Bundesministerium für Gesundheit. ehealth - Planungsstudie Interoperabilität Ergebnisbericht Ist-Analyse

Ähnliche Dokumente
Bundesministerium für Gesundheit. ehealth - Planungsstudie Interoperabilität Ergebnisbericht Ist-Analyse

Bundesministerium für Gesundheit. ehealth - Planungsstudie Interoperabilität Ergebnisbericht Ist-Analyse

Semantische und technische Interoperabilität aus der Sicht der ehealth-governance-initiative

Bundesministerium für Gesundheit. ehealth - Planungsstudie Interoperabilität Ergebnisbericht Ist-Analyse

Bundesministerium für Gesundheit. ehealth - Planungsstudie Interoperabilität Ergebnisbericht AP 3: Vorgehen Konzeptprüfung (Anhang B, Teil 1)

Wo steht die gematik heute?

Telematikkonformität. Konformitätsverfahren. 19. Mai Version: Status: Final. Kategorie: öffentlich. Verteiler: Website

Europäische Perspektiven der Gesundheitstelematik. Falk Schubert Bundesministerium für Gesundheit Referat GT3

Fachöffentlichkeit. Experten Antragsteller. Allgemeine Informationen. Informationsportal. Wissenschaft und Forschung Anbieter

Aktueller Status egk / Telematik-Infrastruktur

E-Health-Gesetz. Maßnahmen und Perspektiven. QMS Mitgliederversammlung am 14. April 2015 auf der conhit 2015

Bundesministerium für Gesundheit. ehealth - Planungsstudie Interoperabilität Ergebnisbericht Ist-Analyse

Bundesministerium für Gesundheit. ehealth - Planungsstudie Interoperabilität Ergebnisbericht Ist-Analyse

Bundesministerium für Gesundheit. ehealth - Planungsstudie Interoperabilität Ergebnisbericht Ist-Analyse

Koexistenzmodelle von Gesundheitsakten (ega) 1. Wie passen die digitalen Patienten- / Gesundheitsakten von Krankenkassen, Telematikinfrastruktur,

IHE Suisse IHE Basis für den Datenaustausch

Die elektronische Patientenakte

Datenschutz im vernetzten Gesundheitswesen

Informationen zum Thema Elektronische Patientenakte (EPA)

EPD Referenz- und Zertifizierungs-Umgebung

Sektorübergreifende AMTS in Deutschland

Elektronisches Patientendossier

NSA-Affäre Kapitulation für den Datenschutz?

Beschluss des Rates der IT-Beauftragten

ESPRESSO - Dipl.-Ing. Martin Fabisch

Vision der Vernetzung heute morgen unabhängig von Ort und Zeit CURAVIVA-Impulstag, 25. April

Praktische Umsetzung von e-health Modellversuch e-toile Kanton Genf

Einsatz medizinischer Klassifikationen aus Sicht der Software-Hersteller

Einführung der Telematikinfrastruktur. an Hersteller und Teilnehmer. April 2017, Dr. Tino Großmann

Bundesgesetz über das elektronische Patientendossier (EPDG)

Online-Rollout der Telematik-Infrastruktur (TI)

STANDARDISIERUNG IM DEUTSCHEN GESUNDHEITSWESEN KBV-ANBIETERMEETING 20. SEPTEMBER 2018 WILLI ROOS KBV, REFERATSLEITER INTEROPERABILITÄT

Transinstitutionelle Informationssystem-Architekturen in vernetzten kooperativen Versorgungsformen des Gesundheitswesens

E-Government Aargau Rahmenvereinbarung zwischen dem Kanton Aargau und den Gemeindepersonal-Fachverbänden des Kantons Aargau. Version 2.

Das Steuerungsprojekt des IT- Planungsrats zur Umsetzung der erechnungs-richtlinie. Anna Dopatka 18.Mai 2016 AWV-Workshop und Tagung Berlin

e-health Strategie der Schweiz

Einsatz für das EPDG Pragmatische Erfüllung der hohen Sicherheitsanforderungen

Gemeinsam erfolgreich Die Telematikinfrastruktur kommt

Der Beitrag der DRV Bund als ein Träger der medizinischen Rehabilitation bei der Gestaltung der intersektoralen Kommunikation im Gesundheitswesen

Austauschformate im Elektronischen Patientendossier - Tour d Horizon Johannes Gnägi Koordinationsorgan ehealth Suisse

vom Konzept zur Realisierung Dr. Susanne Herbek, ELGA GmbH, 8. Juni

Daniel Muscionico Generaldirektor. Die Berufsgenossenschaft der Schweizer Apotheker

Presseseminar gematik Gesundheitskarte

Elektronische Gesundheitsakte

Workshop 21: Patienten-Akte und Patienten-App. Was wird aus der egk und der Telematikinfrastruktur? 17. Nationales DRG-Forum Berlin,16.03.

Die Wiener E-Health-Strategie

Informationen zum Thema Europäische Krankenversicherungskarte

ehealth Planungsstudie Interoperabilität Stand der Arbeiten

Die Gesundheitsplattform der AOK Gemeinschaft

Die deutsche Gesundheits-Cloud die dem Patienten gehört!

XÖV Ziele und Vision. L. Rabe Koordinierungsstelle für IT Standards (KoSIT) 27. September XÖV Anwenderkonferenz Bremen

München, den 20. April 2005 MinDirig Norbert Paland

Sicher vernetzt für Ihre Gesundheit. Das Wichtigste rund um die elektronische Gesundheitskarte

Rahmenbedingungen für Telematik-Strukturen im Gesundheitswesen in Sachsen-Anhalt. 14. Juni 2017 Frau Lange

TK-eGA Elektronische Gesundheits- akte (ega)

KönigReich Dänemark. So organisieren wir unsere Digitale Verwaltung. 23. europäischer Verwaltungskongress

Roundtable ehealth im Kanton Basel-Landschaft

EU-Standards im Kontext von egovernment

Elektronische Patientenakte (epa) Elektronisches Patientenfach (epf)

Bundesgesetz über das elektronische Patientendossier

Indikatoren EUROPLAN und Monitoringempfehlungen

Telematikinfrastruktur: Beste Rahmenbedingungen für den Ausbau zukünftiger sicherer AAL-Anwendungen

PROZESSE DIE WAHRE HERAUSFORDERUNG VON EHEALTH

How To Implement The Small Business Act

Der Austausch von Gesundheitsinformationen. Infrastrukturprodukte

Integration von Apps in das elektronische Patientendossier der Schweiz. Was ist denkbar?

Europäische Förderung - ESFRI European Strategy Forum on Research Infrastructures

Bundesministerium für Gesundheit. ehealth - Planungsstudie Interoperabilität Ergebnisbericht AP 4 Konzeptprüfung

Dr. Stefan Bales Bundesministerium für Gesundheit

Kommunikation in der Intersektoralen Versorgung

Interoperabilität und Versorgungsziele bei ehealth- Methoden in der Patientenversorgung

Orchestrieren Sie Ihre Spitalprozesse

ehealth Anlass Kanton Glarus

E-Akte Public. Flexible Lösungen und moderne Betriebskonzepte in Zeiten wachsender Datenmengen

Vorstellung Meine Gesundheit PLATIN

ELGA in Österreich: Die elektronische Gesundheitsakte. Branchentreffen Healthy Saxony Dresden, 24. August 2016 Dr. Susanne Herbek, ELGA GmbH

Bundesministerium für Gesundheit. ehealth - Planungsstudie Interoperabilität Ergebnisbericht Ist-Analyse

Dennis Häckl Neue Technologien im Gesundheitswesen. Rahmenbedingungen und Akteure. 1it einem Geleitwort von Prof. Dr. Dr. h.c.

Gesundheit 4.0: Digital Healthcare Was kann ELGA zukünftig leisten?

Vertrauensbildung in Community Clouds Cloud Use Case Day Januar 2014

Qualitätsinstitutionen im Gesundheitswesen. Who is who?

E-Health für alle: Die elektronische Patientenakte

Informationen zum Thema Europäische Krankenversicherungskarte

Datenverarbeitung - Inhalt

Der Regionalplan zur Prävention («Schéma Régional de Prévention» (SRP) Qualitätsprozess. Trinationales Seminar - Oberrheinkonferenz- 18.

egov und ehealth: gestern heute morgen

Deutschlands Strategie für ehealth

ELGA-Umsetzung in Österreich. AK Salzburg 08. Jänner 2014 Dr. Susanne Herbek, ELGA GmbH

Bundesministerium für Gesundheit. ehealth - Planungsstudie Interoperabilität Ergebnisbericht Ist-Analyse

Es ist der 4. April 2005, zwei Tage zuvor ist Papst Johannes Paul II. gestorben.

Deutscher Bundestag. Sachstand. Zur Einführung der elektronischen Gesundheitskarte unter besonderer Berücksichtigung der Kostenfrage

DIGITALE VERNETZUNG ALS ENABLER PART 2

E-Government-Initiative für D und den neuen Personalausweis

Authentisierung und HIN Login in der praktischen Anwendung

Telematik - Gesundheitskarte im Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung

conhit 2014 Berlin 6. Mai 2014

IBM Global Business Services. Increasing Demand and Decreasing Budgets. Juergen Imhoff Principal IBM Corporation

aufgrund des 217f Absatz 4b SGB V

Transkript:

Bundesministerium für Gesundheit ehealth - Planungsstudie Interoperabilität Version 1.0 Datum 28.02.2013

Das vorliegende Dokument wurde durch die Firma BearingPoint und Fraunhofer FOKUS erstellt. Ansprechpartner Bundesverwaltungsamt: Herr René Moritz Bundesverwaltungsamt E-Mail: organisationsberatung@bva.bund.de Seite 2 von 12

Dokumentinformationen Speicherdatum: 28.02.2013 Version: 1.0 Zustand: in Bearbeitung seit: vorgelegt am: 15.11.2012 Verfasser: Projektleiter: Dokumenten-ID: freigegeben durch BMG am 28.02.2013 BearingPoint GmbH, Fraunhofer FOKUS Dirk Steffan BMGI_internationale Initiativen_Frankreich_v1.0.docx Dokumentenhistorie Datum Version Änderungsgrund Bearbeiter/ Verantwortlich 15.11.2012 1.0 Abgabe AP1 Dirk Steffan Ggf. Verteiler Empfänger Gremium Erhalten am Hr. N. Mangiapane BMG 15.11.2012 Seite 3 von 12

Inhaltsverzeichnis 1. Frankreich ASIP Santé... 5 1.1. Zielsetzung und Motivation... 5 1.2. Operationalisierung... 6 1.3. Erfahrungswerte / Fazit... 9 1.4. Quellenverzeichnis... 10 Seite 4 von 12

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 1. Frankreich ASIP Santé 1.1. Zielsetzung und Motivation Die Agence nationale des systèmes d information partagés de santé (kurz ASIP Santé) ist eine 2009 gegründete gesetzlich beauftragte Organisation zur Entwicklung und Begleitung des Einsatzes von IT-Systemen und Infrastrukturen im französischen Gesundheitswesen [1]. Wesentliche Aufgaben sind neben der Schaffung eines nationalen Rahmens von IT-Systemen im Gesundheitsbereich, die Umsetzung der Anforderungen an Sicherheit und Vertraulichkeit der Daten (mittels Instrumenten für Authentifizierung, Signatur, Verschlüsselung etc.) sowie die Förderung des Vertrauens der Nutzer in diese Systeme unter Einbeziehung der Akteure des Gesundheitswesens. Die ASIP Santé ist eine zwischen dem französischen Staat, vertreten durch das französische Gesundheitsministerium, der nationalen Krankenversicherung und der Caisse nationale d assurance maladie (eine Sozialkasse, die alte und behinderte Menschen unterstützt) gegründete Gemeinschaftsorganisation [2]. Wie z.b. die gematik im SGB V in Deutschland, ist die ASIP Santé im französischen Gesetz verankert Loi n 2004-810 du 13 août 2004 relative à l'assurance maladie [3]. Die Motivation zur Gründung der ASIP Santé geht auf eine Reihe von Forschungsarbeiten der Jahre 2007 bis 2009 im Auftrag des französischen Gesundheitsministeriums zurück, u.a. zur Stellung Frankreichs und dessen Industrie im ehealth, sowie zu Interoperabilitäts- und Patientenanforderungen [1] [4]. Besonders hervorzuheben ist in diesem Zusammenhang der sogenannte Rapport (Bericht) Fieschi aus dem Jahr 2009 «La gouvernance de l interopérabilité sémantique est au coeur du développement des systèmes d information en santé» [5]. Der Professor Marius Fieschi von der Universität Méditerranée in Marseille unterstreicht in seinem Bericht an das Gesundheitsministerium, dass die Beseitigung bestehender Defizite durch die zentral gesteuerte Herstellung und Weiterentwicklung von semantischer Interoperabilität einen Schlüsselerfolgsfaktor für die französischen ehealth-bestrebungen darstellt. Die ASIP Santé ist unter Berücksichtigung zentraler Empfehlungen aus der genannten Forschungsreihe mit erweiterten Kompetenzen und Zuständigkeiten aus der 2005 gegründeten Vorgängerorganisation GIP-DMP hervorgegangen, welche im Wesentlichen den spezifischen gesetzlichen Auftrag verfolgte, einen persönlichen medizinischen Register, den Dossier médical personnel (DMP), zu entwickeln und für alle (krankenversicherten) Bürger einzuführen. Die ASIP Santé wird von der französischen Regierung als wichtiger Baustein im Kontext einer nachhaltigen nationalen Strategie gesehen. Sie soll sicherstellen, dass die Entwicklung zukünftiger ehealth- Systeme einem stabilen und einheitlichen Rahmen folgt; sowohl auf der technischen, rechtlichen und organisationalen Ebene [1]. Die aktuellen projektbezogenen gesetzlichen Aufträge der ASIP Santé betreffen den Dossier Médical Personnel (DMP) ein persönlicher medizinischer Register und die Carte de Professionnel de Santé (CPS) eine Seite 5 von 12

46 47 48 49 50 51 52 53 54 55 56 57 58 59 60 61 62 63 64 65 66 67 68 69 70 71 72 73 74 75 76 77 78 79 80 81 82 83 84 85 86 elektronische Identifizierungskarte für Ärzte und andere Leistungserbringer in der Patientenversorgung sowie die Erstellung und Weiterentwicklung nationaler Referenz Frameworks für ehealth-anwendungen. Die ASIP Santé verantwortet nach eigenen Angaben folgende Punkte: Die verantwortliche Leitung der ihr übertragenen IT-Projekte im Gesundheitswesen Die Entwicklung und Bereitstellung des Dossier Médical Personnel (DMP) und dessen Verwaltung und Betrieb Die Definition, die Förderung und die Genehmigung von Standards, Normen, Produkten oder Dienstleistungen, die einen Beitrag zur Interoperabilität, Sicherheit und Nutzung von IT-Systemen im Gesundheitsbereich leisten sowie die Überwachung derer effektiven Anwendung Die Unterhaltung nationaler Register für die Identitäten von Leistungserbringern in der Patientenversorgung und für Einrichtungen und Dienste des Gesundheitswesens (insbesondere notwendig für CPS und DMP) Die Zertifizierung, Produktion, Verwaltung und Verteilung der Carte de Professionnel de Santé (CPS) und entsprechender Geräte zur Sicherstellung elektronischer Authentifizierungs-, Identifizierungsund Signaturfunktionalitäten im Zusammenspiel mit der CPS Begleitung von öffentlichen und privaten Initiativen, welche die Ziele der ASIP Santé unterstützen (z. B. im Rahmen von Partnerschaftsabkommen) Die Teilnahme an bzw. Vorbereitung und Umsetzung von internationalen Vereinbarungen oder Projekten im Umfeld von Systemen für den Austausch von Gesundheitsinformationen in Vertretung des Ministeriums, bzw. der Regierung 1.2. Operationalisierung Förderung von Interoperabilität durch Standardisierung Insbesondere der bereits erwähnte Fieschi-Bericht forderte im Jahr 2009 das französische Gesundheitsministerium und die nachgeordnete ASIP Santé dazu auf eigene Expertise im Bereich semantischer Interoperabilität (insbesondere zu internationalen Standards und Terminologien) aufzubauen in enger Kooperation mit den Unikliniken (welche auf wissenschaftlicher Ebene ein international anerkanntes Niveau erreicht haben). Frankreich sollte so den globalen Anschluss im ehealth-bereich nicht verlieren, nachdem das französische Gesundheitssystem im Jahr 2000 von der Weltgesundheitsorganisation WHO noch als das beste der Welt gelobt worden ist [4]. Weitere Eckpunkte des Maßnahmenpakets u.a. zur Förderung von Interoperabilität sind die Festlegung auf national zu verwendende internati- Seite 6 von 12

87 88 89 90 91 92 93 94 95 96 97 98 99 100 101 102 103 104 105 106 107 108 109 110 111 112 113 114 115 116 117 118 119 120 121 122 123 124 125 126 127 128 129 onal anerkannte ehealth-standards, die aktive Mitarbeit an bzw. Weiterentwicklung von internationalen Standards und Nomenklaturen durch eine staatlich finanzierte Organisation (diese Rolle hat die ASIP Santé übernommen). Hinzu kommt die staatliche Förderungen zur Verbreitung bzw. zur Sicherstellung der Anwendung dieser Standards in der Praxis im Rahmen einer einheitlichen nationalen Strategie [5]. Die Verantwortlichkeit zur Umsetzung (von Teilen) dieser Strategie übernimmt die ASIP Santé. Die Umsetzung erfolgt u.a. im Rahmen des Répertoire National des Référentiels (RNR): ASIP Santé definiert und zertifiziert einheitliche nationale Referenz Frameworks (vereinfacht eine Sammlung zu verwendender Standards, z.b. Terminologie-Dienste, Code-Systeme etc. in definierten ehealth-kontexten und Anwendungsszenarien), zur Gewährleistung von Interoperabilität, Sicherheit und Nutzbarkeit von ehealth- Systemen und plant diese online zentral über eine Plattform für Hersteller und Nutzer bereitzustellen [6]. ASIP Santé erstellt eine Reihe dieser Referenz Frameworks in Eigenregie mit Beteiligung der nationalen Stakeholder im Gesundheitssystem (z.b. Hersteller und Nutzer im ehealth-umfeld) oder greift auf bereits existierende Referenz Frameworks zurück, die z.b. von internationalen Standardisierungsorganisationen entwickelt wurden. In beiden Fällen setzt die ASIP Santé auf die Auswahl bzw. Priorisierung international verbreiteter/genutzter Standards oder Profile mit dem Fokus auf den Themenfeldern Sicherheit und Interoperabilität und lokalisiert diese zur Herstellung der Konformität mit französischen Rahmenbedingungen im Gesundheitssystem, insbesondere in den Kontexten Regulation und Organisation [7]. Damit folgt die ASIP Santé einer der zentralen Forderungen des Fieschi- Berichts, dem Aufbau eigener Expertise und Steuerungsmöglichkeit in Bezug auf interoperabilitätsrelevante Standards im ehealth-kontext. Aktive Mitarbeit bei internationalen Standardisierungsorganisationen Bemerkenswert in diesem Zusammenhang ist das aktive Engagement der ASIP Santé bei der Mitwirkung an Standardisierungsprozessen im Gesundheitswesen zu nennen, mit dem Ziel die Ergebnisse direkt in den eigenen Projekten wie dem DMP umzusetzen. Die ASIP Santé fördert z.b. IHE Frankreich und hat zuletzt im Jahr 2011 eine zweijährige Vereinbarung mit IHE International getroffen, die ihr eine Schlüsselrolle bei der aktiven Mitwirkung an technischen und semantischen Interoperabilitätsstandards auf einer internationalen Ebene einräumt [8] [9]. ASIP Santé tritt als Sponsor für folgende IHE-Themenfelder auf [10]: information technology infrastructure (u.a. langjährige Besetzung des Co-Chairs) quality, research and public health (u.a. langjährige Besetzung des Co-Chairs) care coordination Seite 7 von 12

130 131 132 133 134 135 136 137 138 139 140 141 142 143 144 145 146 147 148 149 150 151 152 153 154 155 156 157 158 159 160 161 162 163 164 165 166 167 168 169 170 171 172 173 174 175 biomedical laboratory analysis Da die Ergebnisse des IHE-Engagements wie erwähnt nach einer Lokalisierung (Übersetzung in französischer Sprache, Anpassung an französische Regularien usw.) in die Projekte der ASIP Santé wie dem DMP und insbesondere in die nationalen Referenz Frameworks einfließen, werden entsprechende IHE-Profile im französischen Gesundheitswesen zur de facto Norm (betrifft u.a. öffentliche Ausschreibungen im ehealth-kontext). In den Referenz Frameworks werden auch andere internationale Standards berücksichtigt, u.a. im Bereich der Terminologie-Dienste (HL7 CTS-2), wo jedoch mit Phast auch ein französisches Unternehmen (in dem u.a. die ehemalige IHE QRPH Co-Chairin arbeitet) in einer besonderen Marktposition ist [11]. Im Rahmen des laufenden sogenannten Memorandum of Understanding mit IHE International organisierte und veranstaltete die ASIP Santé im laufenden Jahr 2012 z.b. eine Reihe von offiziellen IHE Workshops der technischen Kommitees, die an der Definition von Profilen für Standards zur Erleichterung der Strukturierung und des Austauschs von elektronischen Gesundheitsdaten arbeiten. Diese Ergebnisse fließen u.a. in das DMP- Projekt bzw. in das Referenz Framework: health information systems interoperability framework (CI-SIS) ein, dass die rahmengebende Grundlage für DMP war und für kommende ehealth-projekt sein wird. Ein weiteres Praxisbeispiel ist die Spezifikation eines Structured laboratory report, der den Austausch von Informationen innerhalb von und zwischen Laboren definiert [12]. Die ASIP Santé ist nicht nur mit eigenen Fachleuten in den IHE Kommitees aktiv sondern unterstützt auch aktiv und finanziell bei den jährlichen Interoperabilitätstests in Nordamerika und Europa, den sogenannten Connectathons [9] [13]. Die europäischen Connectathons werden von der französischen Forschungseinrichtung INRIA organisiert, die auch von IHE mit der weiteren Entwicklung und Pflege des IHE gazelle Toolsets beauftragt ist und über IHE Europe an einen großen Test-Auftrag im Rahmen des epsos Projekts gekommen ist. Im Gegenzug genießen die Anforderungen der französischen ehealth-aktivitäten ein besonderes Gewicht bei IHE International. Beispielsweise sind viele der im Profil XDS Metadata Update spezifizierten Transaktionen alleine auf in der französischen ehealth-infrastruktur benötigte Funktionalitäten zurückzuführen. Praxisbeispiel mit Interoperabilitätsbezug - Dossier médical personnel (DMP) Das ambitionierteste und größte aktuelle praxisbezogene Projekt Frankreichs (delegiert in den Verantwortungsbereich der ASIP Santé) im ehealth mit Interoperabilitätsbezug ist der Dossier médical personnel (DMP). Gesetzlich beschlossen wurde die Entwicklung und Einführung einer elektronischen Gesundheitskarte und eines persönlichen medizinischen Registers für jeden Krankenversicherten bereits im Jahr 2004 durch die Loi n 2004-810 du 13 août 2004 [3]. Der DMP ist nicht obligatorisch und kostenlos für jeden krankenversicherten Bürger im Rahmen eines mehrstufigen Rollouts seit Januar 2011 (Start in vier Regionen) verfügbar [14]. Das Projekt steht Seite 8 von 12

176 177 178 179 180 181 182 183 184 185 186 187 188 189 190 191 192 193 194 195 196 197 198 199 200 201 202 203 204 205 206 207 208 209 210 211 212 213 214 215 216 217 218 219 220 aber auch bei einigen Stakeholdern im Gesundheitswesen in der Kritik; insbesondere aufgrund jahrelanger Verzögerungen des Projektstarts, welche die Projektkosten laut französischem Rechnungshof bislang auf über 210 Mio. hochtrieben und einem Projektneustart im Jahr 2008 erforderten [15] [16] [17]. Die Finanzierung des Projekts erfolgt über den französischen Staat bzw. aus den Mitteln der gesetzlichen Krankenversicherung. Der DMP kann auf Wunsch des Versicherten u.a. in staatlichen Kliniken und bei Ärzten über seine persönliche elektronische Gesundheitskarte eingerichtet werden [18]. Die ASIP Santé, u.a. verantwortlich für zentrale Verwaltung der DMPs, stellt dazu in der Einführungsphase zusätzliche Berater, z.b. in Kliniken an Verwaltungs-Kiosken, welche die Einrichtung des DMP durchführen, bzw. darüber informieren. Der DMP soll laut Konzeption die relevanten Informationen zur Krankheitsgeschichte eines Bürgers, bzw. entsprechende Dokumente von der Geburt bis zum Tod zentral verwalten und dadurch die arbeitsteilige Patientenversorgung durch die Leistungserbringer verbessern. Der DMP verwaltet dazu mehrere strukturierte Kategorien von Informationen: Diagnosen der Ärzte, Verschreibungen und Behandlungen, medizinische Bilddaten (z.b. Röntgenbilder), Befunde, Präventionsmaßnahmen, Informationen zu Allergien oder Unverträglichkeiten und einen persönlichen Bereich für den Patienten (zur Einstellung eigener Dokumente). Der Halter des DMP muss den jeweiligen Leistungserbringern das Zugriffsrecht auf seinen persönlichen Dossier oder auf bestimmte Dokumente darin erlauben bzw. kann dieses auch wieder entziehen [19]. Zugangsschlüssel zu den Patienten-Dossiers sind die elektronische Gesundheitskarte bzw. elektronische Karten der Leistungserbringer (CPS). Über ein zentrales Internetportal hat der am DMP teilenehmende Versicherte jederzeit Zugriff auf seinen persönlichen Dossier und kann die Zugriffe von Leistungserbringern nachverfolgen [20] [21] [22]. Für den Zugriff erhält der Versicherte zentral bereitgestellte geheime Login-Daten und ein persönliches Passwort. Das selbst gesteckt Ziel der französischen Regierung bis Ende 2011 die Zahl von 500.000 DMPs zu erreichen konnte mit aktuell ca. 160.000 erstellten Dossiers der Versicherten bislang (Stand August 2012) nicht erreicht werden - bei insgesamt 52 Mio. DMP-berechtigten Bürgern [18] [15] [14]. Seitens der Bürger besteht nach wie vor Aufklärungsbedarf: u.a. bezüglich der Sicherheit ihrer persönlichen Gesundheitsdaten, während die Ärzteschaft u.a. Lücken bei der Ausstattung mit erforderlicher kompatibler IT «DMP-compatible» zur Erstellung und Nutzung der DMPs beklagt [23]. 1.3. Erfahrungswerte / Fazit Die französische Regierung hat in den letzten fünf Jahren in der offiziellen Kommunikation die Herstellung und Förderung von Interoperabilität als ein wesentliches Erfolgskriterium für das nationale ehealth-programm deklariert und entsprechende institutionelle (u.a. Gründung der ASIP Santé), projektbezogene (u.a. Neustart des DMP-Projekts im Jahr 2008) und stra- Seite 9 von 12

221 222 223 224 225 226 227 228 229 230 231 232 233 234 235 236 237 238 239 240 241 242 243 244 245 246 247 248 249 250 251 252 253 254 255 256 257 258 259 260 261 262 263 264 265 266 267 tegische (u.a. Engagement bei internationalen Standards und Nomenklaturen zur Vertretung der französischen Interessen) Maßnahmen auf den Weg gebracht. Die ASIP Santé bzw. deren Projekten und Initiativen (u.a. der DMP, das IHE-Engagement, das health information systems interoperability framework) stellen den größten Fortschritt des französischen Gesundheitswesens der letzten Jahre im Bereich Interoperabilität dar. Frankreich verfolgt in der eigenen Tradition einen sehr zentralistischen Ansatz um Interoperabilität im ehealth voranzutreiben, der so aufgrund der föderalen Struktur des deutschen Gesundheitswesens nicht replizierbar ist. Der zentralistische Ansatz garantiert auch nicht automatisch für reibungslose und effiziente Projektabläufe, was Terminverschiebungen und sprunghafte Kostensteigerungen bei nationalen Leuchtturmprojekten wie DMP und CPS zeigen. Die ASIP Santé ist mit weitreichenden gesetzlichen Kompetenzen ausgestattet, um Interoperabilitätsvorgaben für künftige ehealth-anwendungen festzulegen (z.b. für die Hersteller über die nationalen Referenz Frameworks), die zwar auf internationalen Standards aufsetzen, aber die Berücksichtigung der regulativen und organisatorischen Bedürfnisse des französischen Gesundheitssystems sicherstellen. Frankreich hat sich über die ASIP Santé bzw. deren Engagement bei internationalen Standardisierungsorganisationen wie IHE International weitreichende Einfluss-möglichkeiten auf die Gestaltung globaler ehealth- Standards gesichert. Vor dem Hintergrund der aktiven Einbeziehung der französischen Hersteller und Dienstleister im ehealth-kontext durch die ASIP Santé in die Ausgestaltung der nationalen Referenz Frameworks gewinnt dieses Vorgehen eine wirtschaftspolitische Note. Die ASIP Santé übernimmt damit auch eine Rolle zur Förderung der französischen ehealth- Industrie. Erste Auswirkungen sind bereits zu spüren, französische öffentliche Ausschreibungen im ehealth-bereich sind sehr IHE-lastig und neben Österreich hat auch Frankreich im europäischen epsos-projekt von Anfang an klar gestellt, dass nur ein auf IHE-Profilen basierendes europäisches Gesundheitsnetzwerk eine Chance auf französische Zustimmung hat. Hierdurch wird französischen Herstellern, die durch die nationalen Ausschreibungen bereits über IHE Umsetzungserfahrungen verfügen, der Eintritt in die Märkte anderer europäischer Länder erleichtert. 1.4. Quellenverzeichnis [1] Qui sommes nous? esante.gouv.fr, le portail de l ASIP Santé. URL http://esante.gouv.fr/en/asip-sante/qui-sommes-nous/qui-sommesnous. - abgerufen 2012-10-25 [2] Convention_constitutive_ASIP_19novembre2009.pdf. URL http://esante.gouv.fr/sites/default/files/convention_constitutive_asip_19no vembre2009.pdf. - abgerufen 2012-10-25 [3] LOI n 2004-810 du 13 août 2004 relative à l assurance maladie Legifrance. URL http://www.legifrance.gouv.fr/affichtexte.do?cidtexte=jorftext0000006 25158. - abgerufen 2012-10-26 Seite 10 von 12

268 269 270 271 272 273 274 275 276 277 278 279 280 281 282 283 284 285 286 287 288 289 290 291 292 293 294 295 296 297 298 299 300 301 302 303 304 305 306 307 308 309 310 311 312 313 314 315 316 317 318 319 320 321 322 323 324 325 326 [4] DOUPI, P. ; RENKO, E. ; GIEST, S. ; HEYWOOD, J. ; DUMORTIER, J.: European Commission - Country Brief: France. In: European Commission, DG Information Society and Media, ICT for Health Unit, e-health Strategies study (2010) [5] MARIUS FIESCHI (UNIVERSITE DE LA MEDITERRANEE, MARSEILLE): La gouvernance de l interopérabilité sémantique est au coeur du développement des systèmes d information en santé. URL http://www.sante.gouv.fr/img/pdf/rapportfieschi.pdf. - abgerufen 2012-10- 25 [6] Overview of the national Reference Frameworks Repository (RFR) esante.gouv.fr, le portail de l ASIP Santé. URL http://esante.gouv.fr/en/services/referentiels/presentation/overviewnational-reference-frameworks-repository-rfr. - abgerufen 2012-10-26 [7] Présentation du Répertoire National des Référentiels (RNR) esante.gouv.fr, le portail de l ASIP Santé. URL http://esante.gouv.fr/services/referentiels/presentation/presentation-durepertoire-national-des-referentiels-rnr. - abgerufen 2012-10-28 [8] IHE en France - InteropSanté. URL http://www.interopsante.org/412_p_15685/ihe-en-france.html. - abgerufen 2012-10-26 [9] ASIP Santé hosts meetings of three IHE International standardisation committees esante.gouv.fr, le portail de l ASIP Santé. URL http://esante.gouv.fr/en/actus/interoperabilite/asip-sante-hosts-meetingsthree-ihe-international-standardisation-committees. - abgerufen 2012-10-26 [10] Second meeting of IHE International standardization committees, organized by ASIP Santé esante.gouv.fr, le portail de l ASIP Santé. URL http://esante.gouv.fr/en/actus/interoperabilite/second-meeting-iheinternational-standardization-committees-organized-asip--0. - abgerufen 2012-10-26 [11] File:FMA - ASIP Sante et IHE.pdf - IHE Wiki. URL http://wiki.ihe.net/index.php?title=file:fma_-_asip_sante_et_ihe.pdf. - abgerufen 2012-10-26 [12] CI-SIS_CONTENU_VOLET-CR-BIOLOGIE_v1.2.0.0.pdf. URL http://esante.gouv.fr/sites/default/files/ci-sis_contenu_volet-cr- BIOLOGIE_v1.2.0.0.pdf. - abgerufen 2012-10-26 [13] IHE.net Connectathon Overview. URL http://www.ihe.net/connectathon/. - abgerufen 2012-10-28 [14] Dossier médical personnel : suivez le déploiement région par région (actualisé) esante.gouv.fr, le portail de l ASIP Santé. URL http://esante.gouv.fr/actus/dmp/dossier-medical-personnel-suivez-ledeploiement-region-par-region-actualise. - abgerufen 2012-10-26 [15] Le dossier médical personnel, très mal ficelé. URL http://www.lemonde.fr/sante/article/2012/08/27/le-dossier-medicalpersonnel-tres-mal-ficele_1751803_1651302.html. - abgerufen 2012-10-26 [16] Ministère des Affaires sociales et de la Santé. URL http://www.social-sante.gouv.fr/. - abgerufen 2012-10-26 [17] leparisien - «Beaucoup d administrations sont dans le même cas». URL http://www.leparisien.fr/societe/beaucoup-d-administrationssont-dans-le-meme-cas-15-10-2012-2234557.php. - abgerufen 2012-10-26 [18] FAQ - DMP. URL http://www.dmp.gouv.fr/web/dmp/patient/faq. - abgerufen 2012-10-26 [19] J exerce mes droits - DMP. URL http://www.dmp.gouv.fr/web/dmp/patient/j-exerce-mes-droits. - abgerufen 2012-10-26 [20] Dossier Médical Personnel Au service de la santé - DMP. URL http://www.dmp.gouv.fr/web/dmp/. - abgerufen 2012-10-26 [21] Je consulte mon DMP - DMP. URL http://www.dmp.gouv.fr/web/dmp/patient/je-consulte-mon-dmp. - abgerufen 2012-10-26 Seite 11 von 12

327 328 329 330 331 332 333 334 335 [22] Mon médecin ajoute des documents dans mon DMP - DMP. URL http://www.dmp.gouv.fr/web/dmp/patient/mon-medecin-ajoute-desdocuments-dans-mon-dmp. - abgerufen 2012-10-26 [23] Dossier médical personnel. Déclic à l hôpital - L actualité de Vannes ville est sur Le Télégramme. URL http://vannes.letelegramme.com/local/morbihan/vannesauray/vannes/dossier-medical-personnel-declic-a-l-hopital-26-10-2012-1886162.php. - abgerufen 2012-10-26 Seite 12 von 12