Wirtschaftstrends Jahresmitte 2012 - Türkei

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01.06.2012 Wirtschaftstrends Jahresmitte 2012 - Türkei Verfasser: Dr. Marcus Knupp (Mai 2012) Istanbul (gtai) - Nach zwei Jahren fulminanten Wachstums muss sich die Türkei 2012 auf eine Verlangsamung der wirtschaftlichen Entwicklung einstellen. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) wird sich voraussichtlich nur noch um rund 3% erhöhen. In den Jahren 2010 und 2011 gehörte die Türkei mit einer realen Zunahme von 9,2% beziehungsweise 8,5% zur weltweiten Spitzengruppe. Ein deutlich gestiegener Konsum hat 2011 ebenso zur konjunkturellen Dynamik beigetragen wie die weiterhin hohen Investitionen. Inhalt 1 Gesamtwirtschaftlicher Ausblick Entwicklung des Bruttoinlandsprodukts Investitionen Konsum Außenhandel 2 Branchen im Überblick Maschinen- und Anlagenbau Kfz-Industrie Chemie Bauwirtschaft Elektrotechnik/Elektronik Informations- und Kommunikationstechnik Umwelttechnik Medizintechnik Textilien und Bekleidung Nahrungsmittel Tourismus 1 Gesamtwirtschaftlicher Ausblick Entwicklung des Bruttoinlandsprodukts Fortgesetzt hohe Investitionen und ein über den Erwartungen liegender Anstieg des Konsums haben der Türkei nach 2010 mit 9,2% auch 2011 ein "chinesisches" Wachstum von real 8,5% beschert. Die Empfindlichkeit gegenüber externen Schocks ist jedoch größer als im Reich der Mitte. Deutlich bremsend wird sich daher 2012 die Schuldenkrise in der EU auch auf die türkische Wirtschaft auswirken. Knapp die Hälfte ihres Außenhandels wickelt die Türkei mit Europa ab. Die Prognosen für das BIP-Wachstum 2012 bewegen sich zwischen 2 und 4%.

MKT201205318012.14 Die Wirtschaft der Türkei hat sich 2011 erstaunlich robust gegenüber den Effekten der Eurokrise und den Umwälzungen in der arabischen Welt gezeigt. Die konjunkturelle Abkühlung kündigte sich jedoch bereits in sinkenden Quartalswerten an. Eine schwächer notierende Türkische Lira und die wachsende Bevölkerungszahl führten zu einer gegenüber der Gesamtwirtschaft nur geringeren Zunahme des in US-Dollar ausgedrückten BIP pro Einwohner um lediglich 4,2%. Wirtschaftliche Eckdaten Indikator 2010 2011 Vergleichsdaten Deutschland 2011 BIP (nominal, Mrd. $) 731,6 772,3 2.571,0 BIP pro Kopf ($) 10.022 10.444 31.437 Bevölkerung (Mio.) 73,7 74,7 81,8 Wechselkurs (1 $ = TL) 1,50 1,68 Quellen: Türkisches Statistikamt (TÜIK), Deutsche Bundesbank, Statistisches Bundesamt Wesentliche Motoren des Wachstums waren 2011 das produzierende Gewerbe mit einer realen Zunahme des sektoralen BIP um 9,4% und die wieder erstarkte Bauwirtschaft mit einem Plus von 11,2%. Steigender Konsum manifestiert sich in einem Zuwachs von 11,4% beim Handel. Profitieren konnte 2011 von höheren Ausgaben auch wieder stärker der Tourismus (+7,7%). Im Dienstleistungssektor lagen außerdem Transport und Kommunikation mit 10,8%, der Finanzsektor mit 9,6% und die Immobilienwirtschaft mit 9,3% Zuwachs über dem Durchschnitt. Auf der Verwendungsseite waren es wie in den vergangenen Jahren die Investitionen, die mit einer realen Zunahme von 18,3% den stärksten Impuls gaben. Aber auch der Konsum erhöhte sich mit 7,7% erheblich. Die Binnenkonjunktur kann damit eine stabilisierende Wirkung ausüben. Unter stärkeren Druck geriet mit der lebhaften Konjunktur seit Mitte 2011 die Inflation, die zum Jahresende über 10% stieg und damit erneut die Zielmarke der Zentralbank überschritt. Bis Ende

2012 wird ein Rückgang auf circa 6,5% prognostiziert, sodass im Jahresdurchschnitt etwa 9% erreicht werden können. Die Staatsverschuldung der Türkei betrug 2011 nach Angabe des IWF 39,4% des BIP und lag damit ebenso wie das Haushaltsdefizit von rund 1,5% innerhalb der Maastricht-Kriterien. Für 2012 wird ein etwas höheres Defizit von -1,8 bis -1,9% vorhergesagt und ein weiteres Absinken der Verschuldungsquote auf einen Wert zwischen 36 bis 39%. Investitionen Insbesondere die Investitionen des Privatsektors haben 2011 wie in den Vorjahren erheblich zugelegt. Hier erwartet die mittelfristige Planung der türkischen Regierung auch in den nächsten Jahren überdurchschnittliche Dynamik. Die öffentlichen Investitionen werden mit kleineren jährlichen Schwankungen in etwa auf ihrem derzeitigen Niveau bleiben. Deutlich höher als 2009 und 2010 war 2011 der Zufluss ausländischer Direktinvestitionen, deren Volumen auf 15,9 Mrd. $ stieg (2010: 9,0 Mrd. $). Die gesamte Investitionssumme erhöhte sich 2011 gegenüber 2010 um 18,3% auf 283,2 Mrd. Türkische Lira (TL, circa 121 Mrd. Euro), das waren 21,9% des BIP. Auf den öffentlichen Sektor entfielen rund 17,2% davon, den Löwenanteil von 234,6 Mrd. TL trug die private Wirtschaft. Bauinvestitionen hatten einen Anteil von 42% an den gesamten Ausgaben, Maschinen und Ausrüstung von rund 58%. Die größte Dynamik zeigte sich bei den Maschineninvestitionen privater Unternehmen, die real um 25,8% zulegten. Ausgewählte Großprojekte Projektbezeichnung Investitionssumme (Euro) Projektstand Anmerkung Dritter Flughafen Istanbul Ausschreibung noch 2012 Neuer Großflughafen für 150 Mio. Passagiere pro Jahr bei Silivri Stadtbahn Sakarya Bau noch 2012 Ausgang am TCDD-Bahnhof der Stadt Eisenbahn Schwarzmeerküste Planung Fortsetzung ab Sakarya nach Eregli und Zonguldak Logistiktentrum Havza, Edirne Bau bis 2013 Auf 250 ha nahe der Grenze zu Bulgarien, Anschluss an Eisenbahn geplant Fußballstadien in Diyarbakir, Kocaeli, Sakarya, Samsun und Adana Planung Neubau nach UEFA-Kriterien; Umsetzung durch staatliche Wohnungsbaugesellschaft TOKI 3 Übertragungsleitungen für Elektrizität unter dem Marmara-Meer 300 Mio. Planung Ziel: bessere Stromversorgung europ. Seite von Istanbul; 1 Kabel Izmitbucht, 2 Kabel Dardanellen; Beginn 2013 Verlegung von TTNet will Breitband-Zugang für Glasfaserkabeln an rund 6 Beginn Aufbau intelligenter Netze für Mio. Haushalte Internetnutzer Teilausbau Atasehir, Istanbul 640 Mio. Planung Teil des neuen Finanzzentrums, 3 Hochhäuser und 1.500

Einfamilienhäuser; Varyap-Gap Insaat Ausbau der Discounterkette Sok Beginn und Planung Ausbau des Filialnetzes von 1.135 auf 2.500 bis 2015 Selcuklu Kongresszentrum, Konya Beginn im August 2012 Kongresszentrum für 5.000 Personen auf 29.700 qm Quellen: Recherchen von Germany Trade & Invest; Pressemeldungen Potenzielle Investoren und Unternehmen, die in die Türkei exportieren wollen, sollten bei ihrer Entscheidung über den Markteintritt das Stärken-Schwächen-Profil des Standorts und die damit verbundenen Chancen und Risiken (SWOT-Analyse) berücksichtigen: MKT201205318012.15 Konsum Die Höhe der privaten Konsumausgaben im Verhältnis zum BIP lag 2011 bei 71,1%, jene des Staatskonsums bei 14,0%. Begleiterscheinungen der hohen Konsumquote sind neben dem beständigen Importüberschuss spürbarer Inflationsdruck und eine im Verhältnis zur Investitionstätigkeit zu geringe Sparquote von rund 13%. Die Zahlen für die ersten Monate 2012 weisen auf eine merkliche Abkühlung des Konsums hin, für die 2. Jahreshälfte wird jedoch eine Aufhellung erwartet. Der von der Zentralbank gemeinsam mit dem Statistikamt ermittelte Index des Konsumentenvertrauens erreichte im Juni 2011 einen Höhepunkt von 96,4, um bis Oktober auf 89,7 zu sinken. Danach beginnt sich die Stimmung langsam wieder zu verbessern. Im März 2012 lag der Index bei 93,9. Der Einzelhandel rechnet 2012 erneut mit einem Umsatzwachstum von etwa 8,5%. Die offizielle Arbeitslosenquote lag 2011 im Jahresdurchschnitt bei 9,8%. Sowohl die Prognosen der mittelfristigen Planung als auch die Zahlen der ersten Monate 2012 deuten darauf hin, dass damit erneut das in den vergangenen Jahren stabile Niveau von circa 10% erreicht worden ist. Zu bedenken ist, dass die stille Reserve wegen der niedrigen Frauenerwerbsquote relativ groß

ausfällt und die Jugendarbeitslosigkeit mit 18,4% ebenfalls signifikant höher lag als die Gesamtquote. Außenhandel Der türkische Außenhandel hat seinen Aufwärtstrend 2011 fortgesetzt. Sowohl die Einfuhren als auch die Exporte stiegen auf ein neues Rekordniveau. Im 1. Quartal 2012 hat sich die Dynamik im grenzüberschreitenden Warenaustausch dagegen deutlich abgeschwächt. Insbesondere die Importe sanken im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 0,7%, während die Exporte weiter mit 12,6% zulegen konnten. Sinkende Tendenz hat damit auch das Handelsbilanzdefizit, das 2011 auf eine Höhe von fast 106 Mrd. $ gestiegen war. Außenhandel der Türkei (in Mrd. Euro; reale Veränderung im Vergleich zum Vorjahr in %) 2010 2011 Veränderung 2011/2010 Importe 138,8 173,1 24,7 Exporte 85,3 97,0 13,7 Handelsbilanzsaldo -53,5-76,1 42,1 Quelle: TÜIK Die wichtigsten Abnehmerländer türkischer Exporte waren 2011 Deutschland mit einem Anteil von 10,3% vor dem Irak (6,2), Vereinigtes Königreich (6,0), Italien (5,8) und Frankreich (5,0). Die größten Zuwächse verzeichneten neben dem Irak die Ukraine, Aserbaidschan, die Niederlande und Russland. Der Anteil der EU-Länder an den türkischen Ausfuhren lag 2011 bei 46,2%. Unter den Lieferländern konnte Deutschland 2011 mit einem Anteil von 9,5% den zweiten Platz hinter dem Rohstofflieferanten Russland (9,9%) verteidigen. Es folgten die VR China (9,0%), die USA (6,7%) und Italien (5,6%). Das höchste Wachstum wiesen Indien, Iran, die Schweiz und Bulgarien auf. Deutschland ist mit einem Anteil von 9,8% am Gesamtvolumen der Ein- und Ausfuhren der wichtigste Handelspartner der Türkei. Einfuhr nach Warengruppen (in Mio. Euro; Veränderung im Vergleich zum Vorjahr in %) SITC Warengruppe 2010 2011 Veränderung 2010/2011 0 Nahrungsmittel/lebende Tiere 3.358,3 4.947,2 47,3 5 Chemische Erzeugnisse 19.108,6 22.468,4 17,6.51 Organische Chemikalien 3.186,3 3.861,4 21,2.54 Arzneimittel 3.573,9 3.662,2 2,5.57 Kunststoffe in Primärformen 5.730,0 7.124,9 24,3 6 Vorerzeugnisse 23.815,3 27.586,8 15,8.67 Eisen/Stahl 7.279,2 8.294,2 13,9 7 Maschinen und Fahrzeuge 40.286,0 48.116,6 19,4.71 Kraftmaschinen 5.028,9 4.946,9-1,6.72 Arbeitsmaschinen 3.860,7 5.582,3 44,6.74 Maschinen für verschiedene Zwecke 5.148,6 6.444,8 25,2.77 Elektrische Maschinen 6.260,0 7.185,5 14,8.78 Kraftfahrzeuge 9.863,6 12.062,2 22,3

8 Fertigerzeugnisse 8.745,0 10.189,8 16,5.87 Mess-, Prüf- und Kontroll-instrumente, -apparate und - geräte 1.834,8 2.137,3 16,5 Quelle: TÜIK 2 Branchen im Überblick Die dynamische Entwicklung in einem breiten Spektrum von Branchen in der Türkei bietet eine Vielzahl von Geschäftschancen. Umfangreiche Investitionen in Maschinen und Ausrüstungen machen die Türkei zu einem wichtigen Abnehmer deutscher Investitionsgüter. Im Zuge der fortschreitenden Modernisierung gewinnt das Land auch als Bezugsquelle an Bedeutung. Rund 4.800 Unternehmen mit deutscher Kapitalbeteiligung waren Ende 2011 am Bosporus präsent, oft im Rahmen von Joint Ventures mit türkischen Partnern. Maschinen- und Anlagenbau Die Maschinenbauindustrie in der Türkei befindet sich in einer Expansionsphase. Sowohl die lokale Produktion als auch die Ausfuhr von Maschinen nimmt stark zu. Ein wesentlicher Antrieb sind die Investitionen der Produktionsbetriebe in der Türkei, wie auch die steigenden Maschinenimporte zeigen. Den Produktionswert der Branche gibt der Verband MIB für 2011 mit rund 25,8 Mrd. $ an (2010: 20,8 Mrd. $). Die Fertigung in der Werkzeugmaschinensparte beziffert der Fachverband TIAD mit 660 Mio. $. Eine relativ starke Position haben türkische Hersteller mittlerweile bei Blechbearbeitungsmaschinen aufgebaut. Der Produktionsindex im türkischen Maschinenbau insgesamt lag in den ersten drei Monaten 2012 im Durchschnitt um 12,9%, der Index des Auftragsbestandes um 25,8% höher als im Vorjahr. Kfz-Industrie Der Absatz von Kfz in der Türkei hat 2011 mit rund 910.000 Einheiten einen neuen Bestwert erreicht, ein Plus von 14,8% gegenüber 2010. Nachlassende Konjunktur und höhere Steuern haben die Verkaufszahlen im 1. Quartal 2012 jedoch um rund 26% gegenüber dem Vorjahreswert einbrechen lassen. Für 2012 werden Verkäufe von maximal 800.000 Einheiten erwartet. Mit knapp 1,2 Mio. Fahrzeugen hat auch die Produktion von Kfz in der Türkei 2011 einen neuen Rekord verzeichnet. Gegenüber 2010 stieg sie um 8,6%. Etwa 66,5% der türkischen Kfz-Fertigung werden exportiert. Mit rund 791.000 Einheiten wurden 2011 etwa 4,8% mehr Fahrzeuge im Ausland abgesetzt als im Vorjahr. Der Zuwachs geht dabei überwiegend auf das Konto von Nutzfahrzeugen. Chemie Im Jahr 2011 hat sich die Produktion der türkischen Chemieindustrie um 5,6% und damit deutlich langsamer als 2010 (+15,9%) erhöht. Für 2012 erwartet die Chemiebranche eine Entwicklung auf ähnlichem Niveau wie 2011 und geht von 5% Wachstum aus. Die Kunststoffsparte zeigte 2011 mit einer Produktionsausweitung von 11,6% abermals eine überdurchschnittliche Dynamik. Große Investitionen werden in Aliaga bei Izmir getätigt. Eine komplette Halbinsel wird dort in ein Petrochemie- und Logistikzentrum mit Raffinerie umgebaut. Rund 10 Mrd. $ sollen in den nächsten Jahren investiert werden. Mit der Produktionsaufnahme in den Jahren 2014 (Raffinerie) bis 2018 (Petrochemie) wird sich die bislang hohe Außenabhängigkeit der Türkei bei Chemiegrundstoffen erheblich verringern.

Bauwirtschaft Eine steigende Bevölkerungszahl, tendenziell kleinere Haushalte und umfangreiche Programme zur Stadterneuerung sorgen für konstanten Neubaubedarf. Rund die Hälfte der Bausubstanz in türkischen Städten sind ohne Baugenehmigungen oder mit erheblichen Mängeln errichtet und müssten unter diesen Gesichtspunkten ersetzt werden. Betroffen sind rund 8 Mio. Gebäude. Die öffentliche Hand und private Betreiber investieren in großem Stil in die Infrastruktur. Das sektorale BIP stieg 2011 real um 11,2%. Insgesamt trug der Bausektor mit 57,9 Mrd. TL (circa 24,7 Mrd. Euro) 4,5% zur gesamten Wirtschaftsleistung der Türkei bei. Das Bauwirtschaftsinstitut YEM erwartet für 2012 ein wieder über der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung liegendes Wachstum der Branche in Höhe von real 7,0 bis 7,5%. Elektrotechnik/Elektronik Das Spektrum an elektrischen und elektronischen Geräten, die in der Türkei hergestellt oder montiert werden, erweitert sich. Nach Haushaltsgeräten und Unterhaltungselektronik, vor allem Fernsehern, verlassen zunehmend auch Computer und Zubehör Werke am Bosporus. Die Branche spürt jedoch deutlich die konjunkturelle Schwäche auf den europäischen Abnehmermärkten. Im 1. Quartal 2012 erhöhte sich der Produktionsindex durchschnittlich nur noch um 1,8% gegenüber dem Vorjahr. Die Produktion von elektrischen Haushaltsgeräten lag im Zeitraum Januar bis März 2012 um 5,3% über dem Vorjahresniveau. Besser sieht es in beiden Bereichen beim Auftragsbestand aus. Die großen Hersteller wie BSH, Indesit oder Vestel kündigten für die kommenden Jahre umfangreiche Investitionen in die Produktionsausweitung an. Informations- und Kommunikationstechnik Die rasche Umsetzung von neuen Technologien in den Alltagsgebrauch schafft eine konstant hohe Nachfrage nach IKT-Ausrüstungen. Der größte Anbieter von Internetdiensten TTNet will 5 Mio. bis 6 Mio. Haushalte mit Glasfaserkabeln vernetzen, um seinen Kunden ab 2013 die Nutzung sogenannter intelligenter Netzwerke zu ermöglichen. Eine wachsende Zahl von Dienstleistungen können über das Mobiltelefon abgewickelt werden. Im Jahr 2011 wurden in der Türkei rund 13 Mio. Mobiltelefone verkauft, 24% davon Smartphones. Für 2012 wird ein weiterer Anstieg um 15% auf etwa 15 Mio. verkaufte Geräte erwartet. Umfangreiche Investitionen in Hard- und Software bringt das Fatih-Projekt mit sich. Bis 2015 sollen alle Schüler ab der fünften Klasse mit Tablet-PC ausgerüstet werden, die Klassenräume türkischer Schulen mit interaktiven Bildschirmtafeln. Umwelttechnik Die Umsetzung von Projekten zur Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien macht langsame Fortschritte. Die zur Jahreswende 2010/11 novellierten Einspeisesätze sind für Energieträger wie Sonne oder Geothermie allerdings nicht kostendeckend. Dennoch plant die Regulierungsbehörde für den Energiemarkt 2012 die Lizenzierung von Solarkraftwerken mit insgesamt 600 MW Leistung. Gemäß dem Ziel der Annäherung an EU-Standards muss die Türkei weiterhin in die Abfall-und Abwasserentsorgung investieren. Ein größeres Augenmerk wird dabei zunehmend auch auf das Recycling von Stoffen gelegt. Für 2012 ist das Ziel, 40% der Abfälle einer Wiederverwendung zuzuführen. Bis 2023 sollen 9,5 Mrd. Euro in den Recyclingsektor investiert werden.

Medizintechnik Der Absatz von Medizintechnik in der Türkei lag 2011 bei rund 2,1 Mrd. $. Branchenvertreter prognostizieren eine Zunahme auf bis zu 3,5 Mrd. $ in den kommenden 5 Jahren. Treibende Kräfte sind sowohl die Modernisierung der staatlichen Krankenhäuser als auch die zunehmende Zahl privater Gesundheitseinrichtungen. Im Jahr 2010 gab es 843 staatliche, 489 private und 62 Universitätskrankenhäuser sowie 45 diesen Kategorien nicht zugeordnete Einrichtungen mit zusammen 199.950 Betten. Der weit überwiegende Anteil von circa 85% der in der Türkei verwendeten Medizintechnik wird importiert. In die derzeitigen Bemühungen zur Reduzierung des Leistungsbilanzdefizites wurde daher auch die Förderung der lokalen Fertigung in diesem Sektor aufgenommen, wie das Gesundheitsministerium im November 2011 mitteilte. Textilien und Bekleidung Die türkische Textilbranche profitiert derzeit von verschiedenen Entwicklungen in der weltweiten Produktionsstruktur. Unsicherheiten bei nordafrikanischen Wettbewerbern, Lohnsteigerungen in China, geringere Flexibilität und längere Lieferzeiten bei asiatischen Konkurrenten machen die Türkei insbesondere für europäische Kunden als Standort und Anbieter attraktiv. Zwar können die Betriebe des Landes von den Kosten her nicht mehr mit den genannten Alternativen konkurrieren, die Hinwendung zu höherer Qualität, mehr eigenem Design, schneller Umsetzung und guter Logistik hat aber eine erfolgreiche Differenzierung des Standortes geschaffen. Nach etwa 45 Mrd. TL (circa 19 Mrd. Euro) Umsatz 2011 erwartet die türkische Bekleidungsindustrie für 2012 ein Plus von 11% auf rund 50 Mrd. TL. Nahrungsmittel Die türkische Nahrungsmittel- und Getränkeindustrie weist in den letzten fünf Jahren ein moderates Wachstum mit geringeren Ausschlägen auf als in anderen Branchen. Dieses Bild bestätigen die Indexzahlen des Statistikamtes TÜIK. Im Jahr 2011 erhöhte sich die Produktion um 6,2%, diese Rate konnte im 1 Quartal 2012 beibehalten werden. Für das Gesamtjahr erwarten Branchenvertreter ein Wachstum von etwa 6%. Produziert wird zunehmend mit modernster technischer Ausrüstung, um strenger werdende Auflagen im Binnenmarkt und die Anforderungen einiger Exportmärkte einhalten zu können. Ein wachsender Bedarf besteht in diesem Zusammenhang für Lebensmittelkontrollen. Internationale Unternehmen wie Danone oder Ferrero verstärken derzeit ihr Engagement in der Türkei durch den Bau neuer Produktionsanlagen. Tourismus Ein wichtiger Trend hat sich 2011 für die Türkei umgekehrt. Anders als in den Jahren zuvor stiegen die Einnahmen aus dem Tourismus mit 10,6% wieder schneller als die Zahl der Besucher mit 9,5%. Insgesamt kamen 2011 rund 36 Mio. Besucher in die Türkei. Diese haben circa 23,0 Mrd. $ ausgeben, die durchschnittlichen Einnahmen pro Besucher stiegen gegenüber dem Vorjahr um 1,1% auf 637 $. Im 1. Quartal 2012 zeigte sich demgegenüber eine negative Entwicklung bei allen drei Indikatoren. Deutschland war 2011 mit 15,3% der Besucher das wichtigste Herkunftsland vor Russland, dem Vereinigten Königreich, Iran und Bulgarien. Bei Hotelinvestitionen setzen die Anbieter verstärkt auf die Erschließung neuer Kundengruppen. Im Bau oder in der Planung befindet sich eine große Zahl von Stadt- und Kongresshotels, Thermal-, Golf- oder Wellnessanlagen.

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