Schnittstelle Brandschutz/Explosionsschutz. Welche Bedeutung hat der Explosionsschutz für die Feuerwehren?
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- Ruth Franke
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1 Hans Hölemann Schnittstelle Brandschutz/Explosionsschutz Welche Bedeutung hat der Explosionsschutz für die Feuerwehren? 1
2 Einleitung Historische Aspekte Brandschutz: 1760 v.chr. Gesetzbuch des babylonischen b Königs Hammurabi auf Keilschrifttafeln: Abschottung von Gebäudetrennwänden zur brandschutztechnischen Abtrennung zwischen Gebäuden 2
3 Explosionsschutz im Steinkohlebergbau: Entwicklung von Grubenlampen; Halten von Kanarienvögeln zur Warnung vor gefährlichen Methanansammlungen; Gründung der Bergbauversuchstrecke 1894, Leiter: Carl Beyling, Um 1900 fand ca. jeden 3.Tag im Ruhrbergbau eine Explosion statt. Ähnliche Institution in Freiberg (Sachsen). 3
4 Erste gut dokumentierte Staubexplosion 1785 im Mehllager einer Bäckerei in Turin, potentielles Szenario (nach R. Eckhoff) 4
5 Begriffsbestimmungen Nicht genormte Formulierung: Ein Brand ist eine nichtbestimmungsgemäße Verbrennung, die unkontrolliert entstehen und sich unkontrolliert ausbreiten kann und in der Regel zu Schäden führt. Versicherungsrecht (nach AFB 87): Brand ist ein Feuer, das ohne einen bestimmungsgemäßen Herd entstanden ist oder ihn verlassen hat und das sich aus eigener Kraft auszubreiten vermag. 5
6 Die Versicherung erstreckt sich nicht auf a) Brandschäden, die an den versicherten Sachen dadurch entstehen, dass sie einem Nutzfeuer oder der Wärme zur Bearbeitung oder zu sonstigen Zwecken ausgesetzt werden 1 ); dies gilt auch für Sachen, in denen oder durch die Nutzfeuer oder Wärme erzeugt, vermittelt oder weitergeleitet wird; b) Sengschäden, außer wenn diese dadurch verursacht wurden, dass sich eine versicherte Gefahr gemäß Nr. 1 verwirklicht hat 2 ). 1 ) sog. Betriebsschäden 2 ) Versicherte Gefahren sind Brand, Blitzschlag, Explosion usw. 6
7 Zündenergie Luft (bzw. Sauerstoff) brennbarer Stoff Zündung Verbrennung selbstständige und unkontrollierte Ausbreitung der Verbrennung bei weiterer Stoffzufuhr (brennbarer Stoff, Sauerstoff) BRAND 7
8 BRAND Brandrückstände Wärme Rauch Personenschäden Sachschäden Umweltschäden 8
9 Explosion Allgemeine Definition (nach Strehlow und Baker, verändert): Bei einer Explosion in der Atmosphäre wird soviel Energie in einer so geringen Zeit in einem ausreichend kleinen Volumen freigesetzt, dass sich eine Druckwelle mit endlicher Amplitude von der Energiequelle ausbreitet. Die Energiefreisetzung muss so schnell und konzentriert erfolgen, dass man einen Knall hören kann. Die Energie kann vor der Explosion in verschiedener Form gespeichert sein, z.b. als nukleare, chemische oder elektrische Energie oder als Druckenergie. 9
10 Der Begriff der Explosion wird auf sehr unterschiedliche Vorgänge angewendet: Raumexplosion (auch allgemein als Explosion bezeichnet); Sprengexplosion; Explosion in der Natur (z.b. Vulkan); Dampfexplosion; Handhabung von Waffen; Druckbehälterzerknall; Technische Explosion, Schadensexplosion. 10
11 Explosion (Raumexplosion) nach dem für den klassischen Explosionsschutz herrschendem Verständnis: Eine Explosion o ist eine e unter Wärmeentwicklung und Drucksteigerung sich selbständig ausbreitende chemische Reaktion in explosionsfähigen Gemischen bzw. explosionsfähiger Atmosphäre oder eines zum exothermen Zerfall fähigen Gases im Gasraum. Ein explosionsfähiges o s Gemisch ist ein Gemisch von Gasen, Dämpfen, Nebeln oder Stäuben mit gasförmigen Oxidationsmitteln. Oxidationsmittel ist meist Sauerstoff der Luft; es können aber auch andere Oxidationsmittel sein, z.b. Cl 2 oder NO 2. Explosionsfähige Atmosphäre ist ein explosionsfähiges Gemisch mit Luft innerhalb der Explosionsgrenzen o sg e unter atmosphärischen sc Bedingungen (annähernd Normaldruck, normale Umgebungstemperaturen). 11
12 Wirksame Zündquelle Brennbarer Stoff in feiner Verteilung (Gas, Dampf, Nebel, Staub) Luft, Sauerstoff, anderes oxidierendes Gas Gemisch mit ausreichendem Dispersionsgrad innerhalb der Explosionsgrenzen gefährliche Menge; gefährlicher Zustand Zündenergie explosionsfähiges Gemisch Zündung selbstständige Ausbreitung ohne weitere Stoffzufuhr Raumexplosion (Explosion) 12
13 Raumexplosion (Explosion) Druckwellen Wärme Explosionsabgase, Schwaden evtl. nachfolgen- Sachschäden, Personen- der Brand mechanische Zerstörungen schäden 13
14 Brandschutz Vorbeugender Brandschutz Abwehrender Brandschutz Baulicher Brandschutz Anlagentechnischer Brandschutz Betrieblicher Brandschutz Anforderungen an Baustoffe (Baustoffklassen) und Bauteile (Feuerwiderstandsklassen); Flucht- und Rettungswege; Angriffswege für die Feuerwehr; Aufteilung von Gebäuden in Brandabschnitte durch Brandwände oder Komplextrennwände Ortsfeste Löschwasserversorgung; Ortsfeste Brandmeldeanlagen und stationäre automatische ti Feuerlöschanlagen (Sprinkleranlagen); Rauch- und Wärme- abzugsanlagen (RWA); Ersatzstromversorgung; Feuerwehraufzüge Brandschutzorganisation; betriebliche und überbetriebliche Alarmpläne, Flucht- und Rettungs- pläne; Einsatzpläne für die Feuerwehr; Anbringen von Feuer- löschern; Brandschau; Durchführung von Übungen Aufstellung, Ausrüstung und Unterhaltung von Feuerwehren (Berufsfeuerwehr, Freiwillige Feuerwehr, Werkfeuerwehr, Betriebsfeuerwehr); unmittelbare Maßnahmen zur Rettung von Menschen und Tieren bei Bränden; Bekämpfen und Löschen von Bränden 14
15 Maßnahmen des Explosionsschutzes 1. Maßnahmen die die Bildung gefährlicher explosionsfähiger Atmosphäre verhindern oder einschränken (z.b. Ersatz brennbarer Stoffe durch nichtbrennbare, Inertisierung, Konzentrationsüberwachung); 2. Maßnahmen, die die Entzündung gefährlicher explosionsfähiger Atmosphäre verhindern (Vermeidung von Zündquellen, Verwendung von sog. explosionsgeschützten elektrischen Betriebsmitteln), 3. Maßnahmen, die die Auswirkungen einer Explosion auf ein unbedenkliches Maß begrenzen (Auslegung von Behältern bzw. Apparaten auf den maximalen Explosionsdruck oder Explosionsstoßdruck, Verwendung von Explosionsdruckentlastungen, Explosionsunterdrückungsanlagen) 15
16 Explosionsschutz Vorbeugender Explosionsschutz Konstruktiver Explosionsschutz Primärer Explosionsschutz (Sekundärer Explosionsschutz) Maßnahmen, die die Bildung gefährlicher explosionsfähiger Atmosphäre verhindern oder einschränken a) innerhalb von Apparaturen 1. Ersatz brennbarer Stoffe 2. Verwendung brennbarer Flüssigkeiten mit höherem Flammpunkt 3I 3. Inertisierung tii b) außerhalb von Apparaturen 4. ausreichende Lüftung 5. Einsatz von Gaswarngeräten Maßnahmen, die die Entzündung gefährlicher explosionsfähiger Atmosphäre verhindern Vermeidung von Zündquellen je nach der Wahrscheinlichkeit des Auftretens gefährlicher, explosionsfähiger Atmosphäre; Einteilung explosiongefährdeter Bereiche in Zonen 0, 1 und 2 bei Gasen, Dämpfen, Nebeln bzw. 20, 21 und 22 bei Stäuben Maßnahmen, die die Auswirkungen einer Explosion auf ein unbedenkliches Maß beschränken 1. Explosionsdruckfeste bzw. - -druckfeste Bauweise 2. Explosionsdruckentlastung 3. Explosionsunterdrückung/ Explosionslöschung 4. Explosionstechnische Entkopplung: Flammensperren, Schnellschlußarmaturen 16
17 400 UEG OEG Tempera atur [ C] 300 Explosionsbereich H 2 -Gehalt [Vol %.] Einfluss der Temperatur auf die Explosionsgrenzen von Wasserstoff (nach White) 17
18 u s s f l l i n E Einfluss der Temperatur auf die Explosionsgrenzen von Methan (nach Kwiatkowski) 18
19 Bedeutung des Explosionsschutzes für die Feuerwehren (im Brandfall) Anmerkung: hier ist ausdrücklich der klassische Explosionsschutz gemeint, der einerseits it durch den Begriff, andererseits durch den gesetzlichen Rahmen festgelegt ist. 1. Der Begriff explosionsfähige Atmosphäre gilt im Brandfall nicht, bzw. ist nicht anwendbar, weil von erhöhten Temperaturen auszugehen ist; 2. Brandflammen und Brandglut sind Zündquellen per se. Die Vermeidung von Zündquellen scheidet als Maßnahme aus; 3. Einschlägige Geräte und Apparate werden zwar auf sicherheitstechnische Funktion, nicht aber auf Feuerwiderstandsfähigkeit geprüft. Damit sind die Maßnahmen des Explosionsschutzes auf den Brandfall nicht anwendbar! 19
20 Bedeutung des Explosionsschutzes für die Feuerwehren (bei technischer Hilfeleistung) Hier hängt es vom Ausmaß der mechanischen h Schäden ab, inwieweit die Maßnahmen des Explosionsschutzes noch wirksam sind. Dies ist im Einzelfall zu prüfen. Vermeidung von Zündquellen ist meistens nicht mehr zu garantieren; Konstruktiver Explosionsschutz ist durch mechanische Schäden oft unwirksam. 20
21 Klassischer Explosionsschutz hat für öffentliche Feuerwehren nur eine untergeordneter Bedeutung. Führungskräften und mit Sonderaufgaben beauftragten t Kräften sollte das Konzept des Explosionsschutzes bekannt sein, z.b. für Brandschauen. Werkfeuerwehren dagegen müssen mit allen im Betrieb installierten Einrichtungen für den Explosionsschutz vertraut sein. 21
22 Eine Feuerwehr muss bei einem Brand oder bei erforderlicher technischer Hilfeleistung in Betrieben, in denen Maßnahmen des Explosionsschutzes erforderlich sind bzw. durchgeführt werden: 1. akute Explosionsgefahr berücksichtigen, weil die Maßnahmen i.d.r. versagen können; 2. über alle potentielle Gefahrenquellen konkret und detailliert informiert werden. In diesem Zusammenhang haben gute Feuerwehrpläne eine große Bedeutung; 3. einen Ansprechpartner im im Betrieb (Brand- bzw. Explosionsschutzbeauftragter) haben, der eine öffentliche Feuerwehr entsprechend einweisen kann, falls keine Werkfeuerwehr vorhanden ist; 4. weitere Explosionsgefahren berücksichtigen, die im Normalfall durch Maßnahmen des Explosionsschutzes nicht abgedeckt sind (Beispiele: Einrichtungen der öffentlichen Gasversorgung; g; Schwelgas/Luft-Gemische, die evtl. explosionsfähig sein können; siehe auch andere Explosionstypen). 22
23 Gaszähler müssen brandschutztechnische Anforderungen erfüllen. Feuerwiderstandsdauer beträgt i.a. 30 min (Kennzeichen t ). Für andere Gasarmaturen gilt dies nicht. 23
24 Es kann Betriebe geben, denen die in ihnen herrschende Explosionsgefahr durch brennbare Stäube nicht bewusst ist. Beispiel: Eigene Untersuchungen einer Großdruckerei (Bildung von Papierstaub durch Abrieb) Entsprechende Beispiele sind in der Holzindustrie, aber auch im Holzhandel (!) möglich, wo Ware zugeschnitten wird. 24
25 Durch Maßnahmen der Feuerwehr dürfen im Übrigen keine Explosionsgefahren verursacht werden. Beispiele: Vermeidung des Aufwirbelns von Staubwolken beim Löschen; Vorsicht beim Bedienen und Verstellen von Gasarmaturen! 25
26 Gefährdungen für die Feuerwehr durch Explosionsauswirkungen Einstürzen von Gebäuden, Trümmer oder Splitterwurf, direkte mechanische Einwirkungen auf Personen durch Druckwellen. Probleme des bautechnischen Explosionsschutzes werden in einer Zweigstelle des Ernst-Mach-Instituts Freiburg in Efringen- Kirchen bearbeitet. 26
27 Zusammenfassung Bränden und Explosionen haben starke Beziehungen zueinander durch die Flammenphysik und chemie. Eine weitere Schnittstelle ergibt sich durch das Verhalten brennbarer Flüssigkeiten, die sowohl brennen als auch explosionsfähige Dampf/Luft-Gemische bilden können. Aber für die Beherrschung der spezifischen Gefährdungen haben sich im Brandschutz und Explosionsschutz sehr unterschiedliche Sicherheitsphilosophien entwickelt. 27
28 Der klassische Explosionsschutz bezieht sich nur auf Gefahren durch gefährliche explosionsfähige Atmosphäre. Feuerwehren müssen dagegen bei ihren Einsätzen eine Vielzahl weitere Explosionstypen berücksichtigen. Beim Brand ist darüber hinaus der Begriff explosionsfähige Atmosphäre wegen erhöhter Temperaturen nicht mehr anwendbar. 28
29 Für die Feuerwehr hat das System des Explosionsschutzes nur eine untergeordnete Bedeutung. Dagegen sind Maßnahmen zur Eigensicherung von äußerster Wichtigkeit. Die Feuerwehr darf durch ihre Tätigkeiten keine neuen Explosionsgefahren verursachen (falsche Löschtechnik) 29
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