esz AG - Praxis Richtlinie DKD 2622-4:2012 für Oszilloskope: Praktische Umsetzung und Berechnung der Messunsicherheit Philip M. Fleischmann, esz AG calibration & metrology
Hintergrund 1994: Richtlinie DKD-R1-2, Kalibrierung von Oszilloskopen 1996: Übernahme durch den Fachausschuss 3.12 Kalibrierung von Messmitteln für elektrische Größen der VDI/VDE-Gesellschaft Mess- und Automatisierungstechnik (GMA) 1998: VDI/VDE/DGQ/DKD 2622 Blatt 4 Elektrische Oszilloskope Entwurf (Gründruck) bisher kein Weißdruck aufgrund nationaler und v.a. europäischer Einsprüche 2010: Neuformulierung innerhalb DKD und euramet 2012-11: Neuauflage als Entwurf (Gründruck): Enthält Beispiele und Messunsicherheitsberechnungen
Inhalt der Richtlinie Geltungsbereich Kalibrierverfahren und Rückführung Vertikale Abweichung Horizontale Achse (Zeitbasis) Bandbreite und Frequenzgang Anstiegszeit Trigger interne Kalibriersignale Messunsicherheitsberechnung Beispiele
Analoge Echtzeitoszilloskope Geltungsbereich Digitalspeicheroszilloskope Sampling Oszilloskope Transientenrecorder und angeschlossene Tastköpfe
Bauformen Abschwächer Vorverstärker Analoge Echtzeitoszilloskope typ. Bandbreiten bis 500 MHz Eingangsimpedanzen 50 W / 1 MW U max bis >100 V @ 1 MW Messwerterfassung visuell 50W 50W Ch1 Ch2 Schalter Y Leucht schirm X Trigger Zeitbasis Digital Speicheroszilloskope Bandbreiten bis >10 GHz Eingangsimpedanzen oft schaltbar 50 W / 1 MW U max bis >100 V @ 1 MW Cursor- oder Messfunktionen. Abschwächer 50W 50W Ch1 Ch2 Vorverstärker ADC ADC Trigger Speicher & Prozessor Display
Bauformen Abtast-/ Samplingoszilloskope typ. Bandbreiten bis >80 GHz U max typ. <5 V kein Echtzeitbetrieb Abtaster Eingangsimpedanz 50 W intelligente und umfangreiche Messfunktionen Ch1 Ch2 ADC ADC Speicher & Prozessor Trigger Display
Kalibrierverfahren Vertikale Achse Mögliche Kalibriersignale sind geschaltete Gleichspannungen (ggf. auch Gleichspannung) Wechselspannungen kleiner Frequenz (1 khz) oder Impulse Aussteuerung 80 % des Messgitters Alle Verstärkerstufen / alle Kanäle Zusätzliche Eingangsimpedanz min. 1 Messpunkt Einstellelemente ( Offset, Position, Variable etc. in definierter Position) Rückführungsvarianten
Geschaltete Gleichspannung Oszilloskopkalibrator geschaltete Gleichspannungen, z.b. 1kHz Rechteck Betriebsarten in 50 W oder in 1 MW Rückführung: DC Kalibrierung oder AC-Rechteck- Sampling Messfunktion: Amplitude Unsicherheitsanteile: Auflösung, Digitalisierung, Rauschen, Kalibrierung, Impedanzabweichung v.a. im 50 W Betrieb ca. 90% Digitalvoltmeter (Bezugsnormal) Oszilloskopkalibrator DC (Gebrauchsnormal) Oszilloskopkalibrator Geschaltet (Gebrauchsnormal) Oszilloskop Rückführung über Gleichspannung
Oszilloskopkalibratoren z.b. Fluke 55xxA-SC bis 1,1 GHz, typ. <250 ps Tektronix CG/SG50xx bis 550 MHz, typ. <150 ps Fluke 9500B bis 6 GHz, typ. <25 ps Kalibrierung der vertikalen Achse
Wechselspannung Wechselspannungsquelle z.b. 1kHz Sinus Betriebsarten in 50 W oder in 1 MW Rückführung: AC Normal oder AC-Multimeter Messfunktion: Spitze-Spitze Unsicherheitsanteile: Auflösung, Digitalisierung, Rauschen, Oberschwingungen/ Klirrfaktor, Kalibrierung, Impedanzabweichung v.a. im 50 W Betrieb, Quellbelastung U Digitalvoltmeter (Bezugsnormal) 2 2 SS U RMS 60% AC-Quelle (Bezugsnormal) Oszilloskop AC-Quelle (Gebrauchsnormal) Oszilloskop Rückführung über Wechselspannung
Wechselspannungskalibrierung Kalibrierung am Wechselspannungskalibrator Delta Messung über Cursor oder Messfunktion Spitze-Spitze
Unsicherheitsbeiträge vertikale Achse Einflussgrößen E Y eingestellte Empfindlichkeit und dessen digitale Auflösung zum Beispiel 10 Bit = 1024 Quantisierungsschritte Halbbreite für den Unsicherheitsbeiterag E/1024
Unsicherheitsbeiträge vertikale Achse S osz Umschaltabweichung (Wiederholbarkeit) des Verstärkungsfaktors Bei wiederholter Betätigung des Empfindlichkeitsschalters zeigt sich eine geringe Schwankung der tatsächlich eingestellten Empfindlichkeit.
Unsicherheitsbeiträge vertikale Achse T Transmissionsfaktor aus 50 W/1 MW Belastung des Kalibrators Die Eingangsimpedanz des Oszilloskops beträgt 1 MW und der Ausgangsimpedanz der Kalibrators 50 W. Durch die Belastung des Kalibrators wird die Spannung am Eingang des Oszilloskops um 0,005 % im Vergleich zur Leerlaufspannung vermindert. Source Scope 50Ω 50Ω Termination
Unsicherheitsbeiträge vertikale Achse Einflussgrößen U KAL,Anz Basis-Herstellerspezifikation des Kalibrators In der Spezifikation des Kalibrators für die relative Abweichung zwischen dem Effektivwert der tatsächlichen Spannung am Ausgang und der Anzeige U KAL,Anz wird ein entsprechender Wert von angegeben. In dieser Abweichung sind die Drift für 12 Monate und die Abweichungen für harmonische Fehlspannungen und die Kalibrierunsicherheit eingeschlossen, sofern die Konformitätsbestätigung eindeutig ist.
Unsicherheitsbeiträge vertikale Achse du OSZ,Noise Anzeigerauschen des Oszilloskops Das am Oszilloskop angezeigte Spannungssignal ist durch eine kleine Rauschspannung gestört, die vom Eingangsverstärker der Vertikalablenkung hervorgerufen wird. Der Wert der Rauschspannung bezogen auf den Eingang des Oszilloskops wird mit du OSZ,Noise bezeichnet. Die relative Abweichung der Kalibrierspannung auf Grund dieses Offsets beträgt
Messunsicherheitsbudget vertikale Achse Modell für die relative Abweichung der Anzeige U OSZ Y 1 U KAL Y 2 2 U KAL,Anz R KAL AY EY S do T (1 U OSZ KAL KAL,Anz du 2 2 U OSZ,Noise KAL,Anz ) 1 Typ. Messunsicherheiten >0,4% bereits schon bedingt durch Auflösung und Digitalisierung des DUT!
Kalibrierverfahren Horizontale Achse Mögliche Kalibriersignale sind beliebige periodische Signale bevorzugt impulsförmig (Zeitmarker) oder Sinusspannungen Messfunktion Frequenz oder Periode oder Aussteuerung 2. bis vorletzte Hauptgitternetzlinie A 70% Einstellelemente (Offset, Position, etc. in definierter Position) Alle Zeitbereiche bei Analogoszilloskopen ein mittlerer Bereich oder Zeitbasismessung bei DSO Unsicherheitsanteile: Auflösung, Digitalisierung (Abstastrate), Referenzzeitbasis, Triggerung B
Kalibrierverfahren Horizontale Achse 10 MHz, Ref. Frequenzzähler (Bezugsnormal) 10 MHz, Ref. Oszilloskopkalibrator / Impulsgenerator (Bezugsnormal) Oszilloskop Signalgenerator (Gebrauchsnormal) Oszilloskop
Anzeige/ mv calibration & metrology Kalibrierverfahren - Bandbreite Bandbreite B = Frequenz bei der die eingespeiste Spannung um 3 db abnimmt U( B) 3,01dB 20 log 10 U( f ) REF U ein konst U in V 100 % -3 db Punkt 70,7 % 600 500 70,7% 400 U ref -3dB Linie 0 f REF B f in Hz f ref 300 0,01 0,1 1 10 100 1000 Frequenz/ MHz B 3dB
Bandbreite hochohmiger Bereich (meist nur bis 100 MHz) HF-Spannungsmessung an T-Verzweigung HF-Generator Spa nnungsmessgerät Oszilloskop (Normal) Eingang: MW T-Verzweigung gemessen wird die Potentialdifferenz U x zwischen den Leitern (analog zur NF-Technik)
re.l Abweichung in % calibration & metrology Bandbreite hochohmiger Bereich mit Oszilloskopkalibrator Durchführungs -absc hluss Oszilloskop Kalibrator 50W Oszilloskop Eingang: 1 MW U X U ein X U ein Bezug ist die einfallende Spannung U ein Verringerung des 50 W Abschlusswiderstandes (loading effect) durch die Eingangskapazität C 0,0-1,0-2,0-3,0 0 20 40 60 80 100-4,0-5,0-6,0-7,0-8,0-9,0 C= 2,5 pf C=10 pf C=20 pf C=30 pf R IN = 1MΩ, C IN = 10pF 25pF -10,0 Frequenz in MHz
Bandbreite niederohmiger Bereich (50 W) HF-Leistungsmessung an sym. Leistungsteiler Leistungsmessgerät (Normal) HF-Signalgenerator Oszilloskop Eingang: 50 W U U P ein Z in SS 2 2 U 8 P ein Z in Power - Splitter Oszilloskopkalibrator Oszilloskop Kalibrator Oszilloskop Eingang: 50 W Unsicherheitsanteile: Auflösung, Digitalisierung, Fehlanpassung, Oberwellen, Filtersteilheit,, Kalibrierung etc.
Frequenzgang Kalibrierverfahren analog zur Bandbreitenmessung Relativer oder absoluter Frequenzgang möglich FU rel U( f ) ( f ) U ref ( f ) FU abs ( f ) U( f Frequenzantwort liefert Informationen zur unverzerrten Darstellung der Signale im Zeitbereich ) Für Bewertung von Tastkopfkompensationen unbedingt empfohlen
Unsicherheitsbeiträge Frequenzgang dm LM Fehlanpassung am Leistungsmesser dm OSZ Fehlanpassung am Oszilloskop Wegen der nicht perfekten Anpassung zwischen dem Eingangstor des Leistungsmessers und dem Ausgangstor des Leistungsteilers (Tor 1) tritt eine kleine Abweichung der eingestrahlten Leistung aufgrund von Reflexion auf. Reflexion Generator 0,15 typ. Last@3dB 0,2 typ. ( ) 100 % 3% dx Mismatch L G
Unsicherheitsbeiträge Frequenzgang dps Unsymmetrie des Leistungsteilers Die eingestrahlten Leistungen P inc,1 und P inc,2 an den beiden Toren (1) und (2) des Leistungsteilers können sich geringfügig unterscheiden (siehe Kalibrierschein). du Ad Adaptereinfluss N-BNC Das Oszilloskop hat an seinem Eingangstor ein BNC Konnektor. Um das Oszilloskop mit dem N-Konnektor Leistungsteiler verbinden zu können muss ein BNC-N Adapter zwischengeschaltet werden. Die relativen Spannungsverluste bedingt durch diesen Adapter müssen als Unsicherheitsbeitrag berücksichtigt werden, bei f Ref sind die Verluste vernachlässigbar.
Unsicherheitsbeiträge Frequenzgang du Harm Einfluss von Oberschwingungen Thermische HF-Leistung vs. selektiver Messung! Für den HF-Generator sind z.b. im Datenblatt für den Oberwellenabstand OA bei der Referenzfrequenz f Ref,OA = - 45 dbc und bei der Frequenz f c = - 40 dbc angegeben. Bei einem Pegel von 1 V der Messspannung U OSC betragen dann die möglichen Abweichungen auf Grund von Oberwellen bei f Ref du Harm (f Ref ) = 0,005 6 V und bei f c du Harm (f c ) = 0,010 V. du Kon Konnektorwiederholbarkeit Mit jeder Wiederholungsverbindung ändern sich die Verluste im Eingangsstecker des Oszilloskops. Diese schwankenden Verluste, die mit der Frequenz ansteigen, werden durch die Abweichung du Kon berücksichtigt.
Unsicherheitsbeiträge Frequenzgang dn xzy Einfluss des Leistungsmessers oder Kalibrators (Nichtlinearität, Spezifikation, endliche Auflösungen) dh cal beschreibt die mögliche Drift des Wertes für den Kalibrierungsfaktor seit der letzten Kalibrierung
Unsicherheitsbeiträge Bandbreite Zusätzlich bei der Bandbreitenmessung: S R Sensitivität der Abbildung Spannung -> Frequenz Filtersteilheit / Empfindlichkeit bei Abbildung von Spannung auf Frequenz Dieser Sensitivitätskoeffizient wird z.b. für einen Gauss-Tiefpass berechnet, da er als worst-case-fall der möglichen Filterverhalten des DUT betrachtet werden kann. Iim 3- db-punkt zum Beispiel zu S r (f c ) = 0,49 U() x /U0 1-3 db d(u(x)/u 0)/dx 1/2 0 1 x = f / B
Messunsicherheitsbudget Frequenzgang Modell für die eingestrahlte Spannung U OSZ ( f ) U LM (1 du Gen ) (1 0,5 dps ) 1 hcal ( f ) dh cal du Kon du OSZ,Anz 1 du Harm dmm LM dmm OSZ Bandbreite: zus. Anteile der Filtersteilheit und Spannungsmessung U OSZ (f ref ) MU typ. >1,5%
Anstiegszeit Kalibrierung mit schnellerem Puls als Oszilloskop 0, 34 2 2 t a t a_mess t t a_normal a? B Einstellelemente am Oszilloskop müssen in definierter Position sein (Offset, x/y-position) Zusammenhang zwischen B und t a nur für Gauss-Tiefpass gültig Flat-Response Oszilloskope lassen keine berechnete Anstiegszeit zu 0, 4 t a B bis 0, 5 t a B
Anstiegszeit Kalibrierverfahren mit Pulsgenerator als Normal Unsicherheitsanteile: Bestimmung der 90% und 100%-Spannungen, Zeitbasis, Sampling, Jitter, Pulsanstiegszeit, Modellgleichung
Einflussgrößen Anstiegszeit t r_normal Unsicherheit des Pulsgenerators (aus dem Kalibrierschein oder der Spezifikation)
Einflussgrößen Anstiegszeit dt toplevel, Unsicherheit des Wertes für das Dach Unbekannte Korrektur bedingt durch eine Abweichung des Dachwertes (100 %) der Pulsspannung. Da das Pulsdach nicht ganz flach ist, kann man den Dachwert U 100% zum Beispiel nur mit einer relativen Abweichung von 2% ermitteln. Damit hat auch die am Oszilloskop gemessene Anstiegszeit t r_mess die gleiche relative Abweichung von 2 %.
Einflussgrößen Anstiegszeit dt reflevel, Unsicherheit der Werte bei 10% und 90% und deren Abbildung auf die t-achse Einfluss auf Grund von Abweichungen der 90 % and 10 % Spannungswerte der Dachspannung (100 %). Bei der Ermittlung der t 90% und t 10% Werte entsprechend der Spannungswerte U 90% und U 10% - entstehen relative Abweichungen, die z.b. mit 0,5 % des Dachspannungswertes (0,5 V) abgeschätzt werden. Bedingt durch die Steigung der u-t Charakteristik von beispielsweise u/ t = 0,8 0,5V / 9,2 ps betragen die Abweichungen dt 90% und dt 10% der beiden gemessenen Zeiten t 90% und t 10% dann je 0,06 ps.
Einflussgrößen Anstiegszeit dt timebase Unsicherheit des Zeitbasis durch die Abtastung und Samplingrate SR Unbekannte Korrektur bedingt durch die Digitalisierung des Zeitbasiswertes. Der Erwartungswert (bester Schätzwert) für dt timebase ist E[dt timebase ] = 0 ps, nur die Grenzen von dt timebase sind mit +/-SR aus Datenblatt und der Kalibrierung der Zeitbasis bekannt.
Einflussgrößen Anstiegszeit dt method Unsicherheit der Näherung durch die Methodengleichung Die Korrektur auf Grund der vereinfachten geometrischen Subtraktion der Anstiegszeit des Pulsnormals von der gemessenen Anstiegszeit kann bis zu 2% betragen. Der Ansatz ist nur gültig wenn Puls- und Oszilloskopanstiegszeit groß genugen Abstand haben (Puls muss mindestens 3mal schneller sein als das Oszilloskop). Ist der Anstand groß genug kann der Einfluss vernachlässigt werden.
Messunsicherheitsbudget Anstiegszeit 2 2 Modell für die gemessene Anstiegszeit t t t ) r_dut r_mess r_normal t r _ mess t90 t10 dt timebase dt toplevel dt reflevel MU typ. >3% oder >2 ps
Trigger Triggerempfindlichkeit und Triggerbandbreite liefern Aussage zur Darstellung von Signalen in Grenzbereichen der Frequenz und Spannung Unsicherheitsanteile: Wiederholbarkeit, Hysterese, Frequenz- /Spannungsabstimmung, Frequenz-/Spannungssensitivität
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit Weitere Quellen Tektronix Inc., XYZs of Oscilloscopes, 2009 Tektronix Inc., Understanding Oscilloscope Bandwidth, Rise Time and Signal Fidelity E. Schuon; H. Wolf: Nachrichtenmesstechnik, Springer-Verlag, Berlin Heidelberg Agilent Technologies, Application Note 1420, Understanding Oscilloscope Frequency Response and Its Effect on Rise-Time Accuracy, 2002 Agilent Technologies, Application Note 1608, What is the difference between an equivalent time sampling oscilloscope and areal-time oscilloscope? Agilent Technologies, Application Note 1404, The Truth About the Fidelity of High-Bandwidth Voltage Probes Dennis Weller, Relating wideband DSO rise time to bandwidth, Electronic Design Europe Dec. 2002 p. 46-49 Käs / Pauli, Mikrowellentechnik, Franzis-Verlag, München 1991 DIN IEC 351 Teil 1, Angaben der Eigenschaften von Elektronenstrahloszilloskopen, Nov. 1981