Datenschutz bei Suchmaschinen. Dr. Thilo Weichert



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Transkript:

Datenschutz bei Suchmaschinen Suchmaschinen juristisch, technisch, wirtschaftlich, politisch SuMa-eV Kongress 2007 Vertretung des Landes Niedersachsen, Berlin Donnerstag, 20. September 2007 Dr. Thilo Weichert Unabhängiges Landeszentrum für Datenschutz Schleswig-Holstein (ULD) Inhalt Aktuelle Pressemeldungen Technik Chancen und Risiken Praktische Beispiele Verfassungs- und völkerrechtliche Grundlagen Deutsche Gesetzesgrundlagen Anwendbarkeit des deutschen Rechts Telemediengesetz (TMG) Transparenzpflichten nach TMG Personen als Suchobjekt Betroffenenrecht Compliance-Kontrolle 2

Aktuelle Pressemeldungen 26.0.2006: Google akzeptiert Zensur in China 0.06.2007: Bürgerrechtler verlangen von Google besseren Datenschutz 22.08.2007: Durch Google-Suche in Einzelhaft 08.09.2007: EU-Kommission befragt Google-Kunden wegen geplantem Zusammenschluss von Google und DoubleClick 4.09.2007: Google fordert auf UNESCO-Konferenz "globalen Datenschutz 7.09.2007: Google befürwortet selbstregulierenden Datenschutz 3 Technik Chancen und Risiken Robots od. Crawler durchforsten WWW Speicherung in eigener Datenbank (u.u. viele Mrd. Seiten) Text/Bild/Zeichen-Recherche erfasst auch Angaben zu natürlichen Personen Anzeige ermöglicht Aufruf von Informationsseiten zu einer Person Potenzial: Alles was im Netz verfügbar ist, wird einheitlich bereitgestellt Gefahr: Ungewolltes im Netz, falsches Bild, Persönlichkeitsprofil, keine Gnade des Vergessens Suchanfragen werden mitgeloggt und ausgewertet Potenzial: Erstellung präziser Interessenprofile Gefahr: Zweckfremde Nutzung der Profile (Werbung, Terrorismusbekämpfung) Gesteigerte Gefahr: Kombination mit Logs anderer Internet-Dienste 4

Praktische Beispiele Beispiel Google In Deutschland 90% Marktanteil in Deutschland bei Suchmaschinen Weitere Angebote: GMail, Google-Talk, Google Desktop, Google Maps, Google Street View, Google Calendar, Google Orkut, Google Reeder, YouTube, Google Checkout, Google Toolbar, Google Analytics Wenig Transparenz über tatsächliche Speicherung, Auswertung und Nutzung Beispiel Spock.Com Personensuchmaschine = qualifizierte Suche nach Personen mit bestimmten Merkmalen, Webseiten, Weblogs, Social Communities Bei Widerspruch Sperrung/Löschung des individuellen Angebots 5 Verfassungs- und völkerrechtliche Grundlagen Art. 2 Abs. i.v.m. Art. Abs. GG BVerfG 969: Verbot von teilweise und vollständigen Persönlichkeitsbildern BVerfG 983: Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung = Recht selbst zu bestimmen, wer was wann bei welcher Gelegenheit über einen weiß Einschränkung nur im überwiegenden öffentlichen bzw. Dritt- Interesse (genügt Neugier?) Art. 8 EMRK: Achtung des Privatlebens (Privat- u. Familienleben, Wohnung, Briefverkehr) Europäische Datenschutzkonvention 98 Art. 8 Europ. GrundrechteCharta: Schutz personenbezogener Daten Europäische Datenschutzrichtlinie 995 Empfehlungen des OECD und der UNO 6

Deutsche Gesetzesgrundlagen BDSG: schützt Inhaltsdaten (Personen als Suchobjekte) Telekommunikationsrecht (TKG, TMG): schützt Nutzungsdaten (Personen als Suchende) Personenbezogene Daten = Einzelangaben über persönliche od. sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren natürlichen Person (Betroffener, 3 Abs. BDSG) - Suchobjekte: gilt auch bei Homonymen - Suchende: gilt auch für viele IP-Adressen, Cookies (Pseudonym = Zuordnungsmöglichkeit nicht praktisch ausgeschlossen) 7 Anwendbarkeit des deutschen Rechts Hauptsitz großer Suchmaschinenbetreiber: USA Abs. 5 BDSG: Niederlassung in Deutschland od. "ansässiger Vertreter" (Drittland), wenn Erhebung, Verarbeitung od. Nutzung im Inland e.a.: Rechner des Suchmaschinenbetreibers relevant a.a.: Rechner des Clients auch relevant (zumindest wenn Anbieter sich hierauf einstellt, z.b. durch deutsche First- Level-Domain). 8

Telemediengesetz (TMG) Betrifft Anbieter-Nutzer-Verhältnis Unentgeltliche Nutzung = vertragsähnliches Verhältnis = geschäftsmäßiges Angebot Verantwortlichkeiten: 7-0 TMG (0: nicht verantwortlich bei Speicherung ohne Kenntnis der Rechtswidrigkeit und unverzüglichem Tätigwerden) Umgang mit Bestandsdaten: 4 TMG (nicht erlaubt, wenn nicht erforderlich) 3 Abs. 6 TMG: Nutzung anonym od. pseudonym, soweit möglich Umgang mit Nutzungsdaten: 5 TMG Einwilligung ist auch elektronisch möglich: 3 Abs. 2 TMG: bewusst, eindeutig, protokolliert, jederzeit abrufbar 5 Abs. 3 TMG: Der Diensteanbieter darf für Zwecke der Werbung, der Marktforschung oder zur bedarfsberechten Gestaltung der Telemedien Nutzungsprofile bei Verwendung von Pseudonymen erstellen, sofern der Nutzer dem nicht widerspricht. Der Diensteanbieter hat den Nutzer auf sein Widerspruchsrecht im Rahmen der Unterrichtung nach 3 Abs. hinzuweisen. Diese Nutzungsprofile dürfen nicht mit Daten über den Träger des Pseudonyms zusammengeführt werden. 9 TMG II Verarbeitung und Löschung von Nutzungsdaten Kombination mit Daten aus anderen Diensten? Zweckbindung bezieht sich auf Bereitstellung des Dienstes, Zweckänderung bedarf der Einwilligung ( 2 Abs., 2 TMG) Koppelungsverbot ( 2 Abs. 3 TMG) Löschungspflicht, wenn mehr erforderlich, "um die Inanspruchnahme von Telemedien zu ermöglichen" ( 5 Abs. TMG) 0

Transparenzpflichten nach TMG 5 Abs. TMG allgemeine Informationspflichten: Name, Anschrift, Rechtsform, Vertretungsberechtigter, elektronische Kontaktmöglichkeit, Registernummern, Umsatzsteuer- od. Wirtschafts-ID 6 Abs. besondere Informationspflichten bei kommerzieller Kommunikation: Erkennbarkeit als solche, Auftraggeber (auch Werbung) 3 Abs. TMG: Allgemeine Info über DV, "sowie über die Verarbeitung außerhalb der EU" 3 Abs. 5 TMG: Die Weitervermittlung zu einem anderen Diensteanbieter ist dem Nutzer anzuzeigen. 3 Abs. 7 TMG: Auskunftsanspruch auch zu Pseudonym Personen als Suchobjekt Einwilligung ( 4a BDSG) ist regelmäßig bei Einstellung ins Internet nicht gegeben Internet-Suchmaschine = DV zum Zweck der Übermittlung ( 29 BDSG), auch anwendbar bei reiner Durchleitung ohne Speicherung u. bei Fehlen redaktioneller Aufbereitung Problem: keine Prüfung des "berechtigten Interesses", keine Zweckbindung möglich Nutzung aus "allgemein zugänglichen Quellen" ( 29 Abs. S. Nr. 2 BDSG) Kompensation: wenn nicht "das schutzwürdige Interesse des Betroffenen an dem Ausschluss... offensichtlich überwiegt" > Ausschluss von besonders sensiblen Daten > Ausschluss von besonders sensiblen Quellen (z.b. flüchtige Kommunikation) > Ausschluss bei Widerspruch (Problem bei Homonymen) 2

Betroffenenrechte Auskunft ( 34) durch Eigensuche Widerspruch ( 29 Abs. S. Nr. 2, Abs. 4 BDSG) Kennzeichnung zum Ausschluss der Weiterverwendung ( 29 Abs. 3 BDSG) nicht Benachrichtigung ( 33 Abs. 2 Nr. 8 BDSG: Quelle allgemein zugänglich, Nachricht wegen Vielzahl unverhältnismäßig, Problem: bei Fremdveröffentlichung, evtl. 33 Abs. 2 Nr. BDSG: Kenntnis auf andere Weise) Datenkorrektur (Löschung) durch umgehende Löschung aus dem Cache, Anspruch gegen Datenquelle muss parallel erfolgen 3 Compliance-Kontrolle Keine Beschwerden wg. Auswertung der Nutzungsdaten mangels Transparenz wenige Beschwerden wg. Recherchierbarkeit persönlicher Daten (eigene Verantwortlichkeit od. fremde Quelle) bisher keine systematische Überprüfung: AGBs od. DV in Deutschland/Ausland/USA abgestimmte Bewertung wünschenswert: z.b. Art.- 29-Gruppe besser: Datenschutz-Gütesiegel 4

Datenschutz und Suchmaschinen Dr. Thilo Weichert Wo? Unabhängiges Landeszentrum für Datenschutz 2403 Kiel, Holstenstraße 98 Telefon? 043/988-200 Telefax? 043/988-223 E-Mail? weichert@datenschutzzentrum.de Internet? www.datenschutzzentrum.de (ULD) 5