Risikokommunikation zwischen Anspruch und Wirklichkeit



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Transkript:

Gliederung Risikokommunikation zwischen Anspruch und Wirklichkeit 1. Einführung 2. Risikokonzepte 3. Bedeutung von Risikokommunikation 4. Akteursbezug: Wer kommuniziert mit wem worüber? 5. Risikokommunikation und Risikokarten 6. Beispiele für die Wirkung von Risikokommunikation 7. Fazit Seite 1

1. Einführung - Gefahr und Risiko Abb 1: Vergleich überflutete Flächen Elbe und Jenissei. Quelle: Seiffert (2012) Menschen siedeln an Flüssen, um wirtschaftliche Chancen zu nutzen (Siedlungsflächen, Transportwege, Energiegewinnung, Lebensqualität). Erst die menschliche Nutzung der Auen macht aus einer Naturgefahr ein Risiko, das wir um der Vorteile Willen in Kauf nehmen! Kommuniziert werden sollte über Risiken, in der Praxis wird aber primär über Gefährdungen gesprochen. Seite 2

Risikomanagement als komplexes Governancesystem 1. Einführung (II) - Risikogovernance Risikomanagement ist komplexes Governance- System. Gesamtheit von Akteuren, Regeln, Übereinkommen, Prozessen und Mechanismen. Kommunikation wird zentrale Bedeutung beigemessen. Abb. 2: Risk Governance Framework. Quelle: in Anlehnung an IRGC (2005) Transparenz und Klarheit sind essentiell: klare Trennung zwischen Sachebene (Risikoabschätzung) und Wertebene (Risikomanagement). Wertebene erfordert politisch-planerisches Zielsystem (Schutzniveau, differenziert für verschiedene Schutzgüter). Überschneidungen zum Thema Anpassung an den Klimawandel. Seite 3

2. Risikokonzepte These: in Risikokommunikation wird häufig aneinander vorbeigeredet, weil unterschiedliche Risikokonzepte verwendet werden. Der formal-normative Ansatz Ziel: universell gültiges Risikomaß, um unterschiedliche Risikoarten vergleichbar zu machen. Findet in Ingenieurswiss. und Versicherungswirtschaft Verwendung. Rationale Klärung der Akzeptabilität von Risiken (Variablen Eintrittswahrscheinlichkeit und Schadenserwartung). Normative Entscheidungstheorie bildet Modell für rationale Entscheidungen. Hauptprobleme: Quantifizierung Nutzen- und Schadensgesichtspunkte unter Unsicherheit (Länge Beobachtungsperiode, Klimawandel) Einheitliches Maß für Schadens- und Nutzenaspekte Abweichende Risikowahrnehmung der Bevölkerung Seite 4

Der psychologisch-kognitiv Ansatz Diskrepanz zwischen objektiver Risikoanalyse und dem wirklichen Entscheidungsverhalten von Individuen in Risikosituationen. Deskriptive Entscheidungstheorie: Interesse zielt auf empirische Daten über tatsächliche Entscheidungs-situationen, um so das Entscheidungsverhalten bei künftigen Entscheidungen einschätzen zu können. Wie und warum bewerten Individuen in einer bestimmten Situation Risiken? Es ist eine Reihe von Faktoren identifiziert worden, die die Risikowahrnehmung und -bewertung beeinflussen. Zu unterscheiden ist dabei zwischen Merkmalen der Risikoquellen und Merkmalen der Beurteiler. Tendenz, das Schadensausmaß über- und die Eintrittswahrscheinlichkeit unter zu bewerten. Seite 5

Kulturell-soziologischer Ansatz Konzentration auf Frage, warum bestimmte Meinungen innerhalb einer sozialen Einheit dominant werden und wodurch. Risikowahrnehmung weitgehend informationsvermittelt und von der Informationsauswahl und der Darstellung abhängig. Globalisierung: (Natur-)katastrophen erhalten weltweite Aufmerksamkeit). Risikowahrnehmung sozial gefiltert und von kulturellen Prägungen abhängig (Bsp. Umgang mit Atomenergie D vs. J). Risikoentscheidungen sind kontextgebunden; kein objektives Risikomaß. Paul Slovic (1989): Danger is real, risk is socially constructed. Abb. 3: Faktoren der Risikowahrnehmung. Quelle: WBGU (1998) Seite 6

3. Bedeutung von Risikokommunikation Risikokommunikation ist Informationsvermittlung (eindirektional) und Informationsaustausch (multidirektional). Verschiedene Funktionen: Informationsvermittlungsfunktion: Behördlich vorliegende Informationen (etwa ein Gefahrenzonenplan) werden den Zielgruppen vermittelt (Art. 6 SUP-RL, Art. 10(1) HWRM-RL). Informationsgewinnungsfunktion: häufig liegt lokal Wissen für vergangene Ereignisse vor, das den Behörden nicht bekannt ist und die Qualität der Risikoanalyse verbessert. Koordinationsfunktion: die Kommunikation über Inhalte einer (Gefahren- oder Risikokarte trägt zur Abstimmung zwischen Akteuren bei (Art 10 (2) HWRM-RL). Rechtsschutzfunktion: im Fall von rechtsverbindlichen Festlegungen ist aufgrund des Rechtstaatsprinzips den Betroffenen Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Akzeptanzsteigerungsfunktion: Vermittlung von Informationen steigert das Verständnis für behördliche Maßnahmen (Verfahrens-, aber nicht zwingend Ergebniskonsens). Vertrauensbildungsfunktion: Kommunikation schafft Vertrauen. Seite 7

3. Bedeutung von Risikokommunikation (II) Wachsende Unsicherheit (Klimawandel) Rechtliche Implikationen (Eingriffe in private Eigentumsrecht ggf. nicht länger legitimierbar (Greiving, 2009) Steigert Bedeutung von Akzeptanz, da Konsens als funktionales Äquivalent an die Stelle rechtlicher Normierung tritt (Walker et al., 2010) Komplexität von Veränderungsprozessen Soziale, kulturelle, politische Einflüsse, Mangel an Steuerbarkeit über hoheitliches Handeln (Greiving, 2012) Steigende Bedeutung horizontaler und vertikaler Koordination (Van Asselt and Renn, 2011; Young, 2002, 2010) Risikokommunikation ist kontextabhängig Socio-political contexts, value choices and decision structures in each case (Assmuth et al. 2009, p.1) Hazardspezifische Kommunikation erforderlich (Greiving et al, 2006; Schmidt-Thomé and Greiving, 2008) Anforderungen an Risikokommunikation steigen mit Komplexität, Unsicherheit und Ambiguität des Risikos (IRGC, 2009) Seite 8

Akteure und Adressaten in der Risikokommunikation 4. Akteursbezug: Wer kommuniziert mit wem worüber? Erzeuger von Risikoinformationen mit Nutzern. Entscheidungsträger mit Adressaten ihres Handels. (Erst-)Nutzer sind zunächst i.d.r. staatliche Stellen (z. B. Planungsbehörden, Katastrophenschutz) im Rahmen von Entscheidungsvorgängen. Risikokommunikation ist also auch Kommunikation zwischen Behörden! Innerhalb der (formellen) Verfahren findet eine (primär eindirektionale) Beteiligung statt. Vermittlung von Informationen über Risiken ist Teil der Öffentlichkeitsbeteiligung. Abb. 4: Beteiligte der Risikokommunikation. Quelle: PLANAT (2015) Seite 9

Verankerung in den Verfahren In welchen Verfahren ist Risikokommunikation wie verankert? Hochwasserrisikomanagementrichtlinie Regionalplanung, Bauleitplanung Umweltverträglichkeitsprüfung Planfeststellungspflichtige Projekte/ Maßnahmen Informelle Planungen und Programme Primär eindirektional und nur während der Phase des Risikomanagements, aber nicht der Risikoanalyse Ausnahme: HW-RL Abb. 5: Ziele und Handlungsansätze des Hochwasserrisiko-managements. Quelle: Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg 2014 Seite 10

5. Risikokommunikation bei Gefahren- und Risikokarten Eine Gefahrenkarte bzw. eine Risikokarte ist ein Instrument der Risikokommunikation, da sie visuell Informationen über Gefahren und ggf. Risiken vermittelt. Wesentlich für Wirkung als Instrument der Risikokommunikation ist Verständlichkeit für die jeweilige Zielgruppe. Setzt Wissen über Interessen, Erwartungen, aber auch Fähigkeiten der Zielgruppe(n) zur Perzeption von Informationen voraus. Multidirektionale Risikokommunikation erfordert Diskurs über Bemessungsereignisse und Schutzziele (warum z.b. 100- Jährlichkeit als Szenario? Schutzwürdigkeit verschiedener Nutzungen? Rolle von Unsicherheit?). Unterschiedliche Modelle für Gefahrenkarten/-zonenplänen mit Vor- und Nachteilen für Zwecke der Kommunikation. Seite 11

Zielgruppenspezifische Risikokarten Basisinhalte (Gefährdung) stets gleich. Zielgruppenspezifische Zusatzinformationen zur Verwundbarkeit, um Karte nicht zu überfrachten. Für Bevölkerungsschutz Infos zur Anzahl zu evakuierender Personen. Für Raumplanung Infos zu ökonomischen Schadenspotenzialen und Umweltschutzgütern. Für die Öffentlichkeit Evakuierungssammelpunkte. Abb. 6: Risikokarten. Quelle: Risk Map (2011) Seite 12

Beispiele für Gefahren-/Risikokarten: Frankreich Schweiz Abb. 7: Plan de prevention de natural risques (F) Gefahrenzonenplan (Schweiz) Seite 13

Beispiele für Gefahren-/Risikokarten Italien Abb. 8: Piano stralcio per la tutela dal rischio idrogeologico, Arno river basin. Quelle: Minori (2006) Seite 14

Eignung unterschiedlicher Modelle der Gefahrenkarten bzw. Gefahrenzonenplanung für Risikokommunikation Modell Primärintegration Sekundärintegration von eigenständigen Gefahrenkarten/Plänen Keine Integration, sondern lediglich Informationsfunktion Beschreibung Vorteile Gefahrenzonen werden im Rahmen der Erstellung von Landnutzungsplänen ermittelt (etwa über die SUP, z.b. Finnland, Polen, Deutschland außer Hochwasser) Kommunikation von Risiken ist integrierter Teil der Öffentlichkeitsbeteiligung Eigenständige Gefahrenkarten bzw. Gefahrenzonenpläne mit (tlw.) Beachtungspflicht in Landnutzungspläne (z. B. Österreich, Frankreich, Italien, Schweiz, Deutschland (Hochwasser) Gefahren werden in allen Gemeinden nach einheitlichen Grundsätzen behandelt Eigenständige Gefahrenkarten bzw. Gefahrenzonenpläne ohne Beachtungspflicht in Landnutzungspläne (Deutschland (alpine Naturgefahren), Frankreich, Griechenland, U.K.) Änderungen von Gefahrenzonen- und Landnutzungsplänen einfach möglich Nachteile Quelle: eigene Darstellung Gesamtabwägung zwischen Risiken und Chancen möglich Berücksichtigung von Risiken hängt vom Vermögen der Planer ab, Gefahren sachgerecht einzuschätzen. Zudem Gefahr politischer Einflüsse (bewusste Ausblendung von Risiken) Kein Wegwägen möglich Bindungswirkung setzt sehr genaue Evidenzbasis voraus (Klimawandel!) Häufig Akzeptanzprobleme Setzt Rechtstreue voraus Besonders geeignet für diskursive Strategien die auch Private mit ihrer Bauvorsorge erreichen Im Fall fehlender Kenntnis oder Akzeptanz keine Wirkung Seite 15

6. Beispiele für die Wirkung von Risikokommunikation Das IMRA-Projekt IMRA - Integrative flood risk governance approach for improvement of risk awareness and increased public participation (2009-2011). Entwicklung von Konzepten für Risikokommunikation und Partizipation im Hochwasserrisikomanagement in Fallstudien in Deutschland, Italien und Österreich (Kärtnen). Abb. 9: IMRA Guidelines. Quelle: Greiving et al (2011) Seite 16

Prüfung der Wirkung von Risikokommunikation im Rahmen des IMRA-Projekts (Wuppereinzugsgebiet) Verschiedene Kommunikationspfade (Bürger-Infoveranstaltung, Online- Chat, Welt-Café, Ausstellung Über die Wupper, Arbeit mit Schulen/Jugendgruppen, Informationsstand, Broschüre Bürgerinformation Hochwasservorsorge, Medienarbeit, Handbuch Planung und Umsetzung einer Kommunikations- und Beteiligungsstrategie im Hochwasserrisikomanagement ) Umfragebögen wurden an ausgewählte Haushalte im Stadtgebiet von Leichlingen verschickt. Befragt wurden sowohl Privathaushalte (600) als auch Gewerbebetriebe (150). Besonderer Fokus wurde darauf gelegt zu erfahren, wie Hochwasserrisiken in der Bevölkerung wahrgenommen werden, wer das Vertrauen der Bevölkerung besitzt, um über Hochwassergefahren zu informieren und in welcher Form diese Informationen gewünscht sind. Infoveranstaltung und Umfrage wurde widerholt, um die Wirkung unterschiedliche Kommunikationspfade zu ermitteln. Seite 17

Vergleich Vertrauen in Institutionen 2010/2011 Abb. 10: Vertrauen in Institutionen. Quelle: Greiving et al. (2011) Signifikante Zunahme des Vertrauens in diejenigen Akteure, die aktiv Risikokommunikation betrieben haben (Stadt, Wupperverband, Wissenschaft) Stagnation oder Rückgang bei anderen Akteuren (Feuerwehr, Bezirksregierung, Nachbarn etc.) Seite 18

Wirkung unterschiedlicher Kommunikationspfade Bürgerinfoveranstaltung (alle) Welt-Café (Senioren) Abb. 11: Wirkung unterschiedlicher Kommunikationspfade. Quelle: Greiving et al. (2011) Positive Beurteilung der Veranstaltungen mit Vorteilen für zielgruppenorientiertes Kommunikationsforum. Seite 19

Das ILWES-Projekt: Rutschungsgefährdete Bereiche im Regionalplan Neckar-Alb Integration von Rutschungsereignissen in den Regionalplan über die Öffentlichkeitsbeteiligung der Umweltprüfung. Zusammenarbeit von Forschung und Praxis. Glaubwürdigkeit von Wissenschaft ermöglichte Überzeugung der Regionalversammlung. Einziges Beispiel für Berücksichtigung alpiner Naturgefahren außerhalb Bayerns. Ergebnis von Risikokommunikation. Abb. 12: Gebiete für Bodenerhaltung. Quelle: Greiving et al. (2011) Seite 20

Das MORO-Risikoprojekt: Gefahren- und Risikokarten für die Bezirksregierung Köln Kolloberative Erarbeitung von Karten mit Nutzern (Regionalplanung, Wasserwirtschaft, Immissionsschutz). Konsensuale Festlegung der Empfindlichkeit/ Schutzwürdigkeit von Nutzungskategorien differenziert für verschiedene Gefahrentypen (Hochwasser, Erdbeben, Störfälle, urbane Hitze). Abb. 14: Akteursbefragung. Quelle: Greiving et al. (2015) Karten werden im Regionalplan- Fortschreibungsverfahren in der Öffentlichkeitsbeteiligung genutzt. Ergebnis von bidirektionaler Risikokommunikation (zwischen Wissenschaft und Praxis). Abb. 13: Detailkarten Hochwasserrisiko. Quelle: Greiving et al (2015) Seite 21

Die Dialogveranstaltungen bei der Polderplanung Donau Bayerisches Landesamt für Umwelt plant Kaskade von gesteuerten Poldern zwischen Illermündung und Straubing. Serie von Dialogveranstaltungen. Trotzt erkennbarer Reurbanisierungstrends entstehen neue Siedlungsflächen primär im Umland der Großstädte. Entlang der Donau in Bayern finden sich bundesweit die größten Zuwächse an Siedlungsflächen in überschwemmungsgefährdeten Bereichen! Schwache Stellung Raumordnung. Primär kommunale Verantwortung. Abb. 14: Flächeninanspruchnahme in Gebieten mit Hochwassergefahr. Quelle: BBSR (2014) Seite 22

Bsp. Dialogveranstaltungen Polderplanung Donau (II) Vorbildliches Kommunikationskonzept. Räumliches Auseinanderfallen von Risiken und Chancen des Hochwasserschutzes. Profiteure sind die größeren Städte, die Lasten haben die kleinen Kommunen zu tragen. Hochwasserschutz wird als Risiko wahrgenommen. Auseinanderfallen von Kommunikationsinhalten und Erwartungen an Kommunikation. Abb. 15: Potentielle Flutpolderstandorte zwischen Illermündung und Straubing. Quelle: LfU (2015) Seite 23

6. Fazit Risikokommunikation ist aufwändig und oft mühsam, wird aber unter den Vorzeichen wachsender Unsicherheit und Individualisierung der Gesellschaft immer wichtiger. Multidirektionale Risikokommunikation muss zielgruppenorientiert erfolgen. Häufig fehlen den geo- oder ingenieurwissenschaftlichen Experten entsprechende Fähigkeiten und Infos über Zielgruppen bzw. Nutzer (Mangel im Curriculum). Entscheidungsträgern mangelt es vielfach am Verständnis geowissenschaftlicher Grundlagen (ebenfalls Mangel im Curriculum). Helfen kann eine Kooperation zwischen Wissenschaft und (Verwaltungs-) praxis, um verbesserte Informationsgrundlagen für die Kommunikation mit der Öffentlichkeit zu erzeugen. Wechselseitige Aufklärung über Interessen und Erwartungen essentiell. Ergebniskonsens nicht immer erwartbar, aber bereits Verfahrenskonsens hilft, Vertrauen zwischen Akteuren zu schaffen. Möglichkeiten und Grenzen der Risikokommunikation sollten den Zielgruppen transparent gemacht werden. Seite 24

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! stefan.greiving@tu-dortmund.de Seite 25