AG BGB Schuldrecht BT III (Darlehen, Auftrag/Geschäftsbesorgungsvertrag) Frage 1: Welche Darlehensarten wurden mit der Modernisierung des Darlehensrechts getrennt und wo sind sie jeweils geregelt? Frage 2: Wo liegt der wesentliche Unterschied zwischen Auftrag und Geschäftsbesorgungsvertrag? Fall 1: Der Architekt A gab am 23.09.2002 - auf Grund einer Werbung mit hohen Renditeversprechen - gegenüber der C ein notariell beurkundetes Angebot ab. Das Angebot enthielt u.a. auf mehreren Seiten die unwiderrufliche Vollmacht, für A eine noch zu errichtende Eigentumswohnung (Studentenapartment) zu erwerben und alle mit dem Erwerbsvorgang zusammenhängenden Verträge zu schließen. Die C sollte namentlich die erforderlichen Finanzierungsdarlehen bis zur Höhe des kalkulierten Gesamtaufwandes von 134.020,- EUR zuzüglich etwaiger Zinsen und Nebenleistungen aufnehmen. Detaillierte Angaben über Inhalt und Modalitäten der abzuschließenden Verträge wurden nicht gemacht. C nahm das Angebot an und erwarb im Namen des A die noch nicht fertiggestellte Eigentumswohnung. Im Dezember 2002 schloss die C mit der Bank B einen formgerechten Darlehensvertrag über die notwendige Summe mit einem effektiven Jahreszins von 12 Prozent, der durch eine Kapitallebensversicherung zu tilgen und durch eine Grundschuld gesichert war. Das Kapital wurde später für den Erwerb der Wohnung eingesetzt. Nachdem die wirtschaftlichen Erwartungen des A sich nicht erfüllten und er erfolglos gegen die C vorgegangen war, verlangt er gerichtlich die Feststellung, dass er der B Darlehenszinsen nur in Höhe des gesetzlichen Zinssatzes von 4 Prozent schulde. Beurteilen Sie die materiellen Erfolgsaussichten der Klage! Fall 2: K kauft bei V einen Fernseher für 15.000,- EUR. Da K das Geld nicht vollständig bezahlen kann, bittet er V um Ratenzahlung. V mein, dies sei leider nicht möglich. Er arbeite jedoch eng mit der B-Bank zusammen, die ihm einen Kredit in Höhe von 15.000,- EUR gewähren könne. K ist erfreut und verfährt entsprechend V s Vorschlag. Die B-Bank gibt ihm einen Kredit und zahlt 15.000,- EUR direkt an V. V liefert den Fernseher, der jedoch nicht funktioniert. Nach zwei Nachbesserungsversuchen tritt K vom Kaufvertrag zurück. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte er an die B-Bank noch keine Raten gezahlt. Als die B-Bank ihn zur Zahlung der ersten Rate auffordert, weigert sich K mit der Begründung, er brauche jetzt keinen Kredit mehr, da er den Fernseher zurückgegeben habe. Verlangt die B-Bank zu Recht die erste Rate? AG BGB SchuldR BT III 17. April 2003 Seite 1 von 6
Fall 3: A, B, C, D und E haben sich an einem Freitag zu einem Lottospiel einmalig zusammengeschlossen. Dabei wurde vereinbart, dass A von jedem Teilnehmer 5,- EUR einziehen und den so erlangten Betrag von 25,- EUR auf bestimmte Zahlenkombinationen setzen sollte. A ändert versehentlich abredewidrig bei einem Feld eine Zahl. Gerade hinsichtlich diesen Feldes sind die Zahlen gezogen worden, die ursprünglich vereinbart waren. Auf die verabredeten Zahlen wäre ein Gewinn von 5.000,- EUR entfallen. B, C, D und E verlangen jeweils Ersatz für den ihnen entgangen Anteil. Fall 5: Die G-Bank schloss mit S im Februar 2002 einen Ratenkreditvertrag über 110.000,- EUR. Mit dem Kredit wollte S, der bei der Kreditaufnahme noch als Lkw-Fahrer bei einem Fuhrunternehmen angestellt war, einen Sattelzug für ein von ihm noch zu gründendes Fuhrunternehmen kaufen. Das Darlehen sollte monatlich in fest bestimmten Raten jeweils am ersten eines Monats zurückbezahlt werden. Der Kreditvertrag enthält keine Angaben zur Höhe des Nettokredites, zum Zinssatz und zu den sonstigen Kosten. B, der Vater des S, ein pensionierter Beamter, übernahm fernmündlich im Wege des Schuldbeitritts die gesamtschuldnerische Haftung. Der Betrag i.h.v. 110.000,- EUR wurde auf Weisung des S unmittelbar an den Verkäufer des Sattelzuges ausgezahlt. S gründet sein Unternehmen. Aufgrund der wirtschaftlich schlechten Lage, kann S die Raten von November, Dezember 2002 sowie Januar 2003 nicht zahlen. Daraufhin kündigt G den Kreditvertrag am 31. Januar fristlos. Die G verlangt von S und B als Gesamtschuldner die Rückzahlung der gesamten Darlehenssumme, abzüglich der bereits geleisteten Zahlungen. S und B weigern sich. S erklärt, er brauche jetzt nur die ausstehenden Raten bezahlen. B verweigert die Zahlung, weil der Schuldbeitritt formnichtig sei. Kann die G Zahlung von S und B verlangen? Fall 6: Der reiche Rennfahrer Edgar Blitz (E) fährt mit seinem 5-jährigen Sohn Benni (B) im Familienferrari einkaufen. Die beiden betreten einen Herrenausstatter, dessen Inhaberin Gieslinde (G) ist. E möchte sich ohne ernsthafte Kaufabsicht ein wenig umsehen. Während er sich gerade einen Anzug des Stardesigners Doop anschaut, sitzt B mit seinem Modellauto, einem originalgetreuen Nachbau des legendären Ferrari 250 GTO im Wert von 10.000, in einer Ecke, um ein wenig zu verschnaufen. Plötzlich fällt ein 2 Meter hoher Kleiderständer direkt neben B um und zerstört das Auto. B bleibt glücklicherweise unversehrt. Zu dem Zwischenfall kam es, weil die Anzüge an dem Kleiderständer alle auf einer Seite hingen. Die Angestellte Karoline (K) hatte dies zwar schon vor einer Weile bemerkt und sie hatte auch den B gesehen, jedoch war Sie gerade in ein Gespräch mit dem ebenfalls bei G angestellten Fritz vertieft, dass Sie noch eben zu Ende führen wollte. Stehen E oder B bezüglich des Autos Schadensersatzansprüche gegen G zu? AG BGB SchuldR BT III 17. April 2003 Seite 2 von 6
Lösungen Zu Frage 1: Mit der Modernisierung des Darlehensrechts fand zugleich eine räumliche Trennung des tatsächlichen Regelfalls (verzinstes Gelddarlehen) vom rechtlich eher selten problematischen Fall des Sachdarlehens statt. Der Darlehensvertrag ist künftig in den 488 ff. BGB zunächst allgemein geregelt, die spezielleren Vorschriften des Verbraucherkreditgesetzes wurden in das BGB integriert und folgen ab 491 BGB - mit verändertem Aufbau und Terminologie. Das Sachdarlehen findet sich an gewohnter Stelle ( 607-609 BGB). Inhaltlich hat sich wenig Grundsätzliches geändert. Zu Frage 2: Entgeltlichkeit des Geschäftsbesorgungsvertrages entgegen Auftrag! Zu Fall 1: A könnte die Feststellung verlangen, dass er nur 4 Prozent Zinsen schulde, wenn sich dieser Zinssatz aus Gesetz oder aus Vertrag ergibt. Fraglich ist somit, was die Parteien ve r- einbart haben. Es könnte ein wirksamer Darlehensvertrag 488 BGB zu Stande gekommen sein, dessen Inhalt genauer zu prüfen ist. 1. Zustandekommen des Darlehensvertrages Darlehensverträge kommen nach den allgemeinen Grundsätzen, durch zwei empfangsbedürftige, mit Bezug aufeinander abgegebene Willenserklärungen, zu Stande ( 145 ff. BGB). Da A selbst nicht gegenüber B tätig geworden ist, könnte und müsste C als sein Stellvertreter gehandelt haben. Fraglich ist, ob die Voraussetzungen einer wirksamen Stellvertretung vorliegen. Dafür müsste C eine eigene Willenserklärung im Namen des A abgegeben haben, welche von Vertretungsmacht gedeckt ist. Die eigene Willenserklärung des C ergibt sich insbesondere aus den von ihm ausgehandelten Konditionen. Da C laut Sachverhalt im Namen des A auftritt, ist auch dem Offenkundigkeitsgrundsatz Genüge getan. Es ist somit ein Darlehensvertrag zwischen A und B über 134.020,- EUR und 12 Prozent effektiven Jahreszins zu Stande gekommen, wobei C als Stellvertreter des A tätig war. 2. Wirksamkeit des Darlehensvertrages Fraglich ist, ob C mit Vertretungsmacht für A gehandelt hat und damit, ob dieser Vertrag wirksam ist. a) Die von A erteilte Vollmacht könnte gem. 494, 492 BGB wegen Formunwirksamkeit nichtig sein. In Betracht kommt vorliegend insbesondere die in der Vollmacht fe h- lende Angabe des effektiven Jahreszinses ( 492 I S. 5 Nr. 4 BGB), die bei Anwendbarkeit der Vorschriften über Verbraucherdarlehen zur Nichtigkeit führen könnte. aa) Nach 491 BGB finden die Vorschriften grundsätzlich Anwendung auf Kreditverträge zwischen Unternehmern und Verbrauchern. Im konkreten Fall ist B der Kreditgeber und A Verbraucher i.s. des 13 BGB. AG BGB SchuldR BT III 17. April 2003 Seite 3 von 6
bb) Es könnte hier aber eine Ausnahme vorliegen und die Formvorschriften könnten schon deshalb nicht anwendbar sein, weil die Vollmacht notariell beurkundet wurde. b) Gem. 494 I BGB ist auch die vom Verbraucher zum Abschluss eines Verbraucherdarlehensvertrages erteilte Vollmacht nichtig, wenn die Schriftform insgesamt oder hinsichtlich der in 492 I 5 Nr. 1 bis 6 BGB genannten Angaben nicht eingehalten wurde. Tatsächlich enthält die Vollmacht die erforderlichen Angaben (u.a. zum effektiven Jahreszins) nicht, weshalb der Darlehensvertrag an sich gem. 494 I BGB nichtig wäre. c) Dennoch könnte der Vertrag gem. 494 II 1 BGB gültig werden, wenn das Darlehen vom Darlehensnehmer empfangen oder in Anspruch genommen wurde. Da das Darlehen nach dem Sachverhalt zum Erwerb der Wohnung genutzt wurde, ist somit der Vertrag wirksam. Allerdings reduziert sich nach 494 II 2 BGB der vertraglich festgelegte Zinssatz auf den gesetzlichen Zinssatz. Dieser beträgt gem. 246 BGB vier Prozent. Somit schuldet A der V nur vier Prozent Zinsen. 3. Ergebnis Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die Gesetzesänderung die Lösung dieses Falles insofern deutlich vereinfacht, als nur noch ordentliche Gesetzesanwendung erforderlich ist und keine besondere Kenntnis der Literatur bzw. Rechtsprechung. Fragwürdig ist alle r- dings die konkrete Änderung der Rechtslage, durch welche Verbraucherschutz über eine dogmatisch konsequente Lösung gestellt wird. Die vertretbare Entscheidung des Gesetzgebers sollte man jedenfalls in der Falllösung akzeptieren. Zu Fall 2: Anspruch aus 488 I S. 2 BGB I. wirksamer Darlehensvertrag gem. 488 I S. 1 1. Vertrag 2. Wirksam 3. Darlehen zur Verfügung gestellt II. Erloschen wegen Rücktritt gem. 323 I? Mangel nur an der Kaufsache. Dieser kann also auch nur dem Verkäufer entgegen gehalten werden, nicht aber der Bank. -> Kein Rücktritt III. Leistungsverweigerungsrecht aus 359 S. 1 1. persönlicher Anwendungsbereich -> Verbraucher gem. 13 BGB (+) 2. Einwendung aus verbundenem Vertrag a) verbundenes Geschäft gem. 358 III BGB b) Einwendung aus KV (Fernseher) Rücktrittsrecht gem. 437 Nr. 2 Alt. 1, 440, 323 I BGB aa) KV bb) Mangel cc) Frist zur Nacherfüllung (-) dd) Entbehrlich gem. 440 S. 1 Fall 1 wg. 2. Nacherfüllungsversuch AG BGB SchuldR BT III 17. April 2003 Seite 4 von 6
ee) Rücktrittserklärung 349 BGB ff) Kein Ausschluss gem. 323 V S. 2 3. Einwendung liegt vor, damit Leistungsverweigerungsrecht gem. 359 4. Ausnahme: 359 S. 2 BGB (-) IV. Ergebnis: B-Bank hat kein Recht auf Rate Zu Fall 3: A. 823 I (-) Das Vermögen als solches ist nicht umfasst. B. 826 BGB Kein Vorsatz C. Anspruch aus 280, 662, 665 BGB I. Vertrag? - Auftrag gem. 662 BGB - Rechtsbindungswille des A? - Rechtsbindungswille wurde nach der Rechtsprechung dann angenommen, wenn der Auftraggeber annehmen konnte und durfte, dass der Beauftragte nach dem Inhalt seiner Erklärung eine Rechtspflicht zur sorgfältigen Ausführung der ihm anvertrauten Tätigkeit übernimmt und zusätzlich ein Eigeninteresse oder besondere berufliche Kenntnisse vorhanden sind. Insbesondere kommt es darauf an, ob das SE-Risiko dem Beauftragten zumutbar ist. -> Eigeninteresse (+) -> zumutbares SE-Risiko? wohl (-) Zu Fall 5: A. G S I. Wirksamer Darlehensvertrag gem. 488 S. 2 1. Vertragsschluss 2. Form: Hier evtl. 491 ff. BGB? a) Verbraucherdarlehensvertrag, 491 I BGB? aa) Entgeltlicher Darlehensvertrag bb) G als Unternehmer 14 BGB cc) S als Verbraucher 13 BGB -> also Verbraucherdarlehensvertrag b) aber 491-506 BGB nicht anwendbar gem. 507, weil S als Existenzgründer (über 50.000,- EUR) II. Darlehen zur Verfügung gestellt III. Fälligkeit des Rückzahlungsanspruches Außerordentliches Kündigungsrecht nach 490 I BGB 1. Wesentliche Verschlechterung der wirtschaftlichen Verhältnisse des S AG BGB SchuldR BT III 17. April 2003 Seite 5 von 6
2. Keine hinreichende Sicherheit durch Schuldbeitritt des B 3. keine Ausnahmesituation IV. Rechtsfolge: sofortige Rückzahlung B. G gegen B Wirksamer Schuldbeitritt I. Vertragsschluss (+) II. Form? Evtl. Verbraucherschutzvorschriften anwendbar? Dann Nichtigkeit nach 492, 494 BGB! 1. Vorschriften des Verbraucherdarlehensvertrages sind auf Schuldbeitritt entsprechend anwendbar, dabei ist auf die Person des Beitretenden abzustellen a) B als Verbraucher gem. 13 b) G als Unternehmer gem. 14 c) sachlicher Anwendungsbereich der 491 ff. BGB eröffnet, da für B kein Existenzgründerdarlehen -> Also 492, 494 BGB (analog) anwendbar 2. Formnichtigkeit des Schuldbeitritts gem. 494 I BGB? a) Schriftform nicht eingehalten b) Heilung gem. 494 II BGB? (-) in Bezug auf B III. Ergebnis: Kein Anspruch G - B Zum Fall 6 Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter Siehe Extrablatt! AG BGB SchuldR BT III 17. April 2003 Seite 6 von 6