«Wandel als Chance» INSOS-Kongress 2017
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- Curt Leon Fiedler
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1 «Wandel als Chance» INSOS-Kongress 2017 Kann die laufende IVG-Revision ihre Ziele für Menschen mit psychischer Beeinträchtigung erreichen? Dienstag, 22. August 2017 Montreux Florence Nater, Geschäftsführerin Coraasp Westschweizer Dachorganisation der Institutionen und Vereinigungen, die im Bereich psychische Gesundheit tätig sind
2 Inhalt 1. Weiterentwicklung der IV: eine notwendige Revision? 2. Erhebung-Umfrage der Coraasp 3. Eine angemessene Revision? 4. Wandel als Chance auch im Bereich der psychischen Beeinträchtigungen 5. Fazit 6. Fragen, Diskussion
3 BILANZ DER 5. REVISION UND DER REVISION 6A 1. Weiterentwicklung der IV: eine notwendige Revision? Unter dem finanziellen Gesichtspunkt eher positive Bilanz für die Sozialversicherung o Rückgang der Zahl der Neurenten (in der Schweiz) 2003: Neurenten 2016: Neurenten o Rückgang der Gesamtzahl der Rentenbeziehenden (in der Schweiz) 2006: Rentenbeziehende 2016: Rentenbeziehende
4 1. Weiterentwicklung der IV: eine notwendige Revision? o Rechnung der Versicherung verbessert sich Positive Ergebnisse seit 2011 Sogar überschüssige Ergebnisse beim Auslaufen der Zusatzfinanzierung Ende 2017 Abbau der Schulden: 15 Milliarden Ende ,4 Milliarden Ende 2016 Gemäss den Hochrechnungen werden die Schulden bis 2030 zurückbezahlt sein!
5 1. Weiterentwicklung der IV: eine Revision «mit gutem Gewissen»? SOMIT BESTEHT AUS WIRTSCHAFTLICHER SICHT GRUNDSÄTZLICH KEIN BEDARF, ERNEUT EINE REVISION DURCHZUFÜHREN!
6 BILANZ DER 5. REVISION UND DER REVISION 6A 1. Weiterentwicklung der IV: eine notwendige Revision? Von einer Rentenversicherung zu einer Eingliederungsversicherung: ja, aber o 5. und 6. Revision = Entwicklung einer Reihe von Massnahmen (Früherfassung und Frühintervention, berufliche Massnahmen, Wiedereingliederungsmassnahmen ) o Ziel: Stärkung des Prinzips «Eingliederung vor Rente» (dieser Grundsatz ist im Gesetz über die Invalidenversicherung seit jeher verankert) o 5. Revision: Massnahmen zur Verhinderung von Renten o Revision 6a: Massnahmen zur Wiedereingliederung der Rentenbeziehenden
7 Bilanz über die Massnahmen der Revision 6a 1. Weiterentwicklung der IV: eine notwendige Revision? o Ausbau der Leistungen zur beruflichen Wiedereingliederung der IV-Rentenbeziehenden 2011 (vor 6a) 2846 Massnahmen für die berufliche Wiedereingliederung gewährt 2013 (nach 6a) 3441 Massnahmen für die berufliche Wiedereingliederung gewährt Doch welche Wirkung auf die dauerhafte Wiedereingliederung? o Der Rückgang der Gesamtzahl der Renten ist eher auf den Rückgang der Zahl der Neurenten als auf die Wiedereingliederung von Rentenbeziehenden zurückzuführen (vor 6a) revidierte Renten: 954 Kürzungen (1,9 %), 3033 Aufhebungen (6,1 %) 2013 (nach 6a) revidierte Renten: 729 Kürzungen (1,7%), 3094 Aufhebungen (7 %)
8 Weitere Feststellungen: 1. Weiterentwicklung der IV: eine notwendige Revision? o o Der Rückgang der Zahl der Neurenten ist bei den Invaliditäten wegen psychischen Störungen weniger ausgeprägt. Die Rentenquote der Personen mit psychischen Erkrankungen ist konstant geblieben. ANGESICHTS DIESER FESTSTELLUNGEN: POLITISCHER BEDARF NACH EINER ERNEUTEN REVISION
9 2. Erhebung-Umfrage der Coraasp 2015 ERHEBUNG-UMFRAGE, DIE VON DER CORAASP 2015 BEI IHREN MITGLIEDERN DURCHGEFÜHRT WURDE Ziel: Den Mitgliedern «den Puls fühlen» in Bezug auf die Bedenken, welche die 5. und die 6. IV-Revision ausgelöst haben, und die Erfahrungen, die seit dem Inkrafttreten dieser Revisionen gemacht wurden Methode : o Erhebungsfragebogen, der an 1560 Personen in der Westschweiz abgegeben wurde o 360 eingegangene ausgefüllte Fragebögen (Rücklaufquote: 23 %) o 309 Fragebögen, die von IV-Rentenbeziehenden ausgefüllt wurden o 51 Fragebögen, die von Personen ausgefüllt wurden, die keine IV-Rente (oder keine mehr) beziehen
10 2. Erhebung-Umfrage der Coraasp 2015 Zur Beachtung: Die nachstehenden Überlegungen sind als Hypothesen und Denkanstösse zu betrachten, nicht als absolute Wahrheiten! Psychische Anfälligkeit und Bildung Antwortende, die eine IV-Rente beziehen: o Der Anteil der Personen, die nur die obligatorische Schule besucht haben, hat sich im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung als höher erwiesen (33 % / 12 %). o Der Anteil der Personen mit einer höheren Bildung (Fachhochschule oder Universität) hat sich im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung als tiefer erwiesen (13 % / 25 %).
11 2. Erhebung-Umfrage der Coraasp 2015 Psychische Beeinträchtigung und berufliche Wiedereingliederung Antwortende, die eine IV-Rente beziehen: o Bei der Mehrheit dieser Personen (73 %): keine Änderung ihrer Rente im Anschluss an eine Revision o Nur bei 10 Antwortenden (3 %) wurde die Rente nach einer Revision gekürzt. o Nur 8 Antwortenden wurde anlässlich der Revision eine Wiedereingliederungsmassnahme vorgeschlagen. o Fast 30 % der Antwortenden haben angegeben, dass sie das Revisionsverfahren als belastend empfanden. DIESE FESTSTELLUNGEN BESTÄTIGEN IN GEWISSER HINSICHT DIE FESTSTELLUNGEN DES BUNDESRATES ZUR UNTERSTÜTZUNG DER «WEITERENTWICKLUNG DER IV». UND DENNOCH
12 3. Eine angemessene Revision? UND DENNOCH STELLT SICH FÜR DIE CORAASP DIE FRAGE: IST DIESE NEUE REVISION ANGEMESSEN? Der Entwurf des Bundesrates ist im Wesentlichen darauf ausgerichtet, das Eingliederungspotenzial und die Vermittlungsfähigkeit der folgenden drei Zielgruppen zu verbessern: o Kinder o Jugendliche und junge Versicherte mit psychischen Beeinträchtigungen o Versicherte mit psychischen Beeinträchtigungen sowie ein stufenloses Rentensystem einzuführen.
13 3. Eine angemessene Revision? Für Kinder sind spezifische Massnahmen vorgesehen: o Überarbeitung der Liste der Geburtsgebrechen o Anpassung der Leistungen im Rahmen von medizinischen Behandlungen an die Kriterien der Krankenversicherung Für die anderen «Zielgruppen», d. h.: o Jugendliche und junge Versicherte mit psychischen Beeinträchtigungen o Versicherte mit psychischen Beeinträchtigungen Die vorgesehenen Massnahmen bestehen im Wesentlichen in einem Ausbau der bereits bestehenden Massnahmen
14 3. Eine angemessene Revision? Für Jugendliche: Ausweitung der Massnahmen für die Früherfassung, der Integrationsmassnahmen zur Vorbereitung auf die berufliche Eingliederung sowie der Massnahmen für die Beratung und Begleitung von Jugendlichen, die noch nicht auf dem Arbeitsmarkt sind + rasch handeln, wenn Jugendliche vorzeitig von der Schule abgehen - schwierig für junge Heranwachsende, sich mit der Kategorisierung «psychisch anfällig» abzufinden und mit der IV zu tun zu haben
15 3. Eine angemessene Revision? Für erwachsene Versicherte: Ausbau der Beratung und Begleitung sowie der Massnahmen für die Früherfassung der von Invalidität bedrohten Menschen + Ergreifen von Massnahmen, bevor ein Problem chronisch wird - Individualisierung der Probleme und Stigmatisierung von Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen - Verfügen die IV-Stellen über die erforderlichen Kompetenzen, um in den Bereichen Beratung und Begleitung angemessene Leistungen anzubieten?
16 3. Eine angemessene Revision? Für erwachsene Versicherte: Flexibilisierung der Wiedereingliederungsmassnahmen (Ausweitung der Dauer) + Im Bereich der psychischen Gesundheit ist die Zeit ein wesentlicher Faktor Personalverleih + Möglichkeit für die Versicherten, Erfahrungen im ersten Arbeitsmarkt zu sammeln - Risiko, dass die eingesetzten Versicherten der IV als billige Arbeitskräfte betrachtet werden, die man jederzeit entlassen kann, wenn man sie nicht mehr benötigt
17 3. Eine angemessene Revision? Schlussfolgerung für die Coraasp: keine grundsätzliche Ablehnung der vom Bundesrat unterbreiteten Vorschläge, aber Zweifel an den Erfolgschancen einer Revision: o die auf Massnahmen zur beruflichen Wiedereingliederung von IV-Rentnerinnen und -Rentnern setzt, obwohl diese Massnahmen offensichtlich nicht zu den erwarteten Ergebnissen geführt haben; o die unseres Erachtens die Problematik der beruflichen Eingliederung von Menschen mit psychischer Beeinträchtigung nur unzureichend angeht
18 4. Wandel als Chance Auch im Bereich der psychischen Beeinträchtigungen DIE AUFFASSUNG DER CORAASP SEIT DEN ERSTEN IV-REVISIONEN: DAS PROBLEM DER BERUFLICHEN EINGLIEDERUNG VON MENSCHEN MIT PSYCHISCHEN BEEINTRÄCHTIGUNGEN WIRD NICHT GELÖST, WENN MAN SICH AUSSCHLIESSLICH AUF EINEN INDIVIDUELLEN ANSATZ FOKUSSIERT. o Der gesetzliche Rahmen der Gesundheit am Arbeitsplatz muss angepasst werden (dies wurde auch im Rahmen des OECD-Länderberichts «Psychische Gesundheit und Beschäftigung: Schweiz» festgehalten). o Für die Förderung der psychischen Gesundheit im Betrieb müssen zusätzliche Mittel eingesetzt werden.
19 4. Wandel als Chance Auch im Bereich der psychischen Beeinträchtigungen o Bei Menschen mit einer dauerhaften psychischen Beeinträchtigung ist die bestehende Ungewissheit eines der grössten Hindernisse für die Wiederaufnahme einer beruflichen Tätigkeit. o Auch bei Menschen, die ihre psychische Beeinträchtigung weitgehend überwunden haben, besteht immer ein Rückfallrisiko. o Bei Menschen mit psychischer Beeinträchtigung ist die Gewährleistung der Einkommenssicherheit bei einem Rückfall ein wesentlicher Faktor für eine erfolgreiche berufliche Wiedereingliederung. Aus diesem Grund: SCHLÄGT DIE CORAASP VOR, EIN VERSICHERUNGSSYSTEM ZU PRÜFEN, DAS SICH AM SYSTEM DER ZWISCHENVERDIENSTE IN DER ARBEITSLOSENVERSICHERUNG ORIENTIERT, WOBEI EINE RAHMENFRIST VON FÜNF JAHREN ANGEWANDT WERDEN SOLLTE.
20 5. Fazit PSYCHISCHE BEEINTRÄCHTIGUNGEN GEHÖREN ZU DEN BERUFSKRANKHEITEN DES 21. JAHRHUNDERTS. ZU BEGINN DES 20. JAHRHUNDERTS MUSSTEN DIE POLITISCHEN BEHÖRDEN WEGEN DEN ARBEITSBEDINGUNGEN IN DEN BERGWERKEN EINSCHREITEN IM 21. JAHRHUNDERT MÜSSEN DIE POLITISCHEN BEHÖRDEN NUN MASSNAHMEN WEGEN DER ARBEIT TREFFEN, DIE MENSCHEN KRANK MACHT.
21 6. Fragen - Diskussion Sie haben das Wort! Besten Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
22 Quellen: BSV IV-Statistik: Soziale Sicherheit CHSS Nr. 2/2017: Botschaft des Bundesrates über die «Weiterentwicklung der IV»: Vernehmlassung zur Änderung des Bundesgesetzes über die Invalidenversicherung (Weiterentwicklung der IV): Stellungnahme der Coraasp Erhebung-Umfrage der Coraasp zur IV (Dokument auf Anfrage erhältlich)
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