EGBGB Art. 25, 26; BGB 2301 Frankreich: Erbstatut; Qualifikation einer donation entre époux (institution contractuelle Schenkung von Todes wegen)

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Transkript:

DNotI Deutsches Notarinstitut GUTACHTEN Dokumentnummer: 14243 letzte Aktualisierung: 23.05.2006 EGBGB Art. 25, 26; BGB 2301 Frankreich: Erbstatut; Qualifikation einer donation entre époux (institution contractuelle Schenkung von Todes wegen) I. Sachverhalt Eine französische Staatsbürgerin hat in Deutschland ein Bankkonto. Sie ist verstorben. Der Ehemann ebenfalls Franzose hat Anspruch auf dieses Konto aufgrund einer donation entre époux. Die Bank verlangt die Erteilung eines Fremdrechtserbscheines, was nur gerechtfertigt ist, wenn die donation entre époux nicht als lebzeitige vertragliche Regelung auf den Todesfall angesehen wird. II. Frage Ist eine donation entre époux als Verfügung von Todes wegen zu qualifizieren oder handelt es sich um eine lebzeitige Schenkung auf den Todesfall? III. Zur Rechtslage 1. Erbstatut a) Deutsches IPR aa) Anwendbares Recht Die Rechtsnachfolge von Todes wegen unterliegt aus deutscher Sicht gem. Art. 25 Abs. 1 EGBGB grundsätzlich dem Recht des Staates, dem der Erblasser zum Zeitpunkt seines Todes angehört. Dies gilt vorbehaltlich einer Rechtswahl nach Art. 25 Abs. 2 EGBGB für im Inland belegenes unbewegliches Vermögen sowie ein vorrangigen Sonderstatuts nach Art. 3 Abs. 3 EGBGB. Eine Rechtswahl kommt vorliegend nicht in Betracht. Somit verweisen wir gem. Art. 4 Abs. 1 EGBGB im Wege einer sog. Kollisionsnormverweisung auf das französische IPR. bb) Qualifikation der Donation entre époux Fraglich ist, wie die donation entre époux zu qualifizieren ist. Die Schenkung des gesamten Vermögens an den anderen Ehegatten unter Überlebensbedingung wird als donation entre époux bzw. institution contractuelle bezeichnet. Nach französischem Recht können sich Eheleute durch Ehevertrag oder während der Ehe durch Deutsches Notarinstitut Gerberstraße 19 97070 Würzburg Telefon (0931) 35576-0 Fax (0931) 35576-225 email: dnoti@dnoti.de internet: www.dnoti.de user/mr/pool/gutachten/14243.doc

Seite 2 notarielle Urkunde gegenseitig oder einseitig ihren gesamten zukünftigen Nachlass unter der Überlebensbedingung zuwenden (Art. 1094 c. c.). Neben der donation des biens à venir (Schenkung künftiger Güter) kommt auch eine donation des biens présents (Schenkung gegenwärtigen Vermögens) durch institution contractuelle in Betracht. Schenkungen und Verfügungen von Todes wegen sind im französischen C.C. unter demselben Titel geregelt. Es gelten daher grundsätzlich dieselben Grundsätze. Insbesondere gelten für beide die Beschränkungen durch das Noterbrecht (s. dazu unten Ziff. 2). Im französischen materiellen Recht wird die institution contractuelle als ausnahmsweise zugelassene Schenkung auf den Todesfall (donation à cause de mort) angesehen (Döbereiner, Ehe- und Erbverträge im deutsch-französischen Rechtsverkehr, 2001, S. 68, Le Guidec, J.-Cl. Civ. Art. 993 à 895, Nr. 115; Marty/Raynaud, Successions, Libéralités, Nr. 532). Letztlich handelt es sich um eine Mischform aus Schenkung und Testament. Aus französischer Sicht ist maßgeblich für die Unterscheidung zwischen Schenkung und Testament, dass Letzteres widerruflich ist, Schenkungen dagegen einen definitiven Charakter haben (Grimaldi, Droit civil, Successions, 5. Aufl. 1998, Rn. 275). Weiteres Unterscheidungskriterium ist, dass die Schenkung und die institution contractuelle vertraglich sind, das Testament dagegen einseitig (Grimaldi, Rn. 271). Fraglich ist, wie dieses Rechtsinstitut im deutschen Kollisionsrecht einzuordnen ist. In deutschen Rechtskategorien umgesetzt ist die donation entre époux am ehesten mit einem Erbvertrag bzw. einem Vermächtnisvertrag zu vergleichen, sofern es sich um eine Schenkung von biens à venir handelt (Ferid, in: Ferid/Firsching/Lichtenberger, Internationales Erbrecht, Frankreich, Rn. 167). Zwar ist eine Schenkung von Todes wegen dem deutschen materiellen Recht grundsätzlich bekannt (s. 2301 BGB). Ein Vertrag, in dem eine Person durch Schenkung über ihr künftiges Vermögen als Ganzes verfügt, ist jedoch im deutschen Recht gem. 311b Abs. 2 BGB verboten und damit nichtig. Die Vorschrift gilt für schuldrechtliche Verpflichtungsverträge und ist auch auf einseitige schuldrechtliche Verpflichtungen entsprechend anwendbar, nicht erfasst sind dagegen Erbverträge sowie güterrechtliche Vereinbarungen (Palandt/Grüneberg, 65. Aufl. 2006, 311b Rn. 58). Die Kriterien, die aus Sicht des französischen materiellen Rechts die institution contractuelle von einer Verfügung von Todes wegen nach französischem materiellen Recht unterscheiden, nämlich die Bindung und die Vertragsmäßigkeit, sind aus deutscher Sicht nicht entscheidend, da mit dem Erbvertrag in Deutschland gerade vertragsmäßige, bindende Verfügungen von Todes wegen bekannt sind. Im französischen Recht sind dagegen Erbverträge, sog. pactes sur succession future unwirksam (vgl. Art. 1130 Abs. 2 c.c., Art. 791 c.c.); die Testierfreiheit wird vielmehr grundsätzlich absolut geschützt. Denn nach französischer Vorstellung muss eine Verfügung von Todes wegen stets frei widerruflich sein (Art. 895 c.c.). Der Vollständigkeit halber sei noch erwähnt, dass eine Schenkung von biens présents mit einer lebzeitigen Schenkung gleichgesetzt werden kann. Die Qualifikation erfolgt grundsätzlich nach der lex fori (Staudinger/Dörner, a. a. O., Art. 25 EGBGB Rn. 359; Palandt/Heldrich, 65. Aufl. 2006, Einl. v. Art. 3 EGBGB Rn. 27), wobei ausländische Sachnormen vom Standpunkt des ausländischen Rechts aus zu beurteilen sind und die Funktion ausländischer Rechtsinstitute zu beachten ist.

Seite 3 Nach der h. M. und Rechtsprechung sind Schenkungen von Todes wegen immer dann erbrechtlich zu qualifizieren, wenn sie i. S. v. 2301 Abs. 2 BGB unter der Bedingung erteilt wurden, dass der Beschenkte den Schenker überlebt und die Schenkung noch nicht durch Leistung des versprochenen Gegenstands zu Lebzeiten vollzogen wurde (BGH NJW 1959, 1317; MünchKomm-Birk, BGB, 4. Aufl. 2006, Art. 26 EGBGB Rn. 154 m. w. N.; Soergel/Schurig, BGB, 12. Aufl. 1996, Art. 26 EGBGB Rn. 44 für den Fall, dass deutsches Recht Erbstatut ist; Palandt/Heldrich, Art. 25 EGBGB Rn. 15). Andererseits wird eine generell erbrechtliche Qualifikation vertreten (Staudinger/Dörner, Art. 25 EGBGB Rn. 359; für die institution contractuelle französischen Rechts ausdrücklich IPRG 1973, Nr. 39). Aufgrund der Tatsache, dass die Funktion der institution contractuelle im deutschen Recht durch ein erbrechtliches Institut, nämlich den Erbvertrag, verwirklicht wird, erscheint die unmittelbar erbrechtliche Qualifikation plausibel. Zu differenzieren ist bei einer Institution freilich stets danach, ob sie Schenkungen künftiger oder gegenwärtiger Güter enthält. Da hier eine donation des biens à venir erfolgt ist, zeitigt die Schenkung erst mit dem Tod Wirkung und konkretisiert sich in diesem Zeitpunkt als Erbeinsetzung bzw. Vermächtnisanordnung. Auch soweit eine institution contractuelle bzw. donation entre époux im Rahmen eines Ehevertrages vereinbart wird (wozu wir hier keine näheren Angaben haben), wird von der h. M. eine erbrechtliche und nicht eine güterrechtliche Qualifikation befürwortet (vgl. Nachweise bei Henrich, FS für Helmut Schippel, 1996, S. 905, 912; Döbereiner, Ehe- und Erbverträge im deutsch/französischen Rechtsverkehr, 2001, S. 258). Im Ergebnis ist die donation entre époux damit nach wohl allen vertretenen Auffassungen erbrechtlich zu qualifizieren. Somit ist nach Art. 25 Abs. 1 EGBGB französisches Recht berufen (s. oben lit a). b) Französisches IPR aa) Anwendbares Recht Das nicht kodifizierte französische Erbkollisionsrecht folgt dem Prinzip der Nachlassspaltung. Das bewegliche Vermögen vererbt sich nach dem Recht am letzten Wohnsitz des Erblassers, das unbewegliche Vermögen nach der lex rei sitae (Staudinger/Dörner, Neubearb. 2000, Anh. zu Art. 25 f. EGBGB Rn. 173; Revillard, Droit international privé et communautaire: pratique notariale, 6. Aufl. 2006, Rn. 573 f.). Da die Erblasserin hier wohl in Frankreich lebte, ist davon auszugehen, dass sich dort ihr Domizil i. S. d. Art. 102 ff. c. c. befand. Bei dem Bankkonto handelt es sich um bewegliches Vermögen. Dies hat zur Folge, dass das französische Erbkollisionsrecht das Recht am letzten domicile des Erblassers, hier das französische Erbrecht, beruft und somit die Verweisung des deutschen Rechts annimmt. Somit ist französisches Recht anwendbar. bb) Qualifikation der Donation entre époux Im französischen Internationalen Privatrecht wird die Qualifikation der donation entre époux kontrovers diskutiert (vgl. dazu Revillard, Droit international privé et communautaire: pratique notariale, 6. Aufl. 2006, Rn. 651 mit zahlreichen weiteren Nachweisen), wobei hier eine güterrechtliche Qualifikation, eine Qualifikation nach dem Ehewirkungsstatut und eine erbrechtliche Qualifikation in Erwägung gezogen werden. Aus Sicht des französischen Rechts ist die diesbezügliche Kollisionsregel complexe et incertaine (Revillard, Rn. 651). Da es vorliegend um die erbrechtlichen Wirkungen der donation entre époux geht und auch eine donation

Seite 4 des biens à venir vorliegt, ist die vorliegende donation entre époux wohl auch aus französischer Sicht erbrechtlich zu qualifizieren. Eine güterrechtliche Qualifikation käme nur dann in Betracht, wenn es sich um Zuwendungen aufgrund Güterrechts wie beispielsweise bei eine clause d attribution au conjoint survivant handeln würde. Die vorliegende Vereinbarung gilt jedoch unabhängig vom Güterstand. Eine ehewirkungsrechtliche Qualifikation macht eher im Rahmen einer donation des biens présents Sinn, da sich für eine lebzeitige Schenkung Besonderheiten bei Schenkungen unter Ehegatten ergeben können (vgl. auch IPRG 1973, Nr. 39, S. 407, 410). Nachdem die Schenkung vorliegend wohl unter der Überlebensbedingung erteilt wurde und sich wohl auf den gesamten Nachlass bezog und auch nicht zu Lebzeiten des Schenkers vollzogen wurde, dürfte hier auch aus französischer Sicht eine erbrechtlich zu qualifizierende Frage vorliegen. Es findet somit französisches Erbrecht Anwendung (s.o. lit b). 2. Noterbrechte und zusätzliche Verfügungsmöglichkeiten durch die donation entre époux Aufgrund der donation entre époux geht der Nachlass also grundsätzlich auf den überlebenden Ehegatten über. Allerdings sind auch im Rahmen der donation entre époux die gesetzlichen Noterbrechte noch zu beachten (vgl. Art. 1094-1 c c. bzw. Art. 1094 c. c. a. E.). Wenn Abkömmlinge vorhanden sind, gelten die Besonderheiten in Art. 1094-1 c.c. Bei Vorhandensein von Aszendenten (und keinen Abkömmlingen) ist Art. 1094 a.e. zu beachten. Somit erhält der überlebende Ehegatte nicht das gesamte Vermögen, sondern, bei Vorhandensein von Noterben, nur die frei verfügbare Quote, die jedoch im Rahmen einer donation entre époux modifiziert ist. Letztlich wird die donation entre époux als Komplettierung der gesetzlichen Erbenstellung des Ehegatten betrachtet. Bei den französischen Noterbrechten handelt es sich anders als in Deutschland nicht um schuldrechtliche Ansprüche übergangener gesetzlicher Erben, sondern die französische sog. réserve successorale ist als materielles Vorbehaltsrecht ausgestaltet. Die Noterbrechte sind im c. c. nicht positiv geregelt. Geregelt ist vielmehr in Art. 913 ff. c. c. der vom Erblasser frei verfügbare Teil (sog. quotité disponible). a) Sind Abkömmlinge vorhanden, bestimmt sich die quotité disponible nach Art. 913 c. c. Danach beträgt der frei verfügbare Teil die Hälfte des Vermögens des Verfügenden wenn er bei seinem Tod ein Kind hinterlässt, 1/3, wenn er zwei Kinder hinterlässt und ¼, wenn er drei oder mehr Kinder hinterlässt. Sind Kinder des Erblassers zum Zeitpunkt seines Todes vorverstorben, werden sie durch ihre Abkömmlinge repräsentiert (Art. 913-1 c. c.). Somit bestünden entsprechend Noterbrechte in Höhe von (insgesamt) ½, 2/3 oder ¾. Bezüglich des überlebenden Ehegattens gibt es jedoch bei Vorhandensein einer donation entre époux eine besondere verfügbare Quote gem. Art. 1094-1 c. c. Danach kann der Erblasser seinem Ehegatten wahlweise hinterlassen: - die allgemein verfügbare Quote gem. Art. 913 c.c.; - ¼ zu Eigentum und ¾ zu Nießbrauch; - den Gesamtnachlass zu Nießbrauch. Hierdurch werden also die gesetzlichen Rechte nach Art. 757 c.c., nach dem der überlebende Ehegatte die Wahl zwischen dem Nießbrauch am Gesamtnachlass oder ¼

Seite 5 zu Eigentum hat, ergänzt. Die Wahl der möglichen Quoten kann auch dem überlebenden Ehegatten überlassen werden. Dann hat dieser die Wahl zwischen den drei genannten Nachlassbeteiligungen. Der Rest, über den der Erblasser nicht verfügt hat bzw. nicht verfügen konnte, fällt im Wege der gesetzlichen Erbfolge zu gleichen Teilen an die Abkömmlinge. b) Vorliegend kommt es daher darauf an, ob Abkömmlinge vorhanden sind. Für den Fall, dass keine Abkömmlinge, aber Eltern vorhanden sind, ist im Rahmen der gesetzlichen Erbfolge Art. 757-1 c.c. einschlägig. Danach erhält der überlebende Ehegatte die Hälfte zu Eigentum, die andere Hälfte erhalten die Eltern zu je ¼. Wenn einer der Eltern vorverstorben ist, entfällt dessen Viertel auf den überlebenden Ehegatten. Entsprechend besteht bei Vorhandensein von Aszendenten (aber keinen Abkömmlingen) gemäß Art. 914 c.c. eine verfügbare Quote in Höhe der Hälfte des Nachlasses; wenn nur Aszendenten in einer Linie vorhanden sind beträgt diese ¼. Auch in diesem Fall können die gesetzlichen Rechte durch die donation entre époux erweitert werden. Gemäß Art. 1094 c.c. a. E. kann der Ehegatte nämlich auf diesem Wege zusätzlich über das nackte Eigentum der verfügbaren Quote gegenüber Aszendenten verfügen. Die Eltern bekämen daher nurmehr je ¼ zu Nießbrauch. c) Sind keine Abkömmlinge und keine Eltern vorhanden, ist Art. 757-2 c.c. für die gesetzliche Erbfolge maßgeblich. Danach erhält der überlebende Ehegatte die gesamte Erbschaft als als légataire universel; aus deutscher Sicht ist er dann Alleinerbe. Allerdings ist das Aszendentennoterbrecht nach Art. 914 i.v.m. Art. 1094-1 c.c. zu berücksichtigen, sofern noch Großeltern oder Urgroßeltern vorhanden sind. Sind keine Aszendenten vorhanden, erhält der überlebende Ehegatte bei Vorhandensein der donation entre époux tatsächlich den gesamten Nachlass. 3. Behandlung im deutschen Nachlassverfahren a) Nachlassabwicklung in Frankreich In Frankreich erfolgt auch bei Vorhandensein einer donation entre époux eine Nachlassabwicklung wie üblich, i.d.r. durch den Notar. Dieser errichtet eine notarielle Offenkundigkeitsurkunde, einen sog. acte de notoriété, in dem dieser aufgrund der Verwandtschaftsverhältnisse und der letztwilligen Verfügungen, aber auch aufgrund der institution contractuelle, das Erbrecht feststellt (vgl. Frank, in: Frank/Wachter, Immobilienrecht in Europa, 2004, Frankreich, Rn. 526). In diesem wird zusätzlich aufgeführt, dass der überlebende Ehegatte Begünstigter (bénéficiare) einer donation entre époux ist. Er muss angeben, dass er diese annimmt (accepte). Ferner ist die donation entre époux - wohl durch den Notar und möglicherweise auch wie eine Verfügung vom Todes wegen - zu registrieren. Wir gehen davon aus, dass eine derartige registration vorliegend in Frankreich erfolgt ist, wenn die Nachlassabwicklung dort bereits stattgefunden hat. Es empfiehlt sich, sich eine Abschrift der Offenkundigkeitsurkunde aushändigen zu lassen. b) Deutsches Nachlassverfahren In Deutschland findet, soweit von der Bank nicht der französische acte de notoriété als ausreichend für den Nachweis der Erbfolge betrachtet wird, ein Erbscheinsverfahren statt. Da deutsches Recht nicht maßgeblich ist, muss grundsätzlich ein Fremdrechtserbschein nach 2369 BGB beantragt werden. Ein unmittelbarer Übergang aufgrund der donation entre époux, kommt wohl nicht in Betracht, da auch

Seite 6 die Noterbrechte beachtet werden müssen. Auch kommt, wenn die Ehefrau beispielsweise bei Vorhandensein von Abkömmlingen den Nießbrauch wählt, dieser im deutschen Erbschein nach h.m. nicht zum Tragen; Erben werden aus deutscher Sicht dann vielmehr die Noterbberechtigten. Die dinglich wirkenden Noterbrechte führen nämlich zu einer Miterbenstellung der Noterbberechtigten. Allerdings kommt es bei Bestehen eines Noterbrechts nicht ipso iure zu einer Nachlassbeteiligung, sondern diese müssen, sofern sie vom eingestzten Erben/Schenknehmer nicht anerkannt werden, im Wege einer sog. action en réduction (Herabsetzungsklage) nach Art. 920 ff. c.c. geltend gemacht werden (vgl. auch BayOblGZ 1995, 366, 378). Daher sollte geklärt werden, ob die Noterben ihre Rechte geltend machen wollen bzw. gemacht haben oder auf sie verzichten. In Frankreich werden die Noterben im Rahmen des Erbscheinsverfahrens grundsätzlich beteiligt, wobei in diesem Rahmen i. d. R. eine (konkludente) Anerkennung der Noterbrechte vom Testamentserben erfolgt. Eine sog. situation équivoque, d.h. ein Schwebezustand aufgrund der Tatsache, dass nicht geklärt ist, wie sich die Noterben verhalten, sollte möglichst vermieden werden (zur Problematik der Behandlung der situation équivoque im deutschen Erbscheinsverfahren vgl. MünchKomm-J. Mayer, 4. Aufl. 2004, 2369 Rn. 32, Staudinger/Dörner, 2000, Art. 25 EGBGB, Rn. 846). Üblicherweise werden daher die Noterben nach entsprechendem Anerkenntnis durch den durch Testament oder donation eingesetzten Erben/Schenknehmer unmittelbar Miterben und sind im Erbschein auch als solche zu Bezeichnen. Sofern der überlebende Ehegatte sich allerdings im Rahmen der Ausübung seines Wahlrechts für den Nießbrauch entscheidet, sind die Noterben unmittelbar Erben zu gleichen Teilen geworden. Möglicherweise hat in Frankreich ein Nachlassverfahren vor dem Notar stattgefunden, so dass es ein notarieller acte de notoriété vorliegt, aus dem sich ergibt, ob Noterbberechtigte vorhanden sind und diese ihre Rechte geltend machen sowie das Anerkenntnis des in der donation entre époux Beschenkten. Da keine Nachlassspaltung im Verhältnis zum sonstigen beweglichen Vermögen eingetreten ist, müssen die Noterbrechte einheitlich behandelt werden. Fraglich ist, wie man bei Nachlassabwicklung in Deutschland das Ineinandergreifen von Erbauseinandersetzung und donation entre époux behandelt. U.E. kann die donation entre époux wie eine testamentarische Anordnung behandelt werden, die allerdings der Annahme, die man wohl unmittelbar in der Erbscheinsantrag aufnehmen sollte, bedarf. Im Rahmen des Antrages sollte auch, sofern möglich, bereits ein etwa (bei Vorhandensein von Abkömmlingen) bestehendes Wahlrecht des überlebenden Ehegatten ausgeübt werden. Zusammenfassend sind in den Erbscheinsantrag also zusätzlich ein Verweis auf die Annahme in der donation entre époux und ggf. die Ausübung des Wahlrechts aufzunehmen, ferner die Noterbberechtigten; zum Inhalt des Fremdrechtserbscheins vgl. im Übrigen Palandt/Edenhofer, 2369 BGB Rn. 8. Sollten die Noterben ihre Rechte nicht geltend machen, also auf ihre Rechte verzichten, würde der Universalvermächtnisnehmer Alleinerbe. 4. Nießbrauch nach französischem Erbrecht im deutschen Erbscheinsverfahren a) Französisches Recht: Dingliche Nießbrauchswirkung Besonderheiten ergeben sich bei Bestehen von Nießbrauchsrechten, da hier französisches Erbrecht und deutsches Sachenrecht (lex rei sitae, vgl. Art. 43 EGBGB) zusammentreffen. Nach französischem Recht wirkt das Ehegattennießbrauchsrecht dinglich, so dass hier kein Bestellungsakt erforderlich ist.

Seite 7 b) Deutsches Recht: Umdeutung der Verpflichtung Fraglich ist, ob das deutsche Recht als Sachstatut die Entstehung eines Nießbrauchs kraft Gesetzes bzw. kraft donation entre époux als Bestandteil eines anwendbaren ausländischen Erbstatuts anerkannt mit der Folge, dass der Nießbrauch im Fremdrechtserbschein zu erwähnen ist. Hierbei handelt es sich um ein Problem der Konkurrenz von Erb- und Sachstatut, d.h. deutschem Sachenrecht und französischem Erbrecht. Der BGH hat durch Urteil vom 28.9.1994 entschieden, dass Vindikationslegate nach einem ausländischen Erbstatut im Inland keine dingliche Wirkung entfalten (BGH DNotZ 1995, 7041 = NJW 1995, 58 = FamRZ 1994, 1585 = MittBayNot 1995, 224 m. Anm. Geimer = JZ 1996, 1028 m. Anm. Gröschler = IPRax 1996, 39 m. Anm. Dörner; vgl. Birk, ZEV 1995, 283). Im Konflikt zwischen Erb- und Sachstatut sei das Sachstatut vorrangig. Das deutsche Sachenrecht lässt aber eine dingliche Entstehung eines Nießbrauchs gerade nicht zu, so dass ein testamentarisch angeordneter Nießbrauch erst bestellt werden muss. Es ist also ein Bestellungsakt erforderlich. Folglich ist der dinglich wirkende Nießbrauch des Ehegatten, soweit er sich auf inländisches Vermögen bezieht, in eine die Erben treffende Verpflichtung zur Nießbrauchsbestellung umzudeuten (str., so Staudinger/Dörner, Art. 25 EGBGB Rn. 144). Dies ist im Rahmen des Fremdrechtserbscheines zu berücksichtigen.