Schraubenverbindungen für Laubholzkonstruktionen



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Transkript:

Schraubenverbindungen für Laubholzkonstruktionen E. Gehri 1 Schraubenverbindungen für Laubholzkonstruktionen Screw connections in softwood structures Assemblage par vis dans les constructions en bois de feuillus Raccordi con viti per costruzioni in legno di latifoglie Ernst Gehri Professor emer. Rüschlikon, Schweiz

2 Schraubenverbindungen für Laubholzkonstruktionen E. Gehri

Schraubenverbindungen für Laubholzkonstruktionen E. Gehri 3 Schraubenverbindungen für Laubholzkonstruktionen 1. Einleitung Die Schraube insbesondere die selbstbohrende Schraube hat innerhalb weniger Jahre eine ungeahnte Bedeutung für den Holzbau gewonnen: zuerst eher als Fixierung, heute immer stärker dank den grösseren Schraubenabmessungen auch für Tragwerke. Im Holzbau zumindest in Mitteleuropa werden heute fast ausschliesslich Nadelhölzer eingesetzt. Dies muss nicht so bleiben; so wird in Zukunft ein zunehmender Einsatz von Laubhölzern prognostiziert. Die Gründe für den vermehrten Einsatz von Laubhölzern sind eigentlich plausibel: - Die laufende Umschichtung zu mehr Laubwälder erhöht die Ressource. - Die bautechnischen Eigenschaften sind gut und ermöglichen heute Holzwerkstoffe mit hervorragenden Leistungen. - Schwierigkeiten bereiten einzig noch ungenügende Erfahrung und fehlende angepasste Verbindungstechnologien. Dies dürfte aber in Kürze zu bewältigen sein. Die Erfolgsstory der Schraube ist bekannt: der Holzbau verfügt über eine enorme Vielfalt lösungsorientierter Ausbildungsformen. Habe somit keine Bedenken, dass auch für das Laubholz geeignete Einsatzmöglichkeiten vorliegen. Dabei dürften auch gemischte Bauweisen (Nadelholz mit Laubholzteilen) vermehrt in Frage kommen. 2. Laubholz für tragende Bauteile 2.1. Gründe für seltenen Einsatz Bisher seltener Einsatz von Laubholz trotz der wesentlich höheren Leistung (im Vergleich zum traditionell verwendeten Nadelholz). Im vorliegenden Beitrag i.w. Beschränkung auf Buche und Esche, in Mitteleuropa überwiegend vorkommende Holzarten. Verschiedene Gründe werden angeführt für den zögerlichen Einsatz von Laubholz für tragende Bauteile: 1 ungenügendes Wissen und fehlende bautechnische Grundlagen 2 geringe Erfahrung mit dem Einsatz (Entwurf / konstruktive Ausbildung / Herstellung / Dauerhaftigkeit) 3 mangelnde Unterstützung durch die Normung Kritische Anmerkungen hierzu: zu 1: ausreichende Grundlagen für breiteren Einsatz sind vorhanden; Ergänzungen erwünscht, können jedoch0im Rahmen grösserer Anwendungen durchgeführt werden. zu 2: praktische Erfahrungen nur aufgrund vermehrten Einsatzes möglich (Erfahrung gewinnen Sie nicht am Schreibtisch). zu 3: Aufgabe der Normung: Gewährleistung einer angemessenen Sicherheit gegen Versagen0sowie der Gebrauchstauglichkeit des Bauwerkes. Normen liefern einen Satz einzuhaltenden Regeln, die sich auf Material, Berechnung, Ausführung und Kontrolle beziehen. Bezüglich des Brettschichtholzes aus Buche liegen nun seit einem Jahr in Deutschland (allgemeine Zulassung) bessere Voraussetzungen vor. Unter Einhaltung gewisser Einschränkungen bezüglich der Anwendungsbereiche (Nutzungsklasse 1) und der Querschnittsgrösse (bis maximal 150/600 mm) sind tragende Bauteile aus BSH Buche zugelassen. Möglich sind dabei Träger aus GL48, d.h. mit einer rund 50% höherer Biegeleistung gegenüber der Festigkeitsklasse GL32 in Fichte.

4 Schraubenverbindungen für Laubholzkonstruktionen E. Gehri Eigentlich sollte man erwarten, dass im Hinblick auf die wesentlich höheren Leistungen nun die gebotenen Möglichkeiten kräftig genutzt werden. Dies scheint aber nicht der Fall zu sein. Trotz aufwändiger Forschung sind grosse Hemmungen vorhanden. Persönliche Meinung: - vorliegende Einschränkungen bezüglich Einsatz, z.b. Querschnittsgrösse, sind nicht erforderlich - die allgemeine Zulassung berücksichtigt nicht, die fast doppelt höhere Schubfestigkeit der Buche (im Vergleich zur Fichte), eine m.e. entscheidende Eigenschaft. - Die Beschränkung auf die Buche ist nicht notwendig; eine Erweiterung auf die wesentlich gutmütigere Esche ist problemlos. 2.2. Beispiele aus der Schweiz Möchte dies mit einigen Beispielen aus der Schweiz beleuchten. - Dörflibrücke Eggiwil (Baujahr 1985) Einsatz von BSH-Buche für Querträger 180/1'050 mm 2 für Hänger 180/2400mm 2 Rechenwerte (auf charakt. Niveau umgerechnet) Biegung: f m,k = 400 N/mm 2 Aussenbereich: Teeröl- Druckimprägnierung Ausnützung höherer Leistung der Stabdübel: Schub: f v,k =0 4,0 N/mm 2 F Stabdübel,Buche = 1,8 F Stabdübel,NH - Werkhalle Schnidrig (Baujahr 2001) Einsatz von BSH-Esche für Fachwerkträger Querschnitte: 200/200 mm 2 Fachwerkknoten mit eingeleimten Stäben (GSA-Technologie) F Anschluss,Esche 0= 1,5 F Anschluss,NH - Überdachung Skischule Arosa (Baujahr 2010) Einsatz von BSH-Esche konische Träger mit max. Querschnitt 220/1'600 mm 2 In GL48k f m,k = 4800N/mm 2 f 0 m,d = 3200 N/mm 2 f v,k =0 4,00N/mm 2 f 0 v,d =002,70N/mm 2 Sehr hohe spezifische Belastung (Schneelast Q k = 11 kn/m 2 ): sowohl Leistung0 auf Biegung als auch auf Schub ausgeschöpft. - Oekonomie-Gebäude Lauenen bei Gstaad (Baujahr 2010) BSH-Buche Träger mit Querschnitt 280/700 mm 2 Ebenfalls hohe Lasten: Schneelast Q k = 8,2 kn/m 2 2.3 Regeln der Baukunde und offene Normung Kenntnisse und Erfahrung genügen, um derartige Bauwerke zu realisieren. Weshalb möglich? Offene Normung. Was bedeutet dies: - Gültigkeit: gilt generell für Tragwerke aus Holz und Holzwerkstoffen (keine Einschränkung bezüglich Holzarten; Angaben von spezifische Bemessungswerte erfolgen allerdings weitgehend nur für übliche Bauholzarten aus Nadelholz). - Abdeckung: Liegen Verhältnisse vor, die in der Norm nicht erfasst werden, ist das Vorgehen zwischen Projektverfassenden und Bauherrschaft sowie allfälligen Genehmigungsinstanzen abzusprechen. Das gewählte Vorgehen ist zu dokumentieren. - Ausnahmen von der Norm sind zulässig, wenn sie durch Theorie oder Versuche ausreichend begründet werden oder wenn neue Entwicklungen und Erkenntnisse dies rechtfertigen. Die Regeln der Baukunde haben sich ausgehend von Beobachtungen und Erfahrungen entwickelt; inzwischen hat der Einfluss der Forschung auf die Normung stetig zugenommen. Einfache empirische Ansätze wurden abgelöst durch stärker differenzierte, wissenschaftlich begründete Modelle. Durch die Verfeinerung lassen sich spezifische Konfigurationen und Einwirkungssituationen besser erfassen. Voraussetzung sind jedoch fundierte Kenntnisse über die einzuführenden0grössen, Kenntnisse die in der Praxis kaum vorhanden sind.

Schraubenverbindungen für Laubholzkonstruktionen E. Gehri 5 Für den Forscher und Normenschaffenden hierzu gehören kaum noch Praktiker ist das Problem weitgehend gelöst; für die Baupraxis erhöht sich die Unsicherheit. Forschung hat eine ergänzende Funktion; Forschung kann die Erfahrung nicht ersetzen. Die schönsten, komplexesten Ansätze und Tragmodelle führen schlussendlich dazu, dass sich Praktiker abwenden. Entscheidend ist eine Beschränkung der Normung auf das Wesentliche. Marti (1993) hat die Anforderungen an eine Norm folgendermassen umschrieben: Einfache, auf ein Minimum an Grundsätzen beschränkte, einen hohen Ausbildungsstand der Anwender voraussetzende, auf die Erfahrung abgestellte und neue Entwicklungen ermöglichende, liberale Regeln. Bedingt durch die Zeitabläufe bis zur Formulierung einer Norm hinkt der Inhalt dem neuesten Stand der Technik nach. Normen sind per se innovationsfeindlich, hemmen Neuerungen, schränken die freie Entfaltung und die Kreativität ein. Wie genau, wie differenziert soll die Norm sein? Wie umfassend müssen die Nachweise die Nachweise geführt werden? Ich möchte obige Fragestellung ändern zu: Wie summarisch dürfen die Nachweise geführt werden, um unter Beachtung der sonstigen Unschärfen die gewünschte Sicherheit darzulegen? 3. Wirkungsweise der Schraube 3.1. Bedeutung der Schraubenneigung Selbstbohrende Schrauben weisen bezogen auf den Nenndurchmesser d a einen dünneren Schaft d s auf und sind im Vergleich zur klassischen Holzschraube somit weniger geeignet, um auf Biegung (infolge Scherens) beansprucht zu werden. Selbstbohrende Schrauben sollten deshalb überwiegend auf Ausziehen wirken. Häufig mit Ausnahme reiner Zuganschlüsse tritt eine kombinierte Beanspruchung auf. Nachstehend erfolgt anhand einer einfachen Stossverbindung (Zugstoss eines Kantholzquerschnittes) eine schematische Darstellung möglicher Beanspruchungsarten der Schraube. Abbildung 1: Typische Beanspruchungsarten der Schraube Bei senkrechter Schraubenanordnung (α = 90 ) treten mit zunehmender Verformung Zugkräfte auf (maximale Grösse abhängig von der Schraubenverankerung im ersten bzw. zweiten Holz), wobei aus Gleichgewichtsgründen an der Kontaktfläche ein Querdruck entsteht. Je nach Reibungskoeffizient bildet sich ein nicht unwesentlicher Reibungsanteil, der baupraktisch grossen Schwankungen unterworfen ist. Versuchsmässig lässt sich dieser Anteil durch Zwischenschaltung von Gleitfolien weitgehend ausschalten. Eine bessere Leistung wird durch eine Schrägstellung der Schrauben erreicht. Beachte, dass hier an der Kontaktfläche höhere Querdrücke (und im Mittelteil auch Querzug!) und somit auch höhere Reibungsanteile sich ergeben. Höchste Leistung pro Schraube wird bei axialer Beanspruchung erreicht. Soll auch eine hohe Leistung im Holz erzielt werden Regelfall im Holzbau dann ist auch eine dichte

Kraft (Schraubenpaar) in kn 6 Schraubenverbindungen für Laubholzkonstruktionen E. Gehri Schraubenanordnung erforderlich. Dies bedingt auch im Nadelholz ein Vorbohren. Vorteilhaft wirkt sich hier die optimale Richtung der Krafteinleitung (ohne wesentliche Kraftumlenkung) aus. 3.2. Steuerung des Verhaltens geschraubter Verbindungen Interessant ist die mögliche Beeinflussung des Verformungsverhaltens durch die Variation der Schraubenneigung α. Nachstehend das Ergebnis eines Versuches: - Lasche aus Esche (mit Vorbohrung); Mittelteil aus Fichte - Schraube Durchmesser d a = 8 mm, mit Tellerkopf (Durchziehen ausgeschlossen) - mit Gleitfolie Abbildung 2: Versuchskonfiguration Das nachstehende Diagramm veranschaulicht recht gut die Steuerungsmöglichkeiten durch die geeignete Wahl des Neigungswinkels α. Hohe Werte werden mit Neigungen von 45 und 60 erreicht, bei allerdings geringer Duktilität. Die 90 Anordnung führt zu grossem Verformungsvermögen; die Verbindung ist jedoch im Gebrauchszustand zu weich. Eine mittlere Stellung mit ähnlichem Tragvermögen und besserem Verhalten im Gebrauchszustand wird mit einer Neigung um 75 erreicht. Kraft-Verschiebung in Funktion des Winkels 25 20 15 10 Reihe1 Reihe2 Reihe3 Reihe4 5 0 0 5 10 15 20 25 Verschiebung in mm Reihe 1: 90 Reihe 2: 75 Reihe 3: 60 Reihe 4: 45 Abbildung 3: Bedeutung der Neigung der Schraube auf das Kraft-Verschiebungsverhalten der Verbindung

Kraft (2 Schrauben) in kn Schraubenverbindungen für Laubholzkonstruktionen E. Gehri 7 4. Geschraubte Laschenstösse als Scherverbindung Um einen besseren Überblick in das Tragverhalten zu erhalten, wurden vergleichende Untersuchungen an typischen Verbindungen, wie z.b. dem Laschenstoss durchgeführt. Durch die Verwendung selbstbohrender Schrauben sind geringere Abstände (in der Regel gleich wie für vorgebohrte Nägel) zulässig und dadurch eine wesentlich höhere Schraubendichte möglich. Auch trotz der Reduktion des Tragwiderstandes (bezogen auf den nominellen Durchmesser) der Schraube gegenüber dem vorgebohrten Nagel auf rund 60% des Wertes ist dies eine sinnvolle Alternative, da die Vorbohrung entfällt. Allerdings zeigt sich, dass bei Verwendung von Fichte als Laschenmaterial (und der Verwendung normgemässer minimaler Dicken und Abstände) die Spaltgefahr unterschätzt wird. Wie schon früher von Gehri/Fontana (1983) aufgezeigt, führt eine Absperrung zu einer wesentlichen Verbesserung. Idealer ist die Verwendung eines Baustoffes mit höherem Spaltwiderstand wie z.b. Laubholz. Erst dadurch lässt sich die volle Leistung des Verbindungsmittels nutzen. Das Ergebnis ist nachstehend ersichtlich. Abbildung 4: Versuchskonfiguration Vergleich Scherverbindung 20 18 16 14 12 10 8 6 4 2 0 0 5 10 15 20 Verschiebung in mm Reihe1 Reihe2 Reihe3 Reihe4 Reihe 1: Schraube 8/100 Reihe 2: Schraube 8/120 Reihe 3 und 4: Schraube 8/120 T Abbildung 5: Bedeutung von Laschenmaterial und Kopfausbildung auf Scherwiderstand und Verschiebung Zwischen den Schraubenlängen 100 und 120 mm ist kein Unterschied erkennbar. Die Gewindelänge im zweiten Holz ist bei beiden Schrauben gleich (ca. 50 mm); das gleichartige Versagen ist bedingt durch das Durchziehen des Schraubenkopfes. Deshalb kann eine Steigerung durch die Verwendung von Tellerkopfschrauben erreicht werden. Eine wesentlichere Steigerung wird erst durch den Wechsel zu einer (sogar dünneren) Lasche aus Eschenholz erreicht.

8 Schraubenverbindungen für Laubholzkonstruktionen E. Gehri Eine weitere Erhöhung würde sich ergeben, falls beide Teile aus Laubholz sind. Hier muss dann in beiden Teilen eine Vorbohrung erfolgen; andernfalls nur in der Lasche erforderlich (maschinell einfach möglich). Zugleich dient diese als Führung für die Verschraubung ohne Vorbohrung der zu stossenden Teile. 5. Laschenstoss mit geneigter Schraubenanordnung Bei dieser Anordnung kann die gute axiale Festigkeit der Schraube besser genutzt werden. Dies bestätigen die leistungsfähigen Stahl-Holzverbindungen mit Schrauben unter 45. Für kleinere Kräfte können Laschen aus Laubholz in Frage kommen. Hier wird die Kraft nur noch teilweise über den Schraubenkopf übertragen (Vollgewindeschrauben). Ausgehend von den vorliegenden Erkenntnissen Beeinflussung bzw. Steuerung der Kraft-Verschiebungskurve durch Schrägstellung der Schrauben können effizientere geschraubte Laschenstösse ausgebildet werden. Abbildung 6: Idealer Verlauf und optimale Neigung für eine duktile Verbindung Generell sind steife (steiler Anstieg zu Beginn) und duktile Anschlüsse (grosse Verformungen bei möglichst konstant bleibender Kraft) erwünscht, sog. idealer (gestrichelter) Verlauf. Durch optimale Schrägstellung soll der angestrebte Verlauf möglichst erreicht werden. Beispiel: Laschenstoss für Querschnitt 120x120 mm 2 (Fichte) mit F t = 240 kn. Dies entspricht einer Zugspannung im zu stossenden Teil von f t 17 N/mm 2 bzw. einem f t,0,d 11 N/mm 2 ; damit lässt ein Querschnitt aus GL24 voll anschliessen. Erforderlich sind hierfür 20 Vollgewindeschrauben Durchmesser 8 mm Abbildung 7: Ausschnitt geprüfter Laschenstösse mit unterschiedlicher Neigung der Schrauben

Anschlusskraft in kn Schraubenverbindungen für Laubholzkonstruktionen E. Gehri 9 Die Prüfungen wurden mit reduzierter Anzahl Schrauben (16 pro Anschluss) durchgeführt. Nachstehend der Einfluss der Schraubenneigung (für den Bereich 65 bis 90 ) auf das Kraft-Verschiebungsdiagramm. Laschenstoss Vollgewindeschrauben: Einfluss der Neigung 200 180 160 140 120 100 80 60 Reihe1 Reihe2 Reihe3 Reihe4 Reihe5 40 20 0 0 5 10 15 20 25 Verschiebung Anschluss in mm Reihe 1: 90 Reihe 2: 80 Reihe 3: 75 Reihe 4: 70 Reihe 5: 65 Abbildung 8: Ergebnis der durchgeführten Prüfungen Die Probe mit α = 70 wies bei einer Lasche bereits Aufspaltungen vor dem Versuch auf. Tatsächlich trat hier, dann ein frühzeitiger Laschenbruch (durch Aufspalten) auf. Eingetragen ist hier noch der (hypothetische) erwartete Verlauf. Abbildung 9: Prüfkörper 70 mit angerissener Lasche (vor dem Versuch) 6. Verbindung parallel zur Faser (Stoss) 6.1. Kriterium Kraftfluss Bei Verbindungen mit Krafteinleitungen parallel zur Faser ist ein relativ günstiger Kraftfluss möglich, da eine stetige Kraftübertragung zwischen Schraube und Holz erfolgt. Anzustreben sind geringe Dehnungsspitzen durch die Verwendung einer Vielzahl von Verbindungsmittel und durch eine Abstimmung der Dehnsteifigkeiten von Schraubenund Holzquerschnitt. Anzustreben sind: - weitgehend ungestörter, stetiger Kraftfluss zwischen Holz und Schraube - Beanspruchung des Holzes vorwiegend parallel zur Faser (beste Leistung des Holzes) - axiale Beanspruchung der Schraube (höchste Leistung bez. Verbindungsmittel).

Kraft in kn Kraft in kn 10 Schraubenverbindungen für Laubholzkonstruktionen E. Gehri 6.2. Kriterium Duktilität Bedingt durch die geringere Scherfestigkeit parallel zur Faser sind allerdings grössere Einschraubtiefen erforderlich. Generell sind die Bruchverformungen gering, d.h. sprödes Versagen (Ausziehen oder Schraubenbruch) mit geringer Duktilität. Das Zusammenwirken aller Verbindungsmittel ist dadurch nicht gewährleistet. Vergleich Fichte senkrecht zu parallel 12 10 8 6 4 Reihe1 Reihe2 Reihe3 2 0 0 1 2 3 4 5 Ausziehwege in mm Abbildung 10: Vergleich Fichte parallel zu senkrecht zur Faser (bei gleicher Gewindelänge und Einschraubtiefe) Beachte die geringe absolute Grösse der Verformungen. Parallel zur Faser tritt das Versagen bereits bei 0,5 bis 1 mm Weg auf. 6.3. Kriterium Holzart Der Vergleich zwischen Fichte und Esche (für Kraftrichtung parallel zur Faser) zeigt die hervorragenden Eigenschaften des Laubholzes auf. Eingehende Untersuchungen zum Ausziehwiderstand in Esche erfolgten durch Hübner (2009). Vergleich Esche / Fichte parallel zur Faser 25 20 15 10 Reihe1 Reihe2 5 0 0 0.5 1 1.5 2 2.5 3 3.5 Ausziehweg in mm Abbildung 11: Bedeutung der Holzart bei Einschraubung parallel zur Faser Bei dieser Leistung sind Stossverbindungen von Laubholz parallel zur Faser angebracht. 6.4. Ausbildung mit Stahlplatten Nachstehend das Ergebnis einer Stossverbindung von Eschenholz mit Querschnitt 80/120.

Schraubenverbindungen für Laubholzkonstruktionen E. Gehri 11 Abbildung 12: Stossverbindung parallel zur Faser mit Stahlplatten In beiden Fällen trat das Versagen über Schraubenbruch ein. Das Bruchniveau lag gegenüber dem Einzelwert der Schraube rund 10 bis 15% tiefer. Die Zugspannung im Holzquerschnitt erreichte maximal 25 N/mm 2. Abbildung 13: Bruchbild des Schraubenanschlusses parallel zur Faser 6.5. Direkte Verschraubungen ohne Stahlplatten Kostengünstiger als die Verwendung massiver Stahlplatten ist die direkte Verschraubung, möglich durch eine geringe Neigung der Schrauben gegenüber der Faserrichtung. Dies kompensiert den etwas grösseren Aufwand der korrekten Positionierung und dem Einschrauben am Ort. Abbildung 14: Direkte Verschraubung mit geringer Schraubenneigung zur Faser Derartige Verbindungen sind nicht neu. Erste Versuche gehen auf die 90 er Jahre zurück (siehe auch Gehri/2001) und wurden erfolgreich für Windverbandsanschlüsse eingesetzt, hier auch in Kombination mit Fichte, da nur geringer Ausnützungsgrad erforderlich (bei Verbänden ist die Knickspannung massgebend). Effizienter ist der Einsatz bei Laubholz. Versuche mit Esche zeigten für den Querschnitt 80/120 und dem Einsatz von 8 Vollgewindeschrauben Durchmesser 8 mm eine Bruchkraft von 210 kn. Infolge der nachgiebigeren Lagerung der Schrauben wird eine gleichmässigere Schraubenbelastung erreicht (Gruppeneinfluss vernachlässigbar).

12 Schraubenverbindungen für Laubholzkonstruktionen E. Gehri Abbildung 15: Bruch einer direkten Verschraubung 7. Fachwerkträger Untersuchungen an geschraubten Fachwerkträgern zeigten die Überlegenheit von Laubholz (Diplomarbeit Jablonkay /1999). Die Versuche erfolgten an parallelgurtigen Trägern, da hier die grössten Beanspruchungen in den Knoten auftreten. Die Kraftumlenkungen müssen im Gurt lokal erfolgen; dies führt zu zusätzlichen Bean-spruchungen des Holzes (Rollschub), weshalb auch hier Laubholz geeigneter. Darüber wurde von Gehri/2001 berichtet. Neuere umfangreichere Untersuchungen wurden von n H (neue Holzbau AG, Lungern CH) 2008 durchgeführt. Als Gurtungen wurden BSH-Querschnitte aus Fichte, aus Esche und Kombinationen eingesetzt. Für die Diagonalen wurde Esche oder Fichte verwendet. Abbildung 16: Fachwerkträger während des Versuches Neben Trägern erfolgten Prüfungen an verschieden konfigurierten Knoten. Dadurch konnten die bisherigen firmeninterne - Tragmodelle überprüft werden.

Schraubenverbindungen für Laubholzkonstruktionen E. Gehri 13 Abbildung 17: Prüfung unterschiedlich konfigurierter Knoten; Schraubenbruch und teilweises Ausreissen (über Rollschub) der Schrauben aus der Gurtung in Fichte Extrem feingliedrige Tragwerke mit geringem Holzverbrauch; einfach herstellbar. Bedingt eine effiziente Vorbohrung (von Gurtungen und Diagonalen); mit heutigen Anlagen beherrschbar. Geeignet für weitgespannte Träger mit geringer Querkraft. Für die Versuche wurden parallelgurtige Formen verwendet. Günstiger sind nachstehende Ausbildungsformen (geringe Diagonalkräfte). Abbildung 18: Geeignete Ausbildungsformen für Fachwerke mit geringen Diagonalkräften Abbildung 19: Fischbauchträger für Fussgängerpasserelle (n H / 2009); Druckgurt aus BSH-Esche; Zuggurt aus FSH-Esche; Diagonalen aus Schnittholz Esche. Knoten verschraubt (Ausnahme Auflagerknoten).

14 Schraubenverbindungen für Laubholzkonstruktionen E. Gehri 8. Verdankung Dank geht der Firma neue Holzbau AG, Lungern, für die Vorbereitung und Herstellung der Prüfkörper, sowie meinem Freund und persönlichen Mitarbeiter dipl. Bauing. ETH Peter Haas für die sorgfältige Durchführung der umfangreichen Prüfungen. 9. Literatur [ 1 ] Marti, P. (1993): Eurocodes und die Schweiz Schlussfolgerung. SIA, 1993, S.288. [ 2 ] Gehri, E. und Fontana, M. (1983): Betrachtungen zum Tragverhalten von Passbolzen in Holz-Holz-Verbindungen. Publ. Nr. 83-1, Baustatik und Stahlbau, ETH-Zürich. [ 3] Hübner, U. (2009): Ausziehwiderstand von Holzschrauben in Eschen- Brettschichtholz. 15. Internationales Holzbau-Forum Garmisch 09. [ 4 ] Gehri, E. (2001): Light trusses with screwed joints. Joints in timber structures. Proceedings PRO 22, RILEM Symposium Stuttgart. [ 5 ] Jablonkay, P. (1999): Schrauben auf Ausziehen. Diplomarbeit an der Professur für Holztechnologie ETH-Zürich.