Das neue Bildungs- und Teilhabepaket



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- 2 - Das neue Bildungs- und Teilhabepaket A. Ausgangspunkt: Das Regelsatz-Urteil des Bundesverfassungsgerichts Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat in seinem Regelsatz-Urteil vom 9.2.2010 gerügt, dass die Regelsätze nicht transparent berechnet worden seien. Im Bereich der Bildung und der Teilhabe sei nicht ersichtlich, warum die in der Abteilung 10, Bildungswesen, der EVS 1998 erfassten Ausgaben beim regelleistungsrelevanten Verbrauch vollständig unberücksichtigt geblieben seien. Gleiches gelte für die in der Abteilung 09, Freizeit, Unterhaltung und Kultur, enthaltene Position Außerschulischer Unterricht in Sport und musischen Fächern. Das BVerfG konstatiert, die Länder hätten ihre Schulen und sonstigen Bildungseinrichtungen zu finanzieren. Daraus folge aber keine fürsorgerechtliche Pflicht, hilfebedürftige Personen, die die Schulen besuchen und die sonstigen Bildungseinrichtungen benutzen, mit den dafür notwendigen finanziellen Mitteln auszustatten. Das BVerfG erwartet einen zusätzlichen Bedarf vor allem bei schulpflichtigen Kindern. Es betont, dass notwendige Aufwendungen zur Erfüllung schulischer Pflichten zu ihrem existenziellen Bedarf gehören. Ohne Deckung dieser Kosten drohe bedürftigen Kindern der Ausschluss von Lebenschancen, weil sie ohne den Erwerb der notwendigen Schulmaterialien das Gericht nennt Schulbücher, Schulhefte, Taschenrechner die Schule nicht erfolgreich besuchen könnten. Der Bundesgesetzgeber könne erst dann von der Gewährung entsprechender Leistungen absehen, wenn sie durch landesrechtliche Ansprüche substituiert und hilfebedürftigen Kindern gewährt würden. Neben den Schulmaterialien benennt das BVerfG noch ein kostenloses Angebot von Nachhilfe. Allerdings wird dies nicht weiter ausgeführt. Grundsätzlich gibt es in den Ländern keine rechtlichen Regelungen, insbesondere keinen Rechtsanspruch auf Nachhilfe. Lediglich einzelne Länder haben Fördervorschriften für Schüler mit Migrationshintergrund. Der DLT hatte sich gegen eine solche neue Leistung ausgesprochen. Nachhilfe kann aus unterschiedlichen Gründen erforderlich sein, z. B. weil der Unterricht nicht ausreichend auf das individuelle Lernvermögen der Schüler eingeht dann aber sollte der Unterricht verbessert werden, oder weil der Schüler nicht lernen mag dazu aber ist der Schüler selbst verpflichtet. In beiden Konstellationen kann es jedenfalls nicht Sache des Existenzminimums sein, dem abzuhelfen. Weitere Ausführungen über diese beiden Beispiele hinaus macht das BVerfG nicht, insbesondere nicht zur außerschulischen Bildung. Insoweit fragt sich, ob das Existenzminimum den Bereich Bildung nur in der Schule erfasst, nicht aber den weiten Bereich außerhalb der

2 Schule. Auch die zu Beginn genannte Abteilung 9 der EVS, Freizeit, Unterhaltung, Kultur, die nicht reine Wissensvermittlung ist, sondern als informelles Lernen verstanden werden kann, greift das Gericht nicht wieder auf. B. Das Bildungs- und Teilhabepaket für bedürftige Kinder Neuer Leistungstatbestand: 28 SGB II 28 SGB II enthält in den Absätzen 2 bis 7 einen abgeschlossenen Katalog an Bedarfen für Bildung und Teilhabe, die zukünftig berücksichtigt werden. Unter den gesetzlich normierten Voraussetzungen besteht ein individueller Rechtsanspruch des leistungsberechtigten Kindes. Die neuen Leistungen für Bildung und Teilhabe gehören zusammen mit dem Arbeitslosengeld II bzw. dem Sozialgeld (einschl. Bedarfe für Unterkunft und Heizung) zu den Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Der neue Leistungstatbestand erfasst nur Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene (Bedarfe für Bildung für Schüler bis 25 Jahre, Bedarf zur Teilhabe bis 18 Jahre). Dies entspricht der Konzentration des BVerfG-Urteils auf den Bereich der Schule. Bis auf den persönlichen Schulbedarf werden alle Leistungen auf Antrag erbracht, 37 Abs. 1 SGB II. Es besteht keine Pflicht, die Leistungen anzunehmen. Der persönliche Schulbedarf ist bei Vorliegen der Leistungsberechtigung automatisch zu überweisen. Größtenteils Sachleistungen Das BVerfG hatte es dem Gesetzgeber freigestellt, ob er das Existenzminimum durch Geldleistungen, Sachleistungen oder auch Dienstleistungen deckt. Während das Arbeitslosengeld II und das Sozialgeld als Geldleistung erbracht werden, hat sich der Gesetzgeber bei den Leistungen für Bildung und Teilhabe überwiegend für Sachleistungen entschieden. Dies ist rechtlich unproblematisch und unbeschadet des erhöhten Verwaltungsaufwands auch sachgerecht. Denn Sachleistungen bieten eher die Gewähr dafür, dass die Leistung beim Kind ankommt. Lediglich die Aufwendungen für den persönlichen Schulbedarf und für die Schülerbeförderung werden als Geldleistung erbracht. Problematisch ist, dass nur noch Gutscheine und Direktzahlungen als Leistungserbringungswege vorgesehen sind, nicht mehr die Kostenerstattung. 29 Abs. 1 SGB II lässt dem Wortlaut nach keine Geldleistung mehr zu. Zumindest bei Schulausflügen wäre die Kostenerstattung sinnvoll. Schulausflüge und mehrtägige Klassenfahrten (Abs. 2) Bislang waren die eintägigen Schulausflüge aus dem Regelsatz zu zahlen. Nun werden die tatsächlichen Aufwendungen hierfür extra gewährt. Für die Anerkennung von Aufwendungen für mehrtägige Klassenfahrten gab es bislang schon einen eigenen Leistungstatbestand in kommunaler Trägerschaft, 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 SGB II. Beides wird für Kinder, die eine Kindertageseinrichtung besuchen, entsprechend gewährt.

3 Persönlicher Schulbedarf (Abs. 3) Auch die bislang als zusätzliche Leistung für die Schule in 24a SGB II geregelten 100 jährlich sind in den Leistungskatalog aufgenommen worden. Sie werden weiterhin als Geldleistung ausgezahlt, allerdings in zwei Schritten: 70 zum 1.8. eines Jahres, und 30 zum 1.2. des Jahres. Mit dieser Leistung wird (weiter) der vom BVerfG genannte elementare Bedarf für den Erwerb der notwendigen Schulmaterialien, wie Schulbücher, Schulhefte oder Taschenrechner, gedeckt. Schülerbeförderung (Abs. 4) Im Laufe des Vermittlungsverfahrens wurden auf Betreiben der Länder die Aufwendungen für eine Schülerbeförderung unter bestimmten Voraussetzungen in den Leistungskatalog aufgenommen. Anspruchsberechtigt sind Schüler, die für den Besuch der nächstgelegenen Schule des gewählten Bildungsgangs auf Schülerbeförderung angewiesen sind, soweit die erforderlichen tatsächlichen Aufwendungen nicht von Dritten übernommen werden und es den Schülern nicht zugemutet werden kann, die Aufwendungen aus dem Regelbedarf zu zahlen. Da die Schülerbeförderung flächendeckend in den Landesgesetzen zur Schülerbeförderung geregelt ist, erscheint die Neuregelung zunächst unerwartet. Sie ist jedoch konsequent im Sinne des BVerfG-Urteils. Wenn schon die Schulmaterialien als zwingend erforderlich angesehen werden, um dem Unterricht folgen zu können, muss dies erst recht für die Schülerbeförderung gelten, um überhaupt zur Schule hinkommen zu können. Allerdings kommt es auf die einzelnen Landesgesetze an, nach denen die praktische Relevanz des neuen Anspruchs unterschiedlich sein wird. Lernförderung (Abs. 5) Praktisch schwer umzusetzen ist der neue Anspruch auf Lernförderung, auch wenn er nur für einen sehr kleinen Personenkreis in Betracht kommt. Eine schulische Angebote ergänzende angemessene Lernförderung wird nur berücksichtigt, soweit sie geeignet und zusätzlich erforderlich ist, um die nach den schulrechtlichen Bestimmungen festgelegten wesentlichen Lernziele zu erreichen. Im Ergebnis geht es um versetzungsgefährdete Schüler. Problematisch ist insbesondere, wie das Jobcenter feststellen soll, dass die schulrechtlich festgelegten Lehrziele nicht erreicht werden. Sofern nicht z. B. ein Zwischenzeugnis die Versetzungsgefährdung explizit ausweist, ist eine solche Einschätzung wohl nur dem Lehrer möglich. Der hat aber unter Umständen durch unzureichenden Unterricht die Ursache gesetzt und kommt möglicherweise auch noch als Nachhilfelehrer in Betracht. Diese Interessenkollision wird dadurch verschärft, dass eine Mitwirkungspflicht der Lehrer wohl landesrechtlich erst festgeschrieben werden müsste. Allerdings haben bereits mehrere Kultusressorts die Bereitschaft zur Mitwirkung signalisiert. Schulmittagessen (Abs. 6) Bei Teilnahme an einer gemeinschaftlichen Mittagsverpflegung werden die entstehenden Mehraufwendungen für Schüler und für Kinder in einer Kindertageseinrichtung bzw. in Kindertagespflege berücksichtigt. Da die Mittagsverpflegung auch schon im Regelsatz berück-

4 sichtigt ist, ist es folgerichtig, dass das Gesetz für die ersparten häuslichen Verbrauchsausgaben einen Eigenanteil in Höhe von 1 veranschlagt. Für Schüler war eine Berücksichtigung des Mittagessens zunächst nur vorgesehen, wenn es in schulischer Verantwortung erbracht wird. Sofern der Schüler das Mittagessen in einem Hort einnimmt, wäre dies ausgeschlossen, da der Hort nicht in schulischer Verantwortung steht, sondern eine Jugendhilfeeinrichtung nach dem SGB VIII ist. Dem ist im Vermittlungsverfahren Rechnung getragen worden, allerdings nur für drei Jahre. In der Übergangsregelung ( 77 Abs. 11 letzter Satz SGB II) wird bestimmt, dass in den Jahren 2011 bis 2013 für Schüler auch Aufwendungen für das Mittagessen im Hort berücksichtigt werden. Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben (Abs. 7) Für die Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben wird ein Bedarf in Höhe von monatlich insgesamt 10 für Mitgliedsbeiträge in den Bereichen Sport, Spiel, Kultur und Geselligkeit, für Unterricht in künstlerischen Fächern (z. B. Musikunterricht) und vergleichbare angeleitete Aktivitäten der kulturellen Bildung und für die Teilnahme an Freizeiten berücksichtigt. Dabei geht es um die Teilhabe an vorhandenen Angeboten, nicht um die Schaffung neuer Angebote. Das bedürftige Kind soll wie alle anderen Kinder die Angebote wahrnehmen können, die vor Ort vorhanden sind. Zwar ist im Laufe des Vermittlungsverfahrens das Umsetzungsverfahren deutlich vereinfacht worden. Die zunächst vorgesehene verbindliche Vorgabe von Vereinbarungen mit dem Leistungsanbieter sowie die zwingende Geeignetheitsprüfung von Anbietern sind entfallen. Dies ist eine Erleichterung für die Praxis. Allerdings wird der monatliche Betrag von maximal 10 als Sachleistung gewährt, also über Gutscheine oder Direktüberweisung an den Verein etc. erbracht. Dies ist ein nicht unerheblicher Verwaltungsaufwand, der in ein angemessenes Verhältnis zu der zu erbringenden Leistung gestellt werden muss. C. Kommunale Zuständigkeit Ursprünglich war vorgesehen, dass das Bildungs- und Teilhabepaket in die Zuständigkeit der Bundesagentur für Arbeit übertragen wird. Im Vermittlungsverfahren wurde das Bildungs- und Teilhabepaket entsprechend einer Forderung des DLT den Landkreisen und kreisfreien Städten als kommunalen Trägern in den Jobcentern übertragen. Entgegen der mancherorts noch immer anzutreffenden Vorstellung, die Kommunen, also neben den Landkreisen und kreisfreien Städten auch die kreisangehörigen Städte und Gemeinden, seien nun verantwortlich, geht es (nur) um die kommunale Aufgabenwahrnehmung im Jobcenter. Die Aufgabenübertragung auf die Landkreise und kreisfreien Städte durch den Bundesgesetzgeber ist für den Bereich des SGB II rechtlich möglich. Art. 91e GG, der für die Jobcenter-Reform eingefügt worden ist, lässt für das SGB II eine Aufgabenübertragung auf die kommunalen Träger zu. Die kommunale Zuständigkeit führt zu einer Angelegenheit des eigenen Wirkungskreises, es sei denn die Aufgabe wird durch Landesgesetz zum übertragenen Wirkungskreis erklärt. Den kommunalen Trägern obliegt es zu entscheiden, in welcher Form die einzelnen Leis-

5 tungen erbracht werden und ob sie im Rahmen ihrer kommunalen Zuständigkeit nach den örtlichen Gegebenheiten und Erfordernissen Handreichungen, Richtlinien etc. für das Jobcenter erlassen. Die Möglichkeit, kreisangehörige Gemeinden zur Durchführung heranzuziehen, besteht sowohl im SGB II als auch im SGB XII fort. Verschiedene Länder wollen eine Zielvereinbarung zwischen Land und Landkreis zum Bildungs- und Teilhabepaket abschließen. Dies ist im SGB II nicht vorgesehen, kann aber in den Landesausführungsgesetzes vorgegeben werden. Eine Übertragung der Aufgabenwahrnehmung nach 44b SGB II vom Jobcenter auf den Landkreis ist rechtlich möglich. Es können die gesamten Bedarfe für Bildung und Teilhabe oder nur einzelne Bedarfe rückübertragen werden. Geklärt werden muss, ob der Landkreis dann in eigenem Namen oder im Namen des Jobcenter handelt. Für Kinder, die Leistungen nach dem Bundeskindergeldgesetz (Kinderzuschlag), dem Wohngeldgesetz, dem SGB XII oder die Analog-Leistungen nach 2 Abs. 1 AsylbLG beziehen, ist das Bildungs- und Teilhabepaket gleichfalls bundesrechtlich verankert worden. Da es sich um eine neue Aufgabe handelt, ist ein Aufgabendurchgriff des Bundes auf die Kommunen anders als im SGB II spätestens seit der Föderalismusreform I nicht mehr möglich. Hier bedarf es zügig der Aufgabenübertragung durch die Länder. Sofern Mehrkosten entstehen, kommen die landesrechtlichen Konnexitätsregelungen zum Tragen. D. Finanzierung Im Vermittlungsverfahren wurde der volle Kostenausgleich für das Bildungspaket im SGB II sowie für Kinderzuschlags- und Wohngeldkinder durch den Bund verabredet. Dies ist verfassungsrechtlich sauber über eine zusätzliche gesonderte Quote bei der Bundesbeteiligung an den Kosten für Unterkunft und Heizung erfolgt. Das Revisionsverfahren bezieht bereits die Ist-Ausgaben für die Bedarfe für Bildung und Teilhabe nach dem SGB II sowie für die Kinderzuschlags- und Wohngeldkinder im Jahr 2012 ein. Diese sind Grundlage für die Neuberechnung der Quote im Jahr 2013 und werden zugleich nachträglich ausgeglichen. Nur für das Jahr 2011 bleibt es bei der im Gesetz vorgesehenen Quote von 5,4 %. Für das Jahr 2011 empfiehlt sich, diese Quote nach der Anzahl der Kinder in SGB II- Bedarfsgemeinschaften landesintern zu verteilen. Ab 2012 sollte die Verteilung der Quote für das Bildungspaket nach den Ausgaben der einzelnen kommunalen Träger für das Bildungspaket in jedem Land erfolgen. Damit wird im Ergebnis ein kommunal-individueller Ausgleich der Ausgaben für das Bildungspaket erreicht. Bund und Länder müssen sich zügig auf länderspezifische Quoten verständigen, wenn die Ausgaben für das Bildungspaket sich nicht proportional zu den Ausgaben für Unterkunft und Heizung entwickeln. Insgesamt kommt der sorgfältigen statistischen Erfassung der Ausgaben besondere Bedeutung zu. Die Länder stehen in der Verantwortung, die Gesamtausgaben bis zum 31.3. des Folgejahres zu ermitteln und dem BMAS mitzuteilen, 46 Abs. 8 SGB II.

6 Prüfbefugnisse des Bundes bestehen nicht. Die Länder gewährleisten, dass geprüft wird, dass die Ausgaben der kommunalen Träger begründet und belegt sind und den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit entsprechen, 46 Abs. 8 SGB II. Für die Ausgaben der Landkreise für das Bildungs- und Teilhabepaket nach dem SGB XII stehen die Länder in der Pflicht, einen Mehrbelastungsausgleich zu schaffen (neue Aufgabe). Gleiches gilt im Falle der Aufgabenübertragung für die Kindergeld- und Wohngeldkinder, wobei hier die Besonderheit besteht, dass die Leistungsausgaben bereits vollständig vom Bund ausgeglichen werden, 46 Abs. 7 SGB II. Allerdings besteht der Anspruch gegen das Land in der Regel kommunal-individuell, so dass jeder einzelne Landkreis bei wirtschaftlicher Aufgabenerfüllung in den Stand gesetzt werden muss, einen Vollkostenausgleich zu erzielen. E. Fazit Das Bildungs- und Teilhabepaket enthält eine Reihe neuer Leistungen für bedürftige Kinder. Es ist zu begrüßen, dass das Bildungs- und Teilhabepaket den Landkreisen und kreisfreien Städten als Angelegenheit des eigenen Wirkungskreises bei vollständigem Kostenausgleich durch den Bund übertragen worden ist. Zugleich ist das Verwaltungsverfahren deutlich vereinfacht worden. Es obliegt nun dem einzelnen kommunalen Träger zu bestimmen, wie und in welcher Form die Leistungen nach den gesetzlichen Vorgaben erbracht werden. Problematisch für die Praxis ist, dass kaum Vorbereitungszeit zur Verfügung steht. Das Gesetz ist sogar rückwirkend zum 1.1.2011 in Kraft getreten. Der Gesetzgeber hat sich nur insoweit auf eine Übergangsregelung verstanden, als für den Zeitraum von Januar bis März für bestimmte entstandene Mehraufwendungen der leistungsberechtigten Kinder ein pauschaler, gesetzlich festgelegter Geldbetrag zu zahlen ist. Die kommunalen Träger setzen aber alles daran, den Kindern schnellstmöglich die passgenaue und unkomplizierte Teilhabe an den Angeboten vor Ort zu ermöglichen. Berlin, April 2011 Dr. Irene Vorholz, Beigeordnete des Deutschen Landkreistages