Manfred Eckert Geschichte der Berufserziehung und der Berufspädagogik Vierte Vorlesung: Gewerbeförderung und Gewerbepolitik
Gewerbeförderung und Gewerbepolitik: Zunftförmig organisierte Produktionsweisen begrenzen den wirtschaftlich-technischen Fortschritt und erzeugen soziale Stabilität. Gewerbeförderung zielt entgegengesetzt auf Innovation und wirtschaftlichen Fortschritt. Gewerbeförderung ist auch berufliche Qualifizierungspolitik Das Qualifikationsproblem: welche Qualifikationen sollen vermittelt werden? Diskutieren und Bezug zur heutigen Zeit herstellen
Der Widerspruch der Zunftorganisation: soziale Stabilität vs. Gewerbeförderung (Kurfürstentum Hessen) Zunft-Ordnung vom 5ten März 1816 Von Gottes Gnaden Wir Wilhelm der I.; Kurfürst etc. etc. haben erwogen, daß in Unsern Staaten die Zünfte unverkennbare Vortheile gewähren, indem sie 1) Die Ausbildung der Handwerker beförderten; 2) Das Eingreifen in nicht gründlich erlernte Arbeit, die Verwirrung der Gewerbe und die daraus entstehende Verminderung der Kunstfertigkeiten verhüten
3.) die Unterordnung der Arbeitsgehülfen unter ihre Meister befestigten, auch die Staatsaufsicht über die Gewerbgenossen erleichterten; 4.) die städtische Nahrung überhaupt erhielten, die Abziehung der Landleute von der Urproduction, der sichersten Quelle des Nationalvermögens, wie auch 5.) die Uebersetzung einzelner Gewerbe erschwerten, ordentlichen Handwerkern ihr Auskommen sicherten, zugleich manche Einrichtung für die leidende Menschheit entstehen ließen
und hiermit 6) dankbare Anhänglichkeit an das Vaterland und dessen Regierung, so wie gute Erziehung der künftigen Bürger bewirkten, die Ehre des Gewerbes aufrecht hielten, und wider Sittenlosigkeit und Betrug der Handwerker ein Damm waren
dass von der, während der feindlichen Besetzung Unserer Lande eingeführten, unbedingten Gewerbefreiheit glückliche Folgen nicht wahrzunehmen sind dass aber auf der andern Seite die vorhinnige Beschaffenheit des Handwerks- und Zunftwesens den Forderungen des gegenwärtigen Zeitalters nicht überall entsprach; - daß manches Bannrecht Unsere Unterthanen allzu scharf trennte, schlechter Arbeit einen Markt erzwang, und selbst dem begünstigten Handwerksgenossen bei veränderten Verhältnissen verderblich wurde; endlich daß dem Wiederaufleben eines jeden Misbrauches mit Strenge begegnet werden muß. Quelle: Bernet, Helmut: Handwerk zwischen Zunft und Gewerbefreiheit, Kassel: Euregio 1998, S. 39ff.
Die Gegenposition: Gewerbefreiheit und Gewerbeförderung Das Interesse der Staaten an Gewerbefreiheit und Gewerbeförderung: Erhöhung des allg. Wohlstandes Erhöhung der Einnahmen des Staates Erhöhung der sozialen Stabilität und der politischen Integration Erhöhung des Bildungsstandes der Bevölkerung
Gewerbeförderung Instrumente der Gewerbeförderung Absatzförderung durch Kunst- und Industrieausstellungen Förderung des beruflichen Schulsystems Förderung von Auslandsaufenthalten von Technikern ( Spionage?) Ankauf von Maschinen, Mustern etc., Erstellung von Sammlungen, Musterlagern etc. Förderung der Geschmacksbildung Verbesserung der Verkehrsinfrastruktur (Wasserstraßen, Bahn) Bildung von Gewerbevereinen Erleichterte Kreditvergabe
Das Modell der technischen (Hoch-) Schulen: die École Polytechnique Ein systematischer Ausgangspunkt für alle technischen Schulen: die École Polytechnique (1794/95) Die Mathematik (deskriptive Geometrie) als Grundlage aller Technologie Rationalisierung der Produktion, Quantifizierung und Theoretisierung
Die Dialektik der Aufklärung Aufklärung als politische Bewegung Kant: Aufklärung ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit. Unmündigkeit ist das Unvermögen, sich seines Verstandes ohne Leitung eines anderen zu bedienen. Selbstverschuldet ist diese Unmündigkeit, wenn die Ursache derselben nicht am Mangel des Verstandes, sondern der Entschließung und des Mutes liegt, sich seiner ohne Leitung eines anderen zu bedienen
Die Dialektik der Aufklärung Aufklärung als Rationalisierung im wirtschaftlichen und technischen Raum Adam Smith: Über den Wohlstand der Nationen Jeder Mensch ist an seinem eigenen Nutzen interessiert Moral und Sozialität sind am freien Austausch von Waren orientiert. Die Bedeutung der Politik und des Staates tritt zurück Tendenz zur Entpolitisierung gesellschaftlicher Entwicklungen Ökonomisierung aller Lebensbereiche (vgl. Marx) Sozialtechnologisches Denken Der eindimensionale Mensch (Marcuse)