Soft Control (AT 3, RMA) 3. Vorlesung Fuzzy Systeme Fuzzy Mengen
3. Vorlesung im Aufbau der Vorlesung 1. Einführung Soft Control: Definition und Abgrenzung, Grundlagen "intelligenter" Systeme 2. Wissensrepräsentation und Wissensverarbeitung (Symbolische KI) Anwendung: Expertensysteme 3. Fuzzy-Systeme: Umgang mit unscharfem Wissen Anwendung: Fuzzy-Control 1. Fuzzy-Mengen 4. Konnektionistische Systeme: Neuronale Netze Anwendung: Identifikation und neuronale Regler 5. Genetische Algorithmen, Simulated Annealing, Differential Evolution Anwendung: Optimierung 6. Zusammenfassung & Literaturhinweise 50
Fuzzy Systeme Kernidee (natürliches Vorbild) Umgang mit unscharfem Wissen Historie Mitte der 1960er Zadeh Fuzzy Logik Mitte der 1970er Mandani Fuzzy Control Anwendung in der Automatisierungstechnik Anfang der 1980er erste industrielle Applikationen Fuzzy-Regler Beispiele Trocknungsprozesse Gastherme Fuzzy Regelung eines invertierten Pendels Waschmaschine (AEG) Fuzzy Regelung eines Bohrhammers 51
Inhalt der 3. Vorlesung 1. Klassische Mengen 1. Definition und wesentliche Begriffe 2. Probleme 2. Fuzzy-Mengen 1. Definition und Begriffe 2. Operationen auf klassischen Mengen und Zusammenhang mit der Logik 3. Erweiterung der Operationen auf Fuzzy-Mengen 3. Zusammenfassung 52
Der klassische Mengenbegriff Eine Menge M ist eine Zusammenfassung von wohlbestimmten und wohlunterschiedenen Objekten unserer Anschauung oder unseres Denkens zu einem Ganzen. Diese Objekte werden Elemente von M genannnt. Wenn ein Objekt x zu einer Menge M gehört, schreibt man dafür x M, wenn nicht, dann x M Gleiche Mengen: M1 = M2 (x M1 x M2) Ungleiche Mengen: M1 M2 M1 ist Teilmenge einer Menge M2: M1 M2 (x M1 x M2) M1 ist echte Teilmenge einer Menge M2: M1 M2, wenn M1 M2 und M1 M2 Leere Menge: 53
Beschreibung klassischer Mengen 54
Probleme im Umgang mit klassischen Mengen Hauptproblem ist die binäre Entscheidung über die Zugehörigkeit zu einer Menge (Elemente sind nicht immer wohlunterschieden) Besonders kritisch bei kontinuierlichen Größen (in der Regelungstechnik gewöhnlich gegeben) Beispiel: Menge der Temperaturwerte aus dem Intervall von 0 C bis 100 C für die gilt: Temperatur ist hoch 1 μ μ T=hoch 0 0 60 100 T/ C für T = 60,00 C erhält man die Temperatur ist hoch gilt für T = 59,99 C erhält man die Temperatur ist hoch gilt nicht Bei Anwendung in regelbasierten Systemen ergeben sich Sprünge Bsp: R1: Wenn Temperatur hoch, dann Heizdampf aus R2: Wenn NICHT Temperatur hoch, dann Heizdampf an Lösung: Unscharfe Mengen 55
Unscharfe Mengen 56
Zugehörigkeitsfunktion (ZGF) Funktion, die jedem Element x aus dem im Allgemeinen numerischen Grundbereich G einen Zugehörigkeitsgrad zu einer Fuzzy-Menge μ(x) zuordnet. (VDI/VDE 3550) Der Zugehörigkeitsgrad liegt zwischen 0 und 1 μ(x) = 1 bedeutet, dass x vollständig zur Fuzzy-Menge gehört μ(x) = 0 bedeutet, dass x überhaupt nicht zur Fuzzy-Menge gehört Werte zwischen 0 und 1 bedeuten, dass x teilweise zur Fuzzy- Menge gehört Besitzt G endlich viele Elemente diskrete Darstellung von ZGF Angabe der Wertepaare {x, μ(x)} Besitzt G sehr viele Elemente oder ist G ein Kontinuum, z.b. kont. Messgrößen parametrische Darstellung von ZGF Funktionen bestimmt durch wenige Parameter Vorteil: geringer Speicherverbrauch, feine Auflösung Nachteil: unter Umständen komplizierte Berechnung 57
Parametrische Darstellung (1): stückweise linear Angabe der Stützpunke der Funktion Spezialfall: trapezoide Funktionen 58
Parametrische Darstellung (2): trapezoid bzw dreieckförmig Spezialfall: für b = c erhält man dreieckförmige ZGF 59
Parametrische Darstellung (3): normierte Gaußfunktion 60
Parametrische Darstellung (4): Differenz sigmoider Funktionen 61
Parametrische Darstellung (5): verallgemeinerte Glockenfunktion 62
Parametrische Darstellung (6): LR-Fuzzy-Menge Gegeben durch die parametrische Darstellung ihrer Flanken (getrennt für rechte und linke Flanke) Zwischen den Flanken (m 1 < x < m 2 ) gilt μ(x) = 1 µ µ L R 63
Parametrische Darstellung (7): Singleton (auch diskret) 64
Begriffe zur Beschreibung von Fuzzy-Mengen Anpassung allgemeiner Mengenbegriffe (für zwei Mengen A und B über einer Grundmenge G) Gleichheit von Fuzzy-Mengen: A = B μ A (x) = μ B (x) x G Leere Menge : μ (x) = 0 x G Universalmenge: μ U (x) = 1 x G Weitere Begriffe Höhe Normalität Support Kern -Schnitt Fuzzy-Teilmenge Fuzzy-Ähnlichkeit 65
Höhe Normalität Die Höhe einer Fuzzy-Menge ist durch den Maximalwert ihrer Zugehörigkeitsfunktion gegeben H(M) = max{μ M (x) x G} Eine Fuzzy-Menge M heißt normal, wenn H(M) = 1 gilt, sonst subnormal Im Folgenden und in der Praxis werden nur normale Fuzzy-Mengen betrachtet 66
Support Der Support einer Fuzzy-Menge ist der Teil des Definitionsbereichs in dem die Zügehörigkeitsfunktion Werte größer 0 annimmt (VDI/VDE 3550) Synonyme: Träger (VDI/VDE 3550), Einflussbreite Englisch: support Berechnung: Sei G die Grundmenge und M eine auf G definierte Fuzzy-Menge dann ist der Support von M durch supp(m) = {x G μ M (x) > 0} gegeben 1 μ μ M supp(m) = {x G a < x < d} 0 a b c d supp(m) x 67
Kern Der Kern einer Fuzzy-Menge ist der Teil des Definitionsbereichs in dem die Zügehörigkeitsfunktion den Wert 1 annimmt (VDI/VDE 3550) Synonyme: Toleranz (VDI/VDE 3550) Englisch: core, tolerance Berechnung: Sei G die Grundmenge und M eine auf G definierte Fuzzy-Menge dann ist der Kern von M durch core(m) = {x G μ M (x) = 1} gegeben μ 1 μ M core(m) = {x G b < x < c} 0 a b c d core(m) x 68
-Schnitt Der -Schnitt einer Fuzzy-Menge ist der Teil des Definitionsbereichs in dem die Zügehörigkeitsfunktion Werte größer annimmt (VDI/VDE 3550) Synonyme: -Cut (VDI/VDE 3550), -Level Englisch: cut Berechnung: Sei G die Grundmenge und M eine auf G definierte Fuzzy-Menge dann ist der -Schnitt von M durch -Schnitt(M) = {x G μ M (x) > } gegeben 1 μ ½ μ M ½-Schnitt(M) = {x G e < x < f} = {x G (a+b)/2 < x < (d+c)/2 } 0 a b c d e ½-Schnitt(M) f 69 x
Zusammenhang: Support, -Schnitt, Kern, Grundmenge HINWEIS: Grundmenge, Support, Kern und -Schnitt einer Fuzzy-Menge sind klassische Mengen Venn-Diagramm Kern -Schnitt Support Grundmenge 70
Fuzzy-Teilmenge Eine Fuzzy-Menge μ 1 heißt Fuzzy-Teilmenge einer Fuzzy-Menge μ 2 auf der Grundmenge G (Schreibweise: μ 1 μ 2 ), wenn gilt: μ 1 (x) μ 2 (x) x G 1 μ μ 1 μ 2 μ 1 μ 2 0 x 71
Fuzzy-Ähnlichkeit Zwei Fuzzy-Mengen A und B sind fuzzy-ähnlich, wenn core(a) = core (B) und supp(a) = supp(b) zwei Fuzzy-Mengen sind genau dann fuzzy-ähnlich wenn sie sich nur in der Form der linken und rechten Flanke unterscheiden Folgerung 1: Wesentliche Änderungen bei der Beschreibung einer Fuzzy-Menge werden durch Änderung von Support und Kern erzielt Folgerung 2: Es ist im Allgemeinen ausreichend trapezoide oder dreieckige Zugehörigkeitsfunktionen zu benutzen 1 μ 0 a b c d x 72
Operationen der klassischen Mengenlehre und Beziehung zur Logik Durchschnitt von Mengen (UND): x ist Element der Schnittmenge von M1 und M2 x ist Element von M1 UND x ist Element von M2 Vereinigung von Mengen (ODER): x ist Element der Vereinigungsmenge von M1 und M2 x ist Element von M1 ODER x ist Element von M2 Komplement von Mengen (NICHT): x ist Element der Komplementärmenge von M1 x ist NICHT Element von M1 73
Erweiterung auf Fuzzy-Mengen durch Zadeh 74
Durchschnitt von Fuzzy-Mengen 75
Vereinigung von Fuzzy-Mengen 76
Komplement von Fuzzy-Mengen 77
Probleme mit dem NICHT-Operator Klassisch: A UND NICHT A = 0 A ODER NICHT A = 1 78
Gültigkeit von Äquivalenzen 79
t-norm und s-norm t-norm Verallgemeinerung der logischen UND-Verknüpfung die Zugehörigkeitsgrade der Eingangsgrößen aus dem Intervall [0, 1] in einen Zugehörigkeitsgrad zwischen 0 und 1 der Ausgangsgröße abbildet, wobei die Abbildung monoton, kommutativ und assoziativ ist. s-norm (Synonym: t-conorm) Verallgemeinerung der logischen ODER-Verknüpfung die Zugehörigkeitsgrade der Eingangsgrößen aus dem Intervall [0, 1] in einen Zugehörigkeitsgrad zwischen 0 und 1 der Ausgangsgröße abbildet, wobei die Abbildung monoton, kommutativ und assoziativ ist. Operatorenpaar Wenn eine t-norm zusammen mit einer s-norm die Verallgemeinerung der De-Morgan schen Gesetze erfüllt, dann bilden beide ein zusammengehöriges Operatorenpaar 80
Weitere Operatoren VDI/VDE 3550 81
Zusammenfassung und Lernkontrolle zur 3. Vorlesung Elementare Begriffe klassischer Mengen kennen Wissen warum klassische Mengen zur Beschreibung von kontinuierlichen Sachverhalten teilweise problematisch sind Begriffe der Fuzzy-Mengen und Möglichkeiten zu deren Darstellung kennen Charakteristische Werte von Fuzzy-Mengen berechnen können (Support, Kern, Höhe, Schnitt) Zusammenhang zwischen Mengen und Logik kennen Elementare Operatoren der Fuzzy-Mengen bzw. der Fuzzy-Logik kennen und anwenden können 82