Wirkungs-bewusste Sprache in der Mediation

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1 Wirkungs-bewusste Sprache in der Mediation Workshop am SDM-Kongress 16. Juni 2018 Oliver Martin Trigon Entwicklungsberatung Quellen: Gunther Schmidt, Liebesaffären zwischen Problem und Lösung, Heidelberg, 2010 Stephen Gilligan, Therapeutische Trance, Heidelberg, 2008 Stephen Gilligan, Liebe Dich selbst wie Deinen Nächsten, Heidelberg, 2004 Milton H. Erickson/Ernest L. Rossi, Hypnotherapie, Stuttgart, 2010 Insa Sparrer/Matthias Varga von Kibéd, Piran, 2016 Friedrich Glasl, Konfliktmanagement, Bern/Stuttgart 2015 Folie von Werner Leeb, Wien, 2013 Flipchart von Julia Andersch, Abano, 2017

2 In Konflikten herrschen unwillkürliche Prozesse vor Abwärtsspirale der Konflikteskalation Konflikttrance/Konfliktblase Völlig assoziiert: - Auslöser/Trigger - Fokus der Aufmerksamkeit fixiert/eng - Konflikterleben, hohe emotionale Ladung - Konflikt-Muster bzw. Rhythmus - unwillkürlich - Mentale Modelle und Vorerfahrung wirken Veränderte: - Sprachmuster - Körperempfinden - Raum/Zeitempfinden -...

3 In Konflikten herrschen unwillkürliche Prozesse vor Abwärtsspirale der Konflikteskalation Konflikttrance/Konfliktblase Völlig assoziiert: - Auslöser/Trigger - Fokus der Aufmerksamkeit fixiert/eng - Konflikterleben, hohe emotionale Ladung - Konflikt-Muster bzw. Rhythmus - unwillkürlich - Mentale Modelle und Vorerfahrung wirken Veränderte: - Sprachmuster - Körperempfinden - Raum/Zeitempfinden -...

4 In Konflikten herrschen unwillkürliche Prozesse vor Unwillkürliche Prozesse äussern sich in erster Linie emotional und somatisch erst in zweiter Linie kognitiv Unwillkürliche Prozesse sind an sich weder positiv noch negativ deren Bedeutung hängt von den Erwartungen der Beteiligten und vom jeweiligen Kontext ab Unwillkürliche Prozesse werden durch verschiedenste innere und äussere Reize getriggert durch akustische, visuelle, kinästhetische, olfaktorische und gustatorische Reize, durch Raum-Wahrnehmung, Erinnerungen u.a.m. Wirkungs-bewusste Sprache 4

5 Beispiel positiv wirksamer unwillkürlicher Prozesse Eine Melodie, ein Geruch, ein Bild löst in mir Erinnerungen und damit verbunden Wohlbefinden, Behaglichkeit, Sicherheitsgefühle aus: Wirkungs-bewusste Sprache 5

6 Beispiel negativ wirksamer unwillkürlicher Prozesse Geräusche, Bilder, Gerüche etc. können in mir Erinnerungen und damit verbunden Unwohlsein, Angst, Stress etc. auslösen: Wirkungs-bewusste Sprache 6

7 Wirkungen und Wechselwirkungen von unwillkürlichen Prozessen auf Gedanken, Bewertungen, Interpretationen, Schlussfolgerungen Emotionen und Bedürfnisse Bilder, Töne, Gerüche, Geschmäcke, Kinästhetisches (z. B. weich-hart, warm-kalt etc.) Atmung Verspannungs-, Druck-, Kribbel-Zonen etc. Innere Filme und Dialoge Raumerleben Grössen- und Alterserleben Diese Wirkungen können in einer Mediation beachtet und auch hilfreich aufgegriffen und utilisert werden für die Lösungsfindung. Wirkungs-bewusste Sprache 7

8 Unwillkürliche Prozesse haben ganzkörperliche Aus- und Wechselwirkungen Wirkungs-bewusste Sprache 8

9 Rahmensetzung und Sprache beeinflussen unwillkürliche Prozesse Sprache und Wortwahl haben als akustische Reize in Verbindung mit Erinnerungen oder Assoziationen, die wiederum z. B. mit kinästhetischen Reaktionen neuronal vernetzt sind, ebenfalls einen unmittelbaren Einfluss auf unwillkürliche Prozesse Worte bzw. Sprache können grundsätzlich Prozesse sowohl hilfreich als weniger hilfreich beeinflussen Besonders relevant ist dabei die Rahmensetzung durch Aufmerksamkeitsfokussierung und Wortwahl das so genannte Framing Wirkungs-bewusste Sprache 9

10 Framing wirkt Wirkungs-bewusste Sprache 10

11 Beispiel für Framing durch Sprachbilder Aussage 1: Aussage 2: Das Boot ist voll. Der Luxusdampfer ist voll. Aussage 1: Aussage 2: Aussage 1: Aussage 2: Es kommt eine Flüchtlingswelle auf uns zu. Es kommen Tausende von Hilfe suchenden und Not leidenden Menschen zu uns. Ich habe ein Problem. Ich habe ein Ziel, von dem ich noch nicht weiss, wie ich es erreichen kann. Wirkungs-bewusste Sprache 11

12 Semantische Reaktions- Differenzierung Matthias Varga von Kibéd und Insa Sparrer haben auf Alfred Korzybski bezugnehmend den Begriff der semantischen Reaktionsdifferenzierung geprägt Sie schlagen vor, sich regelmässig mit der Wirkung von Sprache selbst zu testen, indem ein Satz laut gesagt und gehört wird, um die Körperreaktionen darauf zu testen Wirkungs-bewusste Sprache 12

13 Wirkungs-bewusste Sprache Rigide, verabsolutierende, einengende Sprache hat eine stark negative unwillkürliche Wirkung Häufiger Gebrauch von Verben wie müssen oder sollen, von Adverbien wie immer, unbedingt, nie, absolut etc. oder von Pronomina wie kein führt oftmals zu Einseitigkeit und Tunnelblick Je imperativer und eindeutiger die Sprache ist, desto wahrscheinlicher werden unerwünschte unwillkürliche Phänomene ausgelöst Wirkungs-bewusste Sprache 13

14 Wirkungs-bewusste Sprache Unwillkürlich positiv wirkende Sprache ist musikalisch, wertschätzend, ermutigend, eindringlich, eher poetisch-bildhaft als konkret, lässt meist mehrere Interpretationen und Wahlmöglichkeiten im Verständnis des Gesagten zu, versucht körperliches, sinnliches und emotionales Empfinden anzusprechen Möglichst viele Kanäle ansprechen, innere, unwillkürliche Such- Prozesse anregen und rigide, verhärtete Vorstellungen oder Bilder verflüssigen und aufweichen Wirkungs-bewusste Sprache 14

15 Wirkungs-bewusste Sprache Nutzung verschiedener Zugangskanäle: Visuell: Und wie Sie sehen können, entsteht langsam ein inneres Bild... Auditiv: Während wir hier noch reden, klingt in Ihnen schon eine Idee an... Kinästhetisch: Sie spüren, während wir hier bequem sitzen, wie bereits erste Lösungen in Ihrem Innern sich in Bewegung setzen... Wirkungs-bewusste Sprache 15

16 Wirkungs-bewusste Sprache Auf unwillkürliche Prozesse sich hilfreich auswirkende Sprachmuster bedienen sich permissiver, auf Möglichkeitsräume gerichtete Formulierungen, wie unten beispielhaft einige aufgeführt werden Achtsame Verwendung von Adjektiven und Nomen (Termini wie einschneidende Eingriffe, massive Umwälzungen oder tiefgreifende Einschnitte u.ä.m. wirken unbewusst ungünstig) Überprüfung durch semantische Reaktionsdifferenzierung (M. Varga von Kibéd) Wirkungs-bewusste Sprache 16

17 Wirkungs-bewusste Sprache Kursiv = verflüssigende, poetische Sprache unterstrichen = sprechen Potentiale und Ressourcen an Fett = gehen auf unterschiedliche Sinneskanäle ein: Und auch wenn momentan Vieles als schwierig erscheint, so dürfen Sie darauf vertrauen, dass wie in anderen Situationen auch schon, durch gemeinsames Engagement und die Kreativität aller Beteiligter, Lösungen gefunden werden können. Wirkungs-bewusste Sprache 17

18 Wirkungs-bewusste Sprache Kursiv = verflüssigende, poetische Sprache unterstrichen = sprechen Potentiale und Ressourcen an Fett = gehen auf unterschiedliche Sinneskanäle ein: Es ist eindrücklich, wie Sie trotz der grossen Unsicherheiten und der schwierigen Konfliktsituation, den Mut finden, sich so pointiert und klar zu äussern, und ich bin sicher, dass gerade dieser Mut es Ihnen erlauben wird, gemeinsame Bilder entstehen zu lassen, und sich dadurch in Bewegung zu setzen. Wirkungs-bewusste Sprache 18

19 Wirkungs-bewusste Sprache Kursiv = verflüssigende, poetische Sprache unterstrichen = sprechen Potentiale und Ressourcen an Fett = gehen auf unterschiedliche Sinneskanäle ein: Die aktuelle Konfliktsituation kann durchaus Angst einflössend wirken, und ich wäre nicht erstaunt, wenn bei Ihnen Unsicherheiten entstünden. Es ist mir deshalb ein Anliegen, dass Sie sich erlauben, darauf einzugehen, um die verschiedenen möglichen Bedeutungen zu betrachten, und danach schauen, welche hilfreichen Ideen dazu in Ihnen anklingen. Wirkungs-bewusste Sprache 19

20 Wirkungs-bewusste Sprache Suggestionen/indirekte Kommunikation/Allgemeinheiten: Es ist doch ganz normal, dass Sie sich das vorerst noch nicht zutrauen... Und ich weiss nicht, welche Ressourcen Sie ganz unwillkürlich als erstes auswählen, um das Problem zu lösen... Ich frage mich, wie sehr und wie schnell Sie sich erlauben werden, mit mehr Entspannung den Konflikt anzugehen... Wirkungs-bewusste Sprache 20

21 Wirkungs-bewusste Sprache Geschichten und Metaphern: Erzählung von Geschichten, die mit der Situation der MediandInnen zu tun haben, jedoch nicht zu deutlich Einbezug von Märchen-, Helden-, Filmfiguren (evtl. erfragt aus dem Leben des/der KlientIn) In Ich-Sprache Geschichten zu indirekter Einbettung von hilfreichen Suggestionen erzählen Literaturhinweis zu hilfreichen Geschichten für Mediation: Ansgar Marx: Alle sollen siegen. Concadora, Stuttgart, 2013 Bernhard Trenkle: Die Löwengeschichte, Carl Auer, Heidelberg, 2013 Wirkungs-bewusste Sprache 21

22 Wirkungs-bewusste Sprache Suggestionen/indirekte Kommunikation/Allgemeinheiten: Ob wir sofort eine Lösung finden werden, oder ob es noch eine Weile dauert, ist zweitrangig... Ich bin sehr gespannt, woran Sie und ich merken werden, dass Sie für die Lösung hilfreiche Ressourcen haben aktivieren können... Sie haben in Ihrem Leben schon viele hilfreiche Lernerfahrungen gemacht, haben sicher schon viele schwierige Situationen gemeinsam mit anderen gelöst... Wirkungs-bewusste Sprache 22

23 Oliver Martin, Luzern Jahrgang 1970, Gesellschafter Trigon Entwicklungsberatung seit 2005 Kaufmann, Organisationsberater BSO, Mediator SDM, Senior Coach DBVC, Lehr- Trainer DGfS, Dozent für Organisationsentwicklung und Konfliktmanagement an der FHNW und der Universität Tbilisi Arbeitsschwerpunkte: Beratung von Organisationen (Privatwirtschaft, NPO und Verwaltung) in Veränderungsprozessen, Mediation im Wirtschaftsbereich und im politischgesellschaftlichen Kontext, Persönlichkeitsentwicklung, Leitung von Lehrgängen in Organisationsentwicklung, Konfliktmanagement und Persönlichkeitsentwicklung Berufserfahrung: 5 Jahre als Geschäftsführer einer politischen Organisation, 3 Jahre als Personalchef in der IT-Branche, seit 2003 als selbständiger Berater Aus- und Weiterbildungen: NDS Management in NPO, Organisationsentwicklung, Mediation, Coaching, Hypnosystemische Therapie, Systemische Strukturaufstellungen Wirkungs-bewusste Sprache 23