bekanntheitsgrad der Ansprechpersonen zu steigern. Netzwerkarbeit Ein weiterer wesentlicher Arbeitsinhalt ist die regionale, nationale und internationale Vernetzung mit Polizeidienststellen, Freien Trägern, Verwaltungen und Behörden, die mit der Verhinderung und Aufklärung von Straftaten gegen LSBTI befasst sind. Dabei wird bei Arbeitstreffen, in Gremien oder anlässlich von Tagungen Fachwissen ausgetauscht und Konzepte werden abgestimmt. So sind die Ansprechpersonen z. B. regelmäßig Teilnehmende am runden Tisch Akzeptanz sexueller Vielfalt, welcher im Rahmen der Initiative Berlin tritt ein für Selbstbestimmung und Akzeptanz sexueller Vielfalt durch die Senatsverwaltung für Arbeit, Integration und Frauen - Landesantidiskriminierungsstelle organisiert wird. Sie wirken bei Veranstaltungen wie z. B. der internationalen Maneo-Tagung Building a Queer and Tolerant Neighbourhood als Workshopleiter oder als Podiumsgäste bei Diskussionsrunden mit. Hinzu kommen anlassbezogene Treffen mit Freien Trägern, wie z. B. Maneo, der Lesbenberatung Berlin, dem LSVD und Subway/Berlin sowie die Teilnahme am regelmäßig stattfindenden Lesbenvernetzungstreffen (LVT). Seite 9 von 11

Die Ansprechpersonen nehmen an den jährlich stattfindenden Bundestreffen des Vereins lesbischer und schwuler Polizeibediensteter (VelsPol e. V.) teil und tauschen sich auch auf internationaler Ebene über polizeiliche Strategien im Umgang mit Straftaten gegen LSBTI, die jeweilige Art und Weise der Zusammenarbeit von LSBTI- Organisationen und der Polizei sowie über die innerbehördliche Gleichstellung von LSBTI aus. Pro Jahr finden ca. 60 Treffen und Veranstaltungen im Rahmen der Netzwerkarbeit statt. Praktische Beispiele Beispiel 1: Schularbeit Durch die Präventionsbeauftragten der Abschnitte werden an Schulen Anti-Gewalt- Veranstaltungen für Schülerinnen und Schüler durchgeführt. In diesem Rahmen wird allgemein das Thema Gewalt und Mobbing angesprochen. Dazu wird als mögliches Fallbeispiel auch das Thema Homo- oder Transphobie empfohlen. Für weitergehende Informationen wird im Bedarfsfall der Kontakt zwischen der Schule und der Ansprechpersonen für LSBTI der Polizei Berlin hergestellt. Beispiel 2: Straßenkriminalität Schöneberg In Schöneberg befinden sich in der Umgebung der Motzstraße in enger räumlicher Begrenzung ca. 50 Lokale und Szeneeinrichtungen, die überwiegend von schwulen Männern frequentiert werden. Der Bereich zählt auch zu einer bevorzugten Wohngegend für Lesben und Schwule. Dort kommt es wiederholt zu vorurteilsmotivierten Übergriffen gegenüber LSBTI, aber auch zu Eigentumsdelikten, bei denen gezielt schwule Männer als Opfer von Taschendiebstählen und Raubtaten ausgesucht werden. Hier wurde mit dem zuständigen Polizeiabschnitt und Maneo ein mehrstufiges Modell entwickelt: In regelmäßigen Abständen werden durch den Ansprechpersonen für LSBTI und den Präventionsbeauftragten des zuständigen Abschnitts 41 Lokale und Szeneeinrichtungen aufgesucht, um das Personal zu sensibilisieren, für Seite 10 von 11

Anzeigebereitschaft und Zusammenhalt zu werben sowie Erkenntnisse zu gewinnen. Dabei werden auch Flyer für die Gäste und Besucher ausgelegt. Durch Maneo wird anlassbezogen zu Kiezforen eingeladen, bei denen sich Maneo, Wirte, weitere Kiezakteure und die Polizei über die Lage und gemeinsame Strategien austauschen. Die bei den Informationseinsätzen und durch die Auswertung angezeigter Taten gewonnenen Erkenntnisse werden an die Operative Gruppe Jugendgewalt (OGJ) der Direktion 4 und den Streifendienst Kriminalitätsbekämpfung (Strd K) des Abschnitts 41 weitergegeben, die in bürgerlicher Kleidung strafverfolgend und gefahrenabwehrend in dem Bereich tätig sind, sobald die Lage dies erfordert. Die Beamtinnen und Beamten wurden dabei dem Personal der Lokale vorgestellt, um den Grundstein für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit zu legen. Beispiel 3: Bündnis gegen Homophobie Die Polizei Berlin ist Gründungsmitglied des Bündnis gegen Homophobie. In dem Bündnis sind zur Zeit 30 relevante gesellschaftliche Organisationen, Institutionen und Unternehmen engagiert, um ein klares Zeichen gegen Homo- und Transphobie, Diskriminierung und Gewalt zu setzen. Durch die Mitglieder werden so die Angehörigen verschiedener Berufsgruppen, Religionsgemeinschaften, Sportverbände und andere gesellschaftliche Teilgruppen für die Ziele des Bündnis zugänglich. Ausblick In den Medien und der Öffentlichkeit wurden die Probleme von LSBTI lange Zeit auf die Gleichstellung von Lebenspartnerschaft und Ehe, das Adoptionsrecht oder ähnliche Fragestellungen reduziert. In der Bevölkerung besteht wenig Bewusstsein für die Existenz homo- und transphober Gewalt. Die Akzeptanz von Homo-, Bi- und Transsexualität als gleichberechtigte sexuelle Orientierung oder Identität scheint Umfragen zufolge in größeren Teilen der Bevölkerung nicht besonders ausgeprägt zu sein. Bei den Anstrengungen dies zu ändern, wird die Polizei Berlin auch weiterhin ihren Beitrag leisten und bestehende Konzepte kontinuierlich fortentwickeln. Seite 11 von 11