Kommunikation mit betagten Patienten - was ist zu beachten, was ist anders?

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Transkript:

Kommunikation mit betagten Patienten - was ist zu beachten, was ist anders? Friedrich W. Schmidt, Schmidt Training und Beratung, Hauptstr. 6, 58313 Herdecke Die Bevölkerungsstruktur hat sich in der Bundesrepublik in den letzten Jahrzehnten grundlegend gewandelt. Menschen werden immer älter. Die grundlegende demographische Entwicklung zeigt, dass sich diese Tendenz fortsetzen wird. Immer mehr Menschen mit immer höher werdender Lebenserwartung, bedeuten aber auch eine Veränderung in vielen Geschäftsfeldern und damit auch in Zahnarztpraxen. Mehr Geld für höherwertigeren Zahnersatz, der Wunsch, auch im höheren Alter mit schönen, funktionstüchtigen Zähnen den Alltag zu genießen, viele von Ihnen liebe Leserinnen und Leser erleben es hautnah täglich in Ihrer Praxis. Fakt ist, dass sich diese Situation auch auf die Patientenkommunikation in Ihrer Praxis auswirkt. In diesem Beitrag wird der Gedanke näher beleuchtet. Alter bezeichnet einerseits die Anzahl der gelebten Jahre, andererseits, sagt es aber auch etwas über den "alters-"bedingten Zustand der Menschen, sein biologisches Alter aus. Hier können erhebliche Abweichung sein. Deshalb gilt zunächst, dass die Kommunikation mit betagten, gesunden Patienten sich nicht anders gestaltet als mit jüngeren Personen. Es gibt nicht den "älteren Menschen" so, wie es nicht den "jüngeren Menschen" gibt. Grundsätzlich gelten deshalb zunächst die gleichen Regeln in der verbalen und der non-verbalen Kommunikation. Gute Kommunikation zeichnet sich durch eine personenzentrierte Gesprächsführung, Empathie und Wertschätzung aus.

Gut, gerade der Wertschätzung kommt bei älteren Menschen ggfs. noch eine größere Bedeutung zu. Wertschätzung hier nicht im Sinne von "ich habe Ehrfurcht vor schneeweißen Haaren", sondern unter dem Aspekt deutlich veränderter Umgangsformen und Sprachgebräuche. So kommt ein "Guten Tag" besser als "Hey", und ein "Gerne" besser als "Okay". Andererseits, körperliche Einschränkungen, Gedächtnisschwierigkeiten, Schwerhörigkeit oder Sprechstörungen beeinträchtigen die gegenseitige Verständigung und erschweren die Kommunikation mit älteren Menschen. Mimik und Gestik nehmen ab und Ausdrucksverhalten ist daher schwerer zu interpretieren. Reaktionen verlangsamen sich. Die Sprechgeschwindigkeit nimmt ab, Sprechpausen werden länger. Wörter, Satzteile werden wiederholt. Informationen langsamer verarbeitet. Häufig ändert sich im Alter auch der Kommunikationsstil der Menschen. Betagte Menschen kommen schneller ins Erzählen, beziehen sich auf die Vergangenheit, Krankheiten. Für das Praxisteam oft anstrengend, vermeintlich zeitraubend und oft unverständlich, weil Zusammenhang und Botschaft unklar sind. Die Praxis, die sich mit älteren Patienten beschäftigt, muss sich organisatorisch auf diese Gegebenheiten einstellen. Das Team sollte auf den Patienten eingehen, ihn in das Gespräch miteinbeziehen und deutlich zeigen, ich habe Geduld mit dir, sowohl im Gespräch, als auch in der Behandlung! Die Empathie des gesamten Praxisteams ist hier gefordert. Dabei ist Empathie mehr als Sympathie, nett sein, höflich sein. Empathie in diesem Zusammenhang erfordert die Perspektive zu wechseln und sich in den Patienten, sein Verhalten und Denken, hineinzuversetzen. Der sichere Umgang des Praxisteams mit betagten Menschen verlangt daher zusätzliche kommunikative Kompetenzen.

Wichtig ist dabei der Grundsatz, dass das Wissen darüber, dass der Patient alt ist, schnell stereotype Erwartungen auslösen kann und daher auch das eigene Kommunikationsverhalten verändert. Folgende, oft automatisch ablaufende Überreaktionen auf Seiten des Praxisteams, können zu Kommunikationsstörungen führen: - zu laute Ansprache ("ältere Menschen hören immer schlecht") - zu starke Vereinfachung des Vokabulars/Telegrammstil ("ältere Menschen begreifen immer schlecht") - Entmündigung durch Verwendung des Plurals, z.b.: "Jetzt machen wir mal den Mund auf." - Infantilisierung: starke "Bemutterung" ("Helfersyndrom"). Spielregeln für eine erfolgreiche Kommunikation mit älteren Menschen: In der Kommunikation hilft aber eine "leichte" Sprache. Benutzen Sie deshalb aktive Wörter. Schlecht: Gut. Am 26. wird der Zahnersatz eingegliedert. Am 26. bekommen Sie Ihren Zahnersatz. Sprechen Sie in einfachen, kurzen Sätzen. Schlecht: Wenn Sie mir sagen, was Sie wünschen, kann ich Ihnen helfen. Gut: Ich kann Ihnen helfen. Bitte sagen Sie mir: Was wünschen Sie? Sprechen Sie langsam, aber deutlich und bestimmt.

Wiederholen Sie bei Bedarf wichtige Informationen. Wiederholen Sie ab und zu das Gesprochene mit eigenen Worten, um das gegenseitige Verständnis zu fördern und Übereinstimmungen zu schaffen. Fragen Sie nach. Im Gespräch stellen Sie offene Fragen und Verständnisfragen wie: "Habe ich Sie jetzt richtig verstanden, dass..." oder "Bedeutet das Gesagte, dass..?". Damit geben Sie Ihnen und Ihrem Patienten die Sicherheit, auf dem richtigen Weg zu sein. Umschreiben Sie schwierige Situationen/Themen/Zusammenhänge. Fassen Sie häufiger Themenabschnitte zusammen. Seien Sie geduldig. Durch kleine Zwischenäußerungen wie z. B. "mhm", "Ja, das sehe ich auch so" oder "Tatsächlich?" sowie ein Kopfnicken geben Sie Ihren Eindruck vom Gespräch wieder und ermutigen den Patienten zum Weitersprechen. Zeigen Sie Verständnis. Lassen Sie Ihrem Patienten Zeit, zu reagieren. Und, zuletzt und doch so unglaublich entscheidend: Hören Sie zu!!! Konzentrieren Sie sich, auch wenn Ihr Patient abschweift. Aktives Zuhören können Sie signalisieren. Wichtigstes Hilfsmittel dabei sind Ihre Augen, die Ihrem Gesprächspartner zeigen, ob Sie wirklich konzentriert sind. Wenden Sie Ihre

Körperhaltung dezent dem Patienten zu. Halten Sie dabei einen Mindestabstand ein. Niemand mag es, wenn man ihm zu nahe kommt. Lassen Sie Ihren Patienten ausreden, unterbrechen Sie nicht und reden Sie nicht dazwischen. Eine Ausnahme sind hier so genannte Dauerredner, hier können Sie am Satzende mit einer Frage einhaken. Leiten Sie die Frage mit der namentlichen Ansprache Ihres Patienten ein. Aktive Zuhörer denken mit, werten das Gesagte in Gedanken, sammeln Informationen und bauen ihre nächste Äußerung oder Frage darauf auf. Durch Zuhören demonstrieren Sie klar Höflichkeit und Wertschätzung. In diesem Sinne, viel Erfolg!

Fachbuchveröffentlichungen: "Implantatberatung - einfach erfolgreich". (Viele Wochen auf Platz 1 der Bestsellerliste von: www.dentalbuecher.de und im Katalog: TOPSELLER) (Direktbezug bei Schmidt Training und Beratung) "Patientenberatung in der Zahnarztpraxis" Das Immer-besser-Prinzip für mehr Erfolg (Zahnärztlicher Fach-Verlag, Herne) Kontakt: Schmidt Training und Beratung Friedrich W. Schmidt Hauptstr. 6 58313 Herdecke 02330/129727 fw.schmidt@kwerdenken.com