UNIVERSITÄT DORTMUND WIRTSCHAFTS- UND SOZIALWISSENSCHAFTLICHE FAKULTÄT Prüfungsfach: Mikroökonomie (HS) Angewandte Mikroökonomie Prüfungstermin: 20.04.2005 Zugelassene Hilfsmittel: nicht programmierbarer Taschenrechner Prüfungskandidat/in (Bitte in Druckbuchstaben ausfüllen!) Name, Vorname:... Matrikel-Nr.:... Studiengang:... Bearbeiten Sie in jedem zu wertenden Teilgebiet zwei der drei Aufgaben! Gewertet werden nur die auf diesem Deckblatt angekreuzten Aufgaben. Die vorgesehene Bearbeitungszeit beträgt 30 Minuten je Aufgabe. Bei jeder Teilaufgabe ist die vorgesehene Bearbeitungszeit (= maximale Punktzahl) in Klammern angegeben. Benutzen Sie bitte keine Rotstifte. Spieltheorie II Informationsökonomie (Verhandlungstheorie) Aufgabe 1 2 3 4 5 6 Summe bitte die zu bewertenden Aufgaben ankreuzen maximal erreichbare Punktzahl erreichte Punktzahl Note 30 30 30 30 30 30 60 bzw. 120 Von der Prüfungsaufsicht auszufüllen: Unterbrechung der Prüfung: von bis Uhr von bis Uhr von bis Uhr Ende der Prüfung Uhr
Teilgebiet: Informationsökonomie Aufgabe 1) (Monopolpreis-Paradox) Betrachten Sie einen Suchmarkt für ein homogenes Gut x. Die Zahl der (identischen) Verkäufer sei m > 0 und bestimmt sich endogen über die freie Markteintrittsentscheidung neuer Unternehmen. Die Zahl der (identischen) Konsumenten sei gegeben durch n = 100 (m und n sowie x seien stetige Variablen). Jeder Konsument hat einen Reservationspreis von r = 12 und will höchstens eine Einheit des Gutes kaufen, kennt allerdings vor Betreten eines Geschäfts den zu zahlenden Preis nicht. Die Kostenfunktion der Verkäufer sei gegeben durch ( ) K x 2 = +. 4 2 x Die Verkäufer setzen den Verkaufspreis p * so, dass p * der höchste Preis ist, den ein Kunde zu zahlen bereit ist, nachdem der Kunde das Geschäft betreten hat. Suchkosten in Höhe von s = 2 entstehen den Käufern erst ab dem Aufsuchen des zweiten Geschäfts. a) Berechnen Sie den Gleichgewichtspreis p *, die zu diesem Preis abgesetzte Menge x * pro Verkäufer sowie die Anzahl der Unternehmen m * im Gleichgewicht. Erläutern Sie hierbei Ihr Vorgehen. (20 Punkte) b) Erläutern Sie, inwiefern das Ergebnis in Teilaufgabe a) paradox ist. (5 Punkte) c) Illustrieren Sie die Lösung aus Teilaufgabe a) und die Lösung, die sich bei vollständiger Information aller Konsumenten über die Verkaufspreise aller Anbieter des Gutes x ergeben würde, in einem gemeinsamen Diagramm, welches die Absatzmenge den Grenz- bzw. Durchschnittskosten der Verkäufer gegenüberstellt (eine Berechnung von p * und x * bei vollständiger Information ist nicht gefordert). Welches der beiden Gleichgewichte ist Pareto-optimal? (5 Punkte)
Aufgabe 2) (unvollständige Qualitätsinformation) Betrachten Sie einen Gebrauchtwagenmarkt, auf dem Geld M gegen Gebrauchtwagen (eines bestimmten Fabrikats) der Qualität x getauscht wird. Die Nutzenfunktion aller Marktteilnehmer sei gegeben durch k (, ) u M x = M + α x, wobei α j = 2 für Autobesitzer (= potentielle Verkäufer) k = j und α i = 3 für Nicht-Autobesitzer (= potentielle Käufer) k = i. Jeder Besitzer habe genau ein Auto, und jeder Nicht-Besitzer möchte maximal ein Auto kaufen, wobei letzteren die tatsächliche Qualität des angebotenen Gebrauchtwagens nicht bekannt ist dies ist private Information der Autobesitzer. Allen Marktteilnehmern bekannt ist lediglich, dass die Qualität x im Intervall [0, 2] liegt und stetig verteilt ist mit der Dichte 2 ( ) 2 [ 0,2] f x = x x. a) Erläutern Sie die Kauf- und Verkaufentscheidungen in der dargestellten k Situation und ermitteln Sie die von rationalen Kaufinteressenten zu erwartende Qualität eines angebotenen Gebrauchtwagens. Wollen die Nicht-Autobesitzer kaufen? (8 Punkte) b) Es bezeichne # j die Anzahl der Autobesitzer und # i die Anzahl der Nicht-Autobesitzer. Ermitteln Sie für die Fälle # j > # i, # j = # i und # j < # i den Verkaufspreis und die Menge der tatsächlich gehandelten Qualitäten im Marktgleichgewicht. (20 Punkte) c) In welchem der unter Teilaufgabe b) betrachteten Fälle liegt adverse Selektion vor? Könnte dieses Problem durch eine Variation der Parameter α j und α i bei gegebener Dichtefunktion f(x) behoben werden? (2 Punkte)
Aufgabe 3) (Screening auf dem Arbeitsmarkt) Betrachten Sie ein 2-Gruppen-Modell des Arbeitsmarktes mit den Produktivitäten x 1 = 1 (Gruppe 1) und x 2 = 3 (Gruppe 2). Arbeiter der Gruppe 1 (2) haben einen Anteil q (1 q) an der gesamten Arbeitnehmerschaft. Die Ausbildungskosten betragen c 1 (y) = y für Gruppe 1 und c 2 (y) = 3 y für Gruppe 2, wobei die stetige Variable y das Ausbildungsniveau bezeichnet. a) Bestimmen Sie das eindeutige Gleichgewicht mit Screening und erläutern w(y), c(y) Sie Ihr Vorgehen. Für welche Werte von q existiert dieses Gleichgewicht? Kennzeichnen Sie Ihre Lösung in der nachfolgenden Graphik, deren Beschriftung Sie zu diesem Zweck vervollständigen. (15 Punkte) 3 2 q geleitete Bedingung nicht erfüllen, argumentieren, dass ein Gleichgey b) Inwiefern lässt sich auch für Werte von q, die die in Aufgabenteil a) her-
wicht existiert? Kennzeichnen Sie diese Situation in obiger Graphik. Erläutern Sie kurz das hierfür notwendige Gleichgewichtskonzept. (5 Punkte) c) Für welche Werte von y existiert ein Wilson-Gleichgewicht? Wieso ist ausgehend von einem solchen Gleichgewicht ein Abschöpfen der hoch produktiven Arbeiter nicht möglich? Kennzeichnen Sie die Menge aller Wilson-Gleichgewichte in einer neuen Graphik. (10 Punkte)
Teilgebiet: Spieltheorie II Aufgabe 1) (Nash-Verhandlungslösung) Betrachten Sie eine Gewerkschaft, die mit einem Unternehmen über Lohnhöhe und Beschäftigung verhandelt. Bei einer Einigung wird ein Lohnsatz w > 0 und eine Beschäftigung L > 0 vereinbart. Arbeit sei der einzige Produktionsfaktor. Das Unternehmen möchte den Gewinn π ( wl, ), bestehend aus der Umsatzfunktion U(L) abzüglich der Lohnsumme w L, maximieren. Die zu maximierende Zielfunktion der Gewerkschaft sei hingegen repräsentiert durch (, ) ( ) v w L = w L C L, wobei C(L) die Funktion der Opportunitätskosten der Mitglieder der Gewerkschaften bezeichnet. Es gelte U ( L) > 0 und U ( L) 0 sowie C ( L) > 0 und C ( L) 0 < (d.h. U ist konkav), > (d.h. C ist konvex). Außerdem seien Verhandlungslösungen (w *, L * ) ausgeschlossen, die π ( w L ) ( L ) v w, < 0 implizieren., < 0 bzw. a) Bestimmen Sie die Menge der Pareto-effizienten Verhandlungslösungen und stellen Sie diese in einem (L, w)-diagramm graphisch dar. Achten Sie hierbei auf eine exakte Beschriftung Ihrer Graphik. Hängt die effiziente Beschäftigungsmenge vom Lohnsatz ab? (12 Punkte) b) Bestimmen Sie die verallgemeinerte Nash-Verhandlungslösung f αn (S, d), wenn der Drohpunkt für beide Verhandlungsparteien d = 0 ist und α (mit 0 < α < 1) die Verhandlungsmacht des Unternehmens angibt. Stellen Sie den ausgehandelten Lohn in Abhängigkeit von α graphisch dar und interpretieren Sie die Lösung. (18 Punkte)
Aufgabe 2) (Strategische Verhandlungsstrategien) a) Betrachten Sie das klassische Ultimatum-Spiel, in dem die Ablehnung eines Angebots sofort zur Nichteinigung führt. Skizzieren Sie das Spiel anhand eines Spielbaumes. Wie sieht die Menge der Nash- Gleichgewichte aus, wie die der teilspielperfekten Gleichgewichte? Vergleichen Sie beide Antworten. Gehen Sie von einer stetigen Verteilung der Angebotsmöglichkeiten aus! b) Betrachten Sie nun ein zweistufiges Ultimatum-Spiel! Nehmen Sie an, der zuerst vorschlagende Spieler diskontiere mit dem Faktor δ 1 und der andere mit dem Faktor δ 2, mit δ 1, δ 2 (0,1). Wie sieht hier der Spielbaum aus? Spezifizieren Sie die Strategien im teilspielperfekten Gleichgewicht und erläutern Sie, warum das einstufige und das zweistufige Ultimatum- Spiel zu unterschiedlichen Auszahlungen im Gleichgewicht führen. c) Wie wirkt sich im zweistufigen Ultimatum-Spiel eine Steigerung der Diskontfaktoren δ 1 und δ 2 auf die Gleichgewichtsstrategien und die Gleichgewichtsauszahlungen aus? Geben Sie eine Intuition für Ihre Antwort. d) Die Diskontfaktoren beruhen auf der Annahme, dass die Periodenlänge auf 1 normiert worden ist. Wie verändern sich die relevanten Diskontfaktoren, wenn die Verhandlung nun schneller (oder langsamer) wird, und eine Verhandlungsstufe nun die Länge θ hat? Was passiert mit dem teilspielperfekten Gleichgewicht, wenn θ gegen 0 konvergiert?
Aufgabe 3) (Mechanismus-Design) König Salomons Problem: Zwei Mütter, A und B, behaupten, die wahre Mutter eines Babys zu sein. Angenommen, die Wertschätzung der wahren Mutter für ihr Baby sei V W, während die Wertschätzung der falschen Mutter V F betrage. Es gelte V W >V F >0, und diese Information sei Common Knowledge zwischen König Salomon und den Müttern A und B. Die einzige Informationsasymmetrie bestehe darin, dass König Salomon nicht weiß, welche der beiden Mütter die Wertschätzung V W besitzt. Betrachten Sie nun folgende Spielform: Stufe I: Mutter A sagt meins oder ihrs. Sagt sie ihrs, so wird das Baby Mutter B zugesprochen, andernfalls geht es weiter auf Stufe II. Stufe II: Mutter B stimmt zu oder widerspricht. Stimmt Mutter B zu, so erhält Mutter A das Baby. Widerspricht Mutter B, dann bekommt sie selbst das Baby, muss aber König Salomon einen Geldbetrag V bezahlen, wobei V W >V>V F. Gleichzeitig wird Mutter A bestraft, sie bezahlt f>0 an König Salomon. a) Angenommen Mutter A sei die wahre Mutter. Bestimmen Sie ein teilspielperfektes Gleichgewicht. Ist dieses eindeutig? Begründen Sie Ihre Antwort! b) Bestimmen Sie ein teilspielperfektes Gleichgewicht für den Fall, dass Mutter B die wahre Mutter sei! Ist dieses teilspielperfekte Gleichgewicht eindeutig? Begründen Sie Ihre Antwort! c) Beziehen Sie die oben beschriebene Spielform auf das allgemeine Problem der Implementierung einer sozialen Auswahlfunktion. Wie dürfte König Salomons soziale Auswahlfunktion aussehen? Welche Lösung implementiert die obige Spielform. Begründen Sie Ihre Antwort!