Borderline Eine Persönlichkeitsstörung

Transkript

1 Borderline Eine Persönlichkeitsstörung Autorin: Daniela Waldherr Hausarbeit zum Seminar Psychologie im Rahmen der Ausbildung zur Kunsttherapeutin bei Frau Mag. Monika Fröschl Datum:

2 Inhaltsangabe: Seite 2 Einleitung 3 Persönlichkeitsstörungen Überblick mit Kurzerklärung 4 Die Borderline-Persönlichkeitsstörung mit Klassifizierung nach DSM-IV 8 Traumatisierungen, Abwehrmechanismen und Diagnose Wie funktioniert die Therapie? 14 Kunsttherapie 16 Schlusswort 18 Quellenverzeichnis 19 Erklärung 20 2

3 3 Einleitung: Im Zuge meines Studiums zur Kunsttherapeutin gibt es unter anderen das Studienfach Psychologie, das mich zwar schon immer interessiert hat, mit dem ich mich aber bis heute noch nie näher auseinandergesetzt habe. Hobby-Psychologen gibt es ja sehr viele, wenn man sich so umschaut und hört, aber welche Meinung ist kompetent, was stimmt jetzt wirklich und was denken sich die Leute nur so aus, weil sie glauben, dass es richtig ist? Was ist denn Psychologie nun tatsächlich? Wörtlich übersetzt bedeutet Psychologie die Lehre von der Seele. Was aber ist die Seele, wie kann man die Seele erklären, wie etwas beschreiben, das nicht da, nicht greifbar ist? Und wieso gibt es eine Lehre über etwas, das nicht da ist? Fragen über Fragen tauchen auf, wenn man nur ein klein wenig anfängt sich mit der Psychologie zu befassen. Die wichtigste Frage, die sich mir aber gleich zu Beginn stellte, war diejenige nach der Themenfindung für diese Hausarbeit. Das Thema war sehr schnell bei der Hand, weil ich sehr häufig in meinem Bekanntenkreis mit Höhenangst konfrontiert werde, mich das selber zum Glück nicht betrifft, es mich aber schon seit längerer Zeit interessiert hat, wie es dazu kommen kann. Ich selber gehe zwar nicht ganz nah bis an einen Abgrund, das resultiert aber für mich aus dem natürlichen Überlebenstrieb heraus, denn es könnte ja sein, dass es abschüssig ist und man ausrutscht und schon liegt man unten und aus und vorbei mit dem schönen Leben, das noch so viel für mich zu tun hat, andererseits macht es mir nichts aus, mich auf der Hohen Wand auf den Skywalk zu stellen - man steht hier praktisch in 800 m Höhe auf einem in den Felsen gebauten Gitterboden und in die Ferne und auch in die Tiefe zu schauen ohne dass mir schwindelig, übel oder sonst irgendwie komisch wird. Also Höhenangst, das Thema war klar. Während ich begann, mich mit der Thematik auseinanderzusetzen, fand ich viele interessante Ansätze anderer Themen und unter anderem auch die Persönlichkeitsstörung Borderline. Ich hatte mich vor einiger Zeit schon einmal oberflächlich mit der dependenten Persönlichkeitsstörung auseinandergesetzt, deshalb hatte ich auch schon von Borderline gehört, mich aber damals nicht näher darüber informiert. Genau in dieser Zeit wurde bei meiner 20-jährigen Nichte Borderline diagnostiziert. Außerdem bekam ich im Zuge meines Praktikums als Kunsttherapeutin einen jungen Mann als Klienten, bei dem ebenfalls die Borderline-Störung vorliegt. Also machte ich einen kleinen Schwenk und entschied, mich mein Thema zu wechseln, und die Erkenntnisse daraus sind sehr lohnend für mich und werden mir in meiner Arbeit gute Dienste leisten. Die Höhenangst hebe ich mir noch ein wenig auf, aber auch dieses Thema ist wichtig, da es sehr häufig vorkommt und mir die Hintergründe viele neue Aufschlüsse geben werden. 3

4 4 Persönlichkeitsstörungen - Klassifizierung nach ICD-10 (Klassifikationssystem der Weltgesundheitsorganisation) 1) Paranoide Persönlichkeitsstörung Diese Menschen haben extremes Misstrauen gegenüber anderen bis hin zu Verschwörungstheorien, um Ereignisse zu erklären, sind streitsüchtig und haben starke Selbstbezogenheit. Andere Personen bzw. deren Handlungen und Äußerungen werden häufig als feindlich missgedeutet. Schizoide Persönlichkeitsstörung Rückzug von affektiven, sozialen und anderen Kontakten, Einzelgängertum, in sich gekehrte Zurückhaltung, übermäßige Vorliebe für Phantasie, begrenztes Vermögen Gefühle auszudrücken und Freude zu erleben. Dissoziale Persönlichkeitsstörung Typisch sind Verantwortungslosigkeit und Missachtung sozialer Normen, Regeln und Verpflichtungen, fehlendes Schuldbewusstsein sowie geringes Einfühlungsvermögen in andere. Die Schwelle für aggressives bzw. gewalttätiges Verhalten ist niedrig. Beziehungen zu anderen Menschen werden eingegangen, sind jedoch nicht stabil. Menschen mit dissozialer Persönlichkeitsstörung kommen häufig mit dem Gesetz in Konflikt. Emotional instabile Persönlichkeitsstörung Wesentliche Merkmale sind impulsive Handlungen ohne an Konsequenzen zu denken, häufige Stimmungsschwankungen, Neigung zu intensiven, aber instabilen Beziehungen, oft mit der Folge emotionaler Krisen; gestörtes Verhältnis zum Selbstbild, zu Zielen und inneren Präferenzen; anhaltendes Gefühl der Leere; heftige Zornesausbrüche mit oft gewalttätigem Verhalten gegen andere oder gegen sich selbst; mangelnde Impulskontrolle, welche ein überdauerndes Erlebens- und Verhaltensmuster darstellt. Wichtiges Kennzeichen ist große Angst vor dem Alleinsein, riesige Trennungs- und/ oder Verlustängste, bzw. Angst vor Isolation, obwohl kein konkreter Grund dazu gegeben ist. ICD-10 unterscheidet zwei Erscheinungsformen dieser Störung: - der impulsive Typus - vorwiegend gekennzeichnet durch emotionale Instabilität und mangelnde Impulskontrolle, und - der Borderline-Typus 1) de.wikipedia.org/wiki/borderline-pers%c3%b6nlichkeitsst%c3%b6rung 4

5 5 Histrionische Persönlichkeitsstörung Sie wurde früher als hysterische Persönlichkeitsstörung bezeichnet, kennzeichnend sind Übertreibung, theatralisches Verhalten, Tendenz zur Dramatisierung, Oberflächlichkeit, labile Stimmungslage, gesteigerte Beeinflussbarkeit, dauerndes Verlangen nach Anerkennung und der Wunsch, im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit zu stehen, erhöhte Kränkbarkeit, sowie ein übermäßiges Interesse an körperlicher Attraktivität. Menschen mit dieser Störung haben hohes schauspielerisches Talent, üben sich für diverse Lebenslagen eigene Rollen ein, die sie dann perfekt über die Bühne bringen, um in der jeweiligen Situation am besten dazustehen. Sollten sie nicht die gewünschte Aufmerksamkeit bekommen, wird dies zur Bedrohung, da sie sich plötzlich völlig hilflos und ausgeschlossen fühlen. Dies kann in größeren Gesellschaften zu verheerenden Reaktionen führen, denn dann greifen die Betroffenen zu drastischen, meist schockierenden Mitteln, die unter Umständen auch gefährlich oder abartig sein können. Diese Menschen lügen und erfinden besonders extreme Geschichten oder "selbst erlebte Abenteuer", um die Aufmerksamkeit anderer zu erzwingen. Anankastische (zwanghafte) Persönlichkeitsstörung Diese ist gekennzeichnet durch Gefühle wie Zweifel, Perfektionismus, übertriebene Gewissenhaftigkeit, ständige Kontrollen, allgemein große Vorsicht und Starrheit in Denken und Handeln. Typisch ist des Weiteren die übermäßige Beschäftigung mit Details und Regeln, so dass die eigentliche Aktivität oftmals in den Hintergrund tritt. Fähigkeit zum Ausdruck von Gefühlen ist häufig vermindert. Die Anpassungsfähigkeit an Gewohnheiten und Eigenheiten der Mitmenschen ist eingeschränkt. Vielmehr wird die eigene Prinzipien- und Normentreue auch von anderen erwartet. Diese Menschen sind meist übermäßig leistungsorientiert und perfektionistisch und zeigen sich im Arbeitsleben als fleißig, übermäßig gewissenhaft und übergenau, wobei der Perfektionismus oft hinderlich sein kann und die Entscheidungsfähigkeit der Betroffenen behindert. Ängstliche Persönlichkeitsstörung Symptome sind übermäßige Sorge mit der Überzeugung, unattraktiv oder minderwertig zu sein und deshalb abgelehnt zu werden. Daraus resultieren ständige Anspannung und Sorgen, der Lebensstil ist wegen des starken Bedürfnisses nach Sicherheit starken Einschränkungen unterworfen. Betroffene können oft überempfindlich gegen Ablehnung oder Kritik reagieren. 5

6 6 Abhängige (asthenische) / Dependente Persönlichkeitsstörung Typisch sind mangelnde Fähigkeit zu eigenen Entscheidungen, ständiges Appellieren an die Hilfe anderer, Abhängigkeit von und unverhältnismäßige Nachgiebigkeit gegenüber anderen, Angst, nicht für sich selbst sorgen zu können und Verlassensangst gepaart mit Hilflosigkeit. Schizotypische Persönlichkeitsstörung Hier liegt ein tiefgreifendes Verhaltensdefizit im zwischenmenschlichen bzw. psychosozialen Bereich. Das äußert sich in Verhaltens-Eigentümlichkeiten, mangelnder Fähigkeit zu engen persönlichen Beziehungen und Verzerrungen in Denken und Wahrnehmung. Das Auftreten ist oft schrullig und exzentrisch. Narzisstische Persönlichkeitsstörung Kennzeichen sind mangelndes Selbstbewusstsein und Ablehnung der eigenen Person nach innen, wechselnd mit übertriebenem und sehr ausgeprägtem Selbstbewusstsein nach außen, wollen ständig bewundert und anerkannt werden, wobei sie selbst anderen Menschen wenig echte Aufmerksamkeit schenken. Sie fühlen sich übertrieben wichtig, hoffen eine Sonderstellung einzunehmen und auch zu verdienen. Merkmale sind auch ausbeutendes Verhalten und Mangel an Empathie. Es kann zu Größenwahn kommen. Betroffene sind empfindlich gegenüber Kritik, die sie nicht selten global verstehen und sie fühlen sich dann sofort wütend, beschämt und gedemütigt. Es herrscht die Meinung vor, dass bei Betroffenen die ideale Vorstellung von sich selbst mit dem realen Selbst in gewisser Weise verschmolzen ist. Weiter ist das Selbst gespalten in Ideal-Selbst und entwertetes Selbst. Diese Störung geht oft mit der Borderline-Störung Hand in Hand. Passiv-aggressive Persönlichkeitsstörung Auffallend ist hier die negative Einstellung und der passive Widerstand gegenüber Anregungen und Leistungsanforderungen, die von anderen Menschen kommen. Menschen mit dieser Störung fallen durch passive Widerstände gegenüber Anforderungen im sozialen und beruflichen Bereich auf und glauben häufig missverstanden, ungerecht behandelt oder übermäßig in die Pflicht genommen zu werden. Kombinierte Persönlichkeitsstörung Wenn die Symptome der Betroffenen keine Zuordnung möglich machen, sondern sich aus verschiedenen Symptomen unterschiedlicher Persönlichkeitsstörungen zusammensetzen. 6

7 7 Persönlichkeitsentwicklungsstörungen bei Kindern und Jugendlichen Bei Kindern und Jugendlichen ist die Entwicklung der Persönlichkeit noch nicht vollendet, man spricht hier von einer Persönlichkeitsentwicklungsstörung. Die Borderline- Persönlichkeitsstörung (abgekürzt BPS), auch emotional instabile Persönlichkeitsstörung genannt, ist die im psychologischen und psychiatrischen Umfeld am häufigsten diagnostizierte Persönlichkeitsstörung. Die BPS wird immer auch von weiteren Störungen begleitet, darunter dissoziative Störungen, endogene Depressionen und verschiedene Formen von selbstverletzendem Verhalten (SVV). Darüber hinaus bestehen hohe Komorbiditäten mit anderen Persönlichkeitsstörungen, dabei am häufigsten die ängstliche Persönlichkeitsstörung und die narzisstische Persönlichkeitsstörung. (Komorbidität abgeleitet von Ko und Morbus <Krankheit> ist ein zusätzlich zu einer Grunderkrankung vorliegendes diagnostisch abgrenzbares Krankheits- oder Störungsbild.) 7

8 Die Borderline-Persönlichkeitsstörung 8 Klassifizierung nach DSM-IV 2) (Klassifikationssystem der American Psychiatric Association): Ein tiefgreifendes Muster von Instabilität in den zwischenmenschlichen Beziehungen, im Selbstbild und in den Affekten sowie deutliche Impulsivität. Der Beginn liegt im frühen Erwachsenenalter bzw. in der Pubertät und manifestiert sich in verschiedenen Lebensbereichen. Mindestens fünf der folgenden Kriterien müssen erfüllt sein: 1. Verzweifeltes Bemühen, tatsächliches oder vermutetes Verlassenwerden zu vermeiden. Beachte: Hier werden keine suizidalen oder selbstverletzenden Handlungen berücksichtigt, die in Kriterium 5 enthalten sind. 2. Ein Muster instabiler, aber intensiver zwischenmenschlicher Beziehungen, das durch einen Wechsel zwischen den Extremen der Idealisierung und Entwertung gekennzeichnet ist. 3. Identitätsstörung: ausgeprägte und andauernde Instabilität des Selbstbildes oder der Selbstwahrnehmung. 4. Impulsivität in mindestens zwei potentiell selbstschädigenden Bereichen (Geldausgeben, Sexualität, Substanzmissbrauch, rücksichtsloses Fahren, Essstörungen ). Beachte: Hier werden keine suizidalen oder selbstverletzenden Handlungen berücksichtigt, die in Kriterium 5 enthalten sind. 5. Wiederholte suizidale Handlungen, Selbstmordandeutungen oder -drohungen oder Selbstverletzungsverhalten. 6. Affektive Instabilität infolge einer ausgeprägten Reaktivität der Stimmung (z. B. hochgradige episodische Dysphorie, Reizbarkeit oder Angst, wobei diese Verstimmungen gewöhnlich einige Stunden und nur selten mehr als einige Tage andauern). 7. Chronische Gefühle der Leere. 8. Unangemessene, heftige Wut oder Schwierigkeiten, die Wut zu kontrollieren, (z. B. häufige Wutausbrüche, andauernde Wut, wiederholte körperliche Auseinandersetzungen. 9. Vorübergehende, durch Belastungen ausgelöste paranoide Vorstellungen oder schwere dissoziative Symptome). 2) de.wikipedia.org/wiki/borderline-pers%c3%b6nlichkeitsst%c3%b6rung 8

9 9 Borderline bedeutet Grenzlinie bzw. grenzwertig. Der Begriff kommt daher, dass man die Störung früher in den Grenzbereich zwischen den neurotischen Störungen und den psychotischen Störungen eingeordnet hat, da man Symptome aus beiden Bereichen identifizierte. Symptome: Schwarz/Weiß-Denken, Schlafstörungen, Ess-Störungen, Alpträume, starke Stimmungsschwankungen, Flucht in eine eigene Realität, Tabletten-, Alkohol- und Drogenmissbrauch, Aggressionen, Depressionen, Ängste, Zwänge, Unvermögen mit Gefühlen umzugehen, innere Leere, das Gefühl von Nichtigkeit, Beziehungslosigkeit sich selbst gegenüber, Unberechenbarkeit, selbstverletzendes Verhalten und Suizidversuche. Borderline ist eine Störung, die fast ausschließlich bei sehr jungen Menschen (Pubertät bis frühes Erwachsenenalter) zu finden ist und die sich, laut Erfahrungswerten von Experten, im Erwachsenenalter entweder bis zum völligen Verschwinden bessert (Die Kranken lernen im Lauf der Zeit mit Hilfe von Angehörigen, Freunden und Therapeuten emotional stabiler zu werden und so wieder Zugang zu sich selbst und ihren Gefühlen zu bekommen und somit auch die Möglichkeit ein normales Leben zu führen.) oder, wenn eine Besserung und Stabilisierung nicht möglich ist, wird die Störung durch eine andere massive Persönlichkeitsstörung abgelöst. Wie kommt es nun dazu, dass ein junger Mensch sich dahin entwickelt bzw. wo sind die Ursachen zu suchen oder zu finden? Hört und liest man die Erzählungen von Betroffenen, so findet sich bei keinem von ihnen eine geborgene, fürsorgliche, störungsfreie Kindheit, wie man sich diese vorstellt. Die meisten Betroffenen haben bereits im frühesten Kindheitsalter Bekanntschaft mit physischer und psychischer Gewalt gemacht, mit massiven Schlägen, sexuellem Missbrauch, Abweisung, Einsperren bzw. Aussperren, Heimaufenthalte, etc. Ein besonderes Kennzeichnen der Borderline-Störung ist die Unberechenbarkeit. Ein Kind lernt in sich wiederholenden Situationen durch die Gefühle, die es dabei empfindet, was gut und richtig und was schlecht ist, und wie es richtig reagiert. Diese Lernerfahrung kann ein Kind aber nur machen, wenn die Bezugspersonen ein konstantes Verhalten aufweisen und nicht nach Lust und Laune in der gleichen Situation einmal schimpfen, schreien oder sogar zuschlagen und das andere Mal einfach darüber hinwegsehen oder gar nicht reagieren. 9

10 In den Elterngeschichten der Betroffenen finden sich sehr häufig Suchtprobleme, denn gerade Süchtige reagieren meist nicht in konstanter Weise, sondern nach jeweiliger Laune. 10 Viele der jungen Leute sind in Heimen aufgewachsen bzw. waren zumindest eine Zeit lang in Heimbetreuung. Auch hier ist ganz sicherlich eine Ursache in den häufig wechselnden Bezugspersonen zu finden, die unterschiedlich in verschiedenen Situationen reagieren. Das Kind kann also nicht lernen auf seine Gefühle zu vertrauen, weil es diese nicht richtig zuordnen kann, einerseits kommt es durch wechselnde Situationen zu einem Wechselbad der Gefühle, mit dem das Kind nicht umgehen kann, andererseits versucht es sich dadurch zu schützen, dass es sich von seinen Gefühlen immer mehr abschottet, bis im Laufe der Zeit der Zugang bzw. die Zuordnung gar nicht mehr möglich ist und nur mehr instinktiv gehandelt wird, sodass in Stress-Situationen naturgemäß sehr heftige bzw. oft falsche Reaktionen erfolgen, die ebenso negative Handlungen der einbezogenen Menschen hervorrufen. Es kommt also immer wieder zu eskalierenden Situationen, die nicht bereinigt oder ausgesprochen werden und schon gar nicht verarbeitet werden können. Zu den bereits vorhandenen inneren Ungereimtheiten wird weiteres dazugestopft die Unsicherheit wird immer größer. Gerade in der Pubertät fühlen sich junge Menschen sowieso zwischen ihren Gefühlen hinund hergerissen, sind instabil und wissen nicht so recht, was mit ihnen los ist, sind ziellos und auf der Suche nach sich selbst. Liegt hier schon eine Persönlichkeitsentwicklungsstörung vor, so zeigen sich jetzt bereits massive Symptome, wie Magersucht bzw. Fress-Sucht, selbstverletzendes Verhalten, Suchtproblematik mit Alkohol, Nikotin, Drogen, ausreißen und abgängig sein sowie die Androhung oder auch Ausführung von Selbstmordversuchen. Andererseits sind die gefühlsmäßigen Schwankungen schon längere Zeit sehr heftig, und so haben viele Betroffene zu diesem Zeitpunkt oder in der späteren Pubertät bereits Kontrollstrategien entwickelt, um sie einigermaßen auszugleichen. Dies kann bei nahe stehenden Menschen oder auch in Beziehungen beim Partner zu starken Gefühlen des Manipuliertwerdens führen. Es entwickelt sich daraus oft ein mehr oder weniger offener Kampf um Kontrolle. Vielen der jungen Menschen mit BPS ist zu diesem Zeitpunkt schon vollkommen klar, dass mit ihnen etwas nicht stimmt ohne eine Diagnose zu haben bzw. zu wissen was wirklich los ist, sie verbergen jedoch häufig aus Schamgefühl die Auswirkungen der Störung, wodurch sich Partner und Freunde getäuscht und ausgenutzt fühlen, so dass sich das Gefühl des Nichtverstandenwerdens noch verstärkt. 10

11 11 Fast immer stehen die Bezugspersonen der Kranken vollkommen hilflos vor den Problemen, die scheinbar aus dem Nichts auftauchen und sich häufen, sich aber schon über einen langen Zeitraum angebahnt haben und bis dahin vielleicht noch als auffälligere Spinnereien abgetan werden konnten. Gerade in der Pubertät eskaliert dann die Situation vollends, denn hier sind die Jugendlichen ohnehin keinen vernünftigen Argumenten mehr zugänglich und das Verhängnis nimmt seinen Lauf. Erst wenn der Jugendliche oder junge Erwachsene selbst erkennt, dass er professionelle Hilfe braucht, kann sinnvoll eingegriffen werden. Üblicherweise kommt es bei fast allen Kindern immer wieder einmal zu Störungen im normalen Ablauf der Kindheit und so müsste jeder junge Mensch eine Persönlichkeitsstörung entwickeln (was vielleicht auch in geringem Maße und nicht so auffällig der Fall ist). Nach Expertenmeinung scheint also auch ein Wechselspiel zwischen Problemen und Schwierigkeiten im Umfeld des Kindes sowie auch beim Kind selbst (Veranlagung, Temperament) vorzuliegen, so dass sich die Krankheitssituation schön langsam, zuerst unbemerkt und dann immer auffälliger steigert bis dahin, dass die Betroffenen den ganz normalen Alltagssituationen nicht mehr dauerhaft gewachsen sind, weil notwendige Voraussetzungen fehlen, die der junge Mensch bis dahin nicht gelernt hat oder die Anforderungen zu hoch sind und der Stress sie derart übermannt, dass es zu Entgleisungen kommt. Traumatisierungen: In sehr vielen Fällen spielt eine starke Traumatisierung durch Gewalt oder sexuellen Missbrauch innerhalb der Familie in der frühesten bis frühen Kindheit eine Rolle bei der Ausbildung der Borderline-Störung. Jedoch wachsen auch viele traumatisierte Kinder heran ohne eine derartige oder ähnliche Störung auszubilden, es ist also schwer, die Ursachen nur hier zu suchen. Man kann davon ausgehen, dass sowohl Veranlagung wie Umfeld eine bedeutende Rolle spielen, ob es zur Krankheit kommt oder nicht. Weitere Bezugspersonen wie Großeltern, Verwandte, Lehrer, Freunde können helfen, die Traumatisierungen so abzuschwächen, dass ein relativ normales Heranwachsen möglich wird. Besonders gefährdet sind Kinder, die eine enge Beziehung zum Täter haben, da sie meist großes Misstrauen ihren eigenen Gefühlen gegenüber entwickeln. Ein Schutzmechanismus der Seele ist hier, bei Bedrohung, die Gefühle abzuschalten. Dabei verzerren sich die Wahrnehmung der Realität sowie der Emotionen dieser Begriff wird Dissoziation genannt es verändert sich dabei die Wahrnehmung des eigenen Körpers, der Gefühle genauso wie die der Umgebung und der Zeit. 11

12 12 Es ist auch möglich, dass das Opfer das oder die traumatischen Ereignisse vollkommen vergisst, diese kehren jedoch später oft unter Stressbedingungen als gefühlte Erinnerung zurück, wobei eine zeitliche Zuordnung meist nicht möglich ist, oder die Seele versucht sie in Form von Träumen zu verarbeiten, was zu immer wiederkehrenden Albträumen und Schlafstörungen führt. Es kann auch zu Panikattacken kommen oder zu schweren Krankheiten, die bedingen, dass man sich mit sich selbst auseinandersetzt und so vielleicht an die Wurzel des Übels kommt, um die traumatischen Erlebnisse zu verarbeiten. Abwehrmechanismen: 3) Um in unserer sehr verwirrenden Welt bestehen zu können, müssen wir imstande sein, fortlaufend wichtige von unwichtigen Informationen, äußeren Reizen und Einflüssen zu trennen. Die Fähigkeit, scheinbar Unwichtiges oder Belastendes aus dem Bewusstsein zu verdrängen, wird in der Psychologie auch Abwehr genannt, die psychologischen Vorgänge heißen daher auch Abwehrmechanismen, wobei es eine weitere Einteilung in primitive und reife Abwehrmechanismen gibt. Unter "primitiven Abwehrmechanismen" verstehen wir unangemessene Reaktionen auf Stress, der durch Impulse aus der Innenwelt oder Reize aus der Außenwelt hervorgerufen wird. Sie entsprechen einem frühkindlichen Funktionsniveau der menschlichen Psyche, sind undifferenziert und unorganisiert. Beispiel: Ein Erwachsener reagiert auf eine als ungerecht erlebte Zurücksetzung mit maßloser Wut und verteufelt diejenigen, die ihn angeblich ungerecht behandelt haben - und dies obwohl angesichts des Gegenstandes der Auseinandersetzung eine sachlicher, argumentativer Streit angemessen gewesen wäre 4). Unter reifen Abwehrmechanismen können wir uns Altruismus <selbstloses Handeln>, Sublimation <Fähigkeit, durch ausgleichende Entschädigung auf abgelehnte Triebe bzw. Wünsche zu verzichten>, Unterdrückung/Kontrolle, Antizipation oder Vorwegnahme <mentales Durchspielen>, und Humor vorstellen. Bei der Borderline-Störung überwiegen die primitiven Abwehrmechanismen, denn die Betroffenen haben gelernt, mit unberechenbaren Situationen durch blitzschnelle Zuordnung zurecht zu kommen. Diese Zuordnung kann nur funktionieren, wenn man mit Schwarz/weiß- Denken bzw. einer extremen Einordnung in entweder Gut oder Böse lebt. Oft ist nachträglich eine Korrektur der ersten Einschätzung notwendig, da ja besonders in Beziehungen die Zwischentöne wichtig sind, um ein vollständiges Bild des anderen zu erhalten, dies führt jedoch wieder dazu, dass die Betroffenen als sprunghaft und unberechenbar erlebt werden. 3) Buch: Ewald Rahn Borderline Ein Ratgeber für Betroffene und Angehörige, 5. Auflage 2003 ISBN ) 12

13 13 Diagnose: Die Diagnose wird von einem Psychiater oder Psychologen gestellt und benennt die Störung anhand der Beschreibung der Symptome. Diese muss unbedingt sachlich dargestellt und erklärt werden, so dass sich die betroffene Person nicht abgewertet und abgestempelt fühlt, sondern das Gefühl bekommt, dass ihr geholfen werden kann. Psychiatrische Diagnosen beschreiben ja nur einen Teil eines Menschen jenen, der von der so genannten Normalität abweicht der Mensch selbst besteht jedoch aus vielen Anteilen und es wird im Störungsfall umso wichtiger, die positiven Anteile, die Stärken, zu finden und zu verwenden, um aus dem Krankheitsschema herauszufinden. Laut Untersuchungen leiden rund zwei Prozent der jungen erwachsenen Bevölkerung unter Borderline. Jedoch ist die Störung ja nur definitiv diagnostiziert, wenn der Betroffene professionelle Hilfe in Anspruch nimmt, die Dunkelziffer der Erkrankten liegt höchst wahrscheinlich wesentlich höher. 13

14 Wie funktioniert die Therapie? 14 Herkömmliche Therapien: - Ambulante Psychotherapie, Gespräche mit dem Therapeuten, wobei der Abstand anfangs wöchentlich sein soll der Vorteil liegt darin, dass der Kontakt zum sozialen Umfeld aufrecht bleibt und Übungsmöglichkeiten im Alltag vorhanden sind. - Stationäre Aufnahme und Behandlung in einer Klinik umfangreiches therapeutisches Programm, Gespräche und Konfrontationen mit ebenfalls Betroffenen, hier ist durch den Abstand vom Alltag oft eine Entlastung der Kranken so weit möglich, dass Kräfte für Veränderungen gefunden und eingesetzt werden können. Hilfe - Erkennen und Verwenden von Ressourcen und Bedürfnisse: In der Psychologie spricht man von Ressourcen, wenn jene Anteile gesucht werden, die unproblematisch sind. Es sind jene Kräfte und Schutzfaktoren auf die ein Mensch zurück greifen kann, um Probleme zu bewältigen, Aufgaben zu meistern. Meist kennen die Kranken alle ihre Schwächen, wobei sie beim Finden ihrer Stärken oft Unterstützung brauchen, da diese so normal für sie sind, dass sie gar nicht auffallen. Stärken zeigen sich häufig bei der Befriedigung von Bedürfnissen. Grundbedürfnisse, wie Essen, Trinken, körperliches Wohlbefinden, das Bedürfnis nach Nähe und Beziehung, nach Weiterentwicklung und Anerkanntwerden wollen erfüllt werden. Bedürfnisse erfordern Motive und Handlungsweisen, über die man jene Stärken finden kann, die helfen, besser zu leben. Lernen mit der Störung positiv umzugehen: Erkennen, welche Probleme zum jetzigen Zeitpunkt lösbar scheinen und bei welchen es sinnvoll ist, sie auf einen späteren Zeitpunkt zu verschieben. Möglichst genaue Erarbeitung der Probleme Wer oder was ist durch das Problem betroffen? Welche Auswirkungen hat das Problem auf mich und andere? Erkennen, in welchen Situationen das Problem auftritt, welche es verschärfen oder abmildern Strategien, um das Problem zu bewältigen Sammeln von Ideen, wie das Problem bewältigt werden kann, was helfen kann bei der Lösung weiterzukommen, was bei der Suche nach Lösung behilflich sein kann Eine Vorstellung davon, was an die Stelle des Problems treten kann 14

15 15 Definition von Zielen: Man definiert Ziele, um Veränderungen und Verbesserungen feststellen zu können. Bei der Borderline-Störung sind das im wesentlichen: - Alleinsein aushalten lernen! - Impulse beherrschen können! - Ambivalenz ertragen und nutzen können! Diese Bereiche stehen selbstverständlich in Wechselbeziehung zueinander, denn gerade, wenn die Betroffenen allein sind, treten häufig krankhafte Symptome auf, die es zu beherrschen gilt. Es ist also äußerst wichtig Strategien zu entwickeln, um zu lernen, mit obigen Punkten zurecht zu kommen. Hilfsmittel können sein: Ablenkungen und Entspannungstechniken Aufgaben delegieren, die von anderen erledigt werden können und sich zeitlichen Spielraum verschaffen Nachdenken über Lösungen und nicht über Probleme Helfer und Verbündete suchen und Kommunikationshindernisse beseitigen Auf Gefühle und Gedanken achten und ob sie zweckmäßig sind Erfahrungen jeder Krise auswerten und das Für und Wider bedenken. Bewusster Umgang mit Gefühlen: Kontrolle von Gefühlen ist ein Weg aus der emotionalen Instabilität hin zur Gesundheit. Es ist allerdings nicht hilfreich die Gefühle soweit zu kontrollieren, dass sie ausgeschaltet sind, vielmehr ist es wichtig, die Fertigkeit zu stärken, Gefühle für sich selbst einzusetzen. Im Rahmen der Störung ist der Betroffene ständig einem Wechselbad der Gefühle ausgesetzt. Gefühle nimmt man im Normalfall nicht bewusst wahr, da ihre Funktion darin liegt in Alltagssituationen sicher und richtig zu handeln. Da auch Stress-Situationen sich häufig wiederholen, kann auch der gefühlsmäßige Umgang damit gelernt werden. 15

16 Kunsttherapie: Die Kunsttherapie ist eine nonverbale Psychotherapie. Das bedeutet, dass der Klient nicht sprechen muss, aber sehr wohl über sich und seine Probleme sprechen kann, wenn er das Bedürfnis dazu hat, er wird jedoch nicht dazu aufgefordert. Im Zuge der künstlerischen Arbeit mit verschiedenen Zeichen- und Maltechniken und -materialien, über das Plastizieren mit Ton, über die oft anstrengende Arbeit mit Speckstein und auch über die Betrachtung der geschaffenen Kunstwerke, wird der Klient in wöchentlichen Sitzungen zu den Wurzeln seiner Probleme hingeführt. Während des künstlerischen Schaffens beginnen die Klienten oft ganz von selbst über sich zu sprechen - manchmal wissen sie im Nachhinein gar nicht mehr, was sie erzählt haben oder dass sie überhaupt geredet haben. Dieser Prozess ist sehr wichtig, da hier schon eine Verarbeitung der traumatischen Erlebnisse stattfindet. Immer wieder kommen Erkenntnisse ins Bewusstsein, sodass sie jetzt bearbeitet werden können, vieles aus der Vergangenheit wird einfach weggemalt, weggezeichnet, wegplastiziert, weil eine Be- und Verarbeitung über die Kunst geschieht. Bei den künstlerischen Tätigkeiten werden beim Klienten alle Sinne angesprochen und so der Zugang zu den Sinneswahrnehmungen wieder hergestellt und verbessert. Über die Sinne bekommt der Klient Zutritt zu seinen Gefühlen und kann eine sichere Zuordnung dazu lernen. Über die Entdeckung seiner eigenen Kreativität, seiner Schaffenskraft und was er imstande ist zu tun, bekommt er eine neue Selbstsicherheit und Lebenseinstellung, die ihm hilft, sein Leben harmonischer und gesünder zu gestalten. 16 Mit der Kunsttherapie werden also auf künstlerischer Ebene alle oben genannten therapeutischen Ziele erreicht, wobei der Klient über die Kunst zu sich selbst und seinen Gefühlen geführt und gestärkt wird und oft können auch schulmedizinische Medikamente rascher dosisangepasst bzw. im Laufe der Zeit ganz abgesetzt werden. Meine Empfehlung wäre in schweren Borderline-Fällen eine anfängliche Kombination von klassischer Psychotherapie und Kunsttherapie, da meiner jetzigen Meinung nach Sitzungen mit einem ausgebildeten Gesprächstherapeuten notwendig sind. Je nachdem, wie sich die künstlerische Arbeit entwickelt, und was man daraus phänomenologisch erkennt, kann die klassische Therapie auf Wunsch des Klienten eingeschränkt und dann auch weggelassen werden. Die künstlerische Tätigkeit sollte über einen längeren Zeitraum weitergeführt werden bis zur vollständigen Stabilisierung und seelischen Gesundung. 16

17 17 17

18 18 Schlußwort: Die Beschäftigung und Auseinandersetzung mit dem Thema Persönlichkeitsstörungen und speziell Borderline war für mich sehr aufschlussreich, da sie mir gezeigt hat, wie verschwimmend die Grenzen zwischen Gesundheit und diagnostizierter Krankheit sind. Bei genauerer Betrachtung erkennt man, dass bei sehr vielen Menschen, die man als gesund bezeichnen würde, ein größerer oder kleinerer Anteil oben genannter Persönlichkeitsstörungen zu finden sind nur, dass sie hier nicht so auffällig sind, dass man sie als Krankheit bezeichnen würde. Diese Menschen würden sich selber auch nicht als psychisch krank bezeichnen und ganz sicher keine Therapie beginnen, obwohl es zum gegenwärtigen Zeitpunkt helfen könnte, bestehende Probleme aufzuarbeiten, anstatt sie später unüberwindlich werden zu lassen. Auch bei mir selbst konnte ich rückblickend bearbeitete Anteile der Borderline-Störung finden (nicht umsonst bin ich auf dieses Thema gestoßen ) zum Glück nur in sehr abgeschwächtem und nicht krankhaftem Maß. Hätte ich jedoch andere Bezugspersonen und Freunde gehabt, wer weiß, ob diese Anteile nicht pathologisch geworden wären. 18

19 Quellenverzeichnis: 19 Internet-Verweis: de.wikipedia.org/wiki/borderline-pers%c3%b6nlichkeitsst%c3%b6rung Buch: Ewald Rahn Borderline Ein Ratgeber für Betroffene und Angehörige, 5. Auflage 2003 ISBN

20 20 Ich erkläre, dass ich, Daniela Waldherr, vorliegende Arbeit mit den angegebenen Hilfsmitteln (Quellen) selbst verfaßt habe Unterschrift: 20