Praxisfragen der Zinsschranke: Exportschlager oder Investitionshemmnis?

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Transkript:

Westfälischer Steuerkreis e.v. Vortragsreihe 2008/2009 - Vortagsbericht - Praxisfragen der Zinsschranke: Exportschlager oder Investitionshemmnis? Referent: Dr. Thomas Töben Gemeinsam mit der IHK Nord Westfalen 24.02.2009, 18 Uhr IHK Nord Westfalen Sentmaringer Weg 61 48153 Münster In der heutigen Veranstaltung des Westfälischen Steuerkreises e.v. referierte Herr Dr. Thomas Töben, Steuerberater und Partner der Kanzlei P+P Pöllath + Partners, Berlin, über aktuelle Probleme und Praxisfragen der Zinsschranke. Zunächst begrüßte Herr Prof. Dr. Dieter Birk, Leiter des Instituts für Steuerrecht an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster und Vorstandsvorsitzender des Westfälischen Steuerkreises, den Referenten und gab einen kurzen Ausblick auf das Vortragsthema. Dabei wurden schon an dieser Stelle grundsätzliche Fragen bezüglich der Zinsschranke aufgeworfen: Was ist der eigentliche Sinn und Zweck der Norm? Welche Probleme bringt die Regelung mit sich? Vor allem aber, wirkt die Zinsschranke in Zeiten einer Finanzkrise nicht als wirtschaftsschädliches Investitionshemmnis? Herr Dr. Töben erläuterte zunächst die Struktur seines Vortrags. Nach Vorstellung der gesetzlichen Regelung des 4h EStG (I.) ging er auf aktuelle Änderungsvorschläge ein (II.). Anschließend wurde die zur Zeit bestehende Problematik staatlicher Rettungsmaßnahmen am 1

Beispiel der Commerzbank dargestellt (III.), bevor der Referent die konkreten Probleme der Zinsschranke in der Praxis erläuterte (IV.). I. Gesetzliche Regelung Zunächst erfolgte eine Vorstellung der gesetzlichen Regelung der Zinsschranke ( 4h EStG). Die Zinsschranke regelt die Beschränkung der Abzugsfähigkeit von Zinsaufwendungen eines Betriebs. Der Gesetzgeber will durch eine solche Beschränkung verhindern, dass durch konzerninterne Gestaltungen Gewinne zu Lasten des deutschen Fiskus ins Ausland transferiert werden. Von der Zinsschranke betroffen sein kann dabei nur der Überschuss der Zinsaufwendungen über die Zinserträge. Hat also ein Unternehmen einen Zinsertrag von 100, jedoch Zinsaufwendungen von 150, so ist der Überschuss i.h.v. 50 potentiell zinsschrankengefährdet. Dieser überschießende Zinsbetrag darf gem. 4h Abs. 1 S. 1 EStG nur bis zur Höhe von 30 Prozent des um die Zinsaufwendungen erhöhten und um die Zinserträge sowie um die Beträge nach 6 Abs. 2 S. 1 EStG, 6 Abs. 2a S. 2 EStG und 7 EStG verminderten maßgeblichen Gewinns abgezogen werden. Die nicht zum Abzug zugelassenen Zinsaufwendungen können dabei in den Folgejahren unbegrenzt vorgetragen werden. Dabei statuiert 4h Abs. 2 EStG drei wichtige Ausnahmen: Erstens enthält 4h Abs. 2 S. 1 a) EStG eine Freigrenze. Hiernach greift die Zinsschranke nicht ein, wenn der die Zinserträge übersteigende Zinsaufwand weniger als 1 Mio. EUR beträgt. Zweitens ist gem. 4h Abs. 2 S. 1 b) EStG die Zinsschranke nicht auf Betriebe anzuwenden, die nicht zu einem Konzern gehören (Stand-Alone-Klausel). Drittens bestimmt 4 h Abs. 2 S. 1 c) EStG, dass die Zinsschranke nicht eingreift, wenn die Eigenkapitalquote des Betriebs gleich hoch oder höher ist als die des Konzerns (Eigenkapitalquotenvergleich). Dabei besteht eine Toleranz von einem Prozentpunkt (Escape-Klausel). Sonderregelungen für Kapitalgesellschaften enthält 8a KStG, für Organkreise 15 Nr. 3 KStG. Getroffen werden sollten durch die Regelung der Zinsschranke damit vor allem international agierende Konzerne. Gerade in Zeiten der Finanzkrise geraten aber zunehmend mittelständische Unternehmen in finanzielle Schieflage, so dass bei einer hohen Fremdfinanzierung entgegen dem eigentlichen Gesetzeszweck auch diese von der Regelung betroffen werden können. Dies kann zu enormen Zusatzbelastungen für die Unternehmen führen. 2

II. Aktuelle Änderungsvorschläge Nach dieser einführenden Darstellung der Norm ging der Referent kurz auf aktuelle Änderungsvorschläge ein. Insbesondere der Wirtschaftsausschuss des Bundestages und die FDP streben Änderungen der gesetzlichen Regelung an. Im Vordergrund steht dabei eine Ausweitung des Toleranzbereichs im Rahmen des 4h Abs. 2 S. 1 c) EStG (Escape-Klausel). Da eine stichtagsgenaue Ermittlung der Eigenkapitalquote des Betriebs im Verhältnis zum Gesamtkonzern fast unmöglich ist, soll die bisherige Toleranz von einem Prozent auf fünf Prozentpunkte ausgeweitet werden. Ferner enthält der Änderungsvorschlag die Abschaffung der Beteiligungsbuchwertkürzung beim Eigenkapitalquotenvergleich sowie eine Änderung des 8a Abs. 3 EStG dahingehend, dass die 10%-Schwelle für Zinsen im gesamten Konzern gelten soll. III. Aktuelle Problematik staatlicher Rettungsmaßnahmen am Beispiel der Commerzbank Aus aktuellem Anlass erläuterte Herr Dr. Töben anschließend die Bedeutung und Folgen staatlicher Rettungsmaßnahmen bei Konzernen am Beispiel der Commerzbank. Die Geldzusagen des Bundes an die Commerzbank sind keinesfalls so unproblematisch wie sie auf den ersten Blick scheinen. Vielmehr stellen sich eine ganze Reihe von Folgeproblemen. So ist zunächst fraglich, ob diese stillen Beteiligungen des Bundes nicht steuerlich atypisch stille Beteiligungen sind, schließlich hat der Bund eine weitreichende Mitbestimmung. Dann würden die Vergütungen hierauf entgegen der Intention des Gesetzgebers gewerbesteuerpflichtige Einnahmen darstellen. Weiterhin stellt sich die Frage, ob Zinsen, die von Tochtergesellschaften der Commerzbank auf ihre Refinanzierungskredite gezahlt werden, künftig noch unbegrenzt steuerlich geltend gemacht werden können, denn der Staat muss ggf. für diese Schulden direkt oder indirekt einstehen. Vor allem aber könnte der Staat durch eine solche Beteiligung wesentlich beteiligter Gesellschafter der Commerzbank werden. Vergibt aber die Commerzbank dann Darlehen an andere Unternehmen, an denen der Bund wesentlich beteiligt ist (z.b. Deutsche Bahn AG), könnten all diese nun zinsschrankenbefangen sein ( 8a Abs. 2 oder 3 KStG: Commerzbank als nahe stehende Person eines wesentlich beteiligten Anteilseigners, hier der Bund). Schon diese kurzen Ausführungen des Referenten zeigten die weitreichenden steuerlichen Probleme staatlicher Rettungsmaßnahmen in Zeiten der Finanzkrise auf. 3

IV. Problemfälle der Zinsschranke Im Folgenden erläuterte Herr Dr. Töben ausführlich die aktuellen Kernprobleme der Zinsschranke in der praktischen Anwendung. 1.) Fremdfinanzierung durch rückgriffsberechtigten Dritten Zunächst wirft eine Fremdfinanzierung durch einen rückgriffsberechtigten Dritten (sog. schädlicher Rückgriff) im Rahmen der Zinsschranke zahlreiche Fragen auf. Ein solcher Rückgriff i.s.d. 8a Abs. 2 und 3 KStG kann nämlich zur Versagung der Anwendung der Ausnahmeregelungen des 4h Abs. 2 S. 1 b) EStG (Stand-Alone-Klausel) und 4h Abs. 2 S. 1 c) EStG (Escape-Klausel) führen, so dass die Zinsschranke eingreift. Zwar sind konzernfreie Körperschaften (Stand-Alone-Fälle) wegen 4h Abs. 2 S. 1 b) EStG grundsätzlich von der Zinsschranke nicht betroffen. Eine Ausnahme hierzu statuiert jedoch gerade 8a Abs. 2 KStG für den Fall des schädlichen Rückgriffs. Danach sind konzernfreie Körperschaften und diesen nachgeschaltete Mitunternehmerschaften dann von der Zinsschranke betroffen, wenn mehr als 10% des negativen Zinssaldos an einen zu mehr als einem Viertel am Grund- oder Stammkapital unmittelbar oder mittelbar beteiligten Anteilseigner oder einer diesem nahe stehenden Person bzw. an einen rückgriffsberechtigten Dritten fließen. Fraglich ist dabei zunächst, wann ein Dritter rückgriffsberechtigt i.s.d. Norm ist. Ferner ist zu klären, wie die 10 % Grenze errechnet wird. Die gleichen Fragen stellen sich bei 8a Abs. 3 KStG, der eine Ausnahme von der Escape-Klausel des 4h Abs. 2 S. 1 c) EStG statuiert. Die Finanzverwaltung definiert den Rückgriff sehr weit. Aus ihrer Sicht genügt es bereits, wenn ein Anteilseigner oder eine ihm nahe stehende Person dem Dritten gegenüber faktisch für die Erfüllung der Schuld einsteht. Ein rechtlich durchsetzbarer Anspruch ist keine zwingende Voraussetzung. Bezüglich des Umfangs der 10 % Grenze gilt Folgendes: Die Zinsen an den rückgriffsberechtigten Dritten dürfen nicht mehr als 10% der Gesamtzinsaufwendungen betragen. Dabei sind nach Auffassung der Finanzverwaltung Vergütungen für Fremdkapital aller Gesellschafter zusammenzurechnen. 2.) optimale Nutzung der Freigrenze durch Atomisierung Ein weiteres Praxisproblem stellt die optimale Nutzung der Freigrenze i.h.v. 1 Mio. EUR ( 4h Abs. 2 S. 1 a) EStG) durch Atomisierung dar. Dabei werden die Zinsaufwendungen innerhalb eines Konzerns auf verschiedene Gesellschaften verteilt, so dass jede der Gesellschaften die Freigrenze in Anspruch nehmen kann. Bei einer solchen Aufsplittung stellt sich vor allem 4

die Frage, ob eine missbräuchliche Gestaltung i.s.d. 42 AO gegeben ist. Dies lehnte Herr Dr. Töben aber insbesondere mit dem Argument ab, dass es der Gesetzgeber ja gerade in 15 S. 1 Nr. 3 KStG steuerschonend ermöglicht, dass sich mehrere Betriebe zu einem Betrieb mittels Organschaft zusammenschließen. 3.) Fragen zu Konzernkreis und Konzernspitze Große Probleme wirft außerdem die Frage auf, wie der Konzernkreis bzw. die Konzernspitze im Rahmen der Stand-Alone-Klausel ( 4h Abs. 2 S. 1 b) EStG) und der Escape-Klausel ( 4h Abs. 2 S. 1 c) EStG) bestimmt wird. Der Referent erläuterte diese Problematik am Beispiel einer Inbound-Investition in deutsches Grundvermögen. Danach besteht ein ausländischer PE- Fonds, der jeweils zu 100% an den ebenfalls ausländischen Muttergesellschaften MG 1 und MG 2 beteiligt ist. Die MG 1 hält 100 % an der ausländischen TG 1, MG 2 hält 100 % an der ausländischen TG 2. Beide TG erwerben nun in Deutschland belegene Immobilien. Damit erwirbt der PE-Fonds mittelbar über eine Doppelstruktur aus zwei ausländischen Kapitalgesellschaften (jeweils MG und TG) die inländischen Immobilien. Finanzieren TG 1 und TG 2 diesen Erwerb zu bspw. 80 % fremd, und leisten MG 1 und MG 2 hierfür Sicherheiten (z.b. Anteilsverpfändungen), ist fraglich, ob die Zinsschranke für TG 1 und TG 2 eingreift. Der Referent verdeutlichte dabei, dass zunächst schon der neue 49 Abs. 1 Nr. 2 f) S. 2 EStG Probleme aufwirft, denn hiernach sind TG 1 und TG 2 stets mit gewerblichen Einkünften in Deutschland beschränkt steuerpflichtig, auch wenn keine Zurechnung der Einkünfte zu einer Betriebsstätte bzw. zu einem ständigen Vertreter möglich ist. Fraglich ist aber, ob die Zinsschranke überhaupt eingreift, wenn keine Betriebsstätte in Deutschland existiert. Dabei ist eine sinngemäße Anwendung der Zinsschranke über 8a Abs. 1 S. 4 KStG nicht möglich, da seit 2009 wegen 49 Abs. 1 Nr. 2 f) S. 2 EStG keine Überschusseinkünfte i.s.d. 2 Abs. 2 Nr. 2 EStG vorliegen. Man könnte deshalb schon aus diesem Grund die Anwendbarkeit der Zinsschranke auf TG 1 und TG 2 verneinen. Hält man aber allein auf Grund der Gewerblichkeit der Vermietungseinkünfte von TG 1 und TG 2 die Zinsschranke für anwendbar, könnte die Stand-Alone-Klausel (fehlende Konzernzugehörigkeit, 4h Abs. 2 S. 1 b) EStG) oder die Escape-Klausel (Konzernzugehörigkeit, aber Bestehen des Eigenkapitalquotentests, 4h Abs. 2 S. 1 c) EStG) zugunsten von TG 1 und TG 2 eingreifen. Hinsichtlich der Stand-Alone-Klausel ist dabei problematisch, ob TG 1 und TG 2 zu einem Konzern gehören oder nicht. Bejaht man dies, ist als Folgeproblem für den Eigenkapitalquotenvergleich der Escape-Klausel zu klären, wie weit der Konzernkreis reicht. Zieht man den Konzernkreis eng, gehören nur TG 1 und TG 2 jeweils zu einem Konzern (TG 1 mit 5

MG 1, TG 2 mit MG 2). Man kann ihn auch weiter verstehen, nämlich bezogen auf MG 1 und 2 sowie TG 1 und 2 als Gleichordnungskonzern. Ferner kann auch noch den PE-Fonds mit einschließen, so dass ein hierachischer Konzern mit dem PE-Fonds als Konzernspitze vorliegt. Für den Eigenkapitalquotentest der Escape-Klasuel ist die Reichweite des Konzernkreises dabei von entscheidender Bedeutung, da ansonsten eine verlässliche Planung unmöglich ist. Gerade in letzterem Fall (Einbeziehung des PE-Fonds) ist ein Eigenkapitalquotenvergleich praktisch kaum durchführbar. 4.) Konzern bei unterjährigem Erwerb von Anteilen Ebenfalls ungelöste Fragen im Zusammenhang mit der Zinsschranke bringt der unterjährige Erwerb von Gesellschaftsanteilen mit sich. Hinsichtlich der Konzernzugehörigkeit stellt die Verwaltung auf die Verhältnisse am vorangegangenen Abschlussstichtag ab. Entsteht ein Konzern neu, so sollen die einzelnen Betriebe erst zum folgenden Abschlussstichtag als konzernangehörig gelten. Dies hat aber zur Folge, dass die Anwendung der Zinsschranke zeitlich stark verschoben erfolgt (z.b. bei einer Umstrukturierung am 2.1. des Erhebungszeitraums). Schwierig ist insbesondere die Anwendung des 8a KStG im Fall des unterjährigen Erwerbs. Denn die Verwaltung hat für diesen Fall keine Kriterien zur Abgrenzung zwischen 8a Abs. 2 und 3 KStG festgelegt. Deshalb könnte man hier einerseits auf die Kriterien hinsichtlich des Eigenkapitalquotenvergleichs (Abschlussstichtag, 4h Abs. 1 S. 1 c) S. 1 EStG) abstellen. Andererseits könnte man im Rahmen des 8a KStG eine Zeitraumbetrachtung fordern, denn 8a Abs. 2 und 3 KStG stellt auch auf die Zinsen des Veranlagungszeitraums ab. 5.) Zinsschranke bei Personengesellschaften Bei Personengesellschaften kann weiterhin 4h Abs. 2 S. 2 EStG i.v.m. 8a KStG zu Problemen führen. Ist eine Gesellschaft, bei der der Gesellschafter als Mitunternehmer anzusehen ist, unmittelbar oder mittelbar einer Körperschaft nachgeordnet, gilt für die Gesellschaft 8a Abs. 2 und 3 KStG entsprechend ( 4h Abs. 2 S. 2 EStG). Fraglich ist damit, ob 4h Abs. 2 S. 2 EStG i.v.m. 8a KStG zur Anwendung der Zinsschranke bei der Personengesellschaft wegen schädlicher Gesellschafterfremdfinanzierung durch eine vorgeordnete Körperschaft führt. Falls die Voraussetzungen des 4h Abs. 2 S. 2 EStG vorliegen, bereitet dann die Prüfung des 8a Abs. 2 und 3 KStG weitere Schwierigkeiten. So ist streitig ob die Prüfung der 6

Beteiligungsvoraussetzungen auf Ebene der vorgeordneten Körperschaft oder auf Ebene der nachgeordneten Personengesellschaft erfolgen muss. V. Ergebnis Nach Präsentation dieser zahlreichen Problembereiche der Zinsschranke und einer kurzen Darstellung der Änderungen durch das Jahressteuergesetz 2009 kam Herr Dr. Töben zu dem Ergebnis, dass auf Grund der hohen Komplexität der gesetzlichen Regelung eine verlässliche Auslegung der Norm nicht möglich ist. Es handelt sich um kaum noch anwendbares Recht, die hierdurch entstehende Rechtsunsicherheit ist nur schwer erträglich. Hinzu kommen für die betroffenen Unternehmen in der Praxis hohe Beratungskosten für die oft vergebliche Suche nach Gegensteuerungsmaßnahmen. Insbesondere trifft die Zinsschranke in Zeiten der Finanzkrise entgegnen ihrer Regelungsabsicht aber immer häufiger auch mittelständische Unternehmen ohne jeden Auslandsbezug. Allerdings betonte der Referent dabei, dass es auch an wirklichen Alternativen fehlt. Dem Vortrag folgte eine lebhafte Diskussion zu den Problemen der Zinsschranke. Im Mittelpunkt stand dabei insbesondere die zunehmende Betroffenheit mittelständischer Unternehmen sowie die Suche nach möglichen Regelungsalternativen. Münster, 24.02.2009 Julian Winkler Wissenschaftliche Hilfskraft am Institut für Steuerrecht Westfälische Wilhelms-Universität Münster 7