1. Ist ihr die o. g. Umfrage bekannt und falls ja, wie bewertet sie die Ergebnisse?
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- Monika Böhme
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1 Landtag von Baden-Württemberg 15. Wahlperiode Drucksache 15 / Kleine Anfrage des Abg. Wilfried Klenk CDU und Antwort des Ministeriums für Kultus, Jugend und Sport Umfrage Sport und Gesundheit 2012 Kleine Anfrage Ich frage die Landesregierung: 1. Ist ihr die o. g. Umfrage bekannt und falls ja, wie bewertet sie die Ergebnisse? 2. Welches sind nach ihrer Ansicht die Gründe dafür, dass Menschen mit geringem Einkommen weniger Sport treiben? 3. Hält sie es in Anbetracht der Umfrageergebnisse für erforderlich, den Anreiz, Sport zu treiben, bei Geringverdienern zu verstärken? 4. Gibt es bereits Projekte oder Maßnahmen, durch die Menschen mit geringem Einkommen zu mehr sportlichem Engagement angehalten werden? 5. Wie bewertet sie es, dass viele Freizeitsportler ihre Gesundheit durch übertriebenen Ehrgeiz und die unsachgemäße Einnahme von Schmerzmitteln gefährden? 6. Sieht sie hier ebenfalls Aufklärungs- und Informationsbedarf und falls ja, wie will sie diesen decken? 7. Nimmt sie die Umfrageergebnisse zum Anlass, gegebenenfalls in Zusammenarbeit mit Vereinen, ein Konzept zu entwickeln, um die aufgezeigten Risiken und Ungleichgewichte zu beseitigen? Klenk CDU Eingegangen: / Ausgegeben: Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen Der Blaue Engel. 1
2 Begründung Das Meinungsinstitut Forsa hat im Auftrag der Techniker Krankenkasse vom 20. September bis 10. Oktober 2012 eine repräsentative Umfrage zum Thema Sport und Gesundheit durchgeführt. Die Ergebnisse haben gezeigt, dass Menschen mit geringem Einkommen weniger Sport treiben als Besserverdienende, obwohl Sport das Selbstvertrauen stärkt und einen wichtigen Integrationseffekt hat. Zudem hat die Umfrage gezeigt, dass viele Freizeitsportler ihre Gesundheit, aufgrund übertriebenen Ehrgeizes gefährden. Mit der Kleinen Anfrage soll abgefragt werden, wie die Landesregierung die Ergebnisse bewertet und welche Maßnahmen in diesem Zusammenhang geplant sind. Antwort*) Mit Schreiben vom 18. Januar 2013 Nr /198 beantwortet das Ministerium für Kultus, Jugend und Sport im Einvernehmen mit dem Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie, Frauen und Senioren und dem Landessportverband Baden-Württemberg die Kleine Anfrage wie folgt: Ich frage die Landesregierung: 1. Ist ihr die o. g. Umfrage bekannt und falls ja, wie bewertet sie die Ergebnisse? In der Forsa-Umfrage Sport und Gesundheit 2012 wurde unter anderem die Prävalenz von sportlicher Aktivität von Personen aus dem Bundesgebiet, aus Baden-Württemberg und dem Raum Stuttgart ermittelt. Unter dem Begriff Sport werden hier freizeitbezogene Bewegungsaktivitäten, alltags- und arbeitsweltbezogene Bewegungsaktivitäten sowie leistungsbezogene sportliche Aktivitäten zusammengefasst. Die Forsa-Umfrage im Auftrag der Techniker Krankenkasse (TK) umfasst somit ein breites Spektrum an körperlichen Aktivitäten (Bewegung). Der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) hat die Ergebnisse der Umfrage zur Kenntnis genommen, bestätigen diese doch bereits vorliegende Erkenntnisse vielfältiger wissenschaftlicher Studien. Das Ergebnis der Forsa-Umfrage, dass Menschen mit geringem Einkommen unterdurchschnittlich körperlich aktiv sind, entspricht nach Aussage des Landesgesundheitsamts Baden-Württemberg der aktuellen Forschungslage zu den Zusammenhängen von Bewegung und sozialer Benachteiligung. Erwachsene mit einem geringen Bildungsstatus, Menschen mit unterdurchschnittlichem Haushalts - einkommen und Angehörige einer ethnischen Minderheit sind in ihrer Freizeit im Durchschnitt weniger körperlich aktiv als Menschen mit einem höheren sozioökonomischen Status. Die Unterschiede zwischen den sozioökonomischen Gruppen scheinen nach Aussage des Landesgesundheitsamts im Bereich von freizeitbezogenen Bewegungsaktivitäten und Sport am deutlichsten ausgeprägt zu sein. 2. Welches sind nach ihrer Ansicht die Gründe dafür, dass Menschen mit geringem Einkommen weniger Sport treiben? Das körperliche Aktivitätsverhalten ist durch vielfältige Einflussfaktoren bedingt. Als generelle Einflussfaktoren werden persönliche, sozio-kulturelle und umweltbezogene Faktoren sowie gesellschaftlich-politische Rahmenbedingungen vermutet. Diese Einflussfaktoren beeinflussen wiederum den sozialen Gradienten von körperlichen Aktivitäten. *) Der Überschreitung der Drei-Wochen-Frist wurde zugestimmt. 2
3 Hinsichtlich persönlicher Faktoren werden Zeit- und Geldmangel thematisiert sowie mangelnde Freude an Bewegung oder geringes Vertrauen in die eigenen Möglichkeiten. Im Hinblick auf den Faktor Geldmangel gibt die Untersuchung an, dass nur 6 Prozent der Befragten sportliche Aktivitäten zu teuer finden und sie deshalb nicht ausüben. Ein weiterer Grund wird darin vermutet, dass gesundheitliche Einschränkungen, die körperliche Freizeitaktivitäten verhindern können, bei Menschen mit geringem Haushaltseinkommen häufiger auftreten als bei anderen Menschen. Diese Vermutung wird durch die Ergebnisse der Forsa-Umfrage, zumindest für Baden- Württemberg, gestützt. Sozio-kulturelle Faktoren sind z. B. gering empfundene soziale Unterstützung durch Freunde oder Familie, kulturelle Barrieren und fehlende Bewegungserfahrung. Zu umweltbezogenen Faktoren zählen das Vorhandensein und die Zugangsmöglichkeiten zu Sportanlagen und Bewegungsgelegenheiten im Wohnumfeld sowie deren subjektiv eingeschätzte Attraktivität und Sicherheit. Eine weitere Ursache liegt möglicherweise auch darin, dass Menschen mit einem hohen sozioökonomischen Status ihren beruflichen Alltag häufiger im Sitzen verbringen und deshalb körperliche Aktivität und Sport gezielt als Ausgleichsmöglichkeit begreifen. 3. Hält sie es in Anbetracht der Umfrageergebnisse für erforderlich, den Anreiz, Sport zu treiben, bei Geringverdienern zu verstärken? Anreize für körperliche Aktivität sollten für alle Bevölkerungsgruppen geschaffen werden. Wichtig dabei ist, dass auch sozial benachteiligte Menschen erreicht werden. Wissenschaftliche Erkenntnisse zur Bewegungsförderung mit sozial benachteiligten Menschen liegen vor. Wirksame Strategien zeichnen sich durch multidimensionale Interventionen aus, die persönliche, soziale und umweltbezogene Barrieren für Bewegung bei sozial benachteiligten Menschen systematisch beseitigen oder reduzieren. Diese Interventionen sollten soziallagensensibel und inklusiv gestaltet sein, d. h. unterschiedliche Geschlechter, Kulturen, Soziallagen und Behinderungen berücksichtigen sowie folgende Qualitätskriterien der Gesundheitsförderung beachten: Beteiligung und Empowerment der Zielgruppe/Bevölkerung Entwicklung eines integrierten Handlungskonzeptes Gestaltung der Lebenswelten (Setting-Ansatz) Bereitstellung niedrigschwelliger Angebote Einsatz von Multiplikatoren Nachhaltigkeit der Maßnahmen und Angebote. Als zentral gilt der Setting-Ansatz, der darauf abzielt, die gesamte Lebenswelt so umzugestalten, dass gesundheitsförderliche Erfahrungen und Möglichkeiten für alle Menschen niedrigschwellig in den Alltag integriert sind. Ein Setting ist ein sozial-räumliches System (z. B. Familie, Kindertageseinrichtung, Schule, Wohn - umfeld und Arbeitsplatz), in dem Menschen leben und sowohl gesundheitsförderlichen als auch riskanten Einflüssen und Wirkungen ausgesetzt sind. Settingbezogene Ansätze richten sich an alle in der Lebenswelt anzutreffenden Personengruppen, wodurch eine Stigmatisierung von sozial benachteiligten Menschen vermieden wird. Dem Setting-Ansatz kommt deshalb im Rahmen der Umsetzung der Gesundheitsstrategie Baden-Württemberg Gesundheit in allen Lebensbereichen eine besondere Bedeutung zu. Gesundheitsförderliche Maßnahmen sollten nicht nur auf individuelle Verhaltensweisen und die Förderung persönlicher Kompetenzen, sondern vor allem auf die Schaffung förderlicher Lebensverhältnisse (z. B. Beteiligungsmöglichkeiten und Bewegungsgelegenheiten) abzielen. 3
4 Positive Auswirkungen auf das Gesundheitsverhalten werden vor allem im Kindes- und Jugendalter erzielt. Bereits in der frühen Kindheit bilden und festigen sich Gewohnheiten beispielsweise in Bezug auf die körperliche Aktivität. Die Kindheit und die Lebenswelten der Kinder und Jugendlichen von Kindertagesstätten bis zu beruflichen Schulen sind somit zentrale Ansatzpunkte der Gesundheitsförderung. Dies lässt sich u. a. daran erkennen, dass die aktuell durchgeführte Bildungsplanreform auch unter dem Leitthema Prävention stattfindet. So sollen über den Bildungsplan Anknüpfungspunkte für erfolgreiche Prävention u. a. auch im Sinne der Förderung von Gesundheit bestimmt werden. Nähere Informationen zur Prävention an Schulen können der vom Kultusministerium herausgegebenen Broschüre stark.stärker.wir entnommen werden. Für Erwachsene spielt bei der Förderung des Bewegungsverhaltens das Setting Betrieb eine große Rolle. 4. Gibt es bereits Projekte oder Maßnahmen, durch die Menschen mit geringem Einkommen zu mehr sportlichem Engagement angehalten werden? Es gibt bereits vielfältige Projekte, Maßnahmen und Strategien, durch die auch Menschen mit geringem Einkommen zu mehr körperlicher und sportlicher Aktivität angehalten werden (vgl. Frage 3). Lebensweltenbezogene Bewegungsförderung mit sozial benachteiligten Menschen ist eine Querschnittsaufgabe, bei der viele verschiedene Sektoren, wie Gesundheit, Bildung, Soziales, Verkehrs- und Stadtplanung sowie Sportorganisationen zu beteiligen sind. Städte und Gemeinden eignen sich in hervorragender Weise, in Kooperationen der öffentlichen Verwaltung mit Erziehungs- und Bildungseinrichtungen, Betrieben, gemeinnützigen Organisationen etc., Maßnahmen der Bewegungsförderung in den Lebenswelten zusammen mit allen Bevölkerungsgruppen partizipativ zu planen und umzusetzen. Dadurch können Maßnahmen und Angebote der Gesundheitsförderung aufgebaut werden, die an die Lebenswelten und Bedürfnisse aller Bevölkerungsgruppen angepasst sind. An dieser Stelle setzt die Landesinitiative Gesund aufwachsen und leben in Baden-Württemberg (GalBW) des Ministe - riums für Arbeit und Sozialordnung, Familie, Frauen und Senioren und des Landesgesundheitsamtes Baden-Württemberg an. Die Landesinitiative ermöglicht unter anderem die Verbreitung bewährter Programme und Konzepte der Bewegungsförderung. Exemplarisch seien Der Laufende Schulbus für Kindertagesstätten und Schulen oder B.U.S. (Bewegung Unterhaltung Spaß) für die Zielgruppe der älteren Menschen genannt. Die über Sportvereine in Baden-Württemberg bieten seit Jahrzehnten flächendeckend und insbesondere sozialverträglich Sport- und Gesundheitsangebote, die auch Menschen mit geringem Einkommen eine Teilnahme ermöglichen. Durch geringe Mitgliedsbeiträge können in großem Umfang Anreize gesetzt werden. Die repräsentativen Ergebnisse des Sportentwicklungsberichts 2011/2012 (BiSp; Deutsche Sporthochschule Köln, DOSB) haben für Baden-Württemberg ergeben, dass die Sportvereine im Durchschnitt einen monatlichen Mitgliedsbeitrag für Kinder von 2,10 Euro, für Jugendliche von 2,50 Euro und für Erwachsene von 5 Euro verlangen. Zudem gewähren 75 Prozent aller Vereine Ermäßigungen für Familien, Rentner und Arbeitslose. Spezielle Angebote im Gesundheitsbereich, die durch die o. g. Ermäßigungen auch für Geringverdiener zugänglich sind, werden bereits von 33 Prozent der baden-württembergischen Sportvereine angeboten. Darüber hinaus bieten weitere 10 Prozent der Sportvereine im Lande besonders hochwertige, mit dem Qualitätssiegel Sport pro Gesundheit, ausgezeichnete Sportkurse an, die von Übungs - leiterinnen/übungsleitern mit Lizenzausbildung (II. Stufe) geleitet werden. 4
5 5. Wie bewertet sie es, dass viele Freizeitsportler ihre Gesundheit durch übertriebenen Ehrgeiz und die unsachgemäße Einnahme von Schmerzmitteln gefährden? Der Missbrauch von Schmerzmitteln, respektive von Arzneimitteln im Allgemeinen, ist kein sporttypisches, sondern ein gesamtgesellschaftliches Phänomen. Da eine Grenzziehung zwischen gesundem Ehrgeiz und übertriebenem Ehrgeiz sowohl im sportlichen als auch in anderen Bereichen schwierig ist, kann dies nur individuell betrachtet werden. 6. Sieht sie hier ebenfalls Aufklärungs- und Informationsbedarf und falls ja, wie will sie diesen decken? Der o. g. Problemstellung wird von Seiten der Sportorganisationen im Rahmen der Aus- und Fortbildung für Trainer und Übungsleiter Rechnung getragen. In allen Ausbildungsgängen gehören die Bedingungen und Grenzen des gesundheits - orientierten Sporttreibens im Sinne von Prävention und gesunder Ernährung zu den obligatorischen Inhalten. Dies trifft noch verstärkt bei den Aus- und Fortbildungen für die Lizenzstufe II im Gesundheitssport zu. 7. Nimmt sie die Umfrageergebnisse zum Anlass, gegebenenfalls in Zusammen - arbeit mit Vereinen, ein Konzept zu entwickeln, um die aufgezeigten Risiken und Ungleichgewichte zu beseitigen? Das Sozialministerium sieht in der Förderung kommunaler Gesamtstrategien zur Gesundheits- und Bewegungsförderung, mit einer Beteiligung der örtlichen Akteure einschließlich Vereinen und der Bevölkerung (vgl. Frage 4 Landesinitia - tive GalBW) sowie die Verbreitung bewährter Programme vielversprechende Ansätze der Bewegungsförderung bei Menschen mit geringem Einkommen. Der organisierte Sport mit seinen Verbänden und Vereinen entwickelt die oben dargestellten Maßnahmen stetig weiter. In Kürze wird ein vom Deutschen Olympischen Sportbund erarbeitetes Fortbildungsmodul für Trainer und Übungsleiter zur Verfügung stehen, das sich u. a. mit dem Thema Medikamentenmissbrauch beschäftigt. Im Rahmen der Aus- und Fortbildung von Lehrkräften wird der gesamte Themenbereich wie bisher im Fokus der Kultusverwaltung und des organisierten Sports bleiben. In Vertretung Dr. Ruep Ministerialdirektorin 5
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