Insolvenzverwalter Vom Verwalter zum Sanierer und gestaltenden Berater?
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- Käte Gärtner
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1 Insolvenzverwalter Vom Verwalter zum Sanierer und gestaltenden Berater? (Die Zukunft des Insolvenzverwalterberufs im Spannungsfeld von Marktveränderung und Gläubigerinteressen) Christian Graf Brockdorff LL.M. Rechtsanwalt sowie Fachanwalt für Insolvenzrecht Vorsitzender des Vorprüfungsausschusses FA für Insolvenzrecht in Brandenburg Korrespondierender Beirat DZWiR
2 2 Inhaltsübersicht I) Einleitung II) Die Verwaltermacher vor dem ESUG III) Die Verwaltermacher in Zeiten des ESUG IV) Das Marktgeschehen V) Der professionelle Insolvenzverwalter VI) Professionelle Insolvenzverwaltung in Zeiten des ESUG VII) Ausblick
3 3 I. Einleitung Alles fließt, so auch die Entwicklung auf dem Insolvenzmarkt: Mit Einführung des ESUG zum setzte sich die Veränderung des Verwaltermarktes verstärkt fort. Nachfolgende Ausführungen beleuchten nach einem Rückblick in die Vergangenheit die Veränderungen aufgrund der aktuellen Situation sowie der Gesetzesänderungen und zeigen sodann Möglichkeiten auf, wie sich professionell agierende Insolvenzverwalter auf diese Veränderungen einstellen könnten. Schließlich gebe ich einen Ausblick auf mögliche Entwicklungen des Insolvenzmarktes.
4 4 I. Leitbild Insolvenzverwalter 2005: Ein erfolgreicher Insolvenzverwalter für Unternehmensinsolvenzverfahren mit bis zu 500 Mitarbeitern ist bei einem oder mehreren Insolvenzgerichten regional tätig. Er erhält von seinen Gerichten regelmäßig Aufträge und die Zusammenarbeit mit Richtern & Rechtspflegern funktioniert reibungslos. Die Sicherungsgläubiger und Kreditversicherer sind mit seiner Arbeit zufrieden. Gegebenenfalls wird er auch von Schuldnern oder Schuldnervertretern hin und wieder vorgeschlagen.
5 5 I. Leitbild Insolvenzverwalter 2015: Ein erfolgreicher Insolvenzverwalter arbeitet in Netzwerken. Neben einer professionellen und qualitativ hochwertigen Arbeit für die Insolvenzgerichte pflegt er auch Kontakte zu Gläubigerund Schuldnerberatern. Er platziert sich und sein Verwalternetzwerk bei professionellen Gläubigern, insbesondere Banken und Kreditversicherern. Er akquiriert in Krisensituationen bereits im Vorfeld der Insolvenz.
6 6 II. Die Verwaltermacher vor dem ESUG/2005: Die Insolvenzrichter Im Wesentlichen bestimmen die Insolvenzrichter, welcher für das Insolvenzgericht tätige Kollege einen Fall erhält Gläubiger oder Schuldnerberater versuchen die Vergabeentscheidung zu beeinflussen Reaktion Gericht: von geht gar nicht bis können wir so machen gelistete Verwalter bekommen abhängig von der Marktlage regelmäßig Aufträge von ihren Gerichten
7 7 III. Die Verwaltermacher in Zeiten des ESUG die Insolvenzrichter der Schuldner bei 270 b InsO (vorläufiger Sachwalter) der vorläufige Gläubigerausschuss 22 a,56 a InsO Vorschläge vom Schuldner oder Gläubiger (oder deren Beratern) gemäß 56 InsO zulässig, selbst wenn vor dem Eröffnungsantrag eine Beratung des vorgeschlagenen Kollegen in allgemeiner Form stattgefunden hat Im Unterschied zu 2005 haben der Schuldner und die Gläubiger oder deren Berater heute erheblichen Einfluss auf die Vergabeentscheidung des Gerichts, und zwar nicht nur in Eigenverwaltungsverfahren.
8 III. Die Verwaltermacher in Zeiten des ESUG Tendenzen: 8 Häufigere Einflussnahme auf gerichtliche Auswahlentscheidung Reaktion der Richter auf offene Vorschläge sehr offen / offen / verschlossen / manchmal geht gar nichts Konsequenzen: die Häufigkeit der gerichtlichen Bestellung geht zurück, weil die Vorauswahllisten stetig länger werden die Häufigkeit der Insolvenzverwalter-Bestellung hängt von den Vorschlägen ab und wie häufig diesen gerichtsseitig gefolgt wird je mehr Vorschläge, desto weniger gilt die reg. Vorauswahlliste erhöhtes Risiko einer Unterauslastung des Verwalterbüros
9 9 IV. Das Marktgeschehen Marktentwicklung von 2005 bis Quelle: Creditreform
10 IV. Das Marktgeschehen 2005: 2015: IN-Verfahren IN-Verfahren - Kapital-/Personengesellschaften - Kapital-/Personengesellschaften ca Insolvenzverwalter ca Insolvenzverwalter - Natürliche Personen - Natürliche Personen Insolvenzverwalter Insolvenzverwalter ca IK-Verfahren rund Treuhänder ca IK-Verfahren rund Treuhänder Folge: Deutlich weniger IN-Verfahren für deutlich mehr Verwalter Quelle: Insolvenzbarometer
11 11 IV. Das Marktgeschehen Welche Rolle spielt die echte Eigenverwaltung wirklich? 2015 zeigt die neue Studie der Boston Consulting Group: dass Eigenverwaltungen im Verhältnis zu gesamten Insolvenzen mit 2,7% Anteil weiterhin wenig sind, aber in der Summe zunehmen, der Anteil gescheiterter Eigenverwaltungen kontinuierlich ansteigt, aber auch, dass erfolgreiche Eigenverwaltungen gute Cashquoten von rund 11% erreichen und sich neue Chancen für Gesellschafter eröffnen, wobei nur in der Hälfte der Fälle ein Eingriff in die Gesellschafterstellung erfolgte Quelle:
12 12 IV. Das Marktgeschehen Welche Rolle spielt die echte Eigenverwaltung wirklich? Studienergebnisse der BCG für 36 Monaten ESUG: auch insgesamt steigt Zahl der Eigenverwaltungen seit 2014 wieder an Schutzschirmverfahren machen dabei rund ¼ der Verfahren aus Quelle:
13 13 IV. Das Marktgeschehen Veränderungen des Marktgeschehens durch das ESUG: Von rund Verwaltern in Deutschland haben bislang lediglich rund 270 Verwalter ESUG-Verfahren betreut: 2014: Top 10 der Sachwalter Top 10 der Sachwalter - Kanzleien Quelle: indat-report, Gesamtjahresstatistik 2014
14 14 IV. Das Marktgeschehen Zusammenfassung der Marktsituation heute: mehr Insolvenzverwalter sind am Markt tätig Nach Rückgang Unternehmensinsolvenzen 2014 im Februar/März 2015 leichte Kompensation, im April 2015 Verfahrensrückgang zum Vorjahr um -12,5% Große Verfahren gehen an eher größere Kanzleien Bei Regelinsolvenzen sehr häufig Vorschläge für bestimmte Verwalter, die zunehmend gut begründet sind Die lukrative Verfahren liegen mit 25-30% bei den Eigenverwaltungen ( 270 a/270 b InsO) Von 152 Sachwaltungen 2014: 63 Verfahren an die Top 10-Sachwalter, 85 Verfahren an die Top-SW-Kanzleien
15 15 V. Der Professionelle Insolvenzverwalter Wie positioniert sich der professionelle Insolvenzverwalter aufgrund der aktuellen Marktsituation? Ausgangslage: Änderung: Wenig Verfahren und veränderte Marktsituation Hat das Verwalterbüro Marktanpassungsbedarf? IST-Analyse wirtschaftlich: Der Markt ist wie er ist, d. h. die Kostenstruktur ist so schnell wie möglich an nachhaltig erzielbare Umsätze anzupassen. Der Verwalter, der dies unterlässt, könnte aufgrund der veränderten Marktsituation in nachhaltige wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten. IST-Analyse marktseitig: Ist das Verwalterbüro so aufgestellt, dass es in der veränderten Marktsituation langfristig bestehen kann?
16 16 V. Der Professionelle Insolvenzverwalter Produkte: I. Produkte herkömmlicher Art 1. IK-Verfahren, 4a-IN-Verfahren 2. Regelinsolvenzverfahren (natürlicher Personen) 3. Unternehmensinsolvenzverfahren II. ESUG-Produkte 1. Bescheinigung gemäß 270 b Abs. 1 Satz 3 InsO 2. Übernahme der Funktion des (vorläufigen) Sachwalters 3. Fähigkeit, Insolvenzpläne zu erstellen und/oder zu begleiten 4. Planüberwachung Ist das Verwalterbüro auf die Übernahme und Erfüllung der vorstehenden neuen Aufgaben ausgerichtet?
17 17 VI. Professionelle Insolvenzverwaltung in Zeiten des ESUG Denkbare Maßnahmen: Internetauftritt Pressearbeit regelmäßige Kontaktpflege zu professionellen Gläubigern allgemeines Marketingkonzept Kontaktpflege zu Gläubiger- und Schuldnerberatern Markenbildung/Reputationsmarketing Zusammenschluss zu größeren wahrnehmbaren Einheiten Profilierung mit Spezial-Know-How, z. B. branchenspezifisch oder Auslandsbezug Mitarbeit in Verbänden, Mitgliedschaften, Organisationen Veröffentlichungen
18 18 VI. Professionelle Insolvenzverwaltung in Zeiten des ESUG Zwischenergebnis Es ist nicht mehr ausreichend, ausschließlich bei Gerichten präsent zu sein und sich zu positionieren. Vielmehr erfordert eine professionelle Insolvenzverwaltung der Gegenwart die Schaffung eines Marktzuganges durch nachhaltiges Marketing und die Schaffung und Pflege von Netzwerken. Auch die Überwachung der Kostenstruktur ist notwendig und die Frage, ob Teilbereiche unter Umständen outgesourct werden sollen oder entgegengesetzt ein weiteres Wachstum für weitere Beauftragungen nötig ist.
19 VI. Professionelle Insolvenzverwaltung in Zeiten des ESUG Die neu Verwalterszene/Tendenzen Die Verwalterprofile 19 Exkurs: Juristische Personen als Verwalter? Vorstoß der Befürworter mit Verfassungsbeschwerde (1 BVR 3102/13) Entscheidung offen, einschlägig Verbände/Kammern haben Stellungnahme an das anfragende BVerfG übersandt EU-Dienstleistungs-Richtlinie (RL 2006/123/EG v ) legt Dienstleistungsfreiheit auch für juristische Personen fest der Gesetzgeber hat Richtlinie zur Dienstleistungsfreiheit EU-konform umzusetzen
20 20 VI. Professionelle Insolvenzverwaltung in Zeiten des ESUG Die Verwalterprofile - der Nur -Verwalter starke Verwaltereinheit, die ausschließlich Insolvenzverwalter- und Sachwaltertätigkeiten ausübt/keine Beratungstätigkeit - die Auch -Verwalter starke Verwaltereinheit: neben regulärer Insolvenzverwaltung auch Betreuung von ESUG-Verfahren als Schuldnerberater oder Sachwalter sowie allgemeine Insolvenzberatung - die Berater und Manchmal -Verwalter Fullservice-Kanzleien mit angeschlossener Insolvenzabteilung - die nur Sachwalter und Vorschlags -Verwalter Verwaltereinheit, konzentriert auf große Regelinsolvenz- und ESUG-Verfahren/keine gerichtlichen Kleinaufträge mehr
21 VI. Professionelle Insolvenzverwaltung in Zeiten des ESUG 21 Die neu Verwalterszene/Tendenzen These: Regional unterschiedlich werden auch künftig Nur -Verwalter insbesondere in den Ballungszentren mit ausreichend Auftragspotenzial anzutreffen sein. Aufgrund der veränderten Bestellungspraxis werden in strukturschwächeren Regionen die Nur -Verwalter weniger werden oder sie arbeiten mit einer Kostenstruktur, die sich im Bereich der mittleren und kleineren Verfahren bewegen kann.
22 VI. Professionelle Insolvenzverwaltung in Zeiten des ESUG 22 These: Verändertes Marktgeschehen führt zu verändertem Verwalterbild Verwalter muss sich in mehreren Rollen zurechtfinden: vorläufiger Verwalter Regelinsolvenzverwalter vorläufiger Sachwalter Sachwalter Insolvenzplanersteller Planüberwacher Um den Marktzugang zu erhalten, muss der Verwalter eine moderatere Position einnehmen, ohne dabei in ESUG-Verfahren seine Überwachungsfunktion in Frage zu stellen oder in Regelinsolvenzverfahren Partikularinteressen nachzugeben. Der Verwalter (Sachwalter) muss gegenüber dem Gericht und dem Schuldner jederzeit seine Unabhängigkeit unter Beweis stellen können.
23 23 VI. Professionelle Insolvenzverwaltung in Zeiten des ESUG Ausblick: Die Veränderung der Insolvenzkultur hält an Zunehmender Einfluss der Beraterszene, da sich die Schuldner zunehmend um einen früheren Sanierungsansatz bemühen und auch vermehrt die Gläubiger den Insolvenzplan als Alternative zur außergerichtlichen Sanierung als Plan B in Betracht ziehen. Längerfristige Tätigkeit nur für die Verwalter, die Eigenverwaltungen wie reguläre Insolvenzverwaltungen professionell begleiten bzw. durchführen und über die erforderliche Kompetenz (z.b. Insolvenzplanerstellung) verfügen. Lukrative EUSG-Verfahren und Unternehmensinsolvenzen werden aufgrund natürlicher Netzwerkbeziehungen zunehmend an größere Einheiten vergeben. Mit der Zulassung juristischer Personen auf dem Verwaltermarkt wird sich die damit einhergehende Marktkonzentration bzw. Marktaufteilung verstärken. Auch die reguläre, eher gerichtsbestimmte Insolvenzverwalterszene kann erfolgreich fortbestehen, wenn sie mit einer entsprechenden Kostenstruktur arbeitet,- eher auch im Bereich der mittleren und kleineren Verfahren.
24 24 Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Kontaktdaten: BBL Bernsau Brockdorff Insolvenz- und Zwangsverwalter GbR BBL Bernsau Brockdorff & Partner RA Christian Graf Brockdorff LL.M. Weitere Standorte u.a. in: Friedrich-Ebert-Straße Potsdam Berlin Tel: Chemnitz Fax: Dresden Düsseldorf Frankfurt a.m. Hamburg München
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