Der Rechtsrahmen für die Erfassung und Bewertung von Altlasten und Altlastenverdachtsflächen



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Transkript:

Der Rechtsrahmen für die Erfassung und Bewertung von Altlasten und Altlastenverdachtsflächen AAV-Fachtagung Altlasten und das Neue Kommunale Finanzmanagement - NKF Hattingen, 28.03.2007 Nikolaus Söntgerath AAV NRW Werksstraße 15 45527 Hattingen Tel.-Nr.: 02324 5094-35 Fax-Nr.: 02324 5094-49 E-Mail: n.soentgerath@aav-nrw.de

Gliederung 1. Einführung 2. Rechtliche Grundlagen für die Bewertung von Altlasten im NKF 3. Beteiligte am Neuen Kommunalen Finanzmanagement 4. Stufen der Altlastenbearbeitung und Verantwortliche 5. Abgrenzung der Begriffe 6. Schlussfolgerungen

Einführung (1) Erfassung und Bewertung von altlastenverdächtigen Flächen und Altlasten gesetzessystematisch der Verantwortung der nach LBodSchG zuständigen Behörden zugewiesen. Im Kontext der bundesgesetzlich vorgegebenen Methodik der gestuften Altlastenbearbeitung dienen beide Bearbeitungsschritte dazu, Maßnahmen der Gefahrerforschung und ggf. der Gefahrenabwehr systematisch einleiten zu können. Durch das am 01.01.2005 in Kraft getretene Gesetz über ein Neues Kommunales Finanzmanagement für Gemeinden in Nordrhein-Westfalen (Kommunales Finanzmanagementgesetz NRW NKFG NRW) vom 16.11.2004 erhält das BBodSchG aktuelle Bedeutung in bilanzrechtlicher Hinsicht.

Einführung (2) Gemeinden und Gemeindeverbände haben gemäß NKFG zum Stichtag 01.01.2009 eine Eröffnungsbilanz aufzustellen, die ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens- und Schuldenlage der Gemeinde zu vermitteln hat. Die Bilanz hat sämtliche Vermögensgegenstände als Anlage- oder Umlaufvermögen, das Eigenkapital und die Schulden zu enthalten. Die Passivseite der Bilanz hat u. a. Rückstellungen für die Rekultivierung und Nachsorge von Deponien und die Sanierung von Altlasten auszuweisen.

Einführung (3) Das NKF NRW trifft erstmals die Grundsatzentscheidung zugunsten des kaufmännischen Rechnungswesens (ab 01.01.2009) und beendet die Ära des kameralistischen Rechnungswesens. Es erfolgt insoweit eine Orientierung an das HGB und an die Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung. Die zentralen Änderungen des NKFG NRW konzentrieren sich auf die Regelungen in der Gemeindeordnung (GO NRW) und der Gemeindehaushaltsverordnung (GemHVO).

Rechtliche Grundlagen für die Bewertung von Altlasten im NKF Gesetze: NKFG NRW NKFEG NRW GO HGB BBodSchG LBodSchG KrW-/AbfG BauGB Rechtsverordnungen: GemHVO NRW BBodSchV WertV Richtlinien -WertR Erlasse des IM zur Umsetzung des NKF mit Mustern zur GemHVO Bewertungs- bzw. Schätzungsmethoden Arbeitshilfen (z. B. Checkliste für Wertermittler - hrsg. v. ITVA)

Beteiligte am Neuen Kommunalen Finanzmanagement Kämmerer Wirtschaftsprüfer Umweltämter Rückstellungen für die Sanierung von Altlasten nach GemHVO Externe Gutachter Liegenschaften Gutachterausschuss/ Kommunale Bewertungsstelle

Rückstellungsverpflichtung für die Sanierung von Altlasten 36 Abs. 2 Satz 2 GemHVO NRW: Für die Rekultivierung und Nachsorge von Deponien sind Rückstellungen in Höhe der zu erwartenden Gesamtkosten zum Zeitpunkt der Rekultivierungs- und Nachsorgemaßnahmen anzusetzen. Das gilt entsprechend für die Sanierung von Altlasten.

Klärungsbedürftige Fragen Welche Fälle erfasst 36 Abs. 2 Satz 2 GemHVO NRW? - Nur Altlasten i. S. d. BBodSchG? - Auch schädliche Bodenveränderungen? - Nur eigene Altlasten oder auch fremde? Wann liegt eine Altlast bzw. schädliche Bodenveränderung vor, für die gesetzlich (nach 4 Abs. 3, 5 oder 6 BBodSchG) oder vertraglich eine Sanierungspflicht besteht?

Stufen der Altlastenbearbeitung Arbeitsschritte: Erfassung Orientierende Untersuchung Detailuntersuchung Gefährdungsabschätzung Sanierungsuntersuchung Sanierungsplanung Sanierung Zuständigkeit: (i. d. R.) Untere Bodenschutzbehörde (i. d. R.) Untere Bodenschutzbehörde Pflichtiger Pflichtiger Pflichtiger Pflichtiger Pflichtiger

Verantwortliche Personen Verursacher Gesamtrechtsnachfolger Grundstückseigentümer Inhaber der tatsächlichen Gewalt Handels- oder gesellschaftsrechtlich Einstandspflichtiger Derelinquent (Eigentumsaufgabe) Früherer bösgläubiger Eigentümer, falls Eigentumsübertragung nach 01.03.1999

Verdachtsflächen ( ( 2 Abs. 4 BBodSchG) Grundstücke, bei denen der Verdacht schädlicher Bodenveränderungen besteht. Eine schädliche Bodenveränderung wurde noch nicht festgestellt, sondern wird nur vermutet. Erfasst werden sollen alle Bodenflächen, die in irgendeiner Form beeinträchtigt sind. An das Vorliegen eines Verdacht sind nicht allzu hohe Anforderungen zu stellen (nach der Gesetzesbegründung müssen konkrete Anhaltspunkte vorliegen).

Altlastenverdächtige Flächen 2 Abs. 6 BBodSchG Altablagerungen Altstandorte bei denen der Verdacht schädlicher Bodenveränderungen oder sonstiger Gefahren für den Einzelnen oder die Allgemeinheit besteht.

Altlasten i. i. S. S. d. d. BBodSchG ( ( 2 Abs. 5) 5) Altablagerungen Altstandorte Stillgelegte Abfallbeseitigungsanlagen und sonstige Grundstücke, auf denen Abfälle zur Beseitigung behandelt, gelagert oder abgelagert worden sind Grundstücke stillgelegter Anlagen und sonstige Grundstücke, auf denen mit umweltgefährdenden Stoffen umgegangen worden ist durch die schädliche Bodenveränderungen oder sonstige Gefahren für den Einzelnen oder die Allgemeinheit hervorgerufen werden

Schädliche Bodenveränderungen 2 Abs. 3 BBodSchG Beeinträchtigungen der Bodenfunktionen, die geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen herbeizuführen. 2 Prüfungsstufen 1. Stufe 2. Stufe Beeinträchtigung der Bodenfunktionen Eignung der Beeinträchtigung zur Herbeiführung einer Gefahr

Prüf- und Maßnahmenwerte dienen der Konkretisierung der unbestimmten Rechtsbegriffe Schädliche Bodenveränderung und Altlast Prüfwerte gemäß 8 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BBodSchG Maßnahmewerte gemäß 8 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BBodSchG Werte, bei deren Überschreitung unter Berücksichtigung der Bodennutzung eine einzelfallbezogene Prüfung durchzuführen und festzustellen ist, ob eine schädliche Bodenveränderung oder Altlast vorliegt. Werte für Einwirkungen oder Belastungen, bei deren Überschreitung unter Berücksichtigung der jeweiligen Bodennutzung in der Regel von einer schädlichen Bodenveränderung oder Altlast auszugehen ist und Maßnahmen erforderlich sind.

Schlussfolgerungen Eine Rückstellungsverpflichtung besteht nach 36 Abs. 2 Satz 2 GemHVO bei objektivem Vorliegen einer Altlast oder schädlichen Bodenveränderung. Trifft dies zu, besteht kraft Gesetzes eine materielle Sanierungspflicht gemäß 4 Abs. 3 Satz 1 BBodSchG (str.). in den Fällen, in denen die nach LBodSchG zuständigen unteren Bodenschutzbehörden die notwendigen Sanierungsmaßnahmen im Wege der Ersatzvornahme durchführen müssen.