Optische und elektronische Eigenschaften von Si-Nanopartikeln



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Transkript:

Optische und elektronische Eigenschaften von Si-Nanopartikeln Diplomarbeit von Đenan Konjhodžić geboren am 24.06.1976 in Mostar Durchgeführt an der Fakultät für Naturwissenschaften der Universität Duisburg-Essen, Standort Duisburg am Lehrstuhl von Prof. Dr. A. Lorke Duisburg 2003

Zusammenfassung In dieser Arbeit werden Silizium-Nanopartikel (d=5-275 nm) mittels Fourier- Transformations-Infrarot-Spektroskopie auf ihre optischen Eigenschaften untersucht. Bei den Proben handelt es sich um Presslinge aus Si-Nanopulvern, die aus der Gasphase durch Pyrolyse von Silan (SiH 4 ) im Heißwand- bzw. im Mikrowellen-Reaktor hergestellt wurden. Neben den reinen Si-Presslingen werden im mittleren IR-Bereich auch Presslinge untersucht, bei denen die Si- Nanopartikel in eine KBr-Matrix eingebettet sind. Aus TEM Bildern wird die Morphologie der Proben bestimmt. In den Transmissionsspektren im mittleren IR-Spektralbereich werden einige Absorptionsbanden identifiziert und jeweiligen Schwingungsmoden zugeordnet. Es wird versucht, die starke Abnahme der Transmission zu den höheren Frequenzen hin, mit der Rayleigh-Streuung zu erklären. Außerdem wird versucht, die Partikelgröße aus der Rayleigh-Streuung zu bestimmen. Dabei werden Partikel als monodisperse Kugeln angenommen. Die auf diese Weise bestimmten Partikelgrößen werden mit den Größen, die nach der BET-Methode sowie aus den TEM-Bildern abgeschätzt wurden, verglichen. Bei den Si-KBr-Presslingen wird auch untersucht, ob die Transmission eine exp(-λ -4 ) Abhängigkeit von der Wellenlänge hat, die für die Rayleigh-Streuung typisch ist. Experimentell wird eine exp(-λ -2.22 )-Abhängigkeit gefunden, wobei die Abweichung von der Rayleigh-Theorie auf die Mehrfachstreuung in einem dichten Medium zurückgeführt wird. Das Modell der Rayleigh-Streuung wird durch die Theorie des effektiven Mediums erweitert. Die Nanopartikel werden dabei als Si-Ellipsoide, die mit einer dünnen Oxidschicht bedeckt sind, angenommen. Es werden einige Erklärungsversuche für die beobachtete Verschiebung der TO und LO Schwingungsmode von SiO 2 zu niedrigeren Frequenzen hin mit abnehmender Partikelgröße gemacht. Auch eine Abnahme der TO-LO- Aufspaltung wird diskutiert. Durch Drude-Absorption im fernen IR-Bereich und Hall-Messungen wird schließlich die Ladungsträgerdichte der Proben und deren Beweglichkeit abgeschätzt.

Abstract This work analyses the optical properties of silicon-nanoparticles (d=5-275 nm) using Fourier-transform infrared spectroscopy. The samples used in this study are made of compacted Si-nanopowders, which were prepared from the gas phase via pyrolysis of silane (SiH 4 ), either in a hot-wall or in a microwave reactor. Apart from samples made of pure Si powders, Si nanoparticles embedded in KBr matrix are examined too. TEM micrographs are used to determine the sample morphology. Some absorption bands in the mid infrared spectral region can be identified and assigned to respective oscillation modes. A strong decrease of the transmission towards higher frequencies can be explained by Rayleigh scattering. It is tried to estimate the particle sizes from Rayleigh scattering. In this model the particles are assumed to be monodisperse spheres. Estimated sizes are compared with sizes obtained from the BET method and TEM micrographs. In the case of Si-KBr pills it will be examined, whether the transmission has a wavelength dependence that is characteristic for Rayleigh scattering i.e. exp(-λ -4 ). A dependence of exp(-λ -2.22 ) is found experimentally. The deviation from Rayleigh theory is explained by multiple scattering in the dense medium. The model of Rayleigh scattering is extended using effective medium theory. Hereby the nanoparticles are assumed as Si-ellipsoids covered by thin oxide layer. Some explanation models for observed shift of TO and LO oscillation modes of SiO 2 towards lower frequencies as particle size decreases are given. A decrease in LO-TO splitting is discussed as well. Finally, through Drude absorption in the far IR spectral region and Hall measurements charge carrier density of the samples and their mobility are estimated.

Inhaltsverzeichnis KAPITEL 1 EINLEITUNG... 6 KAPITEL 2 GRUNDLAGEN... 8 2.1 FTIR-Spektroskopie... 8 2.1.1 Michelson-Interferometer... 8 2.1.2 Vorteile der FTIR-Spektroskopie... 10 2.1.3 Fourier-Transformation... 11 2.2 Absorption der IR-Strahlung... 16 2.2.1 Lambert-Beersches Gesetz... 16 2.2.2 IR-aktive Moden... 16 2.3 Rayleigh-Streuung... 18 2.3.1 Homogene sphärische Partikel... 19 2.4 Elektronische Anregungen... 20 2.4.1 Drude-Leitfähigkeit... 20 2.4.2 Drude-Absorption... 21 KAPITEL 3 EXPERIMENTELLE DETAILS...23 3.1 Aufbau des Fourier-Transformations-IR-Spektrometers... 23 3.2 Optische Komponenten... 25 3.2.1 Abbildungsoptik... 25 3.2.2 IR- Strahlungsquellen... 25 3.2.3 Detektoren... 25 3.2.4 Strahlteiler... 27 3.3 Si-Nanopartikel aus der Gasphase... 28 3.3.1 Heißwand-Reaktor... 28 3.3.2 Mikrowellen-Reaktor... 29 4

INHALTSVERZEICHNIS 5 3.4 Herstellung von Proben... 30 3.5 Durchführung der Messungen... 30 KAPITEL 4 MESSERGEBNISSE UND DISKUSSION...32 4.1 Morphologie der Si-Nanopartikel... 32 4.1.1 Si-Pulver aus dem Heißwand-Reaktor... 35 4.1.2 Si-Pulver aus dem Mikrowellen-Reaktor... 34 4.2 MIR Transmissionsmessungen der reinen Si-Presslinge... 36 4.2.1 Absorptionsbanden... 36 4.2.2 Rayleigh-Streuung bei den reinen Si-Presslingen... 39 4.3 MIR Transmissionsmessungen der KBr-Presslinge... 43 4.3.1 Rayleigh-Streuung bei den KBr-Presslingen... 43 4.3.2 Simulationen aus der Theorie des effektiven Mediums (EMT)... 53 4.3.2 Schwingungsmoden von Si-O-Si... 55 4.4 4-Punkt- und Hall-Messungen... 58 4.5 FIR Transmissionsmessungen... 59 KAPITEL 5 ZUSAMMENFASSUNG UND AUSBLICK...63 LITERATURVERZEICHNIS...65

Kapitel 1 Einleitung Große technische Fortschritte in den letzten Jahren ermöglichen die Herstellung von Materialien auf der Nanometerskala (griechisch nano=zwerg). Die entstandene Nanotechnologie ist eine Schlüsseltechnologie des 21. Jahrhunderts mit vielversprechenden Forschungsgebieten und einem breiten Anwendungsfeld. Die Miniaturisierung ist heute ein Haupttrend in Technologie und Wissenschaft und äußert sich vor allem im Übergang der Mikroelektronik zur Nanoelektronik mit Strukturgrößen kleiner als 100 nm. Nanostrukturierte Materialien haben aufgrund ihrer reduzierten Dimensionen oft Eigenschaften, die sie vom entsprechenden kompakten Material unterscheiden und sind somit technologisch von großem Interesse. Nanopartikel bilden die Brücke zwischen isolierten Atomen und dem Festkörper. Ihre Charakterisierung stellt hohe Anforderungen an Theorie und Experiment. Die mechanischen, optischen, elektrischen und magnetischen Eigenschaften von Nanopartikeln unterscheiden sich in vielerlei Hinsicht von denen des entsprechenden Festkörpers und sind stark von ihrer Größe und Morphologie abhängig. Diese Tatsache eröffnet die Möglichkeit für das gezielte Design von Strukturen mit einzigartigen Eigenschaften, die von der Größe und Zusammensetzung der Nanopartikel abhängig sind. Eine besondere Eigenschaft von Nanopartikeln ist ihre große Oberfläche im Vergleich zu ihrem Volumen. Die Anwendungsmöglichkeiten sind sehr breit angelegt, wie z.b. in der Katalyse, der Oberflächenbeschichtung, der Fotografie und ähnlichen Applikationen. Eine Beschichtung kann z. B. für Brillengläser UV-Schutz, farbliche Tönung und Kratzfestigkeit gleichzeitig bieten. Besondere Fortschritte erwartet man in der Sensor- und Speichertechnologie, wo man die große Oberfläche von Nanopartikeln zum Bau empfindlicherer Detektoren und ihre kleine räumliche Ausdehnung zur Erhöhung der Speicherdichte ausnutzen möchte. 6

KAPITEL 1: EINLEITUNG 7 Wegen starker Lichtstreuung der Partikel, die zu einem farbigen Eindruck führt, wurden diese Materialien schon in der Antike zur Färbung von Glas verwendet. Aufgrund der Langzeitstabilität bezüglich Farbgebung wird neuerdings sogar darüber nachgedacht, Suspensionen aus solchen Partikeln für Autolacke zu verwenden. Diese farbgebenden Eigenschaften der Nanopartikel beruhen in erster Näherung auf der bekannten Rayleigh-Streuung, welche ebenso die Färbung des Himmels bei unterschiedlichen Winkeln der Sonne beschreibt. Eine Möglichkeit der Herstellung von Nanopartikeln ist ihre Erzeugung aus der Gasphase. Als Ausgangsstoffe dienen dabei Precursor-Moleküle. Infolge von reaktiven Prozessen zwischen diesen Molekülen und anschließender Nukleation und Partikelbildung entstehen dann Cluster. Das wohl bedeutendste Material für Halbleiterbauelementen ist der Elementarhalbleiter Silizium, der in elektronischen Bauelementen und Computern fast ausschließlich eingesetzt wird. Insbesondere die Beobachtung der Photolumineszenz beim porösen nanostruktuierten Silizium hat das Interesse an der Herstellung und Charakterisierung von Si-Nanopartikeln erhöht. Aufgrund niedriger Herstellungskosten können Si-Nanopartikel in der Herstellung von Solarzellen verwendet werden, die erforderliche Sauberkeit bereitet jedoch bei der Massenproduktion einige Probleme. Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit der Untersuchung der Morphologie und einiger optischer und elektronischer Eigenschaften von Si-Nanopartikeln aus der Gasphase. Als Untersuchungsmethode wurde vor allem die Fourier-Transformations- Infrarot-Spektroskopie verwendet. Durch ein schnelles und einfaches Verfahren kann die Sauberkeit der Nanopartikel für deren Einsatz in der Solarzellenherstellung untersucht werden. Ein spektroskopisches Verfahren zur Großenbestimmung der Partikel wäre ein hilfreiches und einfaches Instrument bei deren Charakterisierung. Dabei ist auch wichtig die Ladungsträgerkonzentration und deren Beweglichkeit zu kennen, die in dieser Arbeit ebenfalls untersucht werden. Diese Arbeit ist folgendermaßen gegliedert: - Das 2. Kapitel behandelt die Grundlagen der FTIR-Spektroskopie, Absorption der IR-Strahlung, Rayleigh-Streuung, sowie Drude-Absorption. - Im 3. Kapitel wird der Aufbau des verwendeten FTIR-Spektrometers und die Herstellung der untersuchten Proben dargestellt. - Das 4. Kapitel zeigt die experimentellen Messergebnisse. Es werden Modelle zu deren Interpretation entwickelt und diskutiert. - Das 5. Kapitel fasst die Ergebnisse noch einmal zusammen und gibt einen Ausblick auf weitere Untersuchungsmöglichkeiten.

Kapitel 2 Grundlagen 2.1 FTIR-Spektroskopie Das Grundprinzip der Fourier-Transform-Infrarot-Spektroskopie ist die Erfassung eines weiten Spektralbereichs über ein Interferenzverfahren. Das apparative Element ist dabei das Michelson-Interferometer, das im folgenden kurz skizziert wird. Für tiefergehende Betrachtung der FTIR-Spektroskopie verweise ich auf zahlreiche Literatur, wie z.b. [Griffiths75], [Günzler02], [Herres84a], [Herres84b], [Herres85]. 2.1.1 Michelson-Interferometer Das Schema eines idealisierten Michelson-Interferometers ist in der Abbildung 2.1 dargestellt. Von einer Quelle emittierte Infrarot-Strahlung trifft auf einen Strahlteiler, der im Idealfall die eine Hälfte des einfallenden Lichtes durchlässt und die andere reflektiert. Der reflektierte Teil trifft nach der Strecke L auf einen fest montierten Spiegel, wird dort reflektiert und fällt nach der Gesamtstrecke 2L wieder auf den Strahlteiler. Der durchgelassene Teil wird von einem um eine Strecke x verschiebbaren Spiegel reflektiert und legt eine Gesamtstrecke von 2 (L+x) zurück. Beim Rekombinieren auf dem Strahlteiler weisen die beiden Strahlhälften eine Wegdifferenz von 2x auf. Da sie räumlich kohärent sind, interferieren sie miteinander. Der interferierte Strahl passiert den Probenraum und wird schließlich auf einen IR- Detektor fokussiert. Das Signal, das den Detektor erreicht, ist somit die Intensität I(x) 8

KAPITEL 2: GRUNDLAGEN 9 der IR-Strahlung in Abhängigkeit von der Auslenkung x des beweglichen Spiegels aus der Position L. I(x) wird als Interferogramm bezeichnet. fester Spiegel L x Lichtquelle Strahlteiler beweglicher Spiegel Detektor Abbildung 2.1: Schema eines Michelson-Interferometers Im Falle einer monochromatischen Strahlungsquelle interferieren die beiden Partialwellen konstruktiv, wenn ihre Weglängendifferenz ein ganzes Vielfaches der Wellenlänge λ beträgt, wenn also 2 x= n λ ( n= 0,1,2,...) (2.1) gilt. Ein minimales Detektorsignal als Folge destruktiver Interferenz resultiert, wenn 2x ein ungerades Vielfaches von λ/2 ist. Der vollständige funktionale Zusammenhang zwischen I(x) und x ist durch die Kosinusfunktion gegeben, wobei ν 1 λ ( ) ( ν ) cos( 2π ν ) I x = S x (2.2) = die Wellenzahl und ( ) S ν die Intensität der monochromatischen Spektrallinie bei der Wellenzahl ν ist. Zur Bestimmung der exakten Spiegelposition mit Hilfe eines zusätzlichen Michelson- Interferometers wird das monochromatische Licht eines He-Ne-Lasers verwendet. Das IR-Interferogramm wird exakt an den Nulldurchgängen des Laser-Interferogramms

10 KAPITEL 2: GRUNDLAGEN digitalisiert. Die Genauigkeit des Abstandes x zwischen zwei Digitalisierungspunkten wird durch die Genauigkeit der Laserwellenlänge selbst und natürlich durch die mechanische Stabilität des Geräts bestimmt. Die absolute Position x=0 wird durch Messung des scharfen Maximums des Weißlicht-Interferogramms einer breitbandigen Quelle festgelegt. Zur Datenaufnahme sind also drei Spektrometer notwendig, die mit ihren jeweiligen Interferogrammen in der Abbildung 2.2 skizziert sind. x beweglicher Spiegel Weißlicht-Quelle He-Ne-Laser Si Photodiode Ge Photodiode Abbildung 2.2: Schematische Darstellung der drei Interferometer mit den jeweiligen Interferogrammen: A) vom Detektor registriertes Signal, B) Weißlicht-IF, C) Laser-IF 2.1.2 Vorteile der FTIR-Spektroskopie Um zwei monochromatische Linien im Spektrum trennen zu können, müssen sie nach dem Rayleigh-Kriterium mindestens einen Abstand von: 3 1 ν = ν0 ν = (2.3) 4x x max max haben. Das Auflösungsvermögen eines Fourier-Transformationsspektrometers ist also umgekehrt proportional zur maximal erreichbaren Wegdifferenz der interferierenden Strahlen beim maximalen Spiegelhub.

KAPITEL 2: GRUNDLAGEN 11 Da der Abstand ν zwischen zwei digitalen Spektrenpunkten umgekehrt proportional zu x ist, verfügen FTIR-Geräte automatisch über eine interne Wellenzahlkalibrierung hoher Präzision. Dieser Vorteil der FT-Technik wird als Connes-Vorteil bezeichnet. Ein weiterer Vorteil der FT-Technik ist der Jaquinot-Vorteil, der sich aus der Tatsache ergibt, dass die in den FTIR-Spektrometern verwendeten kreisförmigen Blenden wegen ihrer größeren Fläche einen höheren Strahlungsdurchsatz erlauben, als die linearen Spalte von Gittergeräten. Bei den FTIR-Geräten treffen die gesamten von der Quelle ausgesandten Frequenzen gleichzeitig auf den Detektor, was man als Multiplex- oder Fellget-Vorteil bezeichnet. Im Gegensatz zu dispersiven Spektrometern kann mit einem FTIR- Spektrometer durch den Multiplex-Vorteil ein Spektrum mit einem bestimmten Signal/Rausch-Verhältnis in wesentlich kürzerer Zeit aufgenommen werden. Das Signal zu Rausch-Verhältnis eines FTIR-Spektrometers nimmt proportional zu N (N ist die Zahl der Messungen oder Scans) zu. 2.1.3 Fourier-Transformation Die Fourier-Transformation stellt den Zusammenhang zwischen gemessenem Interferogramm und Spektrum her. Die Amplitudenfelder der beiden interferierenden Teilstrahlen lassen sich durch (reflektierter Teilstrahl) (durchgelassener Teilstrahl) ( ν ) ( ν ) A = S e ( ν ) ( ν ) B = S e ( ωt+ ϕ ) i iωt (2.4) ausdrücken, wobei ω = 2πν c mit c als Lichtgeschwindigkeit; ν = 1 λ die Wellenzahl und ϕ der Phasenunterschied ist, den die beiden Lichtwellen infolge der Spiegelbewegung erhalten. ϕ und der gemessene Gangunterschied x sind durch die Beziehung ϕ ( x) 2π x = = 2πν x (2.5) λ miteinander verknüpft. Von dem Detektor werden Intensitäten, d.h. die Betragsquadrate der überlagerten kohärenten Amplitudenfelder gemessen. Im Intervall von ν bis ν + dν entspricht dies ( ν ) ( ν ) 2 di = A + B dν (2.6) Einsetzen der Gleichungen (2.4) und (2.5) in (2.6) ergibt dann:

12 KAPITEL 2: GRUNDLAGEN ( ν ) ( πν ) 2 ( ν ) ( πν ) ν di = 2S 1+ cos 2 x d ν di = 4S cos x d (2.7) Diese Gleichung zeigt die cos²-förmige Interferogrammfunktion einer einzelnen Spektrallinie. Handelt es sich um ein kontinuierliches Spektrum, so misst der Detektor die Summe aller Beiträge di, also das Integral von Gl. (2.7) über alle Wellenzahlen: ( ) = 2 ( ν ) ν + 2 ( ν ) cos( 2πν ) I x S d S x d ν (2.8) 0 0 Betrachten wir nun zwei Sonderfälle. Für den Gangunterschied x=0, der sogenannten Weißlicht-Position, ergibt sich der Wert ( 0) 4 ( ν ) I = S dν (2.9). 0 Für sehr großen Gangunterschied mittelt sich das zweite Integral in Gleichung (2.8) zu Null. Es folgt dann: ( ) 2 ( ν ) I = S dν (2.10) 0 Man erkennt, dass in der Weißlicht-Position die Intensität im Interferogramm doppelt so hoch ist wie bei sehr großen Gangunterschieden. Weiterhin erkennt man die I x = I x. Symmetrie des Interferogramms um x=0, d.h. ( ) ( ) Schreibt man Gl. (2.8) in der komplexen Form unter der Voraussetzung S ν = S ν, so erhält man: ( ) ( ) ( ) ( ) ( ) exp[ 2 ] I I x I = S ν i πν x dν (2.11) Der Sinus-Anteil in exp( i 2πν x) ergibt für Gleichung (2.11) mit der geraden Funktion S ( ν ) gerade Null. Auf diese Form lässt sich direkt die Fourier- Transformation anwenden. Das gesuchte Spektrum lässt sich dann durch ( ν ) = exp[ 2 ] S I i πν x dx (2.12) ausdrücken. Mit der Symmetrievoraussetzung I ( x) = I( x) folgt dann schließlich:

KAPITEL 2: GRUNDLAGEN 13 ( ν ) cos( 2πν ) S = I x dx ( ν ) = 2 cos( 2πν ) S I x 0 dx (2.13) Auf diese Weise lassen sich die gesuchten Spektren aus den aufgenommenen Interferogrammen errechnen. Faltung und Apodisation Gleichung (2.13) verlangt die Kenntnis des Interferogramms für alle Gangunterschiede von 0 bis. Das Interferogramm kann aber nur bis zu einem maximalen Gangunterschied x max gemessen werden. Mathematisch entspricht dies der Faltung von I mit einer Rechteckfunktion (engl. boxcar-function) B( x ), die innerhalb der Grenzen -x max bis x max den Wert 1 besitzt und außerhalb 0 ist. Statt Gl. (2.13) muss also die Fourier-Transformierte des Produktes I Bx ( ) berechnet werden. Die Lösung folgt unmittelbar aus dem Faltungstheorem. Es gilt: ( ν ) ( ν ) = ( ) cos( 2πν ) S B I B x x dx 0 ( ) ( πν ) = 2 I B x cos 2 x dx (2.14) wobei S ( ν ) das wahre Spektrum und B ( ν ) die Fourier-Transformierte von B ( x ) ist. Die Faltung S( ν ) B( ν ) bedeutet, dass das wahre Spektrum S ( ν ) von der Abschneidefunktion B ( ν ) verformt wird, analog wie dies die Spaltfunktion eines dispersiven Spektrometers tut. Das analytische Ergebnis für B ( ν ) ist die wohlbekannte sinc-funktion B( ν ) = x sinc(2 πν x ) = x sin (2 πν x ) (2 πν x ) (2.15) max max max max max die in der Abbildung 2.3 dargestellt ist. Neben dem Problem der Auflösungsverringerung hat die Rechteckfunktion den Nachteil, dass durch die Entstehung der Nebenmaxima, oder Füße in der Fouriertransformierten die gemessenen Spektren nicht reelle Strukturen aufweisen. Der Vorgang, mit dem man die Amplitude der Füße verringern kann heißt Apodisation (griechisch αποδο=beseitigung der Füße). In Abbildung 2.3 sind einige Beispiele für solche Apodisationsfunktionen gezeigt, wobei man meistens die 3-Term-

14 KAPITEL 2: GRUNDLAGEN Blackmann-Harris-Funktion benutzt. Leider geht mit dem Verschwinden der Nebenmaxima eine Verschlechterung der endlichen Auflösung einher. Abbildung 2.3: Beispiele einiger Apodisationsfunktionen (links) und deren Fouriertransformierten (rechts). Phasenkorrektur Eine weitere Forderung, die bei der Herleitung von Gl. (2.13) gemacht wurde, ist die Symmetrie des Interferogramms um den Nullpunkt. Dies ist in der Realität aber nicht der Fall. Ursachen für diese Asymmetrie sind: - Keine der Abtastpositionen fällt genau mit dem Extremum des zentralen Interferogramms zusammen, was meistens der Fall ist. Hieraus resultiert ein in ν linearer Phasenfehler. - Es wird nur ein einseitiges Interferogramm aufgenommen, d.h. nur eine Seite wird bis zur gewünschten Auflösung aufgenommen. Die andere Seite enthält nur wenige hundert Punkte. - Das Interferogramm ist in sich unsymmetrisch. Ursache hierfür kann eine wellenzahlabhängige Phasenverschiebung der Optik, der Detektor/Verstärker Einheit oder der elektronischen Filter sein.

KAPITEL 2: GRUNDLAGEN 15 Folge dieser Unsymmetrie ist, dass die Fouriertransformierte des Interferogramms im allgemeinen ein komplexes Spektrum mit nicht verschwindendem Imaginärteil liefert. Das komplexe Spektrum C( ν ) lässt sich schreiben als das Produkt aus dem gewünschten reellen Spektrum S( ν ) und der komplexen Exponentialfunktion das wellenzahlabhängige Phasenspektrum ϕ( ν ) enthält. ( ν ) ( ν ) ( ) i C S e ϕ ν i ( ) e ϕ ν, die = (2.16) Die Aufgabe der Phasenkorrektur besteht nun darin, das Spektrum S( ν ) aus dem komplexen Spektrum zu herauszurechnen. Nach der meistens verwendeten Mertz- Methode geschieht dies durch Multiplikation von C( ν ) mit dem Inversen der Exponentialfunktion. Das reelle Spektrum ergibt sich dann zu ( ν ) Re ( ν ) ( ) i S C e ϕν = (2.17) Das Phasenspektrum ϕ( ν ) wird aus dem kurzen doppelseitigen Teil des Interferogramms nach der Apodisation und Fourier-Transformation aus der Beziehung ( ) ϕν arctan I ( ν ) R( ν ) bestimmt. Dabei ist R ( ν ) der reelle und I ( ν ) Spektrums C( ν ) = R( ν ) + ii( ν ). = (2.18) der rein imaginäre Teil des komplexen Zerofilling Aufgrund der Tatsache, dass das Interferogramm in digitalisierter Form vorliegt, muss die Fourier-Transformation diskret durchgeführt werden. Das kann sich negativ auswirken, wenn das Maximum einer schmalbandigen Spektrallinie zwischen zwei Stützpunkten des Frequenzspektrums liegt. Die Bande erscheint dann abgeschnitten. Dieser Effekt wird als Picket-fence-Effekt bezeichnet. Durch eine Steigerung der Auflösung lässt er sich beheben. Ist dies aus apparativen Gründen (endlicher Spiegelhub) nicht mehr möglich, so lässt sich dieser Effekt durch eine spezielle Interpolationsmethode beheben. Dazu wird dem Interferogramm eine Folge von Nullen angehängt (Zerofilling). Das auf diese Weise vergrößerte Interferogramm enthält zwar keine zusätzlichen physikalischen Informationen, aber das daraus berechnete Frequenzspektrum erhält eine höhere Punktdichte. Der Vorteil des Zerofillings gegenüber polynomialen Interpolationsmethoden im Frequenzspektrum ist, dass es keine unphysikalischen Nebenmaxima erzeugt. Der Faktor 2 n, um den das Interferogramm verlängert wird, heißt Zerofilling-Faktor.

16 KAPITEL 2: GRUNDLAGEN 2.2 Absorption der IR-Strahlung Infrarot-Strahlung umfasst Wellenlängen von 0,78 µm bis 1 mm, also den Bereich elektromagnetischer Strahlung zwischen sichtbarem roten Licht und Mikrowellen. Speziell in der IR-Spektroskopie verwendet man den reziproken Wert der Wellenlänge, die Wellenzahl ν : 4 1 1 1 10 ν [ cm ] = = (2.19) λ[ cm ] λ[ µm] Die IR-Strahlung wird üblicherweise in drei Bereiche unterteilt: - Nahes Infrarot (NIR) zwischen 4000 und 12800 cm -1, bzw. 0,78 und 2,5 µm - Mittleres Infrarot (MIR) zwischen 400 und 4000 cm -1, bzw. 2,5 und 25 µm - Fernes Infrarot (FIR) zwischen ca. 10 und 400 cm -1, bzw. 25 µm und 1mm. 2.2.1 Lambert-Beersches Gesetz Die primäre Messgröße für die Wechselwirkung zwischen IR-Strahlung und Substanz ist die Transmission T der Probe. Sie ist definiert als das Verhältnis der von der Probe durchgelassener Strahlungsintensität I und der Intensität I 0 vor Eintritt in die Probe und wird durch das Lambert-Beersches Gesetz beschrieben: T I I ε cd = (2.20) 0 e mit ε : Extinktionskoeffizient (setzt sich additiv aus dem Streu- und Absorptionskoeffizienten zusammen), c: Konzentration, d: Schichtdicke Die Aufnahme der Strahlungsenergie, die Absorption A, die Transmission T und die Reflexion R ergänzen sich definitionsgemäß immer zu 1, es ist also: T = 1 A R (2.21) 2.2.2 IR-aktive Moden Elektromagnetische Strahlung entsprechender Frequenz kann von einem Molekül absorbiert werden, wenn mit der anzuregenden Schwingung der betreffenden Atomgruppe eine Dipolmomentänderung verbunden ist. Schwingungen, mit denen keine Dipolmomentänderung verbunden ist, sind nicht anregbar und man bezeichnet sie als IR-inaktiv. Die Anregung eines Moleküls zur Rotation bzw. der Übergang in einen Zustand höherer Rotationsenergie kann entsprechend auch nur dann erfolgen, wenn das Molekül als Ganzes ein Dipolmoment aufweist.

KAPITEL 2: GRUNDLAGEN 17 Zweiatomige Moleküle können naturgemäß nur eine einzige Schwingungsbewegung ausführen, nämlich gegenläufige Verschiebung der beiden Atome in Valenzrichtung. Ein System von N Massenpunkten verfügt über 3N Bewegungsfreiheitsgrade. Subtrahiert man die drei Translationsbewegungen und drei Rotationen um den Massenschwerpunkt, so ist die Zahl der eigentlichen Schwingungsfreiheitsgrade: Z = 3N 6, für lineare Moleküle: Z = 3N 5 (2.22) Ein dreiatomiges lineares Molekül ist demnach in der Lage, vier Schwingungen auszuführen, die in der Abbildung 2.4 dargestellt sind. ν 1 ν 2 ν 3 _ + + + ν 4 Abbildung 2.4: Schwingungsformen eines dreiatomigen, linearen Moleküls: ν 1 : symmetrische Valenzschwingung, ν 2 : asymmetrische Valenzschwingung, ν 3 und ν 4 : entartete Deformationsschwingung Falls es sich hierbei um die Atome gleicher Sorte handelt, ist die Schwingung ν 1 IRinaktiv. In Abbildung 2.5 sind die verschiedenen Schwingungsformen des Methan- Moleküls, als Beispiel eines mehratomigen Moleküls dargestellt. C C C C C C symmetrische asymmetrische scissoring, Beuge- rocking, Pendel- wagging, Kipp- twisting, Torsions- Valenzschwingung Deformationsschwingung Abbildung 2.5: Bespiel für IR-aktive Moden eines mehratomigen Moleküls

18 KAPITEL 2: GRUNDLAGEN 2.3 Rayleigh-Streuung Trifft elektromagnetische Welle auf ein polarisierbares Teilchen, wird sie entweder absorbiert oder gestreut. Ist die Frequenz ω der Welle hinreichend weit entfernt von irgendeiner Resonanzfrequenz, wird die Absorption vernachlässigbar klein, und nur Streuung spielt eine Rolle. Rayleigh-Streuung tritt auf, wenn die Teilchengröße viel kleiner als eine Wellenlänge ist, so dass das Teilchen das Feld der Welle als gleichförmig wahrnimmt. Ist die Teilchengröße vergleichbar mit der Wellenlänge handelt es sich um Mie-Streuung. Im Fall der Rayleigh-Streuung kann man das momentane Dipolmoment in cgs- Einheiten und α als Polarisierbarkeit schreiben als: ( ) α E( ) p t = t (2.23) i t Ist Et () = Ee ω 0, so verhält sich p(t) wie ein schwingender Dipol, der die Energie mit einer Rate W 4 2 4 2 2 = ω p0 ω E0α 3 12πc = 12πc (2.24) 3 abstrahlt [Lipson97]. Gibt es N unabhängig voneinander streuende Teilchen in einem Würfel mit Volumen eins, ist die Strahlungsleistung, der Poynting-Vektor Π, der eine 2 gemittelte Amplitude von 12Echat. Daher beträgt der Leistungsverlust pro Längeneinheit bei der Ausbreitung 0 dπ dz 4 2 Πω α = NW = (2.25) 4 6π c Diese Gleichung hat die Lösung: Π=Π 4 2 Nωα z exp 6π c (2.26) 0 4 Die bedeutendste Eigenschaft von Gl. (2.26) ist ihre Abhängigkeit von der Frequenz, die mit der vierten Potenz eingeht; blaues Licht wird daher zehnmal stärker gestreut als rotes: dies ist der Grund, dass der Himmel während des Tages blau ist. Das Sonnenlicht wird in jeder Höhe in der Atmosphäre von Luftmolekülen gestreut und das Spektrum des gestreuten Lichts ein deutliches Übergewicht bei kürzeren Wellenlängen hat. Die Morgen- oder Abendröte kommt daher zustande, dass sowohl das Sonnenlicht als auch das von den horizontnahen Luftschichten gestreute Licht einen sehr langen optischen

KAPITEL 2: GRUNDLAGEN 19 Weg durch die Atmosphäre zurücklegen muss, weswegen ein viel größerer Teil des blauen Lichts im Vergleich zum roten aus dem Strahlenweg herausgestreut wird. 2.3.1 Homogene sphärische Partikel Nach Lorentz [Hulst81] ist die Polarisierbarkeit α für die Kugel mit dem Radius a, dem Volumen V und dem Brechungsindex n: ( n ) 2 ( n + ) 2 3 1 2 n 1 α = V = 4π 2 n 2 + 2 3 a (2.27) Für den Streuwirkungsquerschnitt C sca gilt bei der Rayleigh-Streuung allgemein: Csca 8 3 4 2 = π k α (2.28) Den Streufaktor Q sca bekommt man durch Division von C sca durch π a 2. Mit dem Wirkungsfaktor χ = k a= 2 πν und einsetzten von Gl. (2.27) gilt für den Streufaktor für sphärische Partikel: Q sca = 2 2 8 4 n 1 χ 2 3 n + 2 (2.29) Für den Streuwirkungsquerschnitt C sca sphärischer Partikel ergibt sich dann: 2 2 5 6 n 4 ν 2 128 1 Csca = π a 3 n + 2 (2.30) Für die Transmission der IR-Strahlung durch eine Schicht der Dicke d, die aus homogenen Partikeln besteht, gilt das modifizierte Lambert-Beersche Gesetz: ( ) ( ) T = 1 R exp Csca N d (2.31) Hierbei ist R die Reflexion an der Oberfläche der Schicht für die gilt: 2 n 1 R = n + 1 (2.32) Unter der Annahme, dass die Partikel dicht gepackte homogene Kugeln sind, wie in der Abbildung 2.6 dargestellt, folgt schließlich für die Transmission die Gl. (2.33).

20 KAPITEL 2: GRUNDLAGEN 2 2 2 n 1 16 5 3 n 1 4 T = 1 exp π a d ν 2 n 1 + 3 n + 2 (2.33) 2a 1 N = 2 a 3 Abbildung 2.6: Annahme dicht gepackter homogener Kugeln 2.4 Elektronische Anregungen 2.4.1 Drude-Leitfähigkeit Das Drude-Modell beschreibt klassisch die frequenzabhängige Bewegung von Ladungsträgern in Festkörpern bei Erregung mit einem elektrischen Wechselfeld, wie z.b. mit FIR-Strahlung. Die Drude-Lorentz-Gleichung für die Bewegung von Elektronen ohne äußeres Magnetfeld B lautet [Marder00]: v = ω (2.34) τ * * * 2 mv ee m m 0 r wobei m * die effektive Masse, τ die Relaxationszeit und ω 0 die Resonanzfrequenz ist. Unter der Voraussetzung, dass E und v Zeitabhängigkeit der Form exp(iωt) haben, folgt: v ee τ * ω 0 m 1+ iωτ i τ ω ( ω) = 2 (2.35) 2 Ne s τ j ( ω) = Nev s ( ω) = E 2 * ω 0 m 1+ iωτ i τ ω (2.36) Mit dem Ohmschen Gesetz j=σ E ergibt sich die Leitfähigkeit σ : ( ) σ ω = 2 Ne s τ 1 * 2 m ω 0 1+ i ω τ ω (2.37)

KAPITEL 2: GRUNDLAGEN 21 Die Resonanzfrequenz einer metallischen Kugel ist nach [Noh90]: ω 0 ω p 1+ 2ε r (2.38) ε r ist dabei die Dielelektrizitätskonstante des Mediums in dem sich die Kugel befindet (ε r =1 für Vakuum) und ω p die Plasmafrequenz, die wie folgt definiert ist: ω Ne 2 s p = (2.39) * ε 0m Für die Leitfähigkeit einer metallischen Kugel im Vakuum ergibt sich also: ( ) σ ω = Neτ 1 2 s * 2 m Ne s 1+ i ω * 3ε0m τ ω (2.40) 2.4.2 Drude-Absorption Mit dem imaginären Teil κ des komplexen Brechungsindex Absorptionskoeffizient α definiert [Marder00]: ˆn= n+ iκ ist der 2ω ωεi α = κ = (2.41) c nc Dabei ist ε i der imaginäre Teil der komplexen Dielelektrizitätskonstante ˆ ε = εr + iε i mit: [ σ ] Re εi = (2.42) ε ω Mit dem Lambert-Beerschen-Gesetz T = e αd ergibt sich aus den Gleichungen (2.41) und (2.42) für die Transmission: 0 T d Re ncε 0 [ σ ] = e (2.43) Nimmt man an, dass die Probe aus leitenden Kugeln besteht, kann man den reellen Teil der Leitfähigkeit σ aus der Gl. (2.40) verwenden: Re [ σ ] = 2 Ne s τ 1 * 2 m 2 Ne s 2 1+ ω τ * 3ε0m ω (2.44)

22 KAPITEL 2: GRUNDLAGEN * m Mit τ = µ und ω = 2πν c ergibt sich durch Einsetzen von (2.44) in (2.43) e schließlich für die Transmission: T = e de N s ncε 0 µ 1 * m ens 1+ 2π c µν e 6πε0 c µ ν 2 (2.45) Diese Funktion hat fast eine Lorentz-Linienform an der Stelle der Drude-Absorption. Aus der Resonanzamplitude A und der Halbwertsbreite b kann man die Ladungsträgerdichte N s und die Beweglichkeit µ bestimmen, da N b A und 1 µ ist. b s

Kapitel 3 Experimentelle Details 3.1 Aufbau des Fourier-Transformations-IR-Spektrometers In Abbildung 3.1 ist der Aufbau und Strahlengang des FT- IR- Spektrometers IFS 113v der Firma Bruker, Karlsruhe skizziert. Das Interferogramm wird durch ein Genzel- Interferometer erzeugt. Die von einer Quelle (S1-S3) kommende IR- Strahlung wird kollimiert und gelangt durch die Blende, deren Durchmesser mit dem Blenden-Wechsler (AC) über die Spektrometersoftware eingestellt werden kann. Nachdem der Strahl zwei Umlenkspiegel passiert hat, wird der interessierende Wellenlängenbereich durch einen Filter im Filter-Wechsler (FC), ebenfalls über die Software ansteuerbar, herausgefiltert. Von dort aus gelangt die Strahlung zu einem Strahlteiler, der im Idealfall jeweils 50% der Strahlung reflektiert bzw. transmittiert und ebenfalls, je nach Wellenlängenbereich, automatisch mit dem Strahlteiler-Wechsler (BSC) ausgetauscht werden kann. Der reflektierte bzw. transmittierte Teilstrahl gelangt nun über zwei sogenannte Interferometerspiegel auf den auf einer Luftkissenschiene bewegten Spiegel-Scanner (MS) und wird von ihm über die Interferometerspiegel zurück zum Strahlteiler reflektiert. Hier kommt es zur Interferenz der beiden Teilstrahlen. Im Unterschied zum im Kapitel 2.1.1 beschriebenen Michelson-Interferometer, hat der Genzel- Interferometer also keinen festen Spiegel sondern einen beweglichen, der von beiden Seiten beleuchtet wird. Daher haben die interferierenden Teilstrahlen bei einer Verschiebung des Spiegels um x hier einen optischen Wegunterschied von 4x. Der interferierte Lichtstrahl gelangt über zwei Umlenkspiegel in die Probenkammer. Über einen drehbaren Spiegel ist man nun in der Lage, einen Messkanal auszuwählen. Die IR-Strahlung gelangt über einige Spiegel schließlich zu dem über die 23

24 KAPITEL 3: EXPERIMENTELLE DETAILS Spektrometersoftware auswählbaren Detektor (D1-D4). Zuerst wird ein Referenzspektrum ohne Probe aufgenommen, durch das dann das Probenspektrum geteilt wird, um das gewünschte Transmissionsspektrum zu erhalten. Abbildung 3.1: Strahlengang des FT-IR-Spektrometers, Typ IFS 113v der Firma Bruker Mit Hilfe einer Drehschieberpumpe wird das Spektrometer unter einem Grobvakuum gehalten, um die Absorption von Wasserdampf und CO 2 zu eliminieren. Die optischen Komponenten des Spektrometers werden auf einer Temperatur von 33 C gehalten. Dies soll die Gefahr verringern, dass Verunreinigungen aus der Luft auf den Spiegeln kondensieren. Die Temperaturkonstanz soll auch gewährleisten, dass die Messbedingungen nicht durch thermische Ausdehnung oder Krümmung der optischen Komponenten verändert werden.

KAPITEL 3: EXPERIMENTELLE DETAILS 25 3.2 Optische Komponenten Aufgrund der Breite des IR-Spektralbereiches von 12800 cm -1 bis ca. 10 cm -1, müssen verschiedene Strahlungsquellen, Detektoren, Strahlteiler und Filter zum Einsatz kommen. 3.2.1 Abbildungsoptik Zur Abbildung und zum Umlenken der IR-Strahlung werden im IFS 113v ausschließlich mit einer dünnen Aluminiumschicht beschichtete Glasspiegel verwendet. 3.2.2 IR- Strahlungsquellen Bei der im MIR-Bereich (400 cm -1-5000 cm -1 ) benutzten Strahlungsquelle handelt es sich um einen Globar, einen ca. 8 mm dicken Hohlzylinderstab aus Siliciumcarbid. Die Lichtemission basiert auf der thermischen Eigenstrahlung. Die Arbeitstemperatur beträgt 1300 C bis 1400 C. Der Globar hat nahezu die Eigenschaften eines grauen Strahlers mit einem Emissionsvermögen ε = 0, 8. Im FIR-Bereich wurde eine Quecksilberdampfhochdrucklampe verwendet. Ihr Einsatzbereich liegt zwischen 10 cm -1 und 700 cm -1. Hierbei wird der kontinuierliche Spektralanteil genutzt, der durch freie Elektronen im Plasma des Quecksilberdampfes entsteht. Die monochromatischen Spektrallinien in höheren Frequenzbereichen, die durch Übergänge gebundener Elektronen entstehen, können als Kontroll- und Eichlinien dienen. Im NIR-Bereich, der wegen zu großer Signalschwankungen leider nicht benutzt werden konnte, kommt eine Wolfram- Halogenlampe zum Einsatz. Bei ihr handelt es sich wie beim Globar um einen thermischen Strahler. Ihr Einsatzbereich liegt bei 5000 cm -1-20000 cm -1. 3.2.3 Detektoren Für die Messung der IR- Strahlung wurde im MIR-Bereich ein photoelektrischer Detektor (MCT- oder HgCdTe- Detektor), im FIR-Bereich ein Bolometer benutzt. Der MCT- Detektor Der MCT-Detektor (Mercury-Cadmium-Telluride) ist ein photoelektrischer Detektor, dessen Empfindlichkeitsbereich sich von 400 cm -1 bis 5000 cm -1 erstreckt. Seine * 9 1 Detektivität beträgt D = 5 10 Hz W bei 1 khz. Der MCT-Detektor wird mit flüssigem Stickstoff gekühlt. Ein Signalverstärker ist im Spektrometer integriert.

26 KAPITEL 3: EXPERIMENTELLE DETAILS Das Bolometer Das Funktionsprinzip des Bolometers beruht auf der temperaturabhängigen elektrischen Widerstandsänderung. Es gehört damit zur Gruppe der thermischen Detektoren. Zum Einsatz kommen hier hauptsächlich Halbleitermaterialien, wie zum Beispiel Si oder Ge, die eine relativ große Änderung des Widerstandes als Funktion der Temperatur zeigen. In Abbildung 3.2 ist der Querschnitt des verwendeten Si-Bolometers dargestellt. Abbildung 3.2: Querschnitt des verwendeten Si- Bolometers der Firma Infrared-Laboratories

KAPITEL 3: EXPERIMENTELLE DETAILS 27 Kernstück des Bolometers ist eine dünne Silizium-Absorberfolie. Um die Wärmekapazität des Detektors möglichst klein zu halten und somit ein günstiges Signal/Rausch-Verhältnis zu erreichen, wird das Bolometer mit flüssigem Helium und Stickstoff gekühlt. Das zwischen dem Gehäuse und den Kühlmittelbehältern vorhandene Schutzvakuum schützt vor Vereisung. Die Standzeit des Helium-Gefäßes beträgt nach Herstellerangaben 24 Stunden, nimmt aber mit schlechter werdendem Schutzvakuum ab. Das Bolometer ist im Wellenzahlenbereich von ca. 10 cm -1 bis 700 cm -1 * 12 1 einsetzbar und erreicht eine Detektivität D von 8 10 Hz W bei 80 Hz. Zum Bolometer gehört ein externer Signalverstärker, der über Batterie mit Spannung versorgt wird. Außerdem verfügt das Spektrometer für die Messungen im NIR-Bereich über eine Si-, bzw. Ge-Diode als photoelektrischen Detektor und über zwei pyroelektrische Detektoren DTGS (deuteriertes Triglycinsulfat) für MIR und FIR. 3.2.4 Strahlteiler Im MIR-Bereich wurde ein KBr-Strahlteiler mit Ge-Beschichtung verwendet. Im FIR standen 3 Mylar-Strahlteiler mit 3,5µm, 6µm und 50µm Dicke zur Verfügung. Im NIR kann man zwischen Quarz- und CaF 2 -Strahlteiler wählen. In Abbildung 3.3 ist der Einsatzbereich der verwendeten Strahlteiler gezeigt. Abbildung 3.3: Effizienz der verwendeten Strahlteiler in Abhängigkeit von der Wellenzahl

28 KAPITEL 3: EXPERIMENTELLE DETAILS 3.3 Si-Nanopartikel aus der Gasphase Bei den in dieser Arbeit untersuchten Proben handelt es sich um das Silizium- Nanopulver, das im Institut für Verbrennung und Gasdynamik an der GMU Duisburg von Herrn Wiggers hergestellt wurde. Das Pulver wurde durch zwei verschiedene Verfahren, im Heißwandreaktor und im Mikrowellenreaktor, hergestellt. 3.3.1 Heißwand-Reaktor Im Heißwandreaktor wurde das Silizium-Pulver durch die thermische Zersetzung (Pyrolyse) von Silan (SiH 4 ) hergestellt. In Abbildung 3.4 ist der schematische Diagramm des Reaktors mit dem typischen Temperaturprofil dargestellt [Wiggers01]. Abbildung 3.4: Schematisches Diagramm Temperaturprofil des Heißwandreaktors mit dem typischen Der keramische Flussreaktor aus Si-SiC mit einem Durchmesser von 70 mm ist vertikal gelagert und auf eine Temperatur von 1000 C geheizt. Mischungen von 10 und 40% Silan in Argon werden unter Atmosphärendruck eingeleitet. Das auf dem Wand des Reaktors abgeschiedene Si-Pulver besteht aus monokristallinen ca. 25 nm großen Primärpartikeln, die Agglomerate in der Großenordnung ca. 200 nm im Durchschnitt bilden.

KAPITEL 3: EXPERIMENTELLE DETAILS 29 Die Größe der Nanopartikel von allen drei verschiedenen Pulvern, die mit H1, H2 und H3 bezeichnet werden, wurde im Institut für Verbrennung und Gasdynamik durch die BET-Methode bestimmt. Nach Brunnauer, Emmett und Teller benannten BET Methode kann die Oberfläche des Pulvers aus der N 2 -Isotherme, die beim Siedepunkt des flüssigen Stickstoffs betrachtet wird, berechnet werden [Brunauer38]. Aus der Menge des verbrauchten Stickstoffs, die nötig ist um eine Monolage auf der Oberfläche des Partikels zu bilden und der Kenntnis der Fläche eines Stickstoff-Moleküls von 16,2 Å 2, kann man das Volumen des Partikels bestimmen. Unter der Annahme das die Nanopartikel rund und monodispers sind, kann man dann den Durchmesser berechnen. Es ergeben sich die Durchmesser von ca. 275 nm (H1), 190 nm (H2) und 200 nm (H3). 3.3.2 Mikrowellen-Reaktor Der Mikrowellenreaktor besteht aus einem Quarz-Zylinder mit dem Durchmesser von 24 mm. Sein Aufbau ist in Abbildung 3.5 dargestellt [Janzen01]. Abbildung 3.5: Aufbau des Mikrowellenreaktors Als Plasmagas wurde eine Mischung von Argon mit 20% O 2 benutzt. Die Frequenz von Mikrowellen beträgt 2.45 GHz und die Leistung ist bis zu 500 W steuerbar. Die drei im Mikrowellenreaktor hergestellte Si-Nanopulver, mit M1, M2 und M3 bezeichnet, haben die Partikelgröße von 60 nm (M1), 27 nm (M2) bzw. 5 nm (M3), die ebenfalls nach der BET-Methode bestimmt wurden.

30 KAPITEL 3: EXPERIMENTELLE DETAILS 3.4 Herstellung von Proben Die zur Verfügung gestellten Pulver wurden in einem Presswerkzeug unter einem Druck von 2 t ca. 30 min. lang zu den reinen Si-Presslingen mit dem Durchmesser von 13, bzw. 5 nm gepresst. Während des Pressvorgangs wurde mit einer Drehschieberpumpe abgepumpt. Die Presslinge mit dem Durchmesser von 13 mm, erwiesen sich als äußerst spröde, während die 5 mm Presslinge mechanisch stabiler sind. Neben den Presslingen aus reinem Silizium, wurden auch die Presslinge aus dem Gemisch von Si in Kalium-Bromid hergestellt. Dabei wurden mit einer Mikrowaage Gemische von 0.1, 0.2, 0.5, 1, 2 und 5 Gewichtsprozent Si in KBr eingestellt, die in einem Achat-Mörser mechanisch 5-10 min. lang möglichst homogen gemischt wurden. Ca. 100 mg eines jeden Gemisches wurde dann im Presswerkzeug unter einem Druck von 10 t ca. 30 min. lang zu Si-KBr-Presslingen mit dem Durchmesser von 13 nm gepresst. Auch hierbei wurde mit der Drehschieberpumpe abgepumpt. Vor der jeweiligen Messreihe wurde als Referenz ein Pressling aus reinem KBr hergestellt. KBr hat, wie alle Alkalihalogenide, die Eigenschaft bei Drücken von etwa 7000 bis 10000 bar kalten Fluß zu zeigen, so dass die Si-Partikel in einer mechanisch stabilen KBr-Tablette eingebettet werden. KBr ist im mittleren Infrarot von 400 cm -1 bis 5000 cm -1 durchsichtig und eignet sich gut für spektroskopische Untersuchungen. Da KBr hygroskopisch ist, wurde das KBr-Pulver vor der Herstellung der Presslinge bei einer Temperatur von 100 C ausgeheizt. Für die 4-Punkt- und Hall-Messungen wurden etwas dickere reine Si-Presslinge aus den Heißwand-Pulvern H1 und H3 hergestellt. An diese wurden 4 Drähte mit Leitsilber und mit einem Wasser-Graphit-Gemisch kontaktiert. 3.5 Durchführung der Messungen Um ein gutes Signal/Rausch-Verhältnis zu erreichen, wurden bei den MIR Messungen 100 und bei den FIR Messungen 50 Interferogramme aufgenommen, aus denen die Spektren gemittelt wurden. Das Signal/Rausch-Verhältnis nimmt dabei proportional zur Wurzel der Anzahl aufgenommener Interferogramme zu, so dass nur eine erheblich größere Anzahl an Messungen eine weitere Erhöhung des Signal/Rausch- Verhältnisses mit sich bringen würde. Die Auflösung der MIR Spektren beträgt 2 cm -1 und die der FIR Spektren 1 cm -1. Der Punktabstand der einzelnen Messwerte wurde mit Hilfe des Zerofillings (Zerofilling-Faktor = 4) auf 0,5 cm -1, bzw. 0,25 cm -1 verringert. Als Apodisationsfunktion wurde für alle Proben Blackman-Harris-3-Terme benutzt. Die Phasenkorrektur wurde nach der Mertz-Methode durchgeführt.

KAPITEL 3: EXPERIMENTELLE DETAILS 31 Zu Beginn der Messungen eines Tages musste der jeweilige Detektor mit flüssigem Stickstoff (MCT und Bolometer) bzw. flüssigem Helium (Bolometer) gekühlt werden. Beim MCT-Detektor war es notwendig, nach ca. 4 Stunden nachzukühlen. Da das Fourier-Spektrometer im Einstrahlbetrieb arbeitet, mussten separate Referenz- und Probespektren aufgenommen werden. Für reine Si-Presslinge wurde als Referenzspektrum Vakuum und für KBr-Presslinge ein reines KBr-Pressling aufgenommen. Der Quotient aus Probenspektrum und Referenzspektrum eliminiert weitgehend apparative Einflüsse wie Strahlungseigenschaften der Lichtquellen, optische Verluste im Strahlengang und spektrale Empfindlichkeit des Detektors. 4-Punkt-Messungen wurden mit einem empfindlichen Strom-Spannungs-Messgerät/ Quelle ( Source Measure Unit ) der Firma Keithley durchgeführt, das durch ein entsprechendes LabView-Programm angesteuert wurde. Für die Hall-Messungen stand eine normalleitende Magnetspule der Firma Bruker zur Verfügung, mit der Feldstärken bis zu ca. 2,5 T erzeugt werden konnten.

Kapitel 4 Messergebnisse und Diskussion 4.1 Morphologie der Si-Nanopartikel Die im Folgenden vorgestellten Transmissionselektronenmikroskopische (TEM) Aufnahmen wurden mit freundlicher Unterstützung von H. Zähres von der AG Farle aufgenommen. Diese Bilder wurden bei einer 40000-fachen Vergrößerung aufgenommen, wobei die Bildbreite 733 nm entspricht. 4.1.1 Si-Pulver aus dem Heißwand-Reaktor In den Abbildungen 4.1, 4.2 und 4.3 sind ausgewählte TEM-Bilder von den Heißwand-Nanopartikeln mit den BET-Durchmessern von 275, 200 und 190 nm dargestellt. Auf den ersten Blick sieht man, dass die Partikel zu den größeren Agglomeraten ohne erkennbarer Struktur koaguliert sind. Es wird vermutet, dass dieser Prozess hinter der heißen Zone des Reaktors geschieht, wo die thermophoretische Deposition auf den Reaktorwand beobachtet wird. Die meisten Partikel sind nicht rund, sondern haben vielmehr die Form eines Ellipsoids. Außerdem haben die Partikel eines Pulvers unterschiedliche Größen. In der Tabelle 4.1 sind die minimale (a min, b min ) und maximale (a max, b max ), sowie durchschnittliche Länge (a du, b du ) von zwei Achsen des Ellipsoids, die aus einigen TEM-Bildern für alle drei Pulver abgeschätzt wurden, dargestellt. Die Abschätzung erfolgte durch Mitteln der gemessenen Durchmesser für etwa 20 Partikel. Alle drei Heißwand-Pulver bestehen aus Partikeln, die kleiner sind als es die BET-Methode voraussagt. Dieser Effekt kann durch die Sinterhälse zwischen den Partikeln erklärt werden. Die spezifische Fläche der Partikel, die durch Sinterhälse verbunden sind, ist kleiner als die der freien Partikel. 32

KAPITEL 4: MESSERGEBNISSE UND DISKUSSION 33 200 nm Abbildung 4.1: TEM-Bild vom Nanopartikel H1 mit dem BET-Durchmesser d=275 nm 200 nm Abbildung 4.2: TEM-Bild von Nanopartikel H3 mit dem BET-Durchmesser d=200 nm

34 KAPITEL 4: MESSERGEBNISSE UND DISKUSSION 200 nm Abbildung 4.3: TEM-Bild von Nanopartikel H2 mit dem BET-Durchmesser d=190 nm Tabelle 4.1: Größe der Heißwand-Nanopartikel BET-Durchmesser TEM, Länge der Ellipsoid-Achsen d=275 nm (H1) a min =135 nm b min =105 nm a max =215 nm b max =175 nm a du =185 nm b du =130 nm d=200 nm (H3) a min =110 nm b min =85 nm a max =200 nm b max =155 nm a du =160 nm b du =130 nm d=190 nm (H2) a min =110 nm b min =85 nm a max =190 nm b max =140 nm a du =140 nm b du =105 nm 4.1.2 Si-Pulver aus dem Mikrowellen-Reaktor In den Abbildungen 4.4 und 4.5 sind die ausgewählten TEM-Bilder von den Mikrowellen-Nanopartikeln mit BET-Durchmessern von 60 und 27 nm dargestellt. Nanopartikel mit dem BET-Durchmesser von 5 nm standen zur Zeit der Probenpräparation für die TEM-Aufnahmen noch nicht zur Verfügung.

KAPITEL 4: MESSERGEBNISSE UND DISKUSSION 35 200 nm Abbildung 4.4: TEM-Bild von Nanopartikel M1 mit dem BET-Durchmesser d=60 nm 200 nm Abbildung 4.5: TEM-Bild von Nanopartikel M2 mit dem BET-Durchmesser d=27 nm

36 KAPITEL 4: MESSERGEBNISSE UND DISKUSSION Es ist zu erkennen, dass die Nanopartikel aus dem Mikrowellen-Reaktor weitgehend kugelförmig und kaum durch Sinterhälse miteinander verbunden sind. Dass die Mikrowellen-Partikel nicht so stark gesintert sind, wie die Partikel aus dem Heißwand- Reaktor, kann man leicht durch das Herstellungsverfahren erklären. Hier werden die Partikel nicht erhitzt, im Unterschied zur Pyrolyse beim Heißwand-Reaktor. In den TEM-Bildern von den Nanopartikeln M1 mit dem BET-Durchmesser von 60 nm, die aus der Plasmazone des Mikrowellen-Reaktors stammen, kann man sogar kleine Kristallite sehen. Da die Nanopartikel M2 mit dem BET-Durchmesser von 27 nm aus dem Reaktorausgang stammen, sind sie besser gesintert. Die Partikel eines Pulvers haben eine ziemlich breite Größenverteilung. In der Tabelle 4.2 sind der minimale (d min ) und maximale (d max ), sowie der durchschnittliche Durchmesser (d du ) von den Kugeln, die aus den TEM-Bildern für beide Pulver abgeschätzt wurden, dargestellt. Man sieht, dass die abgeschätzten durchschnittlichen Durchmesser in guter Übereinstimmung mit den Ergebnissen der BET-Methode sind. Tabelle 4.2: Größe der Mikrowellen-Nanopartikeln BET-Durchmesser TEM, Durchmesser der Kugel d=60 nm (M1) d min =20 nm d max =85 nm d du =60 nm d=27 nm (M2) d min =10 nm d max =70 nm d du =25 nm 4.2 MIR Transmissionsmessungen der reinen Si-Presslinge 4.2.1 Absorptionsbanden In der Abbildung 4.6 sind MIR-Transmissionsspektren von zwei reinen Si- Presslingen dargestellt. Es handelt sich dabei um die Heißwand-Nanopartikel H1 (BET- Durchmesser 275 nm) und um die Mikrowellen-Nanopartikel M2 (BET-Durchmesser 27 nm). Der H1-Pressling ist 210 µm, der M2-Pressling ca. 50 µm dick. Das Mikrowellen-Pulver lässt sich viel stärker kompaktieren, die gewonnenen Presslinge sind jedoch viel spröder. Die Si-O und Si-H Absorptionsbanden können sehr gut identifiziert und mit Hilfe der Literatur [Fendler98], [Dubin95], [Hermann96] und [Rappich96] zugeordnet werden. Die entsprechende Zuordnungen sind in der Tabelle 4.3 zusammengefasst. Auf den ersten Blick sieht man, dass die Pulver stark oxidiert sind, vor allem wegen der sehr tiefen und breiten Absorptionsbande bei 1060-1180 cm -1 für H1, bzw. bei 1012-1240 cm -1 für M2, die auf die asymmetrische Valenzschwingung von Si-O-Si zurückzuführen ist.

KAPITEL 4: MESSERGEBNISSE UND DISKUSSION 37 0,5 O-Si-O Kipp H1, BET d=275 nm M2, BET d=27 nm 0,4 Transmission 0,3 0,2 Si-H Pendel H-O-H Beuge Si-H Valenz O-Si-H Valenz Si-H Beuge Si-O-Si Valenz 0,1 0,0 500 1000 1500 2000 2500 3000 3500 Wellenzahl [cm -1 ] Abbildung 4.6: Transmissionsspektren der reinen Si-Presslinge H1(BET-Durchmesser d=275 nm) und M2 (BET-Durchmesser d=27 nm) mit den beschrifteten Absorptionsbanden In diesem Wellenzahlbereich wird kaum IR-Strahlung durchgelassen, da die gesamte Strahlung zur Anregung dieser Schwingung verbraucht wird. Dass die Oxid-Bande von M2 breiter ist als die von H1, deutet darauf hin, dass das Mikrowellen-Pulver stärker oxidiert ist. Wenn man annimmt, dass sich auf der Oberfläche der Partikel eine Oxidschicht bildet, ist die Oxidkonzentration bei dem Mikrowellen-Pulver, das aus kleineren Nanopartikeln besteht somit größer. Außerdem ist die Absorptionsbande bei ca. 462 cm -1, die der O-Si-O Kipp-Schwingungsmode zugeordnet werden kann, bei M2 viel tiefer als bei H1. Diese Bande beinhaltet wahrscheinlich auch die nahliegende O-Si- O Pendel-Schwingungsmode, die bei 480 cm -1 liegt.