8.1 Die Instrumente der Handelspolitik in der partialanalistischen Analyse
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- Eike Fürst
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1 8. Außenhandelspolitik Normative Theorie: wie sollte die Handelspolitik aus der Sicht der Außenhandelstheorie konzipiert sein. Überwiegend Verwendung eines einfachen Partialmodells, welches die Interdependenz der Märkte ausblendet. Instrumente der Handelspolitik und deren Wohlfahrtswirkungen. Argumente für und gegen den Freihandel Politische Ökonomie des Protektionismus Strategische Handelspolitik, Industriepolitik Die Instrumente der Handelspolitik in der partialanalistischen Analyse Zölle: mengenunabhängiger Fixzoll, spezifische Zölle, die pro Einheit eingehoben werden, und ad-valorem Zölle, die nach dem Wert bemessen sind. Exportsubventionen: spezifisch oder ad-valorem. Importquoten: mengenmäßige Beschränkung der Importe auf eine bestimmte Quote, z.b. Importlizenzen. Freiwillige Exportbeschränkungen: freiwillige Begrenzung der Exporte auf eine bestimmte Menge. 2
2 Local content requirements: ein bestimmter Anteil der Wertschöpfung aus dem Finalprodukts muss im Inland erzeugt werden, damit das Produkt als im Inland produziert gilt, (Restriktion der Importe von Zwischenprodukten). Exportkredite: vergünstigte (subventionierte) Kredite für Exporteure. Nationales Beschaffungswesen: (Procurement) red-tape barrieres : Importbeschränkungen durch bürokratische Vorschriften u. Verfahren. 3 Zollanalyse: 2 Länder (Inland und Ausland) 1 Gut (diesmal Weizen) Die Weizenmarkt ist in beiden Ländern (unter Autarkie) sowie als integrierter Weltmarkt vollständig kompetitv. Abstraktion von unterschiedlichen Währungen. Bei Autarkie ist Weizen im Inland teurer ist als im Ausland. Bei Freihandel wird das Inland daher Weizen importieren. 4
3 Fig. 8-1: Die inländische Importnachfrage 5 Fig. 8-2: Das ausländische Exportangebot 6
4 Fig. 8-3: Das Weltmarktgleichgewicht Handelsbilanz: D S S D * * = Weltnachfrage = Weltangebot: D+ D = S+ S * * 7 Spezifischer Zoll t des Inlands: Für ausländische Exporteure wie Transportkosten. Preisdifferenz zwischen Inlands- und Auslandspreis: t (Arbitrage) Der Zoll wird nicht einfach auf den Weltmarktpreis P W aufgeschlagen (Überwälzung des Zolls): P T = P T* + t, P * T < P W, d.h. der Weizenpreis im Inland steigt um weniger als t und fällt im Ausland (ohne Zoll) unter P W. Keine vollständige Überwälzung des Zolls auf die Konsumenten im Inland. Das Handelsvolumen fällt von Q W auf Q T. 8
5 Fig. 8-4: Der Effekt eines Zolls 9 Fig. 8-5: Def Effekt eines Zolls in einem kleinen Land 10
6 Konsumentenrente Produzentenrente 11 Zolleinnahmen: c+e: t*qt = (PT - P T * )*(S 2 - D 2 ) 12
7 Kosten Tabelle 8-1: Kosten-Nutzenanalyse des Zolls Nutzen Konsumentenrente a+b+c+d Produzentenrente a Nettowohlfahrtsverlust b+d-e Zolleinahmen c+e Effizienzverlust (b +d) : die Beeinflussung von Produzenten- u. Konsumentenentscheidungen. Konsumenten: die Zahlungsbereitschaft liegt über dem Weltmarktpreis P W (consumption distortion loss). Produzenten: es werden zusätzliche Einheiten produziert, die eigentlich günstiger importiert werden könnten (production distortion loss). Terms of Trade (TOT)-Gewinne (e), weil P T* < P W 13 Das Ausmaß der Protektion: Maß effektiven Protektion: Inlandspreis in % des Weltmarktpreises bzw. Ausgaben für eine bestimmte Menge im Inland in % der Ausgaben bei Weltmarktpreisen (ad-valorem) V V t PT QT ad valorem Zoll : t = P Q spez. Zoll : t V = S t P T ( ad valorem Äquivalent) Problematik: Effekt auf Exportpreise (bei großem Land). Unterschiedliche Effekte des Zolls auf Zwischenprodukte und Endprodukte. T T 14
8 Rate der effektiven Protektion: Auto 8000$ Komponenten 6000$ Land 1 produziert Komponenten u. schützt seine Auto-Assemblingindustrie durch einen Zoll von 25%: P T* =10000$. Assemblingbetriebe erhalten bis zu 4000$ pro Auto: Eff. Protektion=100% für Assembling von Autos. Land 2 forciert Komponenten u. setzt einen Zoll von 10% auf Komponenten. Eff. Protektion = 10% für Komponenten Eff. Protektion = -30% für Assembling von Autos 15 Formale Definition der Rate der effektiven Protektion (ohne Beeinflussung der Importpreise): V ( ) ( ) T V PA P W C P T A PC W Pt A A PCtC tc ta VT = = = = ta + PC V ( P P ) P P P P W A C W C A C A 0.25 Fall1: * = Fall2 : * = V W Wertschöpfung bei Weltmarktpreisen V T Wertschöpfung bei Protektion P A Welt -Autopreis P C Welt -Komponentenpreis pro Outputeinheit t A ad-valorem Zoll auf Autos t C ad-valorem Zoll auf Komponenten P A - P C value added pro Outpteinheit 16
9 Exportsubvention: Eine Exportsubvention kann ebenso wie ein Zoll spezifisch sein oder ad-valorm definiert sein. Ausdehnung der Exporte bis der Inlandspreis den Auslandspreis genau um die höhe der (spezifschen) Exportsubvention übertrifft. Wie beim Zoll gibt es auch hier eine 'Überwälzung', der Preis im Importland sinkt um weniger als die Subvention. 17 Fig. 8-9: Der Effekt einer (spezifischen) Exportsubvention 18
10 Tabelle 8-2: Kosten-Nutzenanalyse einer Exportsubvention Kosten Nutzen Konsumentenrente a+b Produzentenrente a+b+c Subventionskosten des Staates b+c+d+e+f+g Nettowohlfahrtsverlust: b+d+e+f+g Umverteilung von den Konsumenten zu den Produzenten. Effizienzverlust durch die Distorsion der Konsumenten und Produzentenentscheidungen Zusätzlich trägt der Staat die Subventionskosten, die auch den TOT-Verlust (Fläche e+f+g) beinhalten. Insgesamt reduziert die Exportsubvention die Wohlfahrt. 19 Die Europäische Agrarpolitik (CAP) Ursprüngliches Ziel: Garantie hoher und stabiler Preise für den europäischen Bauern. Interventionspreise, zu denen die EU Agrarprodukte aufkaufte, wenn der Marktpreis eine bestimmte Grenze unterschritt. Gleichzeitig gab es Zölle, um die Differenz zw. den EU- und den Weltmarktpreisen auszugleichen. In den 70er und 80er Jahre waren die Interventionspreise so hoch, daß Überschußangebot entstand, das die EU durch subventioniertet Exporte abbaute. Uruguay-Runde des GATT: die EU verpflichtete sich bis 2000 die Subventionen um ca. 1/3 zu senken. 20
11 Fig. 8-10: Exportsubvention in der Europäischen Agrarpolitik 21 Importquote: Die importierte Menge eines Gutes wird direkt beschränkt (Importlizenzen). Die Quote erhöht immer den Preis des importierten Gutes, weil im Marktgleichgewicht mit Weltmarktpreisen eine Überschußnachfrage erzeugt wird. Zu jeder Quote existiert einen äquivalenter Zollsatz. Keine Staatseinnahmen, sondern ein Quotenrente für die Lizenznehmer, weil sie zu günstigeren Preisen am Weltmarkt kaufen können. Für die Kosten-Nutzenanalyse ist es wesentlich, wem die Quotenrente zufällt. 22
12 Fig. 8-11: Der Effekt einer Importquote, der US-Zuckermarkt 23 Tabelle 8-3: Kosten-Nutzenanalyse einer Importquote Kosten Nutzen Konsumentenrente a+b+c+d 1.7 Produzentenrente a 1.1 davon Quotenrente c 0.4 davon Distorsion b+d 0.2 Nettowohlfahrtsverlust: b+c+d 0.6 Nettowohlfahrtsverlust (immer). Auf Distorsionen auf der Produzenten- und Konsumentenseite entfällt ein relativ geringer Anteil des Wohlfahrtsverlustes. Eine kleine Gruppe von Produzenten profitiert stark (Äquivalent von $ je Beschäftigten). Die Konsumenten verlieren insgesamt viel, je Person aber relativ wenig (25$ pro Jahr für eine amerikanische Durchschnittsfamilie). 24
13 Freiwillige Exportbeschränkungen (VER): Quote, die ein Land freiwillig auf seine Exporte anwendet (z.b. Japan auf die seine Autoexporte in die USA). VERs sind Importquoten. Die Quotenrente fällt dem Exportland zu, VERs sind daher relativ teuer für das Importland. 25 Local Content Reqirements (Lokale Ursprungsregeln): Ein best. Anteil der Vorprodukte für ein Produkt muss im Inland erzeugt werden, damit es als inländisch gilt. Häufig in Entwicklungsländern angewandt. In der EU spiel(t)en sie im Handel mit Osteuropa eine Rolle. Ähnlich Effekte wie eine Quote auf Vorprodukte. Aber ein Unternehmen kann mehr Vorprodukte importieren, wenn es gleichzeitig auch mehr im Inland kauft. Weder Staatseinnahmen noch Quotenrenten. Weitergabe der Kostenersparnis aus den Import günstigerer Vorprodukte an die Konsumenten in Form niedrigerer Preise. 26
14 Subventionierte Exportkredite: wirken wie eine Exportsubvention mit dem Unterschied, dass der Faktor Kapital begünstigt wird (und möglicherweise zu verstärkter Substitution von Arbeit, d.h. kapitalintensiveren Produktionsprozessen führt). Häufig werden auch Exportgarantien angeboten, die gegen Zahlungsausfall absichern. Internationale Vereinbarungen beschränken seit 1996 die Vergabe auf Garantien für nichtmarktfähige Risken. 27 Nationales Beschaffungswesen: Bevorzugung heimischer Unternehmen durch die Regierung oder durch von der Regierung regulierte Unternehmen, obwohl Importe billiger wären. Im Rahmen des Binnenmarkts gibt es normierte EUweite Ausschreibungsregeln. Red-tape barriers: Maßnahmen, welche die Importe ohne die Anwendung von Zöllen, Quoten etc, restringieren. Bürokratische Hürden und Prozeduren, Standards, Konsumentenschutzregeln können solche, oft substantielle Handelsbarrieren darstellen. 28
15 Tabelle 8-6 : Die wichtigsten Instrumente der Handelspolitik Zoll Exportsubvention Importquote Freiwillige Exportbeschränkung Produzentenrente Konsumentenrente Staatseinnahmen Quotenrente 0 Quotenrente Gesamtwohlfahrt +/- - falls kleines Land - +/- - falls kleines Land Die politische Ökonomie der Außenhandels - Argumente für und gegen liberalisierten Außenhandel Effizienzsteigerung: Handelsbarrieren führen zu Distorsionen der Produzenten- und Konsumentenentscheidungen. Quantitativ sind die Wohlfahrtsgewinne für große (wenig offene) Länder eher klein. In kleinen Ländern mit sehr protektionistischer Handelspolitik betragen die Wohlfahrtsverluste (nach K.O.) bis zu 10% des (potentiellen) Volkseinkommen. 30
16 Größere Handelsgewinne bei steigenden Skalenerträgen (siehe Kap. 5). In (durch Protektionismus) geschützten Märkten wird der Wettbewerb reduziert und die Profite der Unternehmen (die Marktmacht) erhöht. Wenn die Markteintrittsschranken gering sind, gibt es zu viele zu kleine Unternehmen im Markt, welche die Skalenerträge nicht vollständig ausschöpfen können. 31 Größere Wettbewerbsintensität Stärkerer Anreiz für die Unternehmen neue Auslandsmärkte zu bearbeiten. Stärkerer Anreiz zu Innovationen (Erhöhung der Produktivität und Entwicklung neuer Produkte). Spillovers durch internationalen Handel gibt es mehr Möglichkeiten für Spillovers zwischen in- und ausländischen Unternehmen (Lerneffekte, Technologietransfer). 32
17 Ein politisches Argument: Die Handelspolitik wird häufig durch kleine, sehr gut organisierte Interessensgruppen dominiert, die gesamtwirtschaftliche Kosten-Nutzen-Argumente treten in den Hintergrund. Auch wenn selektiv eingesetzte Zöllen und Exportsubventionen in manchen Fällen die Wohlfahrt erhöhen, besteht die Gefahr, daß Interessensgruppen dieses handelspolitische Instrumentarium als Mittel der Umverteilung umfunktionieren. K.O. argumentieren, daß es in diesem Fall u. U. besser ist, Freihandel ohne Ausnahmen zu vertreten. 33 Die Einführung des EU-Binnemarkts: Ein anschauliches Beispiel für die Diskussion um die Wohlfahrtsgewinne der Handelsliberalisierung. Die EU war 1992 bereits eine Zollunion (keine Zölle im Intra-EU Handel, gleicher Zollsatz gegenüber Drittländern). Abbau von Nicht-tarifären Handelsbarrieren für weitere Wohlfahrtsgewinne: Formalitäten u. Wartezeiten an den Grenzen, unterschiedliche Regulierungen, Standards, öffentliche Beschaffung, etc.). Harmonisierung von Standards u. Vorschriften. Ziel: größere Wettbewerbsintensität und ein größeres 34 Potential für die Nutzung von Skalenerträgen.
18 Der EU-Beitritt Österreichs: Für Österreich schätzt Breuss einen Wohlfahrtsgewinn von 1,91% des BIP kumuliert über die Jahre aus dem EU-Beitritt: Zollunion zw. EU und EFTA-Mitgliedern im Rahmen des Europäischen Wirtschaftsraumes wurde nie wirklich realisiert. Für Ö. hatte daher der Beitritt zur EU zusätzliche positive Wohlfahrtseffekte (Wegfall der Zollformalitäten, die ja in einer Freihandelszone weiterhin anfallen). 35 Tabelle 8-7: Österreichs zur EU-Mitgliedschaft % des kumulativen BIP Nettozahlungen an die EU Transaktionskosten im Außenhandel Regierung Reduktion der Subventionen für die Land - wirtschaft in der Transition zur CAP Zolleinnahmen Konsumentenrente Preisreduktion bei Nahrungsmitteln Zollreduktion gegenüber Dritt-Ländern durch den Eintritt in die Zollunion andere trade creation and Trade diversion Effekte Produzentenrente Landwirtschaft Lebensmittelhandel Gesamtwohlfahrtseffekt 1.91 Konsumentenrente je Haushalt Gesamtwohlfahrtseffekt pro Einwohner
19 Ein Argument gegen Freihandel - der Optimalzoll: Ein großes Land kann durch einen Zoll seine TOT verbessern, weil die Importpreise (ohne Zoll) sinken. Ein hinreichend kleiner Zoll kompensiert die Wohlfahrtsverluste aus den Distorsionen der Konsumenten- und Produzentenentscheidungen. Bei einem zu hohen Zoll überwiegen die negativen Wohlfahrtseffekte, die Zolleinnahmen sinken trotz höherer TOT aufgrund des abnehmenden Importvolumens Optimalzoll. Aber eher theoretische Möglichkeit u. geringe Bedeutung in der Handelspolitik. 37 Fig. 8-12: Der Optimalzoll eines großen Landes, das seine TOT beeinflussen kann 38
20 Marktversagen als Argument gegen den Freihandel: Die Konsumenten- u. Produzenten maximieren ihren eigenen Nutzen und nicht den sozialen Nutzen. Es gibt zusätzliche Erträge (Kosten) für die gesamte Volkswirtschaft, welche in den Entscheidungen einzelner Wirtschaftssubjekte unberücksichtigt bleiben. Bei Marktversagen erfassen die Konsumenten- und Produzentenrente die sozialen Kosten und Nutzen unvollständig. Die Kosten-Nutzenanalyse zur Bewertung handelspolitischer Instrumente führt bei Marktversagen zu unkorrekten Schlüssen. 39 Beispiele für Marktversagen: Beschäftigte werden durch verstärkte Importe in die Arbeitslosigkeit gedrängt (mangelnde Lohnflexibilität, Mobilitätshemmnisse). Unvollkommenheiten am Kapitalmarkt: Investitionen fließen nicht in die Sektoren mit der höchsten Rentabilität. Spillovers durch Lerneffekte erhöhen die Grenzerträge für die Volkswirtschaft als ganzes, nicht unbedingt aber jene eines einzelnen Unternehmens. domestic market failure in K.O. 40
21 Fig. 8-13: Marktversagen als Argument für einen Zoll Ähnlich wie beim Optimalzoll kann man argumentieren, dass bei externen Effekten ein hinreichend kleiner Zoll die Wohlfahrt verbessert und damit gerechtfertigt ist. 41 Die 'Theorie des Zweitbesten' (theory of the second best). Eine wirtschaftspolitische Maßnahme, die zu Distorsionen führt, kann dann gerechtfertigt sein, wenn damit das Marktversagen in einem anderen Markt korrigiert wird. Wenn die 'erst beste' Lösung nicht durchführbar ist, könnte ein 'second best -Ansatz eine Verbesserung bringen (Bsp. Zollschutz einer arbeitsintensiven Industrie bei Arbeitslosigkeit). Angewandt auf die Handelspolitik: handelspolitische Instrumente kompensieren Marktversagen auf internen Märkten, der Außenhandel selbst gibt keinen Anlass für Interventionen. 42
22 Welche Argumente sprechen dann noch für Freihandel, angesichts der vielen diagnostizierten Fälle von Marktversagen? Marktversagen soll dort korrigiert werden, wo es entsteht. Produktionssubventionen anstelle des Zolls würde nicht zu einer Preiserhöhung führen (der Verlust an Konsumentenrente (Fläche b) könnte vermieden werden. Generelles Prinzip: second best-ansätze generieren unbeabsichtigte Distorsionen, daher sollte der Einsatz eines handelspolitischen Instruments immer mit internen Lösungsansätzen verglichen werden. 43 Marktversagen ist empirisch schwierig zu diagnostizieren (genaue Details des Marktversagens sind wichtig). K.O. iterieren: bei Uneinigkeit über die tatsächlichen Ursachen besteht die Gefahr, dass die Handelspolitik von kleine Interessensgruppen dominiert wird, welche die nationale Wohlfahrt überhaupt ignorieren. 'If market failures are not too bad to start with, a commitment to free trade might in the end be a better policy than opening up Pandoras's Box of a more flexible approach', K.O. p
23 Das Medianwählermodell: Reihung der Wähler nach der präferierten Zollhöhe (Medianwähler). 2 Parteien, die ihre Wählerstimmen maximieren. Beide werden das präferierte Zollniveau des Medianwählers, t M, vorschlagen. Impliziert freien Güterhandel, weil die Konsumenten in der Mehrheit sind. Olsen: Collective Action, die politische Aktivität für eine bestimmte Gruppe ist ein öffentliches Gut ->underprovision. 45 Fig. 8-14: Zollhöhe und Medianwähler 46
24 8.3 Institutionen der Handelspolitik. Die Handelsliberalisierung der vergangenen Jahre wurde durch internationale Abkommen (GATT, WTO) erreicht. Reduktion der Protektion der eigenen Importkonkurrierenden Industrie und im Gegenzug Liberalisierung der Exportmärkte. Vorteil: Exportindustrie als Gegengewicht zur Importindustrie Verhinderung von Handelskriegen (Retaliation): Lösung des Gefangenendilemmas durch Verhandlungen 47 Fig. 8-15: Reduktion des durchschnittlichen Zollsatzes der USA 48
25 Fig. 8-16: Gefangenendilemma 49 Internationale Handelsabkommen: Bi- oder multilaterale Verträge: 2 oder mehr Staaten verpflichten sich zur gegenseitigen, begrenzten Marktöffnung (Zollabbau). Most favoured Nation-Status (MFN): Ein Land gewährt allen Handelspartnern, die günstigste Regelung, die es irgend einem anderen Land gewährt. Freihandelszone: Keine Zölle im Handel innerhalb der Freihandelszone, aber keine gemeinsamen Außenzölle gegenüber Drittstaaten (Grenzkontrollen, Local Content-Regelungen). Zollunion: keine Zölle innerhalb, gemeinsame Zölle gegenüber Dritten, d.h. gemeinsame Handelspolitik 50
26 GATT- und WTO: vor 1945: vereinzelt bi-und multilaterale Abkommen. Im Zuge der Gründung der UNO: GATT (General Agreement on Tariffs and Trade); Seither wichtige GATT-agreements: Kennedy (1967) u. Tokyo- Runde (1979): Reduktion des Ø-Zollsatzes, Abbau nicht-tarifärer Handelshemmnisse. Uruguay-Runde (1994): Liberalisierung von Agrarund Textilhandel, Überführung in WTO (WTO- Ministerrat, beschleunigtes Streitschlichtungsverfahren). Seattle, Doha, GATS. 51 Verbot v. Exportsubventionen (Ausnahme Agrargüter) Verbot von unilateralen Importquoten market disruption ). (außer bei Jeder neue Zoll oder jede Zollerhöhung muss durch eine Zollsenkung in einem anderen Bereich kompensiert werden. Most favoured Nation-Status (Meistbegünstigungsklausel): Ein Land hat allen Handelspartnern, die günstigste Regelung zu gewähren, die es irgend einem anderen Land gewährt (Zollunionen und Freihandelszonen sind ausgenommen). 52
27 Die Anliegen der Wirtschaftskammer Österreich an die neue WTO-Verhandlungsrunde: DOHA-Memorandum: Es ist ein akzeptables Gesamtpaket für den Beginn von inhaltlichen Verhandlungen anzustreben. Dabei ist darauf zu achten, dass der derzeitige WTO-Rechtsbestand, nicht wieder zur Diskussion gestellt und womöglich verwässert wird. Zollsenkungen: Trotz der Tatsache, dass in den letzten Jahrzehnten die Zölle der Industriestaaten für industriell-gewerbliche Waren im Rahmen des GATT und der WTO auf einen durchschnittlichen Satz von 3,6% in der EU gesenkt wurde, heben einige WTO-Staaten noch immer Spitzenzölle von 30%, 40% und mehr ein. Eine spürbare Senkung der Industriezölle sollte im Rahmen neuer Verhandlungen für alle Waren und nicht sektorspezifisch vorgenommen werden. 53 Handelserleichterungen: Unsere Firmen klagen sehr oft zu recht über die Phantasie der öffentlichen Verwaltungen, wenn es darum geht, durch Normen und Standards, Kennzeichnungsvorschriften, Genehmigungsverfahren, Zollvorschriften, Bestimmungen im Zahlungsverkehr etc. oft unüberbrückbare, nicht tarifäre Handelshemmnisse aufzubauen. Einige dieser Vorschriften werden bereits vom Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommen (GATT), den WTO-Abkommen erfasst. Zukünftige weitere Verhandlungen sollten insbesondere zur Vereinfachung von Zollverfahren führen. Investitionen: Es sollten multilaterale Regeln über die stufenweise Liberalisierung grenzüberschreitender Investitionen nach dem Positivlistenmodell, va. im Warenbereich, angestrebt werden. Dabei sind die Prinzipien der Nicht-Diskriminierung, Transparenz, des Investitionsschutzes und der Zulassung von Schlüsselpersonal zu beachten. 54
28 Wettbewerb: Alle WTO-Staaten sollen sich eine transparente Wettbewerbsordnung nach einheitlichen Grundsätzen wie Rechtssicherheit, Diskriminierungsverbot und Gleichbehandlung geben. Die gegenseitige Information und Kooperation der nationalen Wettbewerbsbehörden sowie die Erarbeitung einheitlicher Definitionen wettbewerbswidriger Praktiken sollte die WTO regeln. Dienstleistungen: Die WKÖ tritt dafür ein, dass auch andere Länder vergleichbar liberale Marktzugangsverpflichtungen eingehen. In dieser Hinsicht ist eine weitere Liberalisierung bei den Dienstleistungserbringungsarten 1 (Lieferung über die Grenze), 2 (Konsum im Ausland) und 3 (Niederlassung juristischer Personen mit Schlüsselpersonal) notwendig. Eine weitere Liberalisierung jener Dienstleistungen (mit dem Verkehr natürlicher Personen verbunden, mode 4), wird in der gegenwärtigen Situation politisch nicht als vertretbar und konsensfähig angesehen (Wettbewerbsbedingungen, Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt etc). 55 Landwirtschaft: Für eine Vielzahl von Betrieben stellen die Exporterstattungen so lange einen unverzichtbaren Ausgleich dar, als ihre Wettbewerbsfähigkeit aufgrund verschiedener Preisverhältnisse innerhalb und außerhalb der EU nicht gegeben ist. Darüber hinaus muss um künftig auf Drittlandsmärkten wettbewerbsfähig zu sein bzw. zu bleiben die Differenz zwischen den hohen EU-Preisen und den grundsätzlich niedrigeren Weltmarktpreisen weiterhin voll ausgeglichen werden. In diesem Zusammenhang ist der administrative Aufwand für Firmen und Behörden zu vereinfachen. Umwelt und Soziales: Wir fordern eine klare Definition jener Bedingungen, unter denen Umwelt- und Arbeitnehmer-Anliegen in der WTO berücksichtigt werden können. Diesbezüglich ist die drohende Kollision von WTO-Regeln mit sog. Multilateralen Umweltabkommen (MEAs) unbefriedigend. Internationale Handelsund Umweltregeln sollen gleichrangig und einander ergänzend 56 nebeneinander anwendbar sind.
29 Geistiges Eigentum (TRIPs):...Prinzipiell hat auch in zukünftigen Verhandlungen die Hauptfunktion des TRIPs im Schutz geistiger Eigentumsrechte zu liegen.... So würde eine in Doha verabschiedete interpretative Erklärung der Ministerkonferenz zum Thema Zugang zu Medikamenten ein wichtiges positives Signal an die Entwicklungsländer darstellen. Öffentliches Auftragswesen: Die Beschränkung des Entwurfes der Ministererklärung auf ein Transparenzabkommen ohne Ausweitung des Anwendungsbereiches auf weitere Mitglieder und Sektoren wird ausdrücklich begrüßt. 57 Präferentielle Handelsabkommen (Freihandelszone, Zollunion): Die Wohlfahrtseffekte sind durch zwei Aspekte bestimmt: Handelsschaffung (Trade creation): Ausweitung des Außenhandels innerhalb der Zollunion aufgrund des Zollabbau (positiv). Handelsumlenkung (Trade diversion): Günstige Importmöglichkeiten aus einem Drittland fallen durch den gemeinsamen Außenzoll weg und werden durch Importe aus der Ländern der Zollunion ersetzt (negativ). 58
30 8.4 Competitiveness und strategische Handelspolitik The competitiveness is essential for the welfare of its citizens. It means output growth and high rates of employment in a sustainable environment (EU 2000). Nationen konkurrieren am Weltmarkt um Marktanteile (extrem: der Erfolg eines Landes bedeutet den Mißerfolg eines anderen Landes - Widerspruch zu AH-theorie). Handels- und industriepolitischen Maßnahmen zur Erhöhung der Produktivität und Unterstützung erfolgversprechende Sektoren. Identifikation dieser Sektoren Ohne Intervention der Wirtschaftspolitik fließen zu 59 wenige Ressourcen in diese Sektoren. Welche Branchen sind industriepolitisch zu fördern? Industrienbranchen mit hoher Wertschöpfung je beschäftigter Person: Ein wesentlicher Grund für eine hohe Wertschöpfung je Beschäftigten ist die Kapitalintensität einer Industrie. abnehmendes Grenzprodukt des Kapitals: meist Industrien mit niedriger Wertschöpfung je eingesetzter Einheit Kapital. High-Tech-Industrien (z.b. Elektroniksektor) zählen häufig nicht zu den kapitalintensivsten. 60
31 Hochlohn - Industrien: Befürchtung, daß gut bezahlte Jobs in der Sachgütererzeugung verloren gehen und nur schlecht bezahlte Jobs im Dienstleistungssektor neu entstehen (De-Industrialsierung). Gesamtwohlfahrt steigt, wenn Beschäftigte vom einem Sektor mit niedrigem in einen Sektor mit hohem Grenzprodukt wandern. Aber eher geringe Einkommensverluste durch Jobwechsel aufgrund des Außenhandel (K.O. 0.1% des Volkseinkommens) 61 Fig. 8-17: Lohndifferentiale 62
32 High-Tech Industrien: Der Unternehmenserfolg hängt von Innovationen und deren Entwicklung zu marktreifen Produkten ab (hohe F&E-Quote). Hohe Löhne, wenig kapitalintensive Produktion, aber hohe Qualifikation der Beschäftigten. Ökonomisches Argument zur Unterstützung dieser Sektoren liegt im technischen Fortschritt und in den Spillovers, die sie erzeugen (Appropriability). Politik soll an der Ursache des Markversagen ansetzen (z.b. keine Subvention der Investitionen, sondern der Forschung). Quantifizierung schwierig. 63 Strategische Handelspolitik: Konzentrierter, oligopolistischer (Welt-)Markt. Brandner und Spencer (1985): ein Land kann durch handelspolitsche Maßnahmen die Profite der Konkurrenten abzuschöpfen. Vereinfachtes Beispiel: Boeing vs. Airbus jedes Unternehmen erzielt Profite, wenn es allein am Markt ist. beide Unternehmen machen Verluste, wenn beide in den Markt eintreten. Nash-GW: ein Unternehmen ist am Markt, welches hängt von den 'first mover advantages' ab. 64
33 Fig. 8-18: Airbus contra Boeing, die Ausgangssituation Fig: 8-19: Exportsubvention für Airbus 65 Fig. 8-20: Airbus vs. Boeing bei technologischem Vorsprung von Boeing 5 Fig. 8-21: Exportsubvention für Airbus bei technologischem Vorsprung von Boeing 66
34 Die 'richtige Höhe' der Subvention muss gefunden werden. Die strategische Handelspolitik funktioniert für ein Land nur, wenn das andere Land nicht auch subventioniert, eigentl. 'beggar my neighbour policy. Für die Exportsubvention werden Mittel benötigt, die in anderen Bereichen möglicherweise besser eingesetzt werden könnten. Praktisch: sehr vielfältige Ansätze, welche über die Brander/Spencer Argumente hinausgehen, Bsp. für strategische Handelspolitik am ehesten Japan u. USA. 67
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