Wertermittlung von Hofstellen aus Sicht des Sachverständigen (im Innenbereich) 41. Gemeinsame Arbeitstagung für Landw. Buchstellen und Sachverständige Alsfeld Eudorf, 10.10.2017 M. Sc. Justus Beier ö.b.v. landwirtschaftlicher Sachverständiger Hof Meindroth 36167 Nüsttal - Hofaschenbach Tel.: 06684 340 e-mail: justus_beier@web.de
2 Gliederung: 1. Einführung / Zielsetzung 2. Beispielgutachten 2.1 Zonierung u. Abgrenzung 2.2 Vergleichspreise 2.3 Bodenbewertung 2.4 Gebäudebewertung 2.5 Denkmalschutz 2.6 Verkehrswertermittlung I 2.7 Marktanpassung 2.8 Besondere objektspezifische Grundstücksmerkmale 2.9 Verkehrswertermittlung II 3. Fazit
3 1. Einführung / Zielsetzung Die Anzahl der landwirtschaftlich nicht mehr nutzbaren Hofstellen nimmt stark zu Möglichst einheitliche Vorgehensweise bei der Erstellung von Verkehrswertgutachten für Hofstellen, insbesondere zur steuerlichen Betriebsaufgabe
4 2. Beispielgutachten Bewertungsanlass Verkehrswertermittlung des landwirtschaftlichen Teils der Hofstelle, als Grundlage zur Überführung des Betriebes in das Privatvermögen Gegenstand der Wertermittlung Grund und Boden des landwirtschaftlich genutzten Bereiches der Hofstelle, einschließlich der aufstehenden landwirtschaftlichen Gebäude
5 2. Beispielgutachten
6 2.1 Zonierung und Abgrenzung Probleme: Wo endet der private Bereich der Hofstelle? Stellfläche für PKWs privat?
7 2.1 Zonierung und Abgrenzung Probleme: Wie sind die Hofflächen zuzuordnen: - 50 % privat / 50 % betrieblich?
8 2.2 Vergleichspreise Probleme: Nur sehr selten Vergleichspreise für landwirtschaftliche Hofstellen Bei vorliegenden Vergleichspreisen ist die tatsächliche Vergleichbarkeit meist nicht gegeben; Zu wenig Informationen zum Vergleichsobjekt Die zu bewertenden Grundstücke sind oft viel größer als die vergleichbaren Bodenrichtwertgrundstücke Keine Umrechnungsfaktoren vorhanden
9 2.3 Bodenbewertung Bodenpreissituation Vergleichspreise: Nach Auskunft des Gutachterausschusses der Stadt Fulda liegen aktuell keine geeigneten Vergleichspreise zu verkauften Hofstellen in der Nähe des zu bewertenden Objektes vor. Bodenrichtwert: Der Gutachterausschuss der Stadt Fulda hat zum Bewertungsstichtag für XY folgende generalisierte Bodenwerte in BORIS Hessen, auf der Homepage der Stadt Fulda sowie im Immobilienmarktbericht 2015 veröffentlicht. Die Werte für Bauland beziehen sich auf einen erschließungsbeitragsfreien Zustand. BORIS-Hessen / Digitaler Stadtplan der Stadt Fulda: Wohnbaufläche (W-0,2): Alter Dorfkern (W-0,2): Landwirtschaftliche Flächen: 65-95 /m² 65 /m² 1,70 /m² Immobilienmarktbericht 2015: Wohnbauflächen Stadtteile West: Mischnutzung Stadtteile West: Gewerbliche Nutzung: 55-100 /m² 55 /m² 30 /m²
10 2.3 Bodenbewertung Die Grundstücke sind aufgrund der denkmalgeschützten Bebauung als Einheit zu betrachten Aufgrund von Lage, Größe, Verkehrsanbindung und Zuschnitt des Grundstücks hält der Unterzeichner folgenden Bodenwert für gerechtfertigt: Fläche: Gesamt 2.146 m² davon privat genutzt ca. 714 m² (private Fläche + 50 % der Hoffläche) davon landwirtschaftlich genutzt ca. 1.432 m² Bodenwert: 52 /m² Begründung: - Grundstück ist aufgrund der denkmalgeschützten Bebauung als Einheit zu sehen - Lage im alten Kernbereich des Ortes => Orientierung an Richtpreisen der Stadt Fulda für den Dorfkern (65 /m²) - Übergröße im Vergleich zum zonentypischen Grundstück und zusätzlich Eckgrundstück => ein Abschlag von 20 % ist zu berücksichtigen -> es ergibt sich ein Bodenwert von 52 /m² Der Gesamtbodenwert der Flurstücke errechnet sich somit wie folgt: Landw. Teil d. Hofstelle (1.432 m²): 1.432 m² x 52 /m² = 74.464 (Im Bodenwert der bebauten Grundstücke sind die Erschließungskosten enthalten)
11 2.4 Gebäudebewertung Probleme bei der Wahl des Bewertungsverfahrens: Vergleichswertverfahren? Scheidet meist aus wegen fehlender Vergleichbarkeit Sachwert oder Ertragswert? Vermietete/Verpachtete Objekte nach Ertragswert Eigengenutzte Objekte nach Sachwert Liquidationswertverfahren? (zumindest in Teilbereichen) Baufällig Nicht mehr wirtschaftlich nutzbar Denkmalschutz Wie können bestehende Denkmalschutzauflagen in der Bewertung berücksichtigt werden? uvm.
12 2.4.1 Gebäudebewertung: Scheune
13 2.4.1 Gebäudebewertung: Scheune Vorläufiger Sachwert Objektname: Scheune Baujahr: tatsächlich 1668 Standartstufe 3 fiktiv 1991 Besitzer: Nutzung: Lager/Leerstand Bewertungsstichtag: 01.12.2016 Nutzungsdauer: 40 Restnutzungsdauer: 15 Grundfläche (BGF) in m²: 384,00 Länge (m): 24,00 Korrekturfaktor BGF: (Ausführung Bodenbefestigung) 0,8 Breite (m): 16,00 Baukostenindex zum Jahr 2010: 100 Höhe(m) (Trauf): Baukostenindex zum Wertermittungsstichtag: 114,10 Quelle: Stat. Bundesamt 10.16 für gewerbliche Betriebsgebäude Gebäudesachwertverfahren landw. Mehrzweckhalle Normalherstellungskosten NHK Basisjahr 2010: 230,0 /m² nach 18.5.1 NHK BGF/Index korrigiert: 209,9 /m² NHK Wertermittlungsstichtag = 80.618,50 + Baunebenkosten (in NHK enthalten!) 0 % = - Summe = 80.618,50 - Alterswertminderung 62,50 % = 50.386,56 = = = Sachwert: = 30.231,94
14 2.4.1 Gebäudebewertung: Scheune Vorläufiger Ertragswert Gebäudeertragswertverfahren Restnutzungsdauer (Jahre): 15 vermietbare Fläche (m²): 325,00 Liegensschaftszinssatz (%): 5 Monatsmiete/m² ( /m²): 1,5 Bodenpreis ( /m²): 52 Grundstücksfläche (m²): 500 Jahresmiete: = 5.850,00 - Bew.Kosten/Ausfallwagnis 30% = 1.755,00 Jahresnettomiete: = 4.095,00 - Verzinsung Bodenwert 5% = 1.300,00 Gebäudereinertrag: = 2.795,00 Vervielfältiger auf Restnutzungsdauer: 10,3797 = 29.011,26 = = Ertragswert: = 29.011,26
15 2.4.2 Gebäudebewertung: ehem. Stallgebäude Gebäude landwirtschaftlich nicht mehr nutzbar - EG in Sandsteinmauerwerk mit nur einer Zugangstür, nicht durchfahrbar
16 2.4.2 Gebäudebewertung: ehem. Stallgebäude Gebäude landwirtschaftlich nicht mehr nutzbar - Mauerwerk mit ammoniakbedingten Schäden durch Tierhaltung - OG seit 1970 Leerstand - Lehmdecken teilweise eingefallen - Lehmputz und Tapeten mit Schimmelbefall - Diverse Schäden an Dacheindeckung mit Feuchtigkeitseintritt -> Vermietung als Lager (EG) oder Wohnfläche (OG) nicht mehr möglich Gebäude in keinster Weise mehr wirtschaftlich nutzbar Ohne vorhandene Denkmalschutzauflagen wäre der Abriss die einzig wirtschaftliche Konsequenz
17 2.4.2 Gebäudebewertung: ehem. Stallgebäude 6 Abs. 6 ImmoWertV: Die Restnutzungsdauer ist die Zahl der Jahre, in denen die baulichen Anlagen bei ordnungsgemäßer Bewirtschaftung voraussichtlich noch wirtschaftlich genutzt werden können -> d.h., es muss eine ordnungsgemäße Bewirtschaftung und eine voraussichtliche Wirtschaftlichkeit gegeben sein Voraussetzung im vorliegenden Fall nicht gegeben, also Restnutzungsdauer : NULL
18 2.4.2 Gebäudebewertung: ehem. Stallgebäude 16 Abs. 3 ImmoWertV: Das Liquidationswertverfahren kommt zur Anwendung wenn: - Die baulichen Anlagen nicht mehr nutzbar sind - Der nicht abgezinste Bodenwert ohne Berücksichtigung der Freilegungskosten den im Ertragswertverfahren gem. 17 bis 20 ImmowertV ermittelten Ertragswert erreicht oder übersteigt -> trifft im vorliegenden Fall beides zu ABER: Liquidation Aufgrund des Denkmalschutzes nicht möglich => Abbruch- und Entsorgungskosten können somit nicht vom Bodenpreis abgezogen werden
19 2.5 Denkmalschutz Fiktive finanzielle Nachteile durch den Denkmalschutz: Für eine Kernsanierung entstehen nach eigenen Recherchen Kosten in Höhe von: - ca. 1.600 /m² Bruttogrundfläche im EG - ca. 1.300 /m² Bruttogrundfläche im OG ( Quelle: Baukosteninformationszentrum, Stand 2. Quartal 2016 für Bauwerk und Technische Anlage)
20 2.5 Denkmalschutz Berechnung der Sanierungskosten nach BKI: (1.600 /m² BGF + 1.300 /m² BGF) / 2 = 1.450 /m² BGF 19,30 m x 10,00 m x 2 Geschosse = 386 m² BGF 1.450 /m² BGF x 386 m² BGF = 559.700 559.700-25 % Fördermittel = 419.775 Berechnung von Neubaukosten nach NHK 2010: (für freistehende Einfamilienhäuser nach 1.32, Standartstufe 4) Freilegung des Bauplatzes: ca. 1.650 m³ Massivbau x 15 /m³ = 25.000 (gerundet) Kosten für Neubau: 955 /m² BGF x 113,7% (BKI zum Stichtag) x 386 m² = 419.132 Gesamt: = 444.132
21 2.5 Denkmalschutz Ergebnis: Eine grobe Schätzung der Baukosten ergibt keine Mehrkosten durch den Denkmalschutz aufgrund der 25 % Fördermittel auf die entstehenden Baukosten Es könnten sogar die Freilegungskosten eingespart werden -> dafür sind jedoch Abstriche bei der Form, Ausstattung und Raumaufteilung des Gebäudes aufgrund der Denkmalschutzauflagen einzugestehen Sanierungskosten zusätzlich steuerlich absetzbar
22 2.6 Verkehrswertermittlung I (vorläufig) Scheune: Eigennutzung steht im Vordergrund. Eine Vermietung von Teilflächen z. B. für Fahrzeuge oder Wohnwagen wäre ebenfalls denkbar Aktuell größtenteils Leerstand / partiell Nutzung als Lagerfläche Stallgebäude: nicht mehr nutzbar, aktuell Leerstand (Zum Bewertungsstichtag, Restnutzungsdauer = Null) Durch vorhandene Denkmalschutzauflagen ist ein Abriss nicht möglich eine Umnutzung als Wohngebäude ist mit 25 % Fördermitteln mindestens kostenneutral gegenüber einem Neubau => Verkehrswert beider Gebäude: den allgemeinen Bewertungsgrundsätzen entsprechend in Anlehnung an den Sachwert zu ermitteln
23 2.6 Verkehrswertermittlung I (vorläufig) Wert der Außenanlagen Für die vorhandenen befestigten Flächen/Fahrwege hält der Unterzeichner einen Wert von 15 /m² für angemessen. => Wert der Außenanlagen: 195 m² x 15 /m² = rd. 3.000
24 2.6 Verkehrswertermittlung I (vorläufig) Addierung der Einzelwerte: Landwirtschaftlicher Teil der Hofstelle Bodenwert landwirtschaftlich genutzter Teil d. Hofstelle 74.464 Vorläufiger Sachwert Scheune 30.232 Vorläufiger Sachwert Stall 0 Wert der Außenanlagen 3.000 Summe: 107.696
25 2.7 Marktanpassung Besonders bei vorliegendem Objekt, einer landwirtschaftlichen Hofstelle, müssen ungewöhnliche Marktverhältnisse berücksichtigt werden - relativ selten am Markt gehandelt - Kreis der potenziellen Käufer sehr gering - Produktionsgebäude überaltert Weiterhin wirken aufliegende Denkmalschutzauflagen negativ auf den Verkehrswert, da ein potentieller Käufer ein Grundstück ohne solche Auflagen bevorzugen würde
26 2.7 Marktanpassung Aufgrund fehlender Sachwertfaktoren für landwirtschaftliche Gebäude in den Immobilienmarktberichten von Stadt und Landkreis Fulda, hält der Unterzeichner, wegen der Nähe zur Stadt Fulda, der Lage, Form und Größe des Gesamtgrundstücks einen Sachwertfaktor für den landwirtschaftlichen Teil der Hofstelle von 0,85 für gerechtfertigt. Landwirtschaftlicher Teil der Hofstelle, inkl. aufstehender landwirtschaftlicher Gebäude: 107.696 x 0,85 = 91.541
27 2.8 Besondere objektspezifische Grundstücksmerkmale Kosten für Sanierung der hinteren Giebelwand der Scheune mit neuer Holzdeckelschalung, inkl. Gerüstbau und Sicherungsmaßnahmen sowie dem Abriss des baufälligen Schleppdaches: ca.15.000 Kosten für Sanierungen im Inneren der Scheune: - Lehmboden durch festen Bodenbelag ersetzen - Hindernisse, wie kleine Absätze und Abtrennungen einebnen, zur bessere Ausnutzung des Raumes und ggf. Vermietung ca. 3.000
28 2.9 Verkehrswertermittlung II (endgültig) Verkehrswert nach der Marktanpassung 91.541 - Reparaturkosten Scheune 18.000 = Verkehrswert 73.541
29 3. Fazit fehlende Daten für landwirtschaftliche Hofstellen - Keine verwertbaren Liegenschaftszinssätze - Keine verwertbaren Sachwertfaktoren - Keine gesonderte Bodenrichtwerte für landwirtschaftliche Hofstellen weiter Ermessensspielraum des Sachverständigen => teilweise unterschiedliche Bewertung möglich Ausarbeitung geeigneter einheitlicher Anpassungsfaktoren?!
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