Datenreport Auszug aus Teil 2. Statistisches Bundesamt (Hrsg.) Zahlen und Fakten über die Bundesrepublik Deutschland
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- Franziska Liane Weber
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1 Statistisches Bundesamt (Hrsg.) In Zusammenarbeit mit dem Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB) und dem Zentrum für Umfragen, Methoden und Analysen, Mannheim (ZUMA) Datenreport 2004 Zahlen und Fakten über die Bundesrepublik Deutschland Zweite, aktualisierte Auflage Auszug aus Teil 2 Bundeszentrale für politische Bildung
2 F Deutschland und Europa 21 Lebensbedingungen und Wohlbefinden in Europa Die Verbesserung der Lebensbedingungen in Europa und die Schaffung gleichwertiger Lebensverhältnisse in den verschiedenen Ländern gehört zu den Hauptzielen der europäischen Vereinigung. Im vorliegenden Kapitel soll gezeigt werden, inwieweit dieses Ziel bisher erreicht wurde. Es werden aktuelle Daten zu den objektiven Lebensbedingungen und dem subjektiven Wohlbefinden im Hinblick auf verschiedene Lebensbereiche und -aspekte für die Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU) vorgestellt Lebensstandard und Wohnen Die Betrachtung verschiedener Merkmale des Lebensstandards zeigt, dass noch immer ein erhebliches Wohlstandsgefälle in der EU vorhanden ist (vgl. Tab. 1). Die südeuropäischen Länder, insbesondere Griechenland und Portugal, fallen gegenüber den übrigen Ländern deutlich ab. Bei nahezu allen Indikatoren des Lebensstandards, ob es sich nun um den Besitz langlebiger Gebrauchsgüter, um Konsumgewohnheiten oder um subjektive Einschätzungen handelt, gehören Griechenland und Portugal zu den Schlusslichtern der EU. Besonders krasse Unterschiede findet man beispielsweise im Hinblick auf die Frage, ob man sich eine einwöchige Urlaubsreise im Jahr leisten kann oder ob man abgenutzte Möbelstücke durch neue ersetzen kann. Nur 39 % der Haushalte in Portugal und 49 % in Griechenland geben an, es sich leisten zu können, einmal im Jahr für wenigstens eine Woche in Urlaub zu fahren, gegenüber 89 % in Dänemark und jeweils 87 % in Deutschland und in den Niederlanden. Neue Möbel können sich nur etwas mehr als ein Viertel der Haushalte in Griechenland und in Portugal leisten, während es in Irland, Luxemburg, den Niederlanden und Dänemark wenigstens vier Fünftel sind. Auch in der Sicht der Betroffenen schlagen sich diese Unterschiede nieder. So meinen nur 8 % der Portugiesen und 10 % der Griechen, aber fast zwei Drittel der Dänen und mehr als die Hälfte der Luxemburger, der Niederländer und der Schweden, dass sie bequem mit ihrem gegenwärtigen Einkommen leben können. In der Bewertung des Lebensstandards zeigen sich ebenfalls entsprechende Differenzen. Deutschland ist bei den meisten Indikatoren auf einer im europäischen Vergleich mittleren Position zu finden. 658
3 Tab. 1: Ausgewählte Merkmale des Lebensstandards in europäischen Ländern 1 A B D DK E F FIN GR I IRL L NL P S UK in % Haushalt besitzt... Farbfernseher Videorecorder Geschirrspüler PKW PC Haushalt kann sich leisten... Einwöchige Urlaubsreise neue Möbel zu kaufen neue Kleidung zu kaufen mind. einmal im Monat ins Restaurant zu gehen Haushalt kann bequem mit seinem Einkommen leben Haushalt betrachtet Lebensstandard als sehr/ ziemlich gut Haushalt kommt leicht/ sehr leicht mit dem Einkommen aus A: Österreich, B: Belgien, D: Deutschland, DK: Dänemark, E: Spanien, F: Frankreich, FIN: Finnland, GR: Griechenland, I: Italien, IRL: Irland, L: Luxemburg, NL: Niederlande, P: Portugal, S: Schweden, UK: Vereinigtes Königreich. 2 European Social Survey 2002/03 3 Eurobarometer 56.1, Daten liegen nicht vor. Datenbasis: Europäisches Haushaltspanel 2000 (D, L, UK: 1996); European Social Survey 2002/03; Eurobarometer Erhebliche Unterschiede zwischen den Ländern der EU bestehen auch im Hinblick auf die Wohnqualität. Dies betrifft Merkmale der Wohnung und Merkmale der Wohngegend (vgl. Tab. 2). Beeinträchtigungen der Wohnqualität findet man ebenfalls vermehrt in den südeuropäischen Ländern, doch konzentrieren sie sich in geringerem Maße als bei den allgemeineren Aspekten des Lebensstandards auf diese Regionen, sondern sind auch in anderen Teilen Europas häufiger zu finden. Dänemark, Schweden, das Vereinigte Königreich, die Niederlande und Österreich sind die einzigen Mitgliedstaaten der EU, in denen sich die Wohnqualität im Hinblick auf fast alle Indikatoren als vergleichsweise gut oder zumindest durchschnittlich erweist. In drei weiteren Ländern, nämlich Belgien, Luxemburg und Irland, gestalten sich zwar die Merkmale der Wohnung recht positiv, doch gibt es Defizite in der Qualität der Wohngegend, in Belgien bezüglich Luftverschmutzung und Lärmbelästigung, in Luxemburg und Irland bezüglich der Infrastruktur. In Deutschland findet man eine sehr gemischte Situation vor. Die Belegungsdichte der Wohnungen, die Ausstattung mit Bad und Zentralheizung und die Verfügbarkeit über Balkon, Terrasse oder Garten liegt im europäischen Vergleich auf einem durch- 659
4 Tab. 2: Ausgewählte Merkmale der Wohnqualität A B D DK E F FIN GR I IRL L NL P S UK in % Merkmale der Wohnung Mehr als ein Raum (o. Küche) pro Haushaltsmitglied Bad vorhanden Zentralheizung Eigentümerquote Einfamilienhaus Balkon/Terrasse/Garten Bewertung der Wohnung als sehr gut Merkmale der Wohngegend Zu Fuß erreichbar 2 Geschäfte öffentliche Verkehrsmittel Grund zur Klage über 2 : Lärmbelästigung Luftverschmutzung Bewertung der Wohngegend als sehr gut Eurobarometer 56.1, Eurobarometer 52.1, Datenbasis: Europäisches Haushaltspanel 2000; Eurobarometer 2001; Eurobarometer schnittlichen Niveau, doch ist die Eigentümerquote die niedrigste in Europa. Entsprechend ist auch der Anteil der Haushalte, die in einem Einfamilienhaus wohnen, vergleichsweise niedrig, ebenso sind bei der subjektiv wahrgenommenen Qualität der Wohnung häufiger Einschränkungen festzustellen als in den meisten anderen Ländern. Auch die Wohngegend wird relativ selten als sehr gut betrachtet, obwohl Infrastrukturmerkmale und Umweltbeeinträchtigungen sich nicht besonders negativ gestalten Arbeitsmarktlage und Arbeitsbedingungen Die Situation am Arbeitsmarkt hat sich in den letzten 10 Jahren in einigen Ländern der EU merklich entspannt. Insbesondere in Irland, darüber hinaus aber auch in Spanien und Finnland ist ein erheblicher Rückgang der Arbeitslosigkeit zu verzeichnen, und auch in mehreren anderen Ländern ist die Arbeitslosigkeit gesunken. Insgesamt ist es zu einer Angleichung der Arbeitslosenquoten gekommen. Trotzdem gibt es immer noch markante Unterschiede zwischen den Ländern (vgl. Teil I, Kap. 20), die sich auch in den persönlichen Erfahrungen und Einschätzungen der Betroffenen widerspiegeln. In Ländern mit hoher, weit über dem Durchschnitt der EU liegender Arbeitslosigkeit das sind Spanien, Griechenland, Deutschland, Frankreich und Finnland werden hö- 660
5 here faktische und wahrgenommene Risiken des Arbeitsplatzverlustes und schlechtere Chancen auf dem Arbeitsmarkt berichtet als in den Ländern mit geringer Arbeitslosigkeit. Zu den Letzteren gehören insbesondere Luxemburg, die Niederlande, Österreich und Irland. So geben nur 3 % der Luxemburger und nur 12 % der Niederländer an, in den letzten 5 Jahren von Arbeitslosigkeit betroffen gewesen zu sein, gegenüber 34 % der Finnen und 26 % der Griechen (vgl. Tab. 3). In Luxemburg haben nur 9 % der Erwerbstätigen einen befristeten Arbeitsvertrag, während in Spanien ein mehr als dreimal so hoher Anteil der Erwerbstätigen eine Arbeitsstelle von begrenzter Dauer und damit ein höheres Arbeitslosigkeitsrisiko hat. In keinem Land der EU werden die Arbeitsmöglichkeiten am Wohnort so selten als gut beschrieben und die Schwierigkeiten, eine andere, gleichwertige Stelle zu finden, als so groß wie in Griechenland. Beispielsweise betrachtet nur ein Viertel der Griechen ihre Arbeitsmöglichkeiten am Wohnort als sehr gut oder gut, gegenüber mehr als vier Fünftel der Niederländer, 70 % der Iren und zwei Dritteln der Österreicher. Darüber hinaus werden die Arbeitsmarktchancen auch in Deutschland, Finnland und Portugal vergleichsweise negativ eingeschätzt. Im Hinblick auf die Arbeitsbedingungen und die Zufriedenheit mit der Arbeit können drei Länder genannt werden, die sich fast durchgehend positiv von den übrigen Ländern abheben: Dänemark, Luxemburg und die Niederlande (vgl. Tab. 4). Vergleichsweise negativ stellt sich die Situation dagegen in Griechenland, Spanien und Portugal dar. In Griechenland findet man beispielsweise die höchste faktische Wochenarbeitszeit und entsprechend den höchsten Anteil der Erwerbstätigen, der häufig Überstunden leistet. Im Durchschnitt arbeiten Männer in Griechenland 50 Stunden in der Woche, während in Luxemburg und in den Niederlanden die Wochenarbeitszeit nur Tab. 3: Arbeitsmarktchancen und -risiken A B D DK E F FIN GR I IRL L NL P S UK in % Chancen Sehr/ziemlich gute Arbeitsmöglichkeiten in der Wohngegend Schwierigkeit, eine neue gleichwertige Arbeitsstelle zu finden 1, 2 3,8 4,5 2,9 5,0 4,0 4,2 4,8 2,7 4,2 5,1 3,3 5,4 2,9 5,5 5,5 Risiken Arbeitslosigkeit in den letzten 5 Jahren Befristeter Arbeitsvertrag Arbeitsplatz wird als sicher betrachtet Mittelwert auf einer Skala von 0 (äußerst schwierig) bis 10 (äußerst leicht). 2 European Social Survey Datenbasis: Eurobarometer 56.1, 2001; European Social Survey
6 Tab. 4: Arbeitsmerkmale und Arbeitszufriedenheit A B D DK E F FIN GR I IRL L NL P S UK in % Häufig Überstunden Einfluss auf Entscheidungen Abwechslung bei der Arbeit Arbeit ist interessant Mittelwert Tatsächliche wöchentliche Arbeitszeit der Männer in Stunden Arbeitszufriedenheit 2 5,3 5,3 5,3 5,7 4,9 4,9 5,0 4,8 4,9 5,1 5,6 5,7 4,9 5,4 5,1 1 European Social Survey Mittelwert auf einer Skala von 1 (vollständig unzufrieden) bis 7 (vollständig zufrieden). Datenbasis: Eurobarometer 56.1, 2001; European Social Survey bzw. 40 Stunden umfasst. Verschiedene Merkmale der Arbeit wie Entscheidungsmöglichkeiten, Abwechslung und Interessantheit, werden insbesondere in Dänemark und darüber hinaus in Finnland und in Luxemburg positiv beurteilt, während die Erwerbstätigen in Spanien, in Portugal und auch in Belgien häufiger Defizite in diesen Aspekten wahrnehmen. Entsprechend ist die Zufriedenheit mit der Arbeit insgesamt in Dänemark, in den Niederlanden und in Luxemburg am höchsten, während sie in allen südeuropäischen Ländern, aber auch in Frankreich vergleichsweise gering ist. Deutschland nimmt bei den meisten Aspekten eine im europäischen Vergleich mittelmäßige Position ein Öffentliche Bereiche Die Lebensverhältnisse in Europa stellen sich auch in Bezug auf öffentliche Bereiche wie die Gesundheitsversorgung, die soziale Sicherung und die öffentliche Sicherheit disparat dar. Folgt man den Beurteilungen der Bürger, so findet man eine Konzentration von Defiziten auf wenige Länder, während sich günstige Einschätzungen auf relativ viele Länder verteilen. Griechenland und Portugal sind die beiden Länder, in denen verschiedene Aspekte der Gesundheitsversorgung mit Abstand am schlechtesten bewertet werden. Beispielsweise betrachtet jeweils nur etwa die Hälfte der Bevölkerungen dieser beiden Länder die medizinische Versorgung im Wohngebiet als sehr gut oder ziemlich gut, gegenüber mehr als 90 % in den meisten anderen Ländern (vgl. Tab. 5). Auch das Vertrauen in das Gesundheitswesen ist in diesen beiden Ländern gering. Darüber hinaus wird in Italien die Gesundheitsversorgung vergleichsweise negativ beurteilt. 662
7 Über die soziale Sicherung in ihrem Land urteilen ebenfalls die Bürger Griechenlands mit Abstand am schlechtesten. Nur ein Drittel halten die soziale Absicherung bei Krankheit, Invalidität, Arbeitslosigkeit und im Alter für sehr oder ziemlich gut, während in den meisten anderen Ländern positive Bewertungen der sozialen Sicherung überwiegen. Die günstigsten Einschätzungen findet man in Luxemburg, wo fast 90 % der Bürger die soziale Absicherung als gut betrachten und fast 80 % sehr viel oder ziemlich viel Vertrauen in die Sozialversicherung haben, was etwa das Vierfache des entsprechenden Anteils in Griechenland darstellt. Neben den Griechen bewerten die Bürger Italiens, Portugals, Irlands und des Vereinigten Königreichs die soziale Siche- Tab. 5: Beurteilung öffentlicher Bereiche A B D DK E F FIN GR I IRL L NL P S UK in % Gesundheitsversorgung Erreichbarkeit des Hausarztes innerhalb von 20 Min Sehr/ziemlich gute medizinische Versorgung im Wohngebiet Beurteilung der Gesundheitsdienste 6,7 7,0 4,9 6,3 5,4 5,6 6,6 4,0 4,7 4,0 7,1 5,6 3,3 5,1 4,9 Sehr/ziemlich viel Vertrauen in das Gesundheitswesen Soziale Sicherung Sehr/ziemlich gute soziale Absicherung 2, Sehr/ziemlich viel Vertrauen in die Sozialversicherung Öffentliche Sicherheit Vandalismus, Diebstahl oder Gewalt in der Wohngegend Im Dunkeln sehr/ziemlich sicher im Wohngebiet Subjektives Risiko, Opfer eines Verbrechens zu werden Haushaltsmitglied in den letzten 5 Jahren Opfer eines Einbruchs oder Angriffs auf die Person Mittelwert auf einer Skala von 0 (äußerst schlecht) bis 10 (äußerst gut). 2 Soziale Absicherung bei Krankheit, Invalidität, Arbeitslosigkeit und im Alter. 3 Eurobarometer 52.1, Eurobarometer 56.1, European Social Survey Europäische Wertestudie 1999/ Eurobarometer 58.0, Datenbasis: Eurobarometer 1999; Eurobarometer 2001; European Social Survey 2002; Europäische Wertestudie 1999/2000; Eurobarometer
8 rung in ihrem Land schlechter als die Angehörigen der meisten anderen Länder. Dänemark, Frankreich, Belgien und die Niederlande gehören neben Luxemburg zu den Ländern, in denen die soziale Sicherung vergleichsweise positiv wahrgenommen wird. Griechenland stellt nicht nur im Hinblick auf die Gesundheitsversorgung und die soziale Sicherung, sondern auch im Hinblick auf die öffentliche Sicherheit, d. h. dem Schutz vor Kriminalität, eines der Schlusslichter Europas dar. Doch in gleichem Maße werden hier Defizite im Vereinigten Königreich, Finnland und Italien empfunden. In Deutschland und Österreich wird die öffentliche Sicherheit insgesamt am besten beurteilt. Fast 40 % der Haushalte in Großbritannien und rd. ein Drittel in Finnland, Griechenland und Italien berichten von Vandalismus, Diebstahl oder Gewalt in der Wohngegend. In Deutschland liegt der entsprechende Anteil nur bei 14 %. Und während fast zwei Drittel der Griechen für sich persönlich ein Risiko wahrnehmen, Opfer eines Diebstahls, eines Einbruchs, eines Raubüberfalls oder eines Angriff auf die Person zu werden, sind es in Deutschland nur ein knappes Viertel der Bürger das ist der niedrigste Anteil in der EU. Deutschland hat nicht nur das geringste wahrgenommene Opferrisiko, sondern weist auch die mit Abstand niedrigste faktische persönliche Betroffenheit durch Kriminalität auf. So geben nur 9 % der Deutschen an, dass sie selbst oder ein Mitglied ihres Haushalts in den letzten fünf Jahren Opfer eines Einbruchs oder eines Angriffs auf die Person geworden sind. Dieser Anteil ist in Finnland fast viermal und in Schweden und Großbritannien etwa dreimal so hoch Aspekte des sozialen Zusammenhalts Die Lebensqualität in einer Gesellschaft bemisst sich nicht nur am Lebensstandard, den Merkmalen der Arbeitswelt und der Versorgung mit öffentlichen Gütern, sondern auch an der Qualität der sozialen Beziehungen wie sie in der Pflege sozialer Kontakte, Vertrauen und Hilfsbereitschaft gegenüber anderen Menschen zum Ausdruck kommt. Dies sind Aspekte des sozialen Zusammenhalts, dessen Stärkung als eines der erklärten Ziele der Europäischen Union gilt. Wie Tabelle 6 zeigt, bestehen zwischen den europäischen Gesellschaften auch erhebliche Unterschiede in den zwischenmenschlichen Beziehungen. Dabei lassen sich recht eindeutig sowohl Gesellschaften identifizieren, die sich durch eine ausgesprochen positive Situation auszeichnen, als auch Gesellschaften, in denen sich relative Schwächen häufen. Zu den Ersteren gehören insbesondere Schweden, Dänemark und in geringerem Maße Irland. Zu den Letzteren gehören in erster Linie Griechenland und in zweiter Linie Deutschland und Portugal. In Dänemark findet man insbesondere intensive soziale Kontakte und eine große Hilfsbereitschaft im privaten Bereich sowie eine hohes Ausmaß an Vertrauen in andere Menschen. So treffen sich fast vier Fünftel der Dänen gegenüber nur etwas mehr als zwei Fünftel der Griechen mindestens einmal in der Woche mit Freunden, Verwandten oder Kollegen, und 95 % der Dänen, aber nur 74 % der Griechen sind mit ihren 664
9 Tab. 6: Aspekte des sozialen Zusammenhalts A B D DK E F FIN GR I IRL L NL P S UK in % Soziale Kontakte Mind. einmal pro Woche Treffen mit Freunden, Verwandten Sehr/ziemlich zufrieden mit sozialen Kontakten Gefühle der Einsamkeit Vertrauen Man kann den meisten Menschen vertrauen Ausnutzung durch andere 1, 4 5,6 5,6 5,8 7,3 5,2 5,6 6,9 3,7 4,6 6,0 5,5 6,2 5,3 6,7 5,6 Hilfsbereitschaft anderer 2, 4 5,2 4,4 4,8 6,1 4,4 4,4 5,7 3,0 4,1 6,0 4,5 5,3 3,9 6,0 5,4 Hilfsbereitschaft Ehrenamtlich tätig Bereit, aktiv etwas zu tun für... ältere Menschen Kranke/Behinderte Hilfe außerhalb des Haushalts erreichbar... 3 bei Depressivität bei Geldschwierigkeiten Mittelwert auf einer Skala von 0 (= die meisten Menschen würden versuchen, mich auszunutzen) bis 10 (= die meisten Menschen würden versuchen, fair zu sein). 2 Mittelwert auf einer Skala von 0 (= die Menschen achten meistens auf sich selbst) bis 10 (= die Menschen versuchen meistens, hilfsbereit zu sein). 3 Eurobarometer 56.1, European Social Survey Datenbasis: Eurobarometer 2001; European Social Survey 2002; ansonsten Europäische Wertestudie 1999/2000. außerhäuslichen Kontakten zufrieden. Darüber hinaus setzt man in keinem anderen Land der EU so viel Vertrauen in andere Menschen wie in Dänemark, während in Griechenland und auch in Portugal Misstrauen weit verbreitet ist. In Schweden ist wie in Dänemark eine hohe Bereitschaft zu Hilfeleistungen im privaten Kreis vorhanden, und man bringt anderen Menschen relativ viel Vertrauen entgegen. Die Schweden zeichnen sich jedoch außerdem durch ein hohes Maß an bürgerschaftlichem Engagement aus. Mehr als die Hälfte der Schweden sind ehrenamtlich in einer Organisation oder einem Verein tätig, und in keiner der hier betrachteten Gesellschaften ist der Anteil der Bürger, die sich aktiv für Alte, Kranke oder Behinderte in ihrem Land einsetzen würden, so groß wie in Schweden. Deutschland stellt in dieser Hinsicht das Schlusslicht in Europa dar. Nur etwa die Hälfte der Deutschen sind bereit, etwas für ältere Menschen, Kranke oder Behinderte zu tun, während es in Schweden, aber auch in Irland und Italien mehr als vier Fünftel sind. 665
10 Eine besondere Konstellation lässt sich in Spanien beobachten. Hier bestehen einerseits enge soziale Bindungen und Hilfebeziehungen auf privater Ebene, was sich insbesondere auch in dem sehr niedrigen Anteil von Personen, die sich einsam fühlen, niederschlägt. Andererseits ist jedoch das Potenzial eines Engagements für andere, das über den unmittelbaren persönlichen Bereich hinausgeht, vergleichsweise gering. So üben nur 18 % der Spanier ein Ehrenamt aus und nur % wären bereit, sich für hilfebedürftige Bevölkerungsgruppen zu engagieren Subjektives Wohlbefinden Neben einzelnen Bereichen und Aspekten spiegeln auch zusammenfassende Bewertungen der Lebenssituation die Unterschiedlichkeit der Lebensverhältnisse in Europa wider. Das globale subjektive Wohlbefinden liegt, gemessen an Äußerungen darüber, wie zufrieden und glücklich man mit seinem Leben insgesamt ist, in Portugal, Griechenland und Italien auf dem niedrigsten Niveau in der Europäischen Union, während die Menschen in Dänemark, Schweden, Luxemburg und den Niederlanden insgesamt die günstigsten Bewertungen abgeben (vgl. Abb. 1). Die Portugiesen Abb. 1: Lebenszufriedenheit und Glück im europäischen Vergleich Lebenszufriedenheit Durchschnitt auf einer Skala von 0 bis 10 Glück Sehr oder ziemlich glücklich Anteile in % ,0 8,4 7,1 7,9 6,3 6,9 7,4 7,8 7,7 5,9 7,8 7,1 A B D DK E F FIN GR I IRL L NL P S UK Datenbasis: European Social Survey 2002 (Zufriedenheit); Europäische Wertestudie 1999/2000 (Glück). 666
11 Abb. 2: Zufriedenheit mit dem Leben und mit der Gesellschaft im europäischen Vergleich Lebenszufriedenheit Zufriedenheit mit der Gesellschaft Sehr oder ziemlich zufrieden Anteile in % A B D DK E F FIN GR I IRL L NL P S UK 58 Datenbasis: Eurobarometer 2001 (56.1). weisen mit einem Durchschnittswert von 5,9 (auf einer Skala von 0»ganz und gar unzufrieden«bis 10»ganz und gar zufrieden«) die geringste allgemeine Lebenszufriedenheit auf, gefolgt von den Griechen (6,3) und den Italienern (6,9). Dem steht eine sehr hohe Lebenszufriedenheit in Dänemark (8,4), den übrigen skandinavischen Ländern, Luxemburg und den Niederlanden gegenüber. Dass sie zurzeit»sehr glücklich«oder»ziemlich glücklich«sind, können rd. drei Viertel der Griechen und vier Fünftel der Italiener von sich behaupten, aber rd. 95 % der Dänen, der Schweden, der Luxemburger, der Niederländer, der Briten und der Iren. Deutschland liegt bei beiden Aspekten des Wohlbefindens an viertletzter Position. In der Zufriedenheit mit der persönlichen Lebenssituation gibt es zwar erhebliche Unterschiede in Europa, dennoch kann allen Ländern ein hohes absolutes Zufriedenheitsniveau bescheinigt werden, sind doch in jedem Land mindestens drei Viertel der Bürger mit dem Leben, das sie führen, zufrieden (vgl. Abb. 2). In viel geringerem Maße als mit ihren persönlichen Lebensumständen sind die Bürger mit der Gesellschaft, in der sie leben, zufrieden. Darin dokumentiert sich die bekannte Tendenz, private Bereiche, auf die man selbst Einfluss nehmen kann, weniger kritisch zu beurteilen als öffentliche Bereiche, für die man keine unmittelbare Verantwortlichkeit bei sich selbst 667
12 sieht. Trotzdem gibt es auch hier erhebliche Unterschiede zwischen den Ländern, sowohl was das Niveau der Zufriedenheit mit der Gesellschaft als auch was die Diskrepanz zur Zufriedenheit mit der persönlichen Situation betrifft. Die Bürger Italiens sind mit ihrer Gesellschaft mit Abstand am wenigsten zufrieden und der Kontrast zur Bewertung der persönlichen Lebensumstände ist hier am größten, gefolgt von den Franzosen und den Griechen. Nur ein Viertel der Italiener und nur rd. ein Drittel der Franzosen und der Griechen sind mit der Gesellschaft, in der sie leben, zufrieden. Das bei weitem höchste Zufriedenheitsniveau lässt sich in Dänemark festzustellen. Hier sind 85 % der Bürger mit ihrer Gesellschaft zufrieden und damit nur 12 Prozentpunkte weniger als es im Hinblick auf den unmittelbaren privaten Bereich der Fall ist. Darüber hinaus wird die irische und die finnische Gesellschaft vergleichsweise positiv bewertet. Deutschland gehört zu den sieben Ländern der EU, in denen weniger als die Hälfte der erwachsenen Bevölkerung mit ihrer Gesellschaft zufrieden ist. Versucht man zusammenfassend Lebensbedingungen und wahrgenommene Lebensqualität in Deutschland im europäischen Vergleich zu beurteilen, so kann man für die meisten Lebensbereiche eine mittelmäßige Position Deutschlands in Europa feststellen. Defizite zeigen sich jedoch im Hinblick auf verschiedene Aspekte des sozialen Zusammenhalts und dadurch bedingt auch im globalen subjektiven Wohlbefinden, wo sich die Mehrheit der EU-Länder besser stellt. (Regina Berger-Schmitt) Weitere Informationen zum Thema Sozialleistungen siehe Teil I, Kap
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