Themen dieser Ausgabe. Lieber Leser. Frühere Kleinbahnstrecken der Osthannoverschen Eisenbahnen. Die umgelenkte Eisenbahn. Geschichten aus Wittrup

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Transkript:

Eisenbahnfreunde Witten aktuell 67 3 Themen dieser Ausgabe Seite 5 Lieber Leser Die Dampflokomotiven der OHE waren zum Teil schon immer etwas Besonderes, so das gute Farbaufnahmen von den Dampflokomotiven der OHE schon zu Raritäten zählen. Herbert Schambach hatte das Glück, einige davon vor die Linse zu bekommen. Auf Seite 2 sehen wir 75 098, eine ursprünglich für Lettland bestimmte 1 C 1-Tenderlok, sowie 55 170, eine ehemalige G8 der preußischen Staatsbahn. Die Aufnahmen entstanden 1960 in Soltau und Lüneburg. Auf der vorletzten Umschlagseite sind neben 76 090 (ehemals pr. T10, aufgenommen incelle.) auch zwei Motorfahrzeuge abgebildet. Neben einem Wismarer Schienenbus wartet im Winsener Lokschuppen auch ein zur Draisine mutierter Opel auf seinen nächsten Einsatz. Seite 6 Frühere Kleinbahnstrecken der Osthannoverschen Eisenbahnen Seite 15 Die umgelenkte Eisenbahn Seite 18 Geschichten aus Wittrup Seite 22 Signale aus der Dachetage Seite 25 Veranstaltungshinweise Impressum: Eisenbahnfreunde Witten aktuell ist das Mitteilungsblatt der Eisenbahnfreunde Witten im BSW sowie der Eisenbahnfreunde Witten e. V. Bergerstraße 35, 58452 Witten Tel./Fax: 02302 / 1710 399 (Fax dto.) Internet-Adresse: www.efwitten.de E-Mail-Adresse: mail@efwitten.de Konto der BSW-Gruppe 520 098 bei der Sparda-Bank West eg (BLZ 360 605 91) Erscheinungsweise mindestens vierteljährlich Redaktionelle Bearbeitung dieser Ausgabe: Werner Wölke Namentlich gekennzeichnete Beiträge müssen nicht in jedem Fall mit der Meinung des Herausgebers oder der Redaktion übereinstimmen. Auflage: 200 Exemplare Bezugsmöglichkeiten: Für Mitglieder der Eisenbahnfreunde Witten ist der Heftpreis mit dem Jahresbeitrag bezahlt, Nichtmitglieder können die Hefte unter oben genannter Adresse bestellen. Nachdruck und Vervielfältigung nur mit Zustimmung der Redaktion. Druck: Werkstätten Gottessegen des Christopherus-Hauses e.v., 44229 Dortmund Farbseiten des Umschlags: Alle Farbseiten des Umschlages beziehen sich auf das Hauptthema dieses Heftes. Titelbild: Zwei Jahrzehnte prägten die MaK-Triebwagen den Personenverkehr der OHE, bis sie nach seinem Ende bei italienischen Privatbahnen eine neue Heimat fanden. Inzwischen sind einige Fahrzeuge wieder in die alte Heimat zurückgekehrt und bei Museumbahnvereinen in Betrieb. Dazu gehört auch der GDT 0518, der heute der AVL betrieben wird. Am 17. Mai 2009 verlässt er anlässlich der EFW-Sonderfahrten einen natürlichen Tunnel auf der Strecke Lüneburg Bleckede. (Foto: Werner Wölke)

4 Eisenbahnfreunde Witten aktuell 67

Eisenbahnfreunde Witten aktuell 67 5 Lieber Leser, die Entscheidung für einen neuen Namen der BSW-Freizeitgruppe ist gefallen. Nach Sichtung der leider wenigen Vorschläge aus dem Mitgliederkreis kristallisierte sich im Rahmen von Gesprächen ein Name heraus: Eisenbahnfreunde Mittleres Ruhrtal Witten. Auf dem Vereins- und Vortagsabend im August wurden dann die Vorschläge den anwesenden Mitgliedern zur Abstimmung vorgelegt. Das Ergebnis war eindeutig, dreißig von ihnen entschieden sich für den oben genannten Namen. Die hohe Zustimmung ist sicher darauf zurück zu führen, dass die Eisenbahnfreunde Witten bei der Betrachtung der Eisenbahn nie an den Stadtgrenzen halt gemacht haben. Schon immer stand die Eisenbahn im Großraum Ruhrgebiet und speziell im Dreieck zwischen Dortmund, Bochum und Hagen im Mittelpunkt des Interesses. Dies kommt jetzt auch im neuen Namen zum Ausdruck. Wie sollen wir jedoch mit dem Titel dieses Mitteilungsblattes umgehen? Auf keinen Fall werden wir ihn analog zum Gruppennamen verändern. In fast 70 Ausgaben ist der Titel zu einer Marke geworden, die sich nicht so leicht ändern lässt. Die Redaktion sowie die Vorstände der BSW-Gruppe und des eingetragenen Vereins streben daher keine Änderung an. Aber vielleicht gibt es auch dazu gute Ideen und Vorschläge aus dem Kreis des Leserschaft. Auch in anderer Weise sind wir auf Vorschläge von Ihnen angewiesen. Vielfach haben unsere Vortragsabende die gute alte Eisenbahn zum Thema. Aber nicht nur die Vergangenheit ist interessant, auch der gegenwärtige Bahnbetrieb hat viel zu bieten. Aktuelle Berichte fehlen aber in unserem Veranstaltungsprogramm und wir möchten daher gerade unsere jüngeren Mitglieder und Leser ermuntern, über eine aktive Mitarbeit an der Gestaltung der Vortragsabende nachzudenken. Es muss sich auch nicht wie bisher um einen bewährten Dia-Vortrag handeln, sondern die Verwendung neuer Medien wie bei einer Präsentation über Beamer ist ausdrücklich erwünscht. Die technische Ausstattung dazu wird bereit gestellt. Bei der Gestaltung des Vortrages wird auf Wunsch Hilfestellung von den alten Hasen geleistet. Wir wünschen Ihnen viele kreative Ideen und viel Spaß bei der Lektüre dieses Heftes. Passend zum neuen Namen der BSW-Freizeitgruppe gibt das nebenstehende Bild einen Eindruck vom (vergangenen) Eisenbahnbetrieb im mittleren Ruhrtal. Aufgenommen von der linken Ruhrseite geht der Blick über die Mittlere Ruhrtalbahn zur Stammstrecke der ehemaligen Bergisch-Märkischen Eisenbahn auf der rechten Uferseite. Dort läuft immer noch der hochwertige Reisezugverkehr, wenn auch nicht mehr mit den Kultlokomotiven der Baureihe 103. Auf den Gleisen im Vordergrund ist der Personenverkehr schon längst symbolisch vor dem Prellbock gelandet, der selbst auch schon durch die Auflassung des Bahnhofs Oberwengern beseitigt worden ist. Hier fahren nur noch die Güterzüge vom bzw. zum Rangierbahnhof Hagen- Vorhalle und zeitweise die Touristikzüge der Ruhrtalbahn. Foto: Oberwengern, 1984, Werner Wölke

6 Eisenbahnfreunde Witten aktuell 67 Frühere Kleinbahnstrecken der Osthannoverschen Eisenbahnen von Jens Grünebaum Dominierend im Eisenbahnverkehr in der Lüneburger Heide sind die Osthannoverschen Eisenbahnen (OHE), gegründet am 16.10.1944 durch Zusammenschluss von acht Kleinbahnen. Außer der Bleckeder Kreisbahn waren diese erst nach der Jahrhundertwende entstanden. Die von vornherein gewählte Regelspur sollte später viele Vorteile bieten. Im Hinblick auf die Ausweitung der Militäranlagen in der Heide und auf Druck der Machthaber im Dritten Reich wurden die Bahnen dem Landeskleinbahnamt (LKA) unterstellt, um u.a. den militärischen Verkehr und die streng geheimen Transporte zum Lager Bergen-Belsen zügig abwickeln zu können. Neben einer Vereinfachung der Verwaltung kam es zu allerlei betriebswirtschaftlichen Verbesserungen. Als Eisenbahnfreund denkt man beim Namen der OHE sofort an ihre markanten und unverwechselbaren Lokomotiven und Triebwagen, wie die Baureihe 76. Bei der Staatsbahn ungeliebt, wurde sie hier zum Liebling der Personale. Die Deutz-Kraftprotze der 2000er Klasse hatten ebenfalls hier ihre großen Auftritte vor schweren Güterzügen und natürlich die Triebwagen. Nirgendwo sonst konnte man bis Anfang der 1960er Jahre vier Schweineschnäuzchen auf einmal im Betrieb erleben. Den glanzvollen Höhepunkt im Schienenpersonverkehr auf der Stammstrecke setzten dann Mitte der 1950er Jahre die Großraumtriebwagen der MAK. Im folgenden Artikel über die nördlichen Strecken der OHE stellen wir die am 16. Mai durch die Eisenbahnfreunde Witten ganz oder teilweise bereisten Strecken (dunkel angelegte Strecken in dem nebenstehenden Aus-schnitt der Kursbuchkarte von 1968) und ihre Geschichte vor. Als stilechtes Fahrzeug kam der hervorragend gepflegte MAK GDT 0518 der Arbeitsgemeinschaft Verkehrsfreunde Lüneburg (AVL) zum Einsatz. Kleinbahn Winsen Evendorf Hützel (WEH), die Luhebahn Eröffnung: 21.7.1906 (Winsen Evendorf) bzw. 8.7.1910 (Evendorf Hützel) Streckenlänge 41 km, Einstellung Pv am 30.5.1970, Schülerzüge bis 1974 Die Stadt Winsen entstand ursprünglich um die 1299 erstmals erwähnte Wasserburg, die in den Jahren 1593-1617 unter der Lüneburger Herzogin Dorothea zum Schloss ausgebaut wurde, und war bis Mitte des 16. Jahrhunderts von einer Stadtmauer umgeben. Typisch für die Region sind die stattlichen Fachwerkhäuser unter großen Bäumen sowie die frei neben den Gotteshäusern stehenden hölzernen Glockentürme. Ein besonders schönes Beispiel hierfür finden wir in Egestorf. An der Luhe wurde im 17. Jahrhundert die Perlfischerei betrieben. Es heißt, dass auch eine Perle aus der Luhe in die englische Königskrone des Hauses Hannover eingearbeitet wurde.

Eisenbahnfreunde Witten aktuell 67 7 Winsen in der Nordheide bemühte sich rege um die touristische Erschließung der Heidelandschaft und ihrer Schätze. Die Kleinbahn entlang der Luhe förderte einerseits den Tourismus im Naturpark Wilseder Berg, andererseits nutzen viele Betriebe (u.a. Landhandel, Papierfabrikation, Tabakverarbeitung, Sägewerk) die neue Bahn. Mitte des 20. Jahrhunderts wurden auch Lebensmittel (Konfitüren) und Pharmaprodukte befördert. Die Strecke überwindet einige Steigungen, um aus der Marsch (Winsen 5,0 m ü.nn) auf die Geest (71,5 m ü.nn) zu gelangen. In der Endstation Hützel trifft sie auf die Strecke Lüneburg Soltau. Der Fahrplan nannte bis zuletzt 3-4 Zugpaare täglich. In den 70er Jahren gab es sogar einen sonntäglichen Eilzug Hamburg Hützel für den Ausflugsverkehr sowie einige DB- Kurswagenverbindungen. GDT 0518 der AVL als Fotozug der Eisenbahnfreunde Witten bei Druhwald zwischen Hützel und Evendorf. Foto: Jens Grünebau m Zur Bahneröffnung lieferte Hanomag im Jahr 1906 zwei preußische T3. Später kamen sechs Cn2t- Loks; teils gebraucht; von Hanomag, Henschel und Borsig hinzu. Von den acht WEH-Loks gelangten noch sechs als 89 150-155 zu den OHE. Hiervon blieben drei bis Anfang der 60er Jahre aktiv. 1933/37 wurden zur Rationalisierung des Personenverkehrs drei Wismarer Schienenbusse Bauart Hannover beschafft. Es handelte sich um die späteren VT 0506, VT 0507 und VT 0508. Der jüngste von ihnen, der VT 0508 von 1937, existiert heute noch betriebsfähig bei der OHE und wird seit mehr als 30 Jahren im Charterverkehr in der Lüneburger Heide eingesetzt. Die Wagenkästen der beiden älteren Fahrzeuge überlebten zunächst als Gartenlauben. Der Wagenkasten des VT 0507 befindet sich seit 1985 in Händen von Eisenbahnfreunden und soll aufgearbeitet werden. Den Wismarer Triebwagen folgten in den 1950er Jahren die Großraumtriebwagen der MaK. Zum Sommerfahrplan 1970 wurden die zwei werktäglichen und drei sonntäglichen Personenzugpaare auf Busse umgestellt. Bis 5.7.1974 verkehrte noch ein Schülerzugpaar Winsen Salzhausen, doch mit dessen Umstellung auf Busse endete auf dieser Strecke der planmäßige Personenverkehr, abgesehen von den Ausflugsfahrten mit den beiden verbliebenen OHE-Triebwagen VT 0508 und 0511 (Wismarer ohne Schnauze). Heute gibt es noch einen halbwegs regelmäßigen Güterverkehr. Montags, mittwochs und freitags verkehrt ein Güterzug Celle Niedermarschacht, der Soltau in der Regel gegen 6.30 Uhr verlässt. Die Abfahrtszeit kann aber bis zu zwei Stunden abweichen, je nach Rangieraufwand in Soltau. Eine OHE- Lok ist in Winsen schon seit etwa 1996 nicht mehr stationiert. Zuletzt war es die OHE 00604, eine Deutz OMD130R aus dem Jahr 1935, die heute von Salzwedeler Dampflokfreunden betreut wird.

8 Eisenbahnfreunde Witten aktuell 67 Zur Verbesserung der wirtschaftlichen Situation des Personenverkehrs in der Lüneburger Heider ließen die Bahnen nichts unversucht. Der oben abgebildete Fahrplan aus dem Jahre 1926 ist bereits durch grafische Elemente erweitert, um den touristischen Wert von Strecke und Umgebung hervor zu heben. In den 1930er Jahren folgten dann die als Schweineschnäuzchen bekannten Wismarer Triebwagen, um auch in Schwachlastzeiten einen rentablen Verkehr anzubieten. Carl Bellingrodt fotografierte um 1955 den DT 0508 der OHE bei Pattensen. Fotos: Sammlung L. Kenning (oben), Sammlung Eisenbahnfreunde Witten (unten)

Eisenbahnfreunde Witten aktuell 67 9 Kleinbahn Winsen Süd Niedermarschacht (WN) Eröffnung 1.4.1912, Streckenlänge 18,1 km, Einstellung Pv am 21.5.1966 Der Kreis Winsen schuf mit dem Bau der Strecke nach Niedermarschacht eine Verbindung mit dem Ilmenau-Kanal und dem Elbhafen. Der Plan, die WEH-Strecke nach Norden zu verlängern, um die Ilmenau-Niederung und das Marschland zu erschließen und einen Anschluß an den Elbhafen zu schaffen, wurde nicht mehr realisiert. Nach der Konzessionserteilung im Jahr 1908 übernahm die Stadt Winsen einen Großteil der Kosten. 1912 wurde der Betrieb unter der Regie der WEH aufgenommen. Kleinbahntypisch war die sparsame und einfache Ausstattung. Eine kombinierte Straßen- und Eisenbahnbrücke führte über den Ilmenau-Kanal. Ursprünglich sollte es einen Anschluß über Hoopte zur Elbfähre Zollenspieker mit Verbindung zur Bergedorf- Geesthachter Eisenbahn geben, doch wählte man den Weg zum Fährhafen Niedermarschacht, um auch die Siedlungen der Elbmarsch anzubinden. Der Ölumschlagbahnhof Nettelberg verfügt noch heute über ausgedehnte Gleisanlagen. Mehrere Ladegleise am Kanalhafen ermöglichen den Umschlag von Mineralöl und Kalisalz zwischen Schiff und Schiene. In Fahrenholz gab es bis Ende der 60er Jahre ebenfalls einen kleinen Umschlaghafen. Der zunächst geringe Güterverkehr nahm nach Gründung der Niedersächsischen Umschlag- GmbH, einer OHE-Tochter, rasch zu. Umgeschlagen wurden Rohöl, Salz, Rohzucker und Chemikalien (bis 1996). Im Jahr 1996 wurde das 1 km lange Stück vom Anschluß Bock zum Bahnhof Niedermarschacht mangels Erweiterungsmöglichkeiten der Chemiefirma abgebaut, doch leider zog man dabei den Fremdenverkehr nicht in Betracht. Welchen Zulauf hätten heute die Züge der Arbeitsgemeinschaft Verkehrsfreunde Lüneburg (AVL), wenn sie bis kurz vor den Elbdeich fahren könnten? Bahnhofsgebäude und Güterboden sind erhalten geblieben und bilden heute die empfehlenswerte Hotelanlage Marschachter Hof. Bilder in der Gaststätte erinnern an die einstige Funktion. Die Fahrgastzahlen waren von Anfang an mäßig. Nach der Beschaffung der Wismarer Schienenbusse der WEH im Jahr 1933 wurden die mit T3 bespannten Dampfzüge abgelöst. Bis zur Einstellung des Personenverkehrs gehörte der in der Heide als Ameisenbär bezeichnete Wismarer zum gewohnten Erscheinungsbild der Bahn. Neben der planmäßigen Zuführung von Tropenholz zum Furnierwerk Tönnhausen sowie von Kesselwagen zur Firma Bock in Niedermarschacht (Mo/Mi/Fr) gibt es heute gelegentlichen Museumsbetrieb mit dem Gothaer Triebwagen (ex Kleinbahn Wittingen-Oebisfelde) der AVL. Bei Fahrenholz erklimmt die Strecke die Deichkrone des Ilmenaukanals. Eine der wenigen noch im Einsatz befindlichen Deutz-Loks, die 120071, war am 20.5.2009 mit Kesselwagen zur Firma Bock in Niedermarschacht unterwegs. Foto:

10 Eisenbahnfreunde Witten aktuell 67 Kleinbahn Lüneburg Soltau (LS), die Gebirgsbahn Eröffnung 13.6.1913, Streckenlänge 57 km (bis Hützel 36 km), Einstellung Pv am 26.6.1975 (Soltau Schwindebeck) bzw. 21.5.1977 (Schwindebeck Lüneburg) Die Stadt Lüneburg erhielt mit der Lübeck-Büchener Eisenbahn Anschluss über Lauenburg/Elbe an die Staatsbahn. Eine Kleinbahn sollte nun der Erschließung der Heideregion dienen. In Melbeck-Embsen, einst der wichtigste Gütertarifpunkt der OHE, sorgte u.a. das Düngemittelwerk für ein hohes Wagenaufkommen. In der Regel fielen täglich zwei Güterzüge an. 1962 entstand ein modernes Dr-Stellwerk zur Bedienung der mehr als 50 Weichen. Ein weiterer größerer Bahnhof war Amelinghausen-Sottorf mit stattlichem Bahnhofsgebäude und Lokschuppen. Durch ihre Steigungen trägt die Strecke auch den Namen Gebirgsbahn, denn von Lüneburg bis kurz vor Amelinghausen überwindet sie fast 100 Höhenmeter. In den Anfangsjahren war der Reiseverkehr mit 170.000 Personen im Jahr eher mäßig. Ab Mitte der 30er Jahre fuhren auch hier Wismarer Triebwagen, allerdings nicht allein der Typ Hannover mit Vorbaumotoren. Mit der Fabriknummer 20201 erhielt die LS am 4. Juni 1932 den ersten Wismarer der Bauart Hannover. Leider wurde das Fahrzeug bei einem Unfall mit einem Dampfzug im Jahr 1940 so stark beschädigt, dass es zerlegt wurde. Mittlerweile ohne Funktion: Zugzielanzeiger in Lüneburg Süd Foto: Ludger Kenning Zur weiteren Rationalisierung wurde bereits 1931 eine eigene Busverbindung Richtung Melbeck-Embsen angeboten. Für einen kurzzeitigen Anstieg der Fahrgastzahlen sorgten Ende der dreißiger Jahre die sogenannten KdF- Züge, doch der Planverkehr blieb mit drei Zugpaaren bescheiden. Ab Mitte der 50er Jahre fuhren auch hier MaK- Großraumtriebwagen. Durch den Einsatz der modernen Triebwagen und der Sanierung der Strecke im Jahr 1959 bot die OHE ein zu den Wirtschaftswunderjahren passendes Zugangebot an. Es gab sogar durchgehende Eilzüge Celle Soltau Lüneburg. Allerdings schaffte es die OHE nie diese Züge im Lüneburger Hbf enden zu lassen. Den Reisenden blieb immer der 10 minütige Fußmarsch von Lüneburg Süd, mit Gepäck sicherlich keine angenehme Sache. Die Einlegung von parallel führenden Buslinien läutete 1969 den Niedergang des Personenverkehrs ein. Nach dem Verkauf der ersten GDT nach Italien im März 1977 fuhren einige Personenzüge lokbespannt mit geliehenen DB-Wagen, weil sich die Auslieferung der neuen Busse verzögerte. Im Güterverkehr fielen in den 15 Zwischenbahnhöfen lediglich 250.000 t im Jahr an, bis in den 30er Jahren in Melbeck-Embsen die Produktion von Salpetersäure (Rüstungsbetrieb, getarnt als Wirtschaftsförderungswerke/IG Farben) als Rohstoff für Sprengpulver (Dynamit Krümmel, Düneberg) begann und das Gleisnetz beträchtlich ausgedehnt wurde. 1962 entstand hier ein neues Bahnhofsgebäude mit Stellwerk, wiederum mitfinanziert durch die Zonenrandförderung des Bundes. Einschneidende Verluste erlitten die OHE durch die Schließung der Lüneburger Saline, der Zuckerfabrik, der Kartoffelstärkefabrik und des Düngemittelwerks. Durch die Aufgabe des Werkes in Mehlbeck-Embsen brach der OHE im Jahr 1992 der größte Güterverkehrskunde weg, wonach man die moderne Fernsteueranlage für das Gesamtnetz aus dem Jahr 1966 aufgab. Heute fahren die OHE auf ihren nördlichen Strecken im Zugleitbetrieb, doch sind die Bahnhöfe Lüneburg Süd und Soltau durch Hauptsignale gesichert.

Eisenbahnfreunde Witten aktuell 67 11 Zu den Anfangsausstattungen der Heidebahnen gehörten vielfach Ct-Lokomotiven. Oben sehen wir die Lok Nr. 5 Wilsede der Kleinbahn Winsen Evendorf Hützel, aufgenommen um 1914. Neben den übernommenen C-Kupplern verfügte die OHE auch über stattliche Lokomotiven, die von der Staatsbahn übernommen wurden bzw. als Neubauten beschafft wurden. Die bei der DR ungeliebte preußische T10 wurde von den OHE-Personalen recht gern verwendet. 76 092 (ex DR 76 010, ex pr. T10 Mainz 7411) wurde von Carl Bellingrodt bei Celle fotografiert. Foto: Adolf Lüllau, Slg. J. Rodatz (oben), Slg. Eisenbahnfreunde Witten (unten)

12 Eisenbahnfreunde Witten aktuell 67 Lüneburg Nord Bleckede, ehem. Bleckeder Kleinbahn (Bl KlB) Eröffnung 1.3.1919 (zuvor 750 mm), Streckenlänge 24 km, Einstellung Pv am 2.6.1973 (Lüneburg Alt Garge), Bleckede Alt Garge seit 2005 Draisinenbahn Die Bleckeder Kleinbahn ging 1917 aus der schmalspurigen Bleckeder Kreisbahn hervor. Zur Umspurung war es auf Druck der Marine gekommen, die in Bleckede einen Marine-Ölhof zur Versorgung ihrer Schiffe plante, doch die Kriegswirren verzögerten die Fertigstellung bis 1919. Danach wurden die Anlagen bis Mitte der 30er Jahre nicht gebraucht. Ab 1936 wurde das Tanklager samt Gleisanlagen großzügig ausgebaut, doch nach Kriegsende wurden Anlagen reduziert und für andere Zwecke des Bundes genutzt. Ein wichtiger Frachtkunde war das Kraftwerk Alt Garge. Die Anschlussbahn der Hamburgischen Elektrizitätswerke (HEW) diente auch der Landwirtschaft und dem Rübenverkehr. Das Kraftwerk sollte im Krieg als Ausweichkraftwerk für Hamburg dienen, doch in Betrieb ging die Anlage mit der 6,7 km langen Anschlussbahn erst 1946. Von Bleckede aus lief ein beschränkt öffentlicher Personenverkehr bis Alt Garge. In den 60er Jahren pendelten bis zu sieben Züge bis zum Kraftwerk, die meisten sogar durchgehend bis Lüneburg. Nach der Schließung des veralteten Kohlekraftwerks zu Beginn der 70er Jahren wurde die Anschlussbahn 1974 gekündigt. Letzte Personenzüge fuhren anlässlich eines Tages der offenen Tür im EAW Bleckede ( Bleckwerk ) am 28.6.1973, doch das offizielle Einstellungsdatum des Personenverkehrs nach Alt Garge datiert vom 2.6.1973. Abgerissen wurde die Anlage erst 1987. So wie andere Kleinbahnen in der Lüneburger Heide entschied sich auch die Bleckeder Kleinbahn Mitte der 30er Jahre für den Wismarer Schienenbus. So beschaffte sie 1933 einen vom Typ Hannover B und 1936 einem Typ Hannover C. Der mit einer Generatorgasanlage ausgestattete Typ Hannover C kam später als VT 0509 zur OHE und ist heute hervorragend aufgearbeitet durch den VMM zwischen Schönberg und Schönbergerstrand unterwegs. Der andere Triebwagen wurde 1938 an die Boizenburger Stadt- und Hafenbahn verkauft und kam nach dem Krieg zur DR. Dort wurde er 1969 verschrottet. Obwohl die Strecke zwischen Lüneburg Nord und Bleckede die größte Nahverkehrszugdichte aufwies, fuhren hier erst zum Schluss die GDT-Trieb- Die Streckenlänge der schmalspurigen Kleinbahn Dahlen-burg Bleckede - Echem mit der spä-teren Erweiterung Lüneburg Bleckede war umfangreicher als die der späteren Normalspur. In Tostlerglope, das durch die Umspurung den Eisenbahnanschluss wieder verlor, posieren Reisende und Personal vor einem Kleinbahnzug. Abb. Sammlung W. Wölke

Eisenbahnfreunde Witten aktuell 67 13 wagen. Häufig wurde der von der Neukölln Mittenwalder Eisenbahn stammende GDT 514 aus dem Jahr 1936 eingesetzt. Zwischen Bleckede und Alt Garge fuhren meist kleine zweiachsige Triebwagen, außer es handelte sich um durchgehende Verbindungen des Berufsverkehrs. 1976 wurde das Zugangebot von zehn werktäglichen Zugpaaren auf drei gekürzt. Zudem fuhren erstmals Busse. 1977 endete der Personenverkehr vollständig. Der Bleckeder Zweig ist als einzige OHE- Strecke nicht direkt mit dem Stammnetz verbunden, sondern nur über den DB-Bahnhof Lüneburg erreichbar. Nach dem Ende des Personenverkehrs wurde auch der eigene Bahnsteig des Bahnhofes Lüneburg Nord abgebrochen. Der ehemalige Lokschuppen und weitere Nebengebäude sind aber bis heute erhalten geblieben. Sonderzüge fahren heute direkt am DB-Bahnsteig ab. In Bleckede befindet sich noch heute das Eisenbahnausbesserungswerk (EAW), das aus den 1920 nach der Umspurung erbauten Behandlungsanlagen hervorgegangen war. Am 22.12.1927 nahmen die Kleinbahnen ein gemeinsames EAW in Betrieb. Zur Zeit unseres Besuches wurde gerade die Lok 160074 Winsen generalüberholt. Hier zeigt die Mannschaft des Bleckwerks, wie das EAW auch genannt wird, hochwertige Arbeit. Schlecht steht es um die Zuführungsstrecke von Lüneburg Nord, die nur noch den EAW-Zuführungen und AVL-Sonderzügen dient. Unser Sondertriebwagen rumpelte daher mit maximal 20 km/h sehr beschaulich durch die Kiefernwälder. Selbst die Züge der Schmalspurbahn vor mehr als 100 Jahren sollen schneller in Bleckede gewesen sein. Die Großraumdieseltriebwagen der OHE 1954 lieferte die Maschinenbau Kiel AG (MaK) den ersten Großraumtriebwagen (GDT) an die Osthannoverschen Eisenbahnen. Auf Basis der damals neuen 26,4-m-Mitteleinstiegswagen der DB hatte sie einen geräumigen und starken Dieseltriebwagen für den beschleunigten Verkehr auf NE- Bahnen entwickelt. Hier einige technische Daten: Motor: Deutz A12 L 614 (2x220 PS) bzw. Büssing U15 (2x180 PS) Getriebe: 5-Gang-Getriebe von Mylius Raddurchmesser: 950 mm Gewicht: 53,2 t Höchstgeschwindigkeit: 70/80 km/h Sitzplätze der 3. Serie: 108 Länge: 26,40 m Baujahre: 1954/1955/1959 Webastoheizung 1955 erhielten die OHE drei weitere Triebwagen (GDT 0516-0518), finanziert aus der Zonenrandförderung des Bundes. In Celle entstand für die neuen Fahrzeuge eine eigene Wartungshalle. 1959 wurden schließlich die GDT 0520-0522 abgenommen. Als GDT 0519 lief ein von der Kleinbahn Bielstein-Waldbröl gebraucht gekaufter Esslinger, der sich bei den OHE nicht durchsetzen konnte. Insgesamt fertigte die MaK dreizehn GDT, davon sieben für die OHE. Sehr wartungsfreundlich waren die Triebwagen insofern, da Motor und Getriebe in einem gemeinsamen Rahmen lagerten. Dieser hängt mit vier Spindeln an gummigelagerten Böcken am Rahmen und kann ohne großen Aufwand abgesenkt und seitlich unter dem Triebwagen ausgefahren werden. Somit sind zur Wartung des GDT keine tiefen Gruben erforderlich. Die OHE (Arriva) heute Zur Zeit unserer Bereisung gab es nur einen geringen Güterverkehr auf dem Stammnetz der OHE. In Amelinghausen konnten wir einen mit zwei ehemaligen DB-216ern bespannten Kalizug fotografieren. Bei den OHE lösten die Loks der Reihe 2000XX die alten sechsachsigen Deutz- Lokomotiven mit 2000 PS ab. In den Jahren 1999-2000 wurden drei 216er bei OnRail und im DB- Werk Chemnitz modernisiert, wobei (bis auf Getriebe und Rahmen) praktisch eine neue Lok ent-

14 Eisenbahnfreunde Witten aktuell 67 stand. Anfang 2009 erhielten die Loks den silber/roten OHE- bzw. Arriva-Anstrich. Auffälliger Unterschied zur alten 216er sind die Rangierbühnen an den Stirnseiten. Der Bedarf an weiteren Großdieselloks wurde 2004 durch die Beschaffung von vier sechsachsigen Bombardier-Loks Blue Tiger gedeckt. Mittlerweile stehen die Kraftpakete 330090 bis 330093 bei den OHE auch Red Tiger genannt bundesweit im Einsatz. Des weiteren kam der 1996 von Adtranz gebaute Prototyp zur OHE, wo er die Nr. 330094 trägt. Im Juli und August 2007 übernahmen die OHE zwei Siemens- Eurorunner (Nr. 270080 und 270081) und am 9.11.2007 traf mit der Lok 270082 das dritte Fahrzeug dieses Typs in Celle ein. Somit läuft die Zeit der letzten Deutz- Lokomotiven schon bald ab. Per 1.6.2009 verfügten die OHE über 32 Dieselloks, vier Miet-G2000 und etwa ein Dutzend gemieteter Elektroloks. Der Bestand schwankt stark, weil manche Loks nur monats- oder gar nur tageweise aus den Im Juni 1963 war die Kleinbahnwelt der OHE noch in Ordnung. In Toppenstedt ist eine MAK-Lokomotive mit dem Rangiergeschäft ihres Nahgüterzuges beschäftigt. Man beachte auch den Güterzugbegleitwagen, die Sandbettung und die Verladeanlagen: Kleinbahnromantik pur Foto: Reinhardt Todt, Slg. Rodatz Lokpools angemietet werden. Von den Dieselloks können sechs wegen fehlender PZB 90 nicht auf der DB fahren. Seit 2006 sind der Hauptaktionär nicht mehr das Land Niedersachen (40,2 %) und die Bundesrepublik Deutschland (33,8 %) sondern mit 85,1 % der Arriva-Bachstein-Konzern. Kreise, Städte und Gemeinden halten noch 14,9 % des Aktienkapitals von 11.624.200. Seit einem Vorstandswechsel werden unrentable Strecken und Verkehre abgestoßen, und so stehen auch die Strecken Wittingen Radenbeck und Lüneburg Bleckede zum Verkauf oder zur Stilllegung an. Unabhängig davon betreiben die OHE noch immer ein Streckennetz von 291 km. Alles in allem hat die OHE eine bewegte Geschichte hinter sich, man bedenke den Unterschied von den Anfängen mit Loks der Gattung T3 bis hin zum heutigen bundesweiten Einsatz mit den Superdieselloks der Bauart Red Tiger Quellen: I. Hütter, T. Bretschneider, W. Uhl, L. Kasper: Vom Kleinbahnnetz zu den Osthannoverschen Eisenbahn, Verlag Kenning, Nordhorn 1998 G. Wolff: Deutsche Klein- und Privatbahnen, Teil 2: Niedersachsen, Zeunert-Verlag, Gifhorn 1973 G. Wolff: Deutsche Klein- und Privatbahnen, Band 10: Niedersachsen zwischen Weser und Elbe, EK-Verlag, Freiburg 2007 Besonders bedanken möchte ich mich bei den Eisenbahnfreunden Ludger Kenning, Paul-Joachim Rodatz und Andreas Schütte (AVL), die mir viele Fragen beantworteten und umfangreiches Informationsmaterial zur Verfügung stellten.

Eisenbahnfreunde Witten aktuell 67 15 Die umgelenkte Eisenbahn 1 Eine mit dichterischen Freiheiten gespickte Geschichte, die sich in den 1940iger Jahren auf der Strecke Lüneburg Bleckede der Osthannoverschen Eisenbahn abspielte. von Rechtsanwalt Hinrich Rodatz Die umgelenkte Eisenbahn ist ebenfalls eine Geschichte aus Henrys Jugendtagen und ist eng verbunden mit Jockel, deswegen, weil sie Jockels ganzes spätere Leben nachhaltig beeinflusst hat, in jenen Tagen büchste Jockel, der in der nächsten Großstadt lebte, wann immer er durfte und konnte, nach Lüneburg aus. Ihn zog die Kasernenlandschaft im Osten der Stadt genauso an wie Henry und in diesen Tagen entwickelte Jockel seine lebenslang andauernde Leidenschaft zu Eisenbahnen. Ein Prachtexemplar davon dampfte täglich hinter den Kasernen auf eine am großen Fluss liegende Schipperstadt zu und musste dabei die Distanz von 20 km Streckennetz bewältigen. Hinter den Kasernen lag eine von der Wehrmacht zu besseren Tagen erworbene, ungenutzte Reservefläche, das Revier von Henry und Jockel, das andererseits von der besagten Eisenbahnlinie begrenzt wurde. Im Gegensatz zu Henry war Jockel linkisch, hatte unglückliche Bewegungen und seine fehlende Feinmotorik brachte ihn immer wieder in Verlegenheit, etwas umgeworfen und mit seiner ihm eigenen Heftigkeit zerstört zu haben. Wen wundert s also, dass ihn stabile und grobe Dinge anzogen und so entwickelte er nach und nach einen Hang zu kompakten Gegenständen, die sich seiner angeborenen Zerstörungsneigung durch Gewicht, Größe und Stabilität entzogen. Wen wundert s also weiter, dass Jockel von dem Feld, das die Jungen zum Drachensteigenlassen benutzten, immer häufiger zu der Dampfeisenbahn schielte. Pünktlich um 12 Uhr kam sie, eine nur vierräderige Lokomotive, deren auffälligstes Merkmal keineswegs ihre hohe Geschwindigkeit war, sondern ein großer Schornstein und eine geradezu phänomenal schwarze, riesige Dampfwolke. Angehängt daran waren zwei kleine Personenwaggons, die in dieser mageren Nachkriegszeit übervoll besetzt waren, weil die Leute sich daran interessiert zeigten, auf s Land zu kommen, um zu hamstern, also Nahrungsmittel zu beschaffen. Kurz vor 12 Uhr hörte also jedes Spiel auf und Jockel und Henry standen so gut wie immer an den Bahngleisen, wenn dampfend, prustend und keuchend dieser Zug vorbeirumpelte. Jedes Mal schaute Jockel dem Zug sehnsuchtsvoll nach. Nur zu gerne wäre er aufgesprungen, und wenn der Zug auch langsam fuhr, so langsam nun aber auch wieder nicht, dass er das hätte gefahrlos tun können. Jedes Mal dampfte der Zug vorbei, querte einen Feldweg, fuhr sogleich an einer Weiche vorbei und bewegte sich durch Wiesen und Schilffelder auf den anschließenden Wald zu und verschwand hier. Es hätte Henry eigentlich früher auffallen müssen, Jockel starrte nicht nur dem Zug nach, sondern er betrachtete im Anschluss immer häufiger die Weiche hinter der Feldwegquerung, die von Hand aus zu bedienen war. Diese Weiche war da, weil auch ein zweiter Schienenstrang existierte, und der führte spitzwinklig weg von der Hauptstrecke von hinten in das Kasernen- und Flugplatzgelände und diente zu deutschen Zeiten, die Henry und Jockel nicht mehr miterlebt hatten, der Versorgung. Die englischen Besatzer jedoch hatten darauf verzichtet und diese Schienenrealität endete für Jockel und Henry an einem mit viel Stacheldraht geschützten Tor nach 100 m Wald. Auf der rechten Seite der Schiene im Wald verlief der die Kaserne schützende Zaun und in regelmäßigen Abständen stand hier zweisprachig zu lesen, dass die Verletzung dieser Zaunbarriere Selbstschussanlagen auslösen würde und die Gefahr bestünde, erschossen zu werden. Auf Henry und Jockel wirkte dieser Bluff jahrelang und als die Schilder zu verrosten begannen, trauten sie sich endlich über diesen Zaun zu klettern, um überrascht festzustellen, dass nichts Befürchtetes geschah. Noch je- 1 Auszug aus dem Buch Flegeljahre in der Vorstadt von Hinrich Rodatz, Rohlandstr. 30, 21423 Winsen/Luhe. Die Angabe der Anschrift erfolgt auf ausdrücklichem Wunsch des Autors.

16 Eisenbahnfreunde Witten aktuell 67 doch gab sich Jockel mit der Weiche ab und er gestand Henry, dass er fest entschlossen sei, die Weiche umzustellen, weil es einfach unglaublich spannend sei, zu erleben, was dann wohl geschehen würde. Henry war alles andere als zimperlich, es war überdies auch keine zimperliche Zeit und so stimmte er begeistert zu. Wir können ja alles aus dem nahe gelegenen Schilffeld beobachten, da werden wir nämlich nicht gesehen! meinte Jockel noch. Am nächsten Tag waren sie schon um 11 Uhr an der Bahn, viel zu früh, denn die Weiche machte keine Schwierigkeiten. Sie ließ sich ganz leicht von Hand umlegen, und das war in Sekunden geschehen. Dagegen dauerte es eine halbe Ewigkeit, bis der Zug kurz vor 12 durch seine riesige Dampfwolke sein Erscheinen ankündigte und vor Aufregung halb ohnmächtig sahen die beiden, wie der Zug vorbeirumpelte und tatsächlich auf das falsche Gleis fuhr. Und was noch erstaunlicher war, niemand merkte etwas. Der Heizer stand vor dem Glutloch und schaufelte Kohlen, der Lokführer döste vor sich hin, weil die nächste Station noch lange nicht kam und die Fahrgäste kämpften noch um Sitz und andere Plätze und waren mit allem anderen, aber nicht mit der vorbeihuschenden Landschaft beschäftigt. Vielleicht fiel aber auch niemandem deswegen etwas auf, weil alles so ähnlich war. Für beide Schienenwege kam erst ein Schilffeld, dann Wiesen und dann der Waldesrand. Pünktlich um 12 Uhr kam sie, eine nur vierrädrige Lokomotive, deren auffälligstes Merkmal keineswegs ihr hohe Geschwindigkeit war, sondern ein großer Schornstein... So oder so ähnlich muss er ausgesehen haben, der kleine Zug, der die Leute zum Hamstern aufs Land brachte. Das Bild stammt offensichtlich aus besseren Tagen, denn die wartenden Fahrgäste scheinen noch keine Not zu leiden. Foto: Slg. W. Wölke

Eisenbahnfreunde Witten aktuell 67 17 Henry und Jockel jedenfalls starrten mit immer noch offenen Mäulern dem Zug nach, als dieser schon im Wald verschwand. Eigentlich hatten sie darauf vertraut, dass der Zug sogleich vor ihren im Schilffeld versteckten Augen anhalten und zurückfahren würde. Statt dessen verschwand er nun im Wald und sehr bald endete das Ganze mit einem sehr lauten Knall. Der Zug hatte nämlich das Stacheldraht geschützte Tor eingedroschen. Henry und Jockel stolperten dem Zug nach und standen alsbald zwischen den ausgestiegenen Gästen. Beiden saß das Herz in der Hose. Das schlechte Gewissen muss ihnen auf ihren Gesichtern gestanden haben und minütlich erwarteten sie ein donnerndes Strafgericht. Nichts dergleichen aber geschah. Der Zug stand ca. 80 m auf feindlichem, englischen Gebiet. Selbstschüsse waren nicht zu hören und khakifarbene Uniformen von Engländern waren nicht zu sehen. Ganz offensichtlich entsann sich der Zugführer alsbald seines einzuhaltenden Fahrplanes und meinte, dass sei ja alles nicht so schlimm, es sei ja nur das Tor der Engländer. Er forderte die Fahrgäste auf, den Zug wieder zu besteigen, was diese auch taten. Der Zug fuhr wieder rückwärts an, zog den verhakelten Drahtverhau ca. 40 m hinter sich her, bis er liegen blieb und ließ das eingedroschene Tor hinter sich. Jockel und Henry saßen auch in dem Zug, denn sie wollten nicht entdeckt werden und ohnehin musste dieser ja hinter der Weiche noch einmal anhalten, was die Möglichkeit des Aussteigens und Verschwindens zwingend eröffnete. Der Zug fuhr zurück hinter die Weiche, der Lokomotivführer legte in stoischer Ruhe die Weiche wieder um und nun dampfte der Zug auf seinen bestimmungsgemäßen Weg. Auch später passierte nichts. Noch wochenlang lagen die Trümmer des Stacheldrahtverhaus und des eingedrückten Tores auf dem toten Schienenstrang, bis die Engländer alles allmählich reparierten. Heutzutage wäre diese Reaktion undenkbar. Transportgefährdung dieser Art hätte Hubschrauber und einen riesigen Polizeiapparat in Gang gesetzt. Tagelang hätte etwas in der Zeitung gestanden. Damals jedoch war noch viel zu viel in Unordnung, der Krieg war erst vier bis fünf Jahre her und durch ihn war so viel zerstört worden, dass eben so ein bisschen eingedroschener Zaun und ein verbogenes Tor dagegen als äußert unwesentlich erschien. Durch zerstörte Häuser und einfallende Mauern, Bombenblindgänger und zerschossene Industrieanlagen gab es so viele Gefahrenquellen, dass das bisschen Gefahr durch einen umgelenkten Zug nicht ins Gewicht fiel. Äußerlich hatte dieses Ereignis keine Folgen, für Jockel brachte es weittragende Veränderungen. Fortan interessierte ihn alles auf Schienen noch mehr als vorher. Er kannte bald jede gebaute Lokomotive und jeden Waggon, wo das Produkt herkam und zu welcher Baureihe es gehörte. Jockels Vater, Fritz, war Inhaber einer respektablen Versicherungsfirma. Als dieser in die Tage kam, vertraute er wegen seiner unglücklichen Art seinem Sohn die Firma nicht an, sondern verkaufte sie. Jockel gründete eine neue und konzentrierte sich auf Eisenbahnversicherungen. Die Eisenbahner waren ob seiner Kenntnisse hingerissen und dementsprechend war er geschäftlich durch die Hintertür stets erfolgreich. In den neunziger Jahren zog es beide nach Kaliningrad und schon wieder stolperte Jockel über die Schienen der großen Königsberger Eisenbahnanlagen in russischer Hand. Schon am ersten Tag entdeckte er zwei verschobene DDR-Dampflokomotiven, für deren Rückführung in den Westen er verdienstträchtig sorgte, während sich Henry für die verbliebene Königsberger Kultur interessierte. Als Henry einmal nach Wien kam und in seiner Ahnungslosigkeit eine zweitürmige Kirche mit dem Stefansdom verwechselte, verblüffte Jockel ihn aufs Neue. Niemand in Henrys hochgebildeten Bekanntenkreis kannte Wiens Votivkirche.Jockels Meinung nach, hätten ruhig alle Kirchen dieser Welt auf den Mond verfrachtet werden können, er hätte keinen Verlust verspürt. Na klar! sagte Jockel, kenne ich die Votivkirche in Wien. Henry sah ihn ungläubig an und konnte das gar nicht glauben. Sie hat zwei Türme, sagte Jockel, ich habe sie schon oft abgebildet gesehen in meinen Fachzeitschriften, darunter liegt nämlich das Straßenbahndepot der Wiener Straßenbahnen. Eisenbahnern bildet doch tatsächlich, dachte Henry. Eisenbahnen beinhalten ein großes Versicherungsrisiko. Die Prämien sind hoch und dementsprechend auch Jockels Verdienste. Konkurrenz hatte er so gut wie keine und wenn, hätte er mit seinem Spezialwissen alle an die Wand gedrückt. Im Gegensatz zu Henry ist er bei viel schlechteren Startchancen dennoch ein sehr wohlhabender Mann geworden. Mehr als einmal beneidete Henry seinen Vetter um seine Gabe, sich für Manches lange und kompromisslos begeistern zu können, allerdings die Spur seiner zertöpperten Töpfe und zerbrochenen Krüge fand Henry nicht gleichsam so übernahmewürdig.

18 Eisenbahnfreunde Witten aktuell 67 Geschichten aus Wittrup von Heinz-Jürgen Kowalewski Wie schon im letzten Heft zu lesen gewesen war, liegt Wittrup an der eingleisigen Nebenbahnstrecke Lutum Mecklenbeck im Bereich der Bundesbahndirektion Münster. Bevor wir auf die Ereignisse der letzten Wochen eingehen, sollen noch einige, vielleicht langweilige, aber für den Betrieb und den Fahrzeugeinsatz wichtige technische Daten genannt werden. Die Strecke wurde am 01. 05.1908 in Betrieb genommen. Die zulässige Höchstgeschwindigkeit beträgt 80 km/h. Sie ist für Fahrzeuge bis 18 t Achslast zugelassen und die Meterachslast ist laut Achsdruckverzeichnis von 1942 mit 6,4 t /m an- gegeben. (Die ist der Knackpunkt so mancher Modellbahn, denn der zuständige Fahrdienstleiter lässt schon mal seine Lieblingslok fahren, obwohl sie für die nachgebildete Strecke nicht geeignet ist.) Der Bahnhof Wittrup ist mit Einfahr- und Ausfahrsignalen ausgerüstet. Dazu kommen die entsprechenden Vorsignale. Die Ausfahrvorsignale sind nur 2-begriffig, da eine Durchfahrt nur über Gleis 2 zulässig ist. Nun etwas zum Lok- und Wageneinsatz. Die zwei Eilzugpaare ermöglichen die Verwendung von Vorkriegseilzugwagen, vierachsigen Umbauwagen oder moderner Mitteleinstiegswagen bzw. Silberlingen mit den entsprechenden Post- und Packwagen. Personenzüge, wie die Nahverkehrszüge früher hießen, bestehen aus preußischen Abteilwagen oder solchen der Einheitsbauart (Donnerbüchsen) oftmals gemischt mit Einheitsplattformwagen aus den dreißiger Jahren. Meistens befand sich in den Abteilwagenzügen ein Einheitswagen mit der Polsterklasse. Auch die auf den Fahrgestellen der Länderbahnabteilwagen neu aufgebauten Umbauwagen findet man häufig. Der eine oder andere Stückgutwagen ist bestimmt den Personenzügen mitgegeben worden, obwohl es auch extra Stückgutschnellverkehrszüge gegeben hat. Die Bespannung lässt, wenn man die Achslastbeschränkung beachtet, viele Möglichkeiten zu, da die Höchstgeschwindigkeit lediglich 80 km/h beträgt. Somit kann auch eine Dampflok der Baureihe 50 im Personenzugdienst eingesetzt werden. 24er und 93er als bekannte Nebenbahnlokomotiven dürfen natürlich nicht fehlen, genauso wenig wie die neue Traktion der 50er frühen 60er Jahre: V36, V60 und V100. In Schwachlastzeiten kommen Triebwagen zum Einsatz. Hier ist vom einmotorigen und zweimotorigen Schienenbus über Vorkriegstriebwagen bis zu den Akkutriebwagen und den Dieseltriebwagen der Baureihe VT 24 vieles möglich. Als Rangierlok ist in Wittrup eine Kleinlok der Leistungsgruppe II stationiert. Um der aufkommenden Konkurrenz des Lastkraftwagens begegnen zu können, verwendete die Deutsche Reichsbahn seit den dreißiger Jahren in kleinen und mittleren Bahnhöfen diese kleinen Motorloks. Dadurch konnten die Durchschnittsgeschwindigkeiten der Güterzüge gesteigert werden, da die Zuglok nicht mehr die Rangierarbeiten auf den Unterwegsbahnhöfen übernehmen musste. Die RBD Münster war als Versuchsgebiet für Kleinlokomotiven ausgewählt worden. So ist es nicht verwunderlich, dass auch in Wittrup schon lange eine Kleinlok in einem kleinen hölzernen Schuppen stationiert ist.

Eisenbahnfreunde Witten aktuell 67 19 Während Hochbaudezernent Akkermann und Bahnhofsvorsteher Spiekermann noch über den Zustand des Bahnhofsschildes diskutieren, läuft aus Münster ein Personenzug mit der Gronauer 24 016 ein. Da die Kreuzung mit einem Gegenzug abgewartet werden muss, hat das Zugpersonal noch etwas Zeit für eine Unterhaltung. Zugführer Josef Rammelmann ist durch den dunklen Himmel im Südwesten beunruhigt: Das gibt bestimmt noch ein kräftiges Gewitter.

20 Eisenbahnfreunde Witten aktuell 67 Der Güterverkehr sorgte schon immer für viel Arbeit. O-Wagen mit Kohlen und Briketts werden für den örtlichen Brennstoffhandel zugestellt. G, V, Kt, R sind die Gattungen für die landwirtschaftlichen Verkehre. In der Nähe des Bahnhofs Wittrup befindet sich eine Ausweichanschlußstelle, die früher zu einem Flugplatz der Luftwaffe führte. Nach dem Krieg hat der Tommy das Gelände übernommen, um dort ein Instandsetzungswerk zu betreiben. Hier kann man oft Fährbootwagen sehen. Im Modell ist diese Awanst noch in Planung. Sowohl der Anschluss der Rheinarmee als auch der von der Brennerei Bröker, Dansenbörger & Moddemann werden mit eigenen Rangierloks betrieben, die auf der Bundesbahn zugelassen sind. Am Industriestammgleis werden sich noch eine Ziegelei und die Kreiswerke Wittrup anschließen, was zu zusätzlicher Rangierarbeit führen wird. Wissen Sie nun besser über Wittrup Bescheid? Dann können wir doch noch auf die Ereignisse seit unserem letzten Bericht eingehen. Hochbaudezernent Akkermann aus dem Mutterhaus in Münster (so nennen Eisenbahnbahner gerne ihre Direktion) hat auf Einladung des Bahnhofsvorstehers Wilhelm Spiekerman den Bahnhof besucht. Die Beschriftung des Bahnhofs ist nur noch schlecht lesbar und das müsste doch unbedingt geändert werden. Allerdings war der Besuch anfangs nicht sehr fruchtbar. Akkermann ist als Pfennigfuchser verschrieen und deshalb bekommt unser Bahnhofsvorstand nur zu hören, dass die Bahn kein Geld habe. Das liegt vielleicht auch an der Biografie unseres Dezernenten. Wie der Name bereits erkennen lässt, stammt Josef Akkermann von der Insel Wangerooge und hat dort auch seine Eisenbahnerlaufbahn begonnen. Noch im ersten Weltkrieg begann er bei der zur Großherzoglich Oldenburgischen Staatsbahn gehörenden Inselbahn eine Schlosserlehre, hat sich in den zwanziger Jahren weitergebildet und ist dann bei der Deutschen Reichsbahn aufgestiegen. Der entbehrungsreiche Weg des Aufstiegs, der seinerzeit recht selten und schwierig war, sowie die Herkunft von der noch nicht so sehr vom Tourismus geprägten ostfriesischen Insel haben sicher den Hang zur Sparsamkeit beeinflusst. Aber Spiekermann ist ein Münsterländer Sturkopf und gibt so schnell nicht auf. Mit dem Hinweis, dass Wittrup doch die Bahnstation für die Kurklinik in Pängelmodde sei und es doch peinlich wäre, wenn eine anreisender Patient nur deswegen den Ausstieg verpasse, weil er den Bahnhofsnamen nicht erkennen konnte, ringt er Akkermann einen Kompromiss ab. Die DB wird bei den Herstellern für Emailschilder ein Angebot für eine neue Bahnhofsbeschilderung einholen. Sofern der Preis nicht das Budget sprengt, wird der Ortsname in neuem Glanz erstrahlen. Ob das was wird? Um 1960 warben viele Firmen, größere wie kleinere, in der Zeitschrift Die Bundesbahn, dem offiziellen Organ der Hauptverwaltung der Deutschen Bundesbahn. Darunter waren auf die beiden Anzeigen von Herstellern für Email-Schilder. Ob Dezernent Akkermann dort Angebote eingeholt hat? Abb.: Sammlung W. Wölke

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22 Eisenbahnfreunde Witten aktuell 67 Signale aus der Dachetage von Jens Grünebaum und Manuel Hartmann.Am 06. Juni fuhr zum zweiten Mal der Matjesexpress mit 41 360 nach Emden. Anlass waren diesmal die Emder Matjestage. 350 fischbegeisterte Fahrgäste ließen es sich nicht nehmen, dieses Spektakel einmal vor Ort mitzuerleben. Auf der Rückfahrt war der Appetit der Fahrgäste immer noch so groß, dass auch die letzten Fischvorräte in unserem Kioskwagen verkauft wurden. Zum Erlebnis dieser Fahrt trug auch unsere Zuglok 41 360 bei. Bereits der Ausfahrt aus Wanne-Eickel donnerte es derart aus dem Kamin der 68-jährigen Maschine, dass dem erstaunten Lokführer einer Bauzuglok im Nachbargleis die Kinnlade herunter fiel. Auf der Emslandstrecke konnte die 41er mit den neun Schnellzugwagen mal wieder zeigen, was in ihr steckt; die morgendliche Verspätung von 20 Minuten wurde bis Emden souverän aufgeholt. In unserem Vereinsheim hat sich wieder etwas verändert. Auf dem Dachboden wurde der Lagerraum neben der Werkstatt komplett saniert. Die alten Regale wurden ausgeräumt und zerlegt, die Bretter werden an anderer Stelle weiter verwendet. Auf dem Fußboden wurden neue Spanplatten verlegt, die Wände abgespachtelt und mit weißer Farbe gestrichen. Zum Schluss wurde der Fußboden versiegelt. Hier gilt der Dank den beiden Mitstreitern Rolf Lutter und Jens Grünebaum, denn das Streichen war nicht gerade angenehm. Unsere Küche erhielt eine neue Theke. Die Schränke, die dafür nötig waren, konnten günstig bei Novum in Witten erworben werden. Fred Henneberg und Rolf Lutter rüsteten die Theke mit Rollen aus, damit die Vorbereitungen für die Vereinsabende einfacher werden. Unsere eisenbahntechnische Sammlung hat weiteren Zuwachs erlangt. Von Dirk Klug wurde uns ein Fahrkartenschrank zur Verfügung gestellt. Nach der Aufarbeitung wird er in kürze für Ausstellungszwecke zur Verfügung stehen. Beim letzten Vortrag diente er bereits vorzüglich als Pult für den Referenten. Anfang August ist unser erster Kalender für das Jahr 2010 mit dem Thema: Die Borkumer Inselbahn zum Preis von 7,95 Euro erschienen. In unserem Vereinsheim liegt ein Ansichtsexemplar aus, ebenfalls gibt es eine kleine Bilderauswahl auf unserer Homepage www.efwitten.de unter der Rubrik Kalender 2010. Wir danken allen Bildautoren für die kostenlose Überlassung der Fotos und Andreas Reinhard für die Zusammenstellung des Kalenders. Am 07. und 08. November finden in unserem Vereinsheim und in weiteren Teilen des Wittener Hauptbahnhofs die 3. Wittener Eisenbahntage statt. Begrüßen können wir dazu die Spur O

Eisenbahnfreunde Witten aktuell 67 23 Freunde aus Hagen, die im ehemaligen Wartesaal des Wittener Bahnhofes einen Teil ihrer Anlage ausstellen werden. Unsere Anlage Wittrup wird im Vereinsheim zu sehen sein. Abgerundet wird das Ganze mit einer Fotoausstellung über die Geschichte der Ellok, einem kleinen Modellbahnund Büchermarkt und der Besichtigung des Stellwerkes Witten Hbf. Für den letzten Programmpunkt liegt jedoch noch nicht die Genehmigung der DB vor. Für die Verpflegung unserer Gäste und der Aktiven sorgt die Cafeteria. Für diese Veranstaltung werden noch helfende Hände gesucht, ebenso würden uns Kuchenspenden erfreuen. Ansprechpartner ist Manuel Hartmann (Tel: 02302 / 97 38 741). Die Eisenbahnfreunde Witten sind vom Eisenbahnmuseum Bochum-Dahlhausen gebeten worden auch im nächsten Jahr wieder eine Fotoausstellung zu erstellen. Das Thema soll die preußische Staatsbahn sein. Wir suchen deshalb Fotos, Zeichnungen, Vorschriften und Gegenstände, die Bezug zur KPEV haben. Die Fotos sollen nicht nur Loks und Wagen darstellen sondern auch Gebäude, Weichen und Signaleinrichtungen (auch im späteren oder heutigen Zustand) und nicht zuletzt auch Eisenbahner und Reisende zeigen. Da wohl kaum einer einen leibhaftigen preußischen Zugführer in vollem Wichs in Farbe fotografiert hat, reichen dafür auch Datenquellen. Zur Begutachtung von Bildern reicht zunächst ein normales Format völlig aus. Einsendungen bitte bis Ende November an: EfW im BSW, z.hd. Heinz-Jürgen Kowalewski, Bergerstr. 35, 58452 Witten, bzw. an h-j.kowalewski@arcor.de In diesem Jahr finden noch 2 Sonderfahrten der Eisenbahnfreunde Witten e.v. statt. Am 03. Oktober geht es mit dem Sanddornexpress und der E 10 121 nach Emden Außenhafen und von dort mit der Fähre zur Nordseeinsel Borkum. Am 05. Dezember findet unsere diesjährige Jahresabschlussfahrt zum Osnabrücker Weihnachtsmarkt statt. Als besonderer Höhepunkt kommen in diesem Jahr alle drei Traktionsarten zum Einsatz. Von Köln bis Oberhausen zieht E 10 121 den Zug, ab Oberhausen geht es mit V 200 116 bis Gütersloh, dort übernimmt 78 468 den Zug, um ihn über die Teutoburger Waldeisenbahn nach Osnabrück zu bringen. Auf der TWE Strecke sind mehrere Fotohalte eingeplant. Die jeweiligen Anmeldeformulare wurden mit dem letzten EFW aktuell verschickt. Die Mannschaft der Eisenbahnfreunde Witten sorgt wie immer vorbildlich für die Mitreisenden. Hier wartet die Mannschaft des Matjesexpress am 6. Juni auf die leicht verspätete Ankunft des Zuges aus Köln. Für das Jahr 2010 werden noch Vorträge für die Vereinsabende gesucht, wer Lust an einem Dia- oder Filmvortrag in Witten hat, wendet sich bitte mit Thema an Manuel Hartmann Tel: (02302 / 9738741) oder per email: mail@efwitten.de

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Eisenbahnfreunde Witten aktuell 67 25 Veranstaltungshinweise der Eisenbahnfreunde Witten Falls nichts besonders angegeben ist, finden die Veranstaltungen ab 19 Uhr in unseren Vereinsräumen (in der ersten Etage) im Wittener Hbf, Bergerstraße 35, statt. Im Anschluss an die Abendveranstaltungen gemütliches Treffen. Programmvorschau im Internet unter www.efwitten.de. Beachten Sie bitte auch unseren Schaukasten in der Bahnhofshalle des Wittener Hauptbahnhofs. Sa 03.10.2009 Tagesfahrt zur Nordseeinsel Borkum 19.00 Uhr Von Köln geht es über Wuppertal, Hagen, Witten, Bochum, Wattenscheid, Essen und Oberhausen mit einer historischen Ellok nach Emden. Von dort bringt uns eine Sonderfähre nach Borkum. Am Anleger werden wir von der Borkumer Kleinbahn mit dem historischen Personenzug erwartet. (Eine Veranstaltung der Eisenbahnfreunde Witten e.v.) Mi 07.10.2009 19.00 Uhr Vortrag Mi 04.11.2009 19.00 Uhr Vortrag Die Mariannenbahn Unter diesem Thema macht Harald Vogelsang, Essen, einen Rückblick auf die einstige Kohlenbahn der Zeche Maria Anna & Steinbank in Höntrop zur Kohlenniederlage in Steele. Mit dem Bau der Bergisch - Märkischen Bahn von Essen nach Bochum wurde die Strecke, die mit Pferden betrieben wurde, eingestellt. Güterverkehr im Revier Ulrich Budde, Mülheim/ Ruhr, zeigt uns den Güterverkehr im westlichen Revier in den Jahren 1975-1990. Der Schwerpunkt liegt bei der Diesel-traktion, auch die letzen Dampfloks des BW Gelsenkirchen Bismarck fehlen nicht. Ebenfalls wird ein kurzer Einblick bei den Werksbahnen erfolgen. Sa 07.11.2009 Wittener Eisenbahntage im Hauptbahnhof 11-19 Uhr folgende Programmpunkte sind derzeit geplant : So 08.11.2009 - Stellwerksbesichtigungen 11 17 Uhr - Ausstellung der Anlage vom Spur 0 Team Ruhr- Lenne aus Hagen - Besichtigung der vereinseigenen Modellanlage Wittrup - Fotoausstellung zur Geschichte der deutschen Elektrolok - Verkaufsstand von Eisenbahnartikeln Sa 21.11.2009 18.00 Uhr Vorträge Mi 02.12.2009 19.00 Uhr Vortrag Sa 05.12.2009 Lange Nacht der Eisenbahn Dia - und Filmvorträge am laufenden Band, folgende Highlights erwarten Sie: - Wolf- Dietmar Loos lässt für uns die ETA`s des Bw Recklinghausen noch einmal laden, nehmen wir also neben Triebwagenführer und Zugführer Platz und drehen ein paar Runden durch den Pott! - Harald Vogelsang und Herbert Schambach entführen uns zu den Eisenbahnen in England. Herbert Schambach stellt uns Londoner Bahnbetriebswerke in den 1960er vor. Harald Vogelsang zeigt von den "Great little Trains of Wales"! den Betrieb auf schmaler Spur. Das Henschel Museum Kassel öffnet sein Bild- und Filmarchiv Lokomotivraritäten in Farbe und Schwarzweiß, Filmvortrag von Claus Nossek Nikolausdampf nach Osnabrück Von Köln geht es über die Zustiegshalte Düsseldorf, Duisburg, Oberhausen, Essen, Wattenscheid, Bochum, Witten und Wetter zum Weihnachtsmarkt nach Osnabrück. Zum Einsatz kommen die Loks E10 121, V200 116 und die Dampflok 78 468. (Eine Veranstaltung der Eisenbahnfreunde Witten e.v.)

26 Eisenbahnfreunde Witten aktuell 67 Fast fünfzig Jahre alt ist die oben abgebildete Werbung für die Autozüge der DB. Mittlerweile gehört dieser Bereich zusammen mit den Nachtzügen zu einem eigenen Geschäftsbereich, der nicht weiß, ob er leben oder sterben soll. Fehlende Wagen, Verspätungen und eine oft nicht glückliche Linienführung lässt manchen Reisenden von einer wirklich bequemen Art des Reisens Abstand nehmen. Eisenbahnfreunde Witten aktuell Nr. 67 erscheint Anfang Dezember 2009.