MEHR DEMOKRATIE UND TRANSPARENZ VORSCHLÄGE FÜR EINE REFORM DES BETRIEBSVERFASSUNGSGESETZES
VORSCHLÄGE FÜR EINE REFORM DES BETRIEBSVERFASSUNGSGESETZES 3 MEHR DEMOKRATIE UND TRANSPARENZ VORSCHLÄGE FÜR EINE REFORM DES BETRIEBSVER FASSUNGSGESETZES
VORSCHLÄGE FÜR EINE REFORM DES BETRIEBSVERFASSUNGSGESETZES 5 GRUNDSÄTZLICH Integraler Bestandteil der Sozialen Marktwirtschaft ist die maßvolle betrieb liche Mitbestimmung in den Unternehmen. Nur durch ein gutes Zusammenwir ken von Unternehmensführung und Mitarbeiterschaft ist sichergestellt, dass ein Unternehmen auch erfolgreich ist. In den Familienunternehmen ist dies mehrheitlich gelebte Praxis, sehr oft auch ohne die Existenz eines Betriebsrates. Das liegt nicht zuletzt an dem sehr viel persönlicheren Umgang der Familienunternehmer mit ihren Mitarbeitern als es bei Großunternehmen oder Konzernen zumeist der Fall ist. Zahlen aus einer Umfrage unter Familien unternehmern aus dem II. Quartal 2017 zeigen, dass 69 Prozent der Familien unternehmer die Zusammenarbeit mit ihrem Betriebsrat mit»gut«oder gar»sehr gut«bewertet. Fast ein Drittel der befragten Familienunternehmer bewerteten die Zusammenarbeit mit ihren Betriebsräten dagegen mit»mittelmäßig«bis»sehr schlecht«.
6 VORSCHLÄGE FÜR EINE REFORM DES BETRIEBSVERFASSUNGSGESETZES Direkte Interviews mit Familienunternehmern, die weniger gut mit ihrem Be triebsrat zusammenarbeiten, konnten einen ungefähren Einblick geben, wo die Probleme aus unternehmerischer Sicht liegen. Es gibt Fälle, in denen sich der Betriebsrat aus bestimmten Personen gruppen innerhalb der Mitarbeiterschaft rekrutiert und dann nicht nur gegen die Unternehmensführung, son dern sogar gegen die restliche Belegschaft agiert. In weiteren Fällen führte die Auseinan dersetzung mit dem Betriebsrat so weit, dass die Existenz des Unternehmens auf dem Spiel stand. Grundsätzlich ist auch die Unternehmensgröße bei der Bestellung von Be triebsräten von Bedeutung. Denn es macht schon einen Unterschied, ob der Anteil der Betriebsräte an der Gesamtbelegschaft bei 0,4 Prozent wie bei einem Großunternehmen mit 9.000 Mitarbeitern liegt oder ob der Anteil der Betriebsräte an der Gesamtbelegschaft 10 Prozent beträgt wie in einem Klein unternehmen mit 10 Mitarbeitern. In Kleinunternehmen ist eine K ompensation der Betriebsratsarbeit (z.b. bei Freistellungen) personell sehr viel schwieriger herzu stellen. VORSCHLÄGE FÜR EINE REFORM DES BETRIEBSVERFASSUNGSGESETZES 7 In der Vergangenheit gab es seitens der Politik etliche Versuche, die Schwellen für die Installation von Betriebsräten in den Unternehmen gesetzlich abzu senken. Zuletzt war dies durch Anträge der Fraktionen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN mit dem Titel»Mehr Betriebsrätinnen und Betriebsräte braucht das Land«und DIE LINKE mit dem Titel»Die Wahl von Betriebsräten erleichtern und die betriebliche Interessenvertretung sicherstellen«der Fall. Ziel dieser Anträge war es, die sogenannten»weißen Flecken«zu beseitigen, sprich die betriebliche Mitbestimmung und damit die Verbreitung von Betriebsräten in den Unternehmen zu fördern und entsprechend weitere gesetzliche Regelun gen zu treffen. Seinerzeit haben sich DIE FAMILIENUNTERNEHMER gegen die von den bei den Oppositionsfraktionen genannten Vorschläge ausgesprochen. Aus Sicht von DIE FAMILIENUNTERNEHMER ist bereits heute die Bildung eines Betriebsrates entsprechend niedrigschwellig geregelt. Nach dem Be triebsverfassungsgesetz haben Beschäftigte in Unternehmen mit fünf und mehr Mitarbeitern das Recht, einen Betriebsrat zu bilden. Dabei bedarf es
8 VORSCHLÄGE FÜR EINE REFORM DES BETRIEBSVERFASSUNGSGESETZES auch keiner Übereinkunft mit dem Arbeitgeber. Eine Untersuchung des Ins tituts der deutschen Wirtschaft in Köln zu den Betriebsratswahlen aus dem Jahr 2015 zeigt zudem, dass bei fast der Hälfte der Unternehmen mit bis zu 50 Beschäftigten und Unternehmen mit 51 bis 100 Beschäftigten das vereinfachte Wahlverfahren nach 14a BetrVG zum Einsatz kam. Weiterhin heißt es in der Studie, dass»ursprünglich das vereinfachte Wahlverfahren die Neugründung von Betriebsräten in kleinen Betrieben erleichtern [sollte]. Zu Neugründungen ist es allerdings nur in Einzelfällen gekommen.«(betriebsratswahlen 2014 Ein Rückblick auf Basis der Betriebsratswahlbefragung, IW-Trends 1.2015, S. 7) Letztlich obliegt es der Eigenverantwortung der Mitarbeiterschaft, entspre chende Gremien zu gründen, wenn man dies denn möchte. VORSCHLÄGE FÜR EINE REFORM DES BETRIEBSVERFASSUNGSGESETZES 9 Dass es allerdings Reformbedarf bei den Regelungen im Betriebsverfassungs gesetz geben muss, ist auch Meinung der Familienunternehmer. Nimmt man die Forderung nach mehr Demokratie und mehr Transparenz bei der Wahl und der Arbeit von Betriebsräten ernst, so gelangt man schnell zu der Erkenntnis, dass das Betriebsverfassungsgesetz heutiger Ausprägung nicht mehr zeitgemäß ist. DIE FAMILIENUNTERNEHMER machen deshalb einige Vorschläge:
6 10 VORSCHLÄGE FÜR EINE REFORM DES BETRIEBSVERFASSUNGSGESETZES // Sechs-Punkte-Plan PUNKTEPLAN VON DIE FAMILIENUNTERNEHMER 1 VORSCHLÄGE FÜR EINE REFORM DES BETRIEBSVERFASSUNGSGESETZES 11 // Sechs-Punkte-Plan Wahl des Betriebsrates Um eine demokratische Legitimation des Betriebsrates unter der Mitarbeiterschaft herzustellen, soll einer Betriebsratswahl die Um frage nach Installation eines Betriebsrates (Ja/Nein) vorangestellt werden, an der sich mindestens 50 Prozent der Belegschaft betei ligen sollen. Erst wenn sich diese mit mindestens 50 Prozent dafür aussprechen, gibt es die Wahl eines Betriebsrates. Kosten des Betriebsrates 2 Es wird vorgeschlagen, für mehr Transparenz und Offenlegung der Kosten des Betriebsrates zu sorgen. Alle direkten Kosten (inkl. Schu lungs-, Rechtsberatungs- und Sachverständigen kosten) könnten beispielsweise in der Bilanz aufgeführt werden. Zudem sollen auf Nachfrage auch die restlichen Mitarbeiter im Unternehmen die Kos ten des Betriebsrates einsehen können.
3 12 VORSCHLÄGE FÜR EINE REFORM DES BETRIEBSVERFASSUNGSGESETZES // Sechs-Punkte-Plan Amtszeiten des Betriebsrates Die Amtszeit von Betriebsräten sollte zunächst auf zwei Jahre begrenzt werden. Die Wahl desselben Betriebsrates ist dann erst wieder nach einer Pause von einer Amtszeit möglich. Anzahl der Betriebsräte 4 Die Schwellenwerte des Betriebsverfassungsgesetzes sollten an jene des Kündigungsschutzgesetzes angepasst werden. Dadurch wird eine Einheitlichkeit bei den Gesetzen geschaf fen. Das heißt, dass ein Betriebsrat erst ab dem 11. Mitarbeiter gewählt werden darf usw. Alternativ wird vorgeschlagen, in den Unternehmen bis 50 Mitarbeiter statt eines Betriebsrates einen Obmann zu wählen. Zeitarbeiter sollen beim Schwellenwert nicht mitgezählt werden. 5 VORSCHLÄGE FÜR EINE REFORM DES BETRIEBSVERFASSUNGSGESETZES 13 // Sechs-Punkte-Plan Mitarbeiterentscheidung Der Belegschaft soll ein Recht auf konstruktives Misstrauensvo tum eingeräumt werden, um den Betriebsrat bei Erfüllung eines bestimmten Quorums absetzen und Neuwahlen herbeiführen zu können. Der Mitarbeiterentscheid kann ebenfalls vom Arbeitgeber oder Betriebsrat initiiert werden. Dieser soll vor allem herbeige führt werden, wenn sich Arbeitgeber und Betriebsrat in bestimm ten Punkten nicht einig werden. Mitarbeiterentscheidungen sollen zudem auch dann möglich sein, wenn es um Abweichungen vom Tarifvertrag geht. Berücksichtigung der Mitarbeiterrelation 6 Die Berechnung der Anzahl der Betriebsräte soll sich künftig nicht nach der Anzahl der Mitarbeiter im Betrieb, sondern nach den Vollzeitäquiva lenten (Vollzeitäquivalenzprinzip) richten.
14 VORSCHLÄGE FÜR EINE REFORM DES BETRIEBSVERFASSUNGSGESETZES // Impressum IMPRESSUM Ansprechpartner: René Bohn Leiter Arbeitsmarkt und soziale Sicherung Tel. 030 300 65-480 Fax 030 300 65-390 bohn@familienunternehmer.eu bohn@junge-unternehmer.eu Diese Veröffentlichung ist ein Ergebnis der Arbeit der Kommission Arbeitsmarktpolitik. Redaktion und Gestaltung: René Bohn (Text) und Juliane Müller (Gestaltung), DIE FAMILIENUNTER NEHMER e.v. Druck Auflage: LASERLINE Druckzentrum Berlin KG 500 Stück Herausgeber: DIE FAMILIENUNTERNEHMER e.v. Berlin, Juli 2017 Charlottenstraße 24 10117 Berlin www.familienunternehmer.eu kontakt@familienunternehmer.eu Tel. 030 300 65-0 Fax 030 300 65-390
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