Texte zur Dorfgeschichte von Untervaz

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1 Untervazer Burgenverein Untervaz Texte zur Dorfgeschichte von Untervaz 2016 Wie Haldenstein eine Freiherrschaft wurde Weitere Texte zur Dorfgeschichte sind im Internet unter erhältlich. Beilagen der Jahresberichte Anno Domini unter

2 Wie Haldenstein eine Freiherrschaft wurde Silvio Hosang Auszug aus: Hosang Silvio: Sagenhaftes Grischun I, Seite

3 S. 234: - 3 -

4 - 4 - S. 236: Wie aus Haldenstein eine Freiherrschaft wurde > Oberhalb Haldenstein: Burg Haldenstein Ende des 11. Jahrhunderts tauchte in Unterstein, das am linken Rheinufer gegenüber von Chur lag, ein rothaariger Ritter auf welcher einen Vollbart hatte und einen festen Blick. Von überall kamen die Leute auf den Dorfplatz den fremden Ritter zu sehen, da dieser ein grosser, stattlicher Mann war. Er erklärte den versammelten Dorfbewohnern, dass sie fortan ihm zehntenpflichtig seien und nicht mehr dem Bistum Chur wie bis anhin. Er strahlte so eine Autorität aus, dass sich keiner getraute zu fragen, was ihn dazu berechtige. "Als Erstes verlange ich von euch, dass ihr mir auf dem grossen Stein, welcher über dem Dorf thront, eine Burg baut. Bis es soweit ist, werde ich abwechslungsweise bei jedem von euch wohnen, denn ich will euch als meine Untertanen besser kennenlernen." Da es Winter war und äusserst kalt, hörte man bereits die Wölfe heulen, welche beim Einnachten um das Dorf schlichen. Die hungrigen Wölfe vom Calanda schreckten auch nicht davor zurück, im Rudel Menschen anzugreifen. Der rothaarige Ritter sah, dass den Leuten die pure Angst im Gesicht anzusehen war. Geht nach Haus, schliesst die Stallungen, Fenster und Türen und lasst die Wölfe meine Sache sein. Nur der schliesst seine Türe auf bei dem ich dreimal klopfe, denn dann ist das Problem mit den Wölfen für alle Zeiten gelöst. Fast ungläubig sahen sie ihn an, wie er sich über seinen roten Bart strich und ihnen mit der anderen Hand bedeutete jetzt zu verschwinden. Alle waren froh, dass sie sich nicht mit ihm diesem Wolfsrudel stellen mussten. Kaum dass die letzten in ihren Häusern verschwanden, hörten sie, wie das Wolfsgeheul immer näherkam. Von allen Gassen kamen die Wölfe auf den Dorfplatz direkt auf den roten Ritter zu. Der Ritter, der zuerst sein Pferd in Sicherheit brachte, zog auch seine Ritterrüstung aus, damit er beweglicher war im Kampf. Er verzichtete auch auf einen Wams. Mit nacktem Oberkörper und nur mit seinem Zweihänder ging er unerschrocken auf das Wolfsrudel los. Der Rothaarige richtete ein Blutbad unter den Wölfen an, kreuz und quer blieben diese tot auf dem Platz liegen.

5 - 5 - Nur zwei Jungtiere, welche auch mittun wollten, schonte er. Diese bekamen von ihm nur je einen Schlag auf den Nasenrücken, dass sie vor Schmerz aufheulten. Die zwei etwa einjährigen Tiere packte er am Genick und nahm sie mit zu seinem ersten Gastwirt. Als er wie angekündigt mit dem Stiefel dreimal an die Türe klopfte und ihm der Bauer diese öffnete, traf diesen fast der Schlag Der rote Ritter war von oben bis unten blutüberströmt, aber nicht mit seinem Blut, sondern mit dem der erschlagenen Wölfe. S. 237: Als der Bauer die zwei Wölfe sah, welche der Ritter je in einer Hand hielt, wollte er gleich die Türe zuschlagen. Doch der Ritter hatte seinen Stiefel dazwischen und sagte dem Bauern, dass von diesen zwei Wölfen, obwohl sie schon gros keine Gefahr mehr ausgeht. Er würde diese domestizieren. Der Bauer möge diesen zwei hungrigen Tieren etwas zum Fressen geben. Schlafen würden diese mit ihm in seiner Kammer. Seine Frau und die grossen Töchter sollten so gut sein und ihm das Wolfsblut vom Leibe sowie von seiner Beinkleidung waschen. Die Frauen ereiferten sich, den stattlichen Mann zu waschen und trocken zu reiben. Sie konnten es fast nicht glauben, dass er keinen einzigen Biss abbekommen hatte. Anschliessend servierte die Bäuerin für den Ritter Kartoffeln mit einem Dutzend Spiegeleier. Der Bauer befahl seiner Tochter die Kammer für den edlen Ritter vorzubereiten und ihm das Bett anzuwärmen. Die Gesellschaft der Tochter wusste der rote Ritter zu schätzen. Aus Angst vor den zwei Wölfen schmiegte sich diese ganz fest an ihn. So fest, dass sie bald anfing wie ein Wölflein in seinen Armen zu heulen. Als am darauffolgenden Tag die Bewohner von Unterstein die zwei Dutzend toten Wölfe sahen, war ihnen klar, dass diesem Mann widerstandslos zu gehorchen war. Am selben Tag fingen sie noch mit dem Bau des von ihm gewünschten Wohnturms auf dem riesigen Stein oberhalb vom Dorf an. Das Dorf Unterstein taufte der neue Gebieter auf Haldenstein um, und er nannte sich Ritter Wolfgang von und zu Haldenstein. Zu dieser Zeit gab es viele marodierende Landsknechte, welche in kleinen Gruppen Dörfer terrorisierten. Die Bauern von Haldenstein mussten sich mit diesen nicht mehr auseinandersetzen, dies erledigte der Ritter Rotbart, wie sie ihn verehrend nannten, im Alleingang.

6 - 6 - Er nahm es mit einem Dutzend Haudegen auf und drosch unerschrocken auf alle Angreifer mit einem Morgenstern ein. Auch den ruchlosen bischöflichen Vogt auf der Burg Lichtenstein brachte er für immer zum Schweigen, indem er diesen über die Felswand warf. Als der Zehnte in Chur auf dem Bischofssitz ausblieb, sandte der Bischof einen Emissär nach Unterstein. Er wollte wissen, was mit seinem Vogt auf der Burg Lichtenstein los ist. Den Abgesandten des Bischofs empfing der Ritter von Haldenstein sehr freundlich und erklärte ihm, dass Unterstein nicht mehr existiere und er jetzt das alleinige Sagen über Haldenstein habe. Der bischöfliche Gesandte war so von der Persönlichkeit des Ritters, von dem er noch nie etwas gehört hatte, beeindruckt, dass er sich bei diesem für seine Störung entschuldigte. Gleichzeitig hatte dieser ihn zu einem Besuch beim Bischof in Chur eingeladen, da er glaubte, nur dieser könne auf Augenhöhe mit diesem Ritter, welcher von den Untertanen geliebt wurde, diskutieren. Der Ritter von und zu Haldenstein nahm die Einladung herzlich dankend an. Schon eine Woche später machte er dem Bischof seine Aufwartung. Zur Begrüssung streckte der Bischof dem Ritter von und zu S. 238: Haldenstein die Hand zum Kuss entgegen, das Gleiche tat auch der selbstbewusste Ritter. Aus für den Bischof unerklärlichen Gründen beugte er sein gesalbtes Haupt und küsste den Handrücken des Ritters. Im gleichen Stil verlief auch die Unterredung zwischen den beiden. Der Bischof fühlte sich diesem Mann gegenüber unterlegen. Der Ritter Wolfgang sagte dem Bischof, dass sein Vogt auf Lichtenstein sein Leben lassen musste, da dieser mehr als den üblichen Zehnten aus den Bauern herauspresste und die Bevölkerung weder vor Söldnern noch vor dem Wolfsrudel geschützt hatte. Als neuer Nachbar wünsche er sich ein gutes Einvernehmen mit dem Bistum Chur. Bei seiner Verabschiedung hielt er dem Bischof noch einmal seine Hand zum Küssen hin, und dieser tat es wie aus einem inneren Zwang. Er verabschiedete den Ritter mit dem Titel "Hochwohlgeborener Freiherr von Haldenstein", und dies alles vor den Domherren. Hinterher ärgerte sich der Bischof grün und blau, dass er so gehandelt und gesprochen hatte. Der Bischof hätte am liebsten alles rückgängig gemacht. Doch er wusste nicht, ob er eines schönen Tages nicht auf diesen Ritter angewiesen sein würde.

7 - 7 - Denn weit und breit gab es keinen Ritter mit so einer Autorität, welcher Chur einmal bei einem Angriff als Feldherr verteidigen könnte. Der Bischof war sich sicher, dass alle anderen adeligen Ritter aus dem Rheintal sich von diesem charismatischen Freiherrn anführen lassen würden. Ansonsten würde wohl ihre letzte Stunde schlagen. So hatte es wohl seine Richtigkeit, dass er standesmässig als Freiherr über ihnen im Adel eingeordnet sein sollte. Haldenstein und Batänjen waren fortan ein geschlossenes Gebiet der Freiherren von Haldenstein. Der Bischof folgte anscheinend einer göttlichen Eingebung, denn die Haldensteiner wurden zu ihrem besten Schutzschild gegen nördliche Angreifer. Haldenstein war von da an bis 1802 ein kleines Fürstentum. Die jetzigen Wölfe am Calanda scheinen Reinkarnationen der Tiere zu sein, die damals niedergemetzelt wurden. S. 239: > Diese Geschichte erzählte uns der Lehrer Klotz in der Schule in Chur. > Haldenstein ist mit drei Bauten eine der burgenreichsten Gemeinden Graubündens: Lichtenstein (12. Jh.), Haldenstein (Mitte 12. Jh.) und die Höhlenburg Grottenstein (unbestimmt) sind Streitigkeiten zwischen dem Freiherrn Johann von Vaz und dem Bistum Chur wegen unerlaubten Ausbaus der Burganlage bezeugt. > Anekdote: Die Zeichen "SVB : VMBRA : ALARUM : TVARVM : DNE" haben nichts mit Alarm zu tun, hingegen mit Geldgeschäften. Im Schloss Haldenstein wurden nämlich während 150 Jahren Münzen geprägt. Neben weiteren herrschaftlichen Privilegien hatten die Schlossherren im 17. Jh. auch das Münzrecht inne. Ein auf dem Schlossareal gefundener Abschlag eines Münzstempels des Thomas von Schauenstein zeigt eine Prägung auf Birkenbast. So unscheinbar und dünn das kleine Blättchen von 37x37mm, so rar ist solch ein Fund. Die Zeichen heissen also "Im Schatten Deiner Flügel Herr" und beziehen sich auf den Wappenadler wie auch auf den Allmächtigen. Siehe: (Rahel Ackermann, in: Schweizer Münzfunde, Juni 2010/Heft 238) > Tipp: Besichtigung von Schloss Haldenstein. Die Sommerfestspiele in der Schlossanlage sind ein kulturelles Highlight in der Region. Ebenfalls findet das Gartenfestival hier statt. > Links: Wir danken dem Verfasser bestens für die freundliche Wiedergabebewilligung. Internet-Bearbeitung: K. J. Version 02/