Steuerfragen bei Ehescheidung

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Udo Eversloh Steuerfragen bei Ehescheidung Steuerveranlagung, Zugewinnausgleich, Unterhalt, Versorgungsausgleich, Verfahrenskosten Probleme Lösungen Gestaltungshinweise TeleLex, ein Gemeinschaftsunternehmen von DATEV eg und Verlag Dr. Otto Schmidt KG

Udo Eversloh Udo Eversloh, Rechtsanwalt in Köln, arbeitet mit den Tätigkeitsschwerpunkten Steuerrecht, Gesellschaftsrecht und Rechtsnachfolge. Er hat als Fachbuchautor zahlreiche Beiträge insbesondere zu diesen Gebieten sowie zum Berufsrecht und zur betrieblichen Altersversorgung veröffentlicht. TeleLex GmbH Ein Gemeinschaftsunternehmen von: Verlag Dr. Otto Schmidt KG DATEV eg Gustav-Heinemann-Ufer 58 Paumgartnerstr. 6-14 50968 Köln 90429 Nürnberg

Udo Eversloh Steuerfragen bei Ehescheidung Steuerveranlagung, Zugewinnausgleich, Unterhalt, Versorgungsausgleich, Verfahrenskosten Probleme, Lösungen, Gestaltungshinweise

TeleLex GmbH Virnsberger Str. 63 90431 Nürnberg 2017 Alle Rechte, insbesondere das Verlagsrecht, allein beim Herausgeber. Dieses Buch und alle in ihm enthaltenen Beiträge und Abbildungen sind urheberrechtlich geschützt. Mit Ausnahme der gesetzlich zugelassenen Fälle ist eine Verwertung ohne Einwilligung der TeleLex GmbH unzulässig. Die E-Books können Sie auf allen PCs und mobilen Endgeräten der Kanzlei bzw. Unternehmens nutzen, für die diese erworben wurden. Eine Weitergabe an Dritte ist nicht zulässig. Im Übrigen gelten die Geschäftsbedingungen der TeleLex GmbH. Angaben ohne Gewähr Stand: November 2017 Artikelnummer: 115652 E-Mail: service@telelex.de

Editorial Scheiden tut weh. Dieses bekannte Sprichwort gilt nicht nur für die zivilrechtlichen, sondern insbesondere auch für die steuerrechtlichen Folgen einer Ehescheidung. Dies beginnt bereits bei der Trennung, die der Ehescheidung vorangehen muss. Hier stellen sich Fragen v. a. im Rahmen der Veranlagung, insbesondere der Pflicht zur Zustimmung zur Zusammenveranlagung. Beim Zugewinnausgleich sind erb- und güterrechtliche Lösungen zu unterscheiden, wobei im Rahmen der Scheidung letztere relevant sind. Es besteht weitgehend Gestaltungsfreiheit, die aber ihre Grenzen hat. Ein ständiges Thema ist der Unterhalt und dessen steuerlichen Folgen. Im Vordergrund steht die Frage der Abziehbarkeit der Unterhaltsleistungen als Sonderausgabe bzw. als außergewöhnliche Belastung einerseits und der Versteuerung als sonstige Einkünfte andererseits. Hier gilt das sog. Korrespondenzprinzip im Zusammenhang mit dem begrenzten Realsplitting. Es bedarf auch immer die Leistungsfähigkeit des Unterhaltsverpflichteten einer gesonderten Prüfung. Der Versorgungsausgleich ist ein komplexes und schwieriges Thema im Rahmen des Scheidungsverfahrens. Die damit einhergehenden steuerlichen Folgen hängen nicht zuletzt davon ab, ob es sich um eine interne oder eine externe Teilung handelt und, ob die Versorgungsrente als laufende Zahlung oder im Wege einer einmaligen Kapitalzahlung vereinbart wird. Auch hier ist steuerlich zwischen der Steuerpflicht des Ausgleichsverpflichteten und derjenigen des Ausgleichsberechtigten zu unterscheiden sowie danach, in welcher Form die Altersversorgung verwirklicht werden soll. Eingegangen wird u. a. auch auf die Möglichkeit der Abfindung bzw. der Abtretung von Ausgleichsansprüchen im Rahmen des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs. 1

Nicht zuletzt auf die Frage der Abziehbarkeit der Anwalts- und Gerichtsgebühren für das Scheidungsverfahren eingegangen. Das BFH- Urteil vom 18.05.2017, VI R 9/16, BFH/NV 2017, 1373 schafft Rechtsklarheit in dieser bislang sehr umstrittenen Frage. Köln, im November 2017 Udo Eversloh 2

Der Inhalt im Überblick 1 Steuerveranlagung... 5 1.1 Steuerliche Folgen der Trennung...5 1.2 Zustimmungspflicht zur Zusammenveranlagung...10 1.3 Innenverhältnis der Steuer-Gesamtschuldner...13 2 Zugewinnausgleich... 16 3 Unterhalt... 19 3.1 Unterhalt als außergewöhnliche Belastung / Sonderausgabe...19 3.2 Begrenztes Realsplitting ( 10 Abs. 1 Nr. 1, 22 Nr. 1a EStG)...23 3.3 Leistungsfähigkeit des Unterhaltsverpflichteten...29 3.4 Gestaltung...36 4 Versorgungsausgleich... 39 4.1 Grundzüge...39 4.2 Steuerrecht...44 4.2.1 Besteuerung im Zeitpunkt der Teilung des Anrechts...45 4.2.2 Besteuerung laufender Leistungen...47 5 Scheidungskosten steuerrechtlich nicht mehr als außergewöhnliche Belastung abziehbar... 57 6 Beendigung von Steuerkonstruktionen... 61 3

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1 Steuerveranlagung 1.1 Steuerliche Folgen der Trennung Die Trennung zieht einige steuerrechtliche Folgen nach sich: Ehegatten, die beide unbeschränkt einkommensteuerpflichtig sind und nicht dauernd getrennt leben, können sich nach 26 EStG zusammen veranlagen lassen. Ihnen stehen wie auch Lebenspartnern i. S. d. LPartG seit dem VZ 2013 Veranlagungswahlrechte zu; sie können zwischen der Einzelveranlagung mit dem Grundtarif gem. 25, 32a Abs. 1 EStG und der Zusammenveranlagung mit Splittingtarif ( 26 Abs. 1 Satz 1, 26b, 32a Abs. 5 und 2 Abs. 8 EStG) wählen. Für Geschiedene gilt die Veranlagung nach 25 i. V. m. 32a Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 EStG. Hinweis Das gilt auch für Lebenspartner i. S. d. LPartG, auch wenn das Bundesverfassungsgericht dies nicht explizit geäußert hat (s., auch Seeger in Schmidt, EStG, 36. Aufl. 2017, 26 Rn. 14). Das galt bislang aber nur für gleichgeschlechtliche, nicht aber für nicht eingetragene verschiedengeschlechtliche Lebenspartner (BFH, 26.04.2017, III B 100/16, NJW 2017, 2223), da diese nicht die Voraussetzungen des 1 LPartG erfüllen. Am 30.06.2017 hat der Gesetzgeber aber die sog. Ehe für alle normiert (BT-Drucks. 18/6665 und 18/12989); das Gesetz zur Einführung des Rechts auf Eheschließung für Personen gleichen Geschlechts vom 27.07.2017 (BGBl. I 2017, 2787) ist am 01.10.2017 in Kraft getreten. Demzufolge steht die Ehe in Deutschland zukünftig auch homosexuellen Paaren offen. Durch Einfügung der Worte von zwei Personen verschiedenen oder gleichen Geschlechts in 1353 Abs. 1 Satz 1 BGB wird klargestellt, dass auch gleichgeschlechtliche Personen eine Ehe eingehen können. 5

1 Steuerveranlagung Eine Lebenspartnerschaft wird in eine Ehe umgewandelt, wenn zwei Lebenspartnerinnen oder Lebenspartner gegenseitig persönlich und bei gleichzeitiger Anwesenheit erklären, miteinander eine Ehe auf Lebenszeit führen zu wollen. Mit Inkrafttreten des Gesetzes endet die Möglichkeit, eine eingetragene Lebenspartnerschaft zu schließen. Vor Inkrafttreten des Gesetzes eingetragene Lebenspartnerschaften bleiben bestehen, es sei denn, sie wandeln sie in eine Ehe um. Ob das Gesetz verfassungskonform ist, wird derzeit noch diskutiert insbesondere hinsichtlich der Frage, ob für dieses Gesetz eine Änderung des Art. 6 Abs. 1 GG erforderlich ist, also eine Verfassungsänderung. Letztlich wird dies ggf. das BVerfG entscheiden müssen. Die Zusammenveranlagung setzt daher eine eheliche Lebensgemeinschaft i. S. d. 1353, 1567 BGB voraus. Die Einkünfte der Ehegatten werden zusammengerechnet, und die Ehegatten werden sodann gemeinsam als ein Steuerpflichtiger behandelt ( 26b EStG). Das zu versteuernde Einkommen wird anschließend gesplittet; daraus ist die Steuer zu errechnen und diese dann zu verdoppeln, 32a Abs. 5 EStG. Mit dem Ehegattensplitting können eine Verdoppelung des Grundfreibetrags und erhebliche Progressionsvorteile erreicht werden. Dieses Ehegattensplitting ist bei Ehescheidung bzw. dauerndem Getrenntleben nur noch begrenzt möglich, obwohl auch dann noch eine beschränkte Wirtschaftsgemeinschaft in Form von Unterhaltszahlungen besteht. Diese sind im Rahmen des 10 Abs. 1 Nr. 2 EStG als Sonderausgaben abzugsfähig. Hinweis Dies korrespondiert mit der Pflicht des Unterhaltsgläubigers zur Versteuerung nach 22 Nr. 1a EStG. 6

1 Steuerveranlagung Die steuerrechtliche Rechtsfolge der Trennung besteht darin, dass die Ehegatten im Jahr nach der Trennung (bei dauerhaftem Getrenntleben) nicht mehr zusammen veranlagt werden ( 26 Abs. 1 Nr. 2 EStG). Insofern bestehen gerade bei der Anwendung des Splittingtarifs folgende Besonderheiten: Das Splittingverfahren ist zur Berechnung der tariflichen Einkommensteuer für das zu versteuernde Einkommen gem. 32a Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 EStG anzuwenden, bei einem Steuerpflichtigen, dessen Ehe in dem Kalenderjahr, in dem er sein Einkommen bezogen hat, aufgelöst worden ist, wenn in diesem Kalenderjahr a) der Steuerpflichtige und bisheriger Ehegatte die Voraussetzungen des 26 Abs. 1 Satz 1 EStG erfüllt haben, b) der bisherige Ehegatte wieder geheiratet hat. Vorausgesetzt ist dabei nach 32a Abs. 6 Satz 2 EStG, dass der Steuerpflichtige nicht nach den 26, 26a EStG einzeln zur Einkommensteuer veranlagt wird. Hinweis Das Splittingverfahren ist auch bei Partnern i. S. d. LPartG anzuwenden, was daraus folgt, dass das BVerfG den Ausschluss des Splittingverfahrens für eingetragene Partner für verfassungswidrig erklärt hat (BVerfG, 07.05.2013, 2 BvR 909/06, NJW 2013, 2257). Daraufhin hat der Gesetzgeber mit der Einführung des 2 Abs. 8 EStG i. R. d. ESt-ÄndG vom 19.07.2013 zur Umsetzung von BVerfG vom 07.05.2013 2 BvR 909/06 Lebenspartnerschaften mit Ehen rückwirkend für alle noch offenen Fälle gleichgestellt. Das BVerfG betrachtet sie als Erwerbsgemeinschaft. Dann ist das Ehegattensplitting nicht als Vergünstigung anzusehen, sondern wegen der Teilhabe beider Ehegatten/Lebenspartner am Einkommen als Ausformung des Leistungsfähigkeitsprinzips. 7

1 Steuerveranlagung Vorstehendes setzt konsequenterweise nach 32a Abs. 6 Satz 2 EStG voraus, dass der betreffende Ehegatte nicht seinerseits nach 26 Abs. 1 Satz 1 EStG einzeln veranlagt wird. Hinweis Alleinerziehenden wird der Splittingtarif nicht gewährt (BFH, 29.09.2016, III R 62/13, NJW 2017, 430). Dies weckt allerdings Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit (krit. auch Loschelder in Schmidt, EStG, 37. Aufl. 2017, 32a Rn. 9). Das FG Münster hat entschieden, dass auch langjährig getrennt lebende Ehegatten zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden können. Im konkreten Fall waren die Kläger seit 1991 verheiratet; sie haben einen ebenfalls in 1991 geborenen Sohn. Die Klägerin (eine voll berufstätige Ärztin) zog mit diesem 2001 aus dem bis dahin gemeinsam bewohnten Einfamilienhaus in eine Mietwohnung und später in eine Eigentumswohnung. Das Finanzamt führte für 2012 zunächst eine Zusammenveranlagung für die Kläger durch. Nach einer Betriebsprüfung bei der Klägerin gelangte es aber zu der Auffassung, dass die Voraussetzungen für einen Zusammenveranlagung nicht mehr gegeben seien und veranlagte die Klägerin einzeln zu Einkommensteuer. Dem widersprach diese mit den Argumenten, dass sie lediglich räumlich, nicht aber persönlich und geistig getrennt lebten. Der Auszug sei durch die schwierige familiäre Situation mit der in demselben Haus lebenden pflegebedürftigen Mutter des Klägers begründet gewesen. Die Eheleute hätten sich weiterhin regelmäßig abends und an Wochenenden getroffen und gemeinsame Ausflüge, Urlaube und sonntägliche Kirchenbesuche unternommen. Die dafür entstandenen Kosten und den Unterhalt für den Sohn hätten die Eheleute gemeinsam getragen. Andere Partner hätte es nie gegeben. Man plane derzeit, auf einem gemeinsam erworbenen Grundstück ein Gebäude zu errichten, um dort wieder zusammenzuleben. Das FG Münster ging im Urteil vom 8

1 Steuerveranlagung 22.02.2017 (7 K 2441/15, EFG 2017, 573) aufgrund des Gesamtbildes davon aus, dass die Kläger nicht getrennt lebten. In der heutigen Zeit seien auch Formen des räumlich getrennten Zusammenlebens ( living apart together ) üblich. Die Kläger hätten ihre persönliche und geistige Gemeinschaft trotz der räumlichen Trennung aufrechterhalten. Dass die Kläger grundsätzlich getrennt wirtschaften und getrennte Konten führten, sah das FG vorliegend als unschädlich an. Das sei auch bei räumlich zusammen lebenden Eheleuten üblich. Hinweis Demzufolge sind für die Frage der Zusammenveranlagung von getrennt lebenden Eheleuten immer die Umstände des Einzelfalls maßgebend. Weitere Auswirkungen der Trennung im Steuerrecht: Zieht ein Ehegatte aus seinem Haus oder aus dem gemeinsamen Haus zwecks Trennung aus, entfällt ggf. die Privilegierung des 23 Nr. 3 Satz 3 EStG für ausschließlich selbstgenutzte Wohngebäude im Hinblick auf die Besteuerung von Veräußerungsgewinnen. Denn eigene Wohnzwecke setzen die persönliche Nutzung als rechtlicher oder wirtschaftlicher Eigentümer voraus (Weber-Grellet in Schmidt, EStG, 37. Aufl. 2017, 23 Rn. 18). Die unentgeltliche Überlassung des Eigentums oder Miteigentums an den anderen Ehegatten führt nicht zu einer eigenen Nutzung! (BMF, 05.10.2000, IV C 3 S 2256-263/00, BStBl. I 2000, 1383 Rn. 22 f.). Zwei Miteigentumsanteile sind dann bzgl. der Folgen für 23 EStG getrennt zu betrachten. 9