STELL DIR VOR, DU BIST TOT. ERBRECHTS-MERKBLATT ÜBERBLICK ÜBER DAS ERBRECHT WER WIEVIEL ERHÄLT
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- Kristin Hauer
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1 STELL DIR VOR, DU BIST TOT. ERBRECHTS-MERKBLATT ÜBERBLICK ÜBER DAS ERBRECHT WER WIEVIEL ERHÄLT
2 PACK ES AN. JETZT! Wir danken der Privaten Trauerakademie Fritz Roth Sie hat uns die Bildmotive aus ihrer Ausstellung «Im Letzten Hemd» kostenlos zur Verfügung gestellt. Mehr über das Projekt und die Wanderausstellung erfahren Sie unter Fotograf: Thomas Balzer
3 ERBRECHTS-MERKBLATT ÜBERBLICK ÜBER DAS ERBRECHT WER WIEVIEL ERHÄLT Möchten Sie wissen, wer an Ihrem Nachlass erbberechtigt ist? Und wenn ja, wer von Gesetzes wegen wie viel erhält bzw. wie gross Ihr Ermessensspielraum bei der Zuteilung ist? Dann finden Sie in diesem Merkblatt hoffentlich die Antwort. Das Erbrecht ist im Zivilgesetzbuch (ZGB) über viele Artikel hinweg genau geregelt 1. Um Ihnen diese komplizierte Lektüre zu ersparen, haben wir hier die wichtigsten Punkte zusammengefasst. Ich wünsche Ihnen eine interessante und klärende Lektüre! Christof Hotz, Nachlassbetreuer Solidar Suisse INHALT Verschiedene Kategorien von Erbberechtigten Gesetzliche ErbInnen Die Bedeutung des Verwandtschaftsgrades Eingesetzte Erben und VermächtnisnehmerInnen Wer wieviel erhält Gesetzliche Quoten (ohne Testament) Pflichtteile (mit Testament) Freie Quote (mit Testament) Herabsetzungsklage Grafische Darstellung der gesetzlichen Erbteile und der Pflichterbteile Weitere Merkblätter zum Bestellen Nachlass-Merkblatt: Ein Testament erstellen oder ändern Vorbereitungs-Merkblatt: Vorbereitung und Checklisten rund um den Todesfall Schlussgedanken Solidar Suisse August 2018 ¹ Trotz sorgfältiger juristischer Abklärung könnten sich Fehler oder Unklarheiten eingeschlichen haben. Deshalb möchten wir darauf hinweisen, dass in juristischen Streitfällen allein der Gesetzestext verbindlich ist. Sie können ihn im Internet einsehen unter
4 VERSCHIEDENE KATEGORIEN VON ERBBERECHTIGTEN Grundsätzlich gilt es, zwischen zwei verschiedenen Gruppen von Erbberechtigten zu unterscheiden: Gesetzliche ErbInnen, das sind Angehörige und Verwandte: Sie erben sozusagen «automatisch», auch wenn der Erblasser oder die Erblasserin nichts anderes angeordnet hat. Eingesetzte ErbInnen, das sind andere Personen oder Institutionen: Sie kommen nur zum Zug, wenn sie in einem Testament ausdrücklich bedacht wurden. Weiter gibt es noch die VermächtnisnehmerInnen. Was das genau bedeutet, finden Sie weiter unten, ebenso wie Ausführungen über die zwei Gruppen von Erbberechtigten. GESETZLICHE ERBINNEN Gesetzliche ErbInnen sind Blutsverwandte und EhepartnerInnen, nämlich: EhepartnerInnen und Nachkommen Eltern Geschwister Grosseltern Tanten und Onkel andere über die Eltern oder Grosseltern blutsverwandte Vorfahren Wenn bis zum grosselterlichen Stamm 2 niemand mehr da ist, erben Kanton und Gemeinde, am letzten Wohnsitz des Erblassers. Wichtig: Nicht eingetragene LebenspartnerInnen sind ohne testamentarische Regelung nicht erbberechtigt. DIE BEDEUTUNG DES VERWANDTSCHAFTSGRADES Wie nahe jemand mit dem Erblasser verwandt ist, ist bei der gesetzlichen Erbteilung entscheidend, denn die gesamte Erbfolge richtet sich danach. Es werden drei Familienstämme 3 unterschieden: der Stamm der Erblasserin 4 (Nachkommen) der Stamm der Eltern des Erblassers der Stamm der Grosseltern der Erblasserin Regel: Der nähere Stamm schliesst den entfernteren Stamm aus auch wenn nur ein einziger Erbe den näheren Stamm vertritt. Ist ein Erbe verstorben, geht sein Anteil an dessen Nachkommen über. War die Erblasserin verheiratet, erben EhepartnerIn und Kinder. War der Erblasser allein stehend und ohne Kinder, geht das Erbe an seine Eltern, das heisst an den zweiten Stamm etc. 2 das umfasst alle Nachfahren der Grosseltern 3 im ZGB Parentelen genannt 4 für Ehepartner gelten besondere Regeln, siehe unten 4 ERBRECHTS-MERKBLATT
5 EINGESETZTE ERBEN UND VERMÄCHTNISNEHMERINNEN Liegt ein Testament vor, können neben den gesetzlich Erbenden noch weitere Personen oder Institutionen berücksichtigt werden. Dies geschieht entweder durch Erbeinsetzung 5 oder durch Ausrichten eines Vermächtnisses (Legat). Dabei gilt es zu beachten, dass einige gesetzliche Erben durch Pflichtteile geschützt sind, das heisst, sie erhalten in jedem Fall einen Anteil des Nachlasses. Die eingesetzten Erbinnen und die Vermächtnisnehmer können höchstens im Umfang der freien Quote erben. WER WIEVIEL ERHÄLT GESETZLICHE QUOTEN (OHNE TESTAMENT) Wenn kein Testament oder Erbvertrag vorliegt, bestimmt das Gesetz, wer welchen Anteil des Nachlasses erbt (Quote). Dabei sieht die gesetzliche Regelung folgende Quoten vor: Direkte Nachkommen, Ehegatte 6 : Die Kinder erhalten die Hälfte zu gleichen Teilen, der Ehegatte erhält die andere Hälfte. Direkte Nachkommen (Kinder), kein Ehegatte: Die Kinder erhalten alles zu gleichen Teilen. Keine direkten Nachkommen, Ehegatte: Der überlebende Ehegatte erhält drei Viertel, wenn die Eltern des Erblassers (oder ein Elternteil) noch leben. Wenn die Eltern des Erblassers verstorben sind, erhält der überlebende Ehegatte alles. Keine direkten Nachkommen, kein Ehegatte: Die Eltern (oder der noch lebende Elternteil) der Erblasserin erhalten die ganze Erbschaft. Falls die Eltern des Erblassers schon verstorben sind, fällt die Erbschaft an deren Nachkommen (Brüder oder Schwestern der Erblasserin, bzw. an deren Nachkommen Neffen und Nichten bzw. deren Kinder). Keine direkten Nachkommen, kein Ehegatte, keine Eltern oder Geschwister: In diesem Fall geht die Erbschaft an den grosselterlichen Stamm. Leben die Grosseltern nicht mehr, fällt die Erbschaft an deren Nachkommen, also Onkel und Tanten des Erblassers bzw. deren Nachkommen (Cousins und Cousinen des Erblassers). PFLICHTTEILE (MIT TESTAMENT) Der Pflichtteil ist jener Teil der Erbschaft, der Erbenden nicht entzogen werden kann. Pflichtteilsgeschützte ErbInnen sind: die Nachkommen der überlebende Ehegatte, bzw. eine eingetragene Partnerin oder ein eingetragener Partner gleichen Geschlechts die Eltern (falls keine Kinder und kein Ehegatte vorhanden sind) 5 siehe entsprechende Stichworte 6 eingetragene PartnerInnen sind den Ehegatten rechtlich gleichgestellt 5 ERBRECHTS-MERKBLATT
6 Wohlgemerkt: Nicht eingetragene LebenspartnerInnen und andere Erben (z.b. Geschwister!) sind NICHT pflichtteilsgeschützt. Wenn Sie allein stehend sind oder in einer nicht eingetragenen Lebenspartnerschaft leben, müssen Sie Folgendes bedenken: Es kann gesetzliche Erben geben, von denen Sie nichts wissen. Sofern Sie kein Testament verfassen, erben diese Ihr ganzes Vermögen, auch wenn Sie das gar nicht wollen. Das kann zum Beispiel ein Ihnen völlig unbekannter Grosscousin sein (aus einem grosselterlichen Stamm), der irgendwo auf einem anderen Kontinent lebt. Sind auch solche weit entfernten Verwandten, welche dieselben Grosseltern wie Sie haben, nicht mehr da, dann fällt die ganze Erbschaft an den Staat. Dabei gäbe es sicher Menschen, die Ihnen zu Lebzeiten viel näher gestanden sind, die jedoch nach Erbrecht nicht zu Ihren gesetzlichen ErbInnen zählen. Da kann ein Testament innerhalb gewisser Grenzen die gesetzliche Erbfolge korrigieren. Die Pflichtteile, die sich von den oben beschriebenen gesetzlichen Quoten ableiten, müssen im Testament unbedingt beachtet werden. Im Detail gelten folgende Pflichtteile 7 : für jeden Nachkommen: drei Viertel des gesetzlichen Anspruches für jeden Elternteil des Erblassers: die Hälfte des gesetzlichen Anspruches für den überlebenden Ehegatten: die Hälfte des gesetzlichen Anspruches Nur wer keine Nachkommen, keinen Ehegatten oder eingetragene Partnerin, eingetragenen Partner und keine Eltern mehr hat, kann ganz frei über sein Vermögen verfügen. FREIE QUOTE (MIT TESTAMENT) Werden in einem Testament die pflichtteilsgeschützten ErbInnen nur mit ihrem gesetzlichen Pflichtteil bedacht, bleibt eine freie Quote übrig, über die der Erblasser/ die Erblasserin frei verfügen kann. Er oder sie kann damit Personen oder Institutionen seiner/ihrer Wahl begünstigen. Dies kann auf zwei Arten geschehen, entweder durch Erbeinsetzung oder durch ein Vermächtnis (Legat). Erbeinsetzung Die Erblasserin kann für die freie Quote ihrer Erbschaft beliebig viele Erbende einsetzen. Die eingesetzten ErbInnen erhalten einen Bruchteil des Nachlasses z.b. «2/3 meiner freien Quote gehen an Fritz Muster» oder «ich vermache den folgenden Institutionen je 20% meiner freien Quote». Der effektive Wert wird erst im Lauf der Abrechnung festgelegt. Es kann für die Begünstigten unter Umständen Jahre dauern, bis sie ihren Erbteil erhalten. 7 siehe Grafik auf der nächsten Seite 6 ERBRECHTS-MERKBLATT
7 Vermächtnis (Legat) Ein Vermächtnis wird ausgerichtet, indem den Begünstigten ein bestimmter Gegenstand oder Betrag vermacht wird (im Gegensatz zu ErbInnen, die einen Teil des Nachlasses erhalten). Dabei kann es sich um eine Sache handeln z.b. «Meiner Nichte Anna Muster vermache ich meine silberne Halskette» oder um einen Geldbetrag z.b. «Mein Nachbar Fritz Muster und die Institution Sonnenhof sollen je CHF erhalten». Vermächtnisse dürfen die freie Quote nicht übersteigen, sonst kann von den PflichterbInnen deren Herabsetzung verlangt werden. HERABSETZUNGSKLAGE Wenn der Pflichtteil von ErbInnen durch ein Testament oder einen Erbvertrag verletzt werden, können diese ErbInnen die Herabsetzungsklage erheben (Art. 522 ff. ZGB). Sie dient dazu, das Testament oder den Erbvertrag soweit abzuändern, dass der Pflichtteil respektiert wird. GRAFISCHE DARSTELLUNG DER GESETZLICHEN ERBTEILE UND DER PFLICHTERBTEILE 7 ERBRECHTS-MERKBLATT
8 WEITERE MERKBLÄTTER ZUM BESTELLEN NACHLASS-MERKBLATT EIN TESTAMENT ERSTELLEN ODER ÄNDERN WORAUF SIE ACHTEN MÜSSEN Sie erfahren im Detail, was es alles zu beachten gilt, damit ein Testament eindeutig und rechtsgültig ist. VORBEREITUNGS-MERKBLATT VORBEREITUNG UND CHECKLISTEN RUND UM DEN TODESFALL WORAN SIE DENKEN SOLLTEN Vorsorgeauftrag, Patientenverfügung, Organspenderausweis, woran muss man denken bei der Abschiedsfeier und bei Leidzirkularen, was kann eine ErblasserIn bereits vorbereiten und so weiter. SCHLUSSGEDANKEN Sie sehen also: Um Ihren letzten Willen zum Ausdruck zu bringen, brauchen Sie ein rechtsgültiges Testament. Was dabei zu beachten ist, lesen Sie in einem anderen Merkblatt, das Sie bei uns unverbindlich bestellen können. Wenn Sie weitere Fragen haben, kontaktieren Sie uns oder einen spezialisierten Anwalt bzw. eine Vorsorgeberaterin. Vollständige Diskretion ist in allen Fällen gewährleistet. Ich wünsche Ihnen alles Gute für diesen anspruchsvollen Prozess! Christof Hotz Nachlass-Betreuer Solidar Suisse Telefon: Quellenstrasse 31, Postfach 2228, 8031 Zürich KÄMPFEN FÜR GLOBALE FAIRNESS Wir kämpfen für faire Arbeit, demokratische Mitbestimmung und soziale Gerechtigkeit weltweit. In über 60 Projekten auf vier Kontinenten setzen wir Solidarität in die Tat um. Im Auftrag unserer Spenderinnen und Spender beseitigen wir auf weitsichtige und unerschrockene Weise Missstände und eröffnen benachteiligten Menschen neue Perspektiven und Möglichkeiten. Spendenkonto Solidar Suisse: Weitere Informationen zu Solidar Suisse und seinen Programmen finden Sie unter
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