Handout zur Veranstaltung Demonstrationsexperimente Didaktik der Physik Universität Bayreuth Thilo Buhleier Thema: Maxwellrad
1. Versuchsaufbau Geräteliste: - Stativfuß - 2 Stativstangen - 2 Muffen - Maxwellrad (am Maxwellrad aus der Didaktik-Sammlung sind die Abrollfäden und die Querstange samt Aufhängung bereits befestigt) - Digitalwaage Der Aufbau des Versuchs ist in Abb.1 dargestellt. An den beiden senkrecht stehenden Stativstangen ist eine waagerechte Stange befestigt. Diese hält die Aufhängung des Maxwellrads. Das Maxwellrad selbst besteht aus zwei Zylindern. Einer der beiden besitzt einen kleinen Radius und ist lang (Achse des Maxwellrads, auf diesem ist der Abrollfaden aufgewickelt) und der andere (das Rad in der Mitte) besitzt einen großen Radius und ist kurz (Abb. 2). Zur Beobachtung benötigt eine Digitalwaage. Abb.1
Abb. 2 2. Versuchsablauf (Teil 1) Prinzipiell funktioniert das Maxwellrad wie ein Jo-Jo. Zu Beginn wird das Rad aufgerollt und festgehalten, bzw. festgeklemmt. Lässt man das Maxwellrad los, bewegt es sich mit zunehmender Geschwindigkeit bis zum Umkehrpunkt. Von dort aus wickelt sich das Rad wieder auf und erreicht annähernd seine Ausgangshöhe. Hält man das Rad nicht an, wiederholt sich der Vorgang solange, bis jegliche Bewegung aufgrund der Reibung zum erliegen gekommen ist. 3. Energien am Maxwellrad Haben die Schüler die Demonstration aufmerksam beobachtet, so müssten sie in der Lage sein drei bereits bekannte Energieformen, die in diesem Experiment auftreten zu nennen: 1. Potentielle Energie: = mg h (m: Masse des Rads; E Pot h : Höhendifferenz zwischen Ausgangspunkt und Umkehrpunkt) 2. Translationsenergie: 1 mv 2 2 ETrans = (Beachte: E kin = E Trans + E Rot )
3. Reibungsenergie: Die Schüler erkennen, dass das Maxwellrad nicht mehr ganz seine Ausgangshöhe erreicht und somit aufgrund von Reibung ein Teil der Energie für die Bewegung des Rads nicht mehr zur Verfügung steht. Gute Schüler erkennen auch, dass ein Teil der potentiellen Energie beim Abrollen in die Drehbewegung des Rads übergeht. An dieser Stelle muss die Rotationsenergie neu eingeführt werden. 1 2 4. Rotationsenergie: E Rot = Jω 2 Dies ist allerdings schwierig, da die Schüler kaum Vorkenntnisse zum Thema Rotation haben und somit auch der Begriff des Trägheitsmoments gänzlich unbekannt ist. Eine gute Möglichkeit den Schülern die Rotationsenergie dennoch näher zu bringen, besteht darin, die Analogie zur Translation zu Hilfe zu ziehen. Die Winkelgeschwindigkeit ω ist bereits bekannt, es kann jedoch darauf hingewiesen werden, dass ω (für die Rotation) das Analogon zur Geschwindigkeit v (für die Translation) darstellt. Das Trägheitsmoment J kann nun (als Drehmasse ) als Analogon zur Masse m eingeführt werden. Des Weiteren kann mit der Klasse erarbeitet werden, wann welche Energieform am Maxwellrad auftritt. Hierzu könnte man gemeinsam mit den Schülern folgende Tabelle ausfüllen: Ort des Maxwellrads Potentielle Translationsenergie Rotationsenergie Energie Ausgangspunkt Nach unten gerichtete Bewegung Umkehrpunkt Nach oben gerichtete Bewegung Ausgangspunkt
4. Versuchsablauf (Teil 2) Im zweiten Teil des Versuchs wird das Maxwellrad auf eine Waage gestellt. Diese Waage muss zwei Anforderungen erfüllen. Zum einen muss sie sehr präzise funktionieren, zum anderen muss ihr Messbereich groß genug sein um das gesamte Gewicht von Stativfuß, Stativ und Rad erfassen zu können. Das Maxwellrad wird nun in Bewegung gesetzt und die Anzeige der Waage wird zu verschiedenen Zeitpunkten beobachtet. 5. Kräfte am Maxwellrad Befindet sich das Maxwellrad in einer Ruhelage (z.b. befestigt am Ausgangspunkt), so wirkt auf die Waage lediglich die Gewichtskraft des Aufbaus. Dieser Wert kann für den weiteren Versuch als Referenzwert betrachtet werden. Bewegt sich das Rad nach unten, so zeigt die Waage einen um F = ma kleineren Wert an. (m: Masse des Rads; a: Beschleunigung des Rads) Dasselbe gilt für den Fall, dass sich das Rad von unten nach oben bewegt. Im Umkehrpunkt ist ein Kraftstoß zu beobachten, da sich dort der Impuls des Maxwellrads umkehrt. Hierbei gilt: p = F t = 2mv max ( t : Zeit, in der der Faden von der einen Seite der Achse zur anderen wechselt, v max : Geschwindigkeit unmittelbar vor (bzw. nach) dem Richtungswechsel) 6. Lernvoraussetzungen - Die Schüler kennen potentielle Energie - Die Schüler kennen die Bewegungsarten Translation und Rotation - Die Schüler kennen Translationsenergie (unter dem übergeordneten Begriff der kinetischen Energie) - Die Schüler wissen, dass mechanische Energie durch Reibung in Wärme umgewandelt werden kann - Die Schüler kennen das Prinzip der Energieerhaltung
- Die Schüler kennen die Winkelgeschwindigkeit ω = ϕ t - Die Schüler kennen den Zusammenhang zwischen Kraft, Masse und Beschleunigung F = m*a - Die Schüler kennen den Impuls p = m*v und das Prinzip der Impulserhaltung 7. Lernziele des Versuchs 7.1 Grobziele - Die Schüler sollen die Rotationsenergie kennen lernen - Die Schüler sollen das Maxwellrads kennen lernen 7.2 Feinziele - Die Schüler sollen erkennen wann am Maxwellrad welche Energieformen auftreten - Die Schüler sollen das Trägheitsmoment kennen lernen - Die Schüler sollen verstehen, dass durch Reibung die Bewegung des Maxwellrads zum erliegen kommt und wissen dass eine Energieumwandlung von mechanischer Energie in Wärmeenergie erfolgt - Die Schüler sollen den Zusammenhang zwischen Bewegung des Rads und Kraftwirkung auf das Stativ am Modell beschreiben können 8. Bezug zu einem übergeordneten Unterrichtsschema Die Behandlung des Maxwellrads ist weder im Lehrplan des G9, noch im Lehrplan des G8 vorgesehen. Es kann allerdings als Additum eingesetzt werden. Im G9 bietet sich dazu die 11. Jahrgangsstufe an. Es kann hier in den Zusammenhang mit den Erhaltungssätzen der Mechanik gestellt werden. Im G8 wird die Energieerhaltung bereits in der 8. Klasse behandelt; das Maxwellrad könnte hier als Zusatz zu den Kreisbewegungen in der 10. Klasse behandelt werden.
9. Weitere Lernziele, die die gesamte Unterrichtseinheit thematisch erschließen - Die Schüler sollen den Energieerhaltungssatz vertieft erfassen - Die Schüler sollen den Zusammenhang zwischen Kraft und Impuls vertieft erfassen 10. Experimentelle Alternativen Um Rotationsenergie und Trägheitsmoment neu einzuführen und dabei gleichzeitig auf die Energieerhaltung einzugehen, könnte man z.b. auch Zylinder mit unterschiedlichen Trägheitsmomenten eine schiefe Ebene hinunterrollen lassen. 11. Unterrichtsverfahren Typ: Modifiziertes Normalverfahren nach Mothes 1. Ausgangssachverhalt: Wie funktioniert euer Jo-Jo? 2. Problemgewinnung: Warum bewegt sich das Jo-Jo nicht mit Erdbeschleunigung g Richtung Boden? 3. Meinungsbildung: Wegen der Drehbewegung, wegen der Reibung. 4. Planung des Versuchs 5. Versuchsdurchführung 6. Rückkehr zur Erlebniswirklichkeit: Jo-Jo, Eiskunstläufer (der Pirouette dreht) 11.1 Sozialformen - Lehrervortrag - Unterrichtsgespräch - Demonstrationsexperiment
11.2 Lehrform(en) und Lernform(en) - Lehrform: darbietend, fragend, entwickelnd - Lernform: erarbeitend und aufnehmend 12. Sicherung der Lernziele - Tafelanschrift mit Thema, Versuchsskizze, zentralen Begriffen, Erklärungen und Formeln - Oben aufgeführte Tabelle (die von den Schülern selbst ausgefüllt wird) - Schüler mit Jo-Jo spielen lassen 13. Lernzielkontrollen - Rückfragen an die Klasse: Hierbei sollten die Schüler zeigen, dass sie die bisher erworbenen Kenntnisse verstanden haben und mit ihnen umgehen können - Schüler sollen am Ende der Stunde erklären warum das Jo-Jo nicht mit Erdbeschleunigung g zu Boden fällt - Abfrage zu Beginn der nächsten Stunde, evtl. mit erneutem Ausfüllen der Tabelle 14. Präkonzepte, Misskonzepte Die Schüler könnten davon ausgehen, dass das Jo-Jo sich deswegen wieder nach oben bewegt, weil es im Umkehrpunkt mit durch die Hand einen Impuls nach oben bekommt. Die Schüler könnten denken, dass die Kraft auf die Stativstange während der nach oben gerichteten Bewegung größer sei als in Ruhe, da sich das Rad ja nach oben zieht.