Energie braucht Impulse. Caroline Heidorn, Dr. Kai Hufendiek, Dr. Frieder Kalisch. EnBW Trading GmbH, Karlsruhe
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- Nadja Hummel
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1 Erweiterung des Convenience-Yield- Modells für die Preisbildung von Rohöl um den Preiseinfluss verfügbarer Förderkapazitäten Internationale Energiewirtschaftstagung an der TU Wien Februar 2009, Wien/Österreich Caroline Heidorn, Dr. Kai Hufendiek, Dr. Frieder Kalisch EnBW Trading GmbH, Karlsruhe Energie braucht Impulse
2 Index Motivation und zentrale Fragestellung Die jüngste Entwicklung des Rohölmarktes Das stochastische Zwei-Faktor-Modell und die Theory of Storage Ökonomische Interpretation des Zwei-Faktor-Modells Erweiterung des Preismechanismus um eine mittel- bis langfristige Knappheitsrendite Schlussfolgerungen 2 Internationale Energiewirtschaftstagung an der TU Wien, Februar 2009, Wien/Österreich
3 Motivation und zentrale Fragestellung Der Ölmarkt ist der Leitmarkt für Brennstoffe. Verständnis und Modellierung der Ölpreismechanismen sind wichtig für z. B. Hedgestrategie oder Investitionsentscheidungen eines Unternehmens. Ölpreise haben außerdem eine makroökonomische Dimension, sowohl für Anbieter- als auch für Nachfragerstaaten. Das stochastische Zwei-Faktor-Modell von Gibson und Schwartz (1990) beschreibt den Ölpreisverlauf als deterministischen Trend mit stochastischen Schwankungen. Theoretische Grundlage dieses Modells ist die Theory of Storage, in der die Lagerbestände einer Commodity eine entscheidende Rolle spielen. Die Preisbewegung der letzten fünf Jahre unterstützt das Modell der Mean Reversion mit Trend jedoch nicht. Die Gültigkeit dieses Modells wird vor dem Hintergrund aktueller Marktentwicklungen geprüft und eine Erweiterung vorgeschlagen, in der der Ölpreistrend durch freie Kapazität und Lagerbestände bestimmt wird. 3 Internationale Energiewirtschaftstagung an der TU Wien, Februar 2009, Wien/Österreich
4 Die jüngste Entwicklung des Ölmarktes... Der Ölmarkt entwickelte sich zu einem komplexen System aus Spot-, Forward und Futuresmärkten für die Referenzsorten. Der Futureshandel für Rohöl deckt mit immer höheren Laufzeiten einen immer längeren Zeithorizont ab. Fusionswelle privater Ölförderkonzerne Ende der 1990er/ Anfang der 2000er Jahren. Immer mehr Länder verstaatlichen die Erdölförderung (Venezuela 2004, Russland 2004, Bolivien 2006, Libyen 2009?), z. T. ohne im eigenen Land über genügend Know-how zu verfügen. Hohe Decline-Raten und stagnierende Förderung in den Staaten der non-opec. Gleichzeitig geringerer Kapazitätsausbau der OPEC aufgrund hoher freier Kapazitäten in den 1990er Jahren. Steigende Kosten für Exploration, Entwicklung und Förderung. Hohe Unsicherheit über (zukünftige) Förderkapazitäten sowie langfristige Grenzkosten. Sinkende Investitionsanreize und möglichkeiten. 4 Internationale Energiewirtschaftstagung an der TU Wien, Februar 2009, Wien/Österreich
5 und ihre Folgen auf den Rohölpreis USD/bbl Seit Anfang der 2000er Jahre steigt der Rohölpreis im Vergleich zu den 1990er Jahren außergewöhnlich stark an Jan 90 Jan 91 Jan 92 Fron Month Brent (ICE) [USD/bbl] Spare Capacity [mbpd] Jan 93 Jan 94 Jan 95 Spare Capacity vs. Rohölpreise Jan 96 Jan 97 Jan 98 Jan 99 Jan 00 Jan 01 Jan 02 Jan 03 Jan 04 Jan 05 Jan 06 Jan 07 Jan mbpd OPEC Spare Capacity als Verfügbarkeitsmaß Die OPEC hat den Anreiz, freie Kapazität (Spare Capacity) vorzuhalten, um ihre Marktmacht zu bewahren. In der non-opec werden Upstream-Kapazitäten üblicherweise zu 100% ausgelastet. Kurzfristige Erhöhung der Förderung auf Kosten der freien Kapazität entlastet den Markt, langfristig verlangt der Ölmarkt jedoch ein gewisses Niveau an freier Kapazität. 5 Internationale Energiewirtschaftstagung an der TU Wien, Februar 2009, Wien/Österreich
6 Die Theory of Storage und das stochastische Zwei-Faktor-Modell Die Theory of Storage beschreibt den Zusammenhang zwischen Spot- und Futurespreisen für speicherbare Commodities (v. a. Kaldor (1939), Working (1948, 1949) und Brennan (1958)): F t, T o = S t o e ( r δ )( T t 0 ) mit F Futurespreis, S Spotpreis, r risikofreier Zins, δ Convenience Yield. Convenience Yield (Verfügbarkeitsrendite) = Nutzen, den ein Halter physischer Rohölvorräte im Vergleich zum Halter eines Terminkontraktes hat. Hohe Lagerbestände führen zu einem niedrigen Convenience Yield und umgekehrt. Zwei-Faktor-Modell von Gibson und Schwartz (1990): Spotpreis des Rohöls folgt einer Geometrischen Brownschen Bewegung, der Convenience Yield einem Ornstein-Uhlenbeck-Prozess (Mean Reversion). 6 Internationale Energiewirtschaftstagung an der TU Wien, Februar 2009, Wien/Österreich
7 Formulierung des Zwei-Faktor-Modells Grundmodell: ds = ( μ δ ) dt + σ1dz1 S dδ = κ( α δ ) dt + σ 2dz dz dz = ρdt mit μ deterministischer Trend, κ Geschwindigkeit der Mean Reversion, α Gleichgewichtsniveau des Convenience Yields, σ 2 Volatilität des Convenience Yields, σ 1 Volatilität des Spotpreises, dz i Wiener Inkremente, ρ Korrelation der Wiener Prozesse. Risikoneutrale Betrachtung: dδ = ds S ( κ( α δ ) λ) dz mit Zins r und Marktpreis des Risikos λ. = ( r δ ) dt + σ dz * 1 dz * 2 1 * dt + σ 2dz = ρdt 1 * 2 7 Internationale Energiewirtschaftstagung an der TU Wien, Februar 2009, Wien/Österreich
8 Bildet das Zwei-Faktor-Modell den Ölpreis korrekt ab? Der Preisverlauf weicht jedoch von einem konstanten Trend mit Mean Reversion deutlich ab. Identifikation von zwei Beobachtungszeiträumen, 1. Zeitspanne mit geringem deterministischen Trend. Die Förderkapazität ist ausreichend verfügbar. 2. Zeitspanne mit steilem Preisanstieg bei knapper freier Kapazität. Brent Front Month ICE USD/bb Jul 92 Jul 93 Jul 94 Jul 95 Jul 96 Jul 97 Jul 98 Jul 99 Jul 00 Jul 01 Jul 02 Jul 03 Jul 04 Jul 05 Jul 06 Jul 07 Jul 08 Maximum-Likelihood-Schätzung der Parameter des jeweiligen Beobachtungszeitraums erfolgt mit Hilfe des Kalman-Filters. Ergebnis sind zwei Parametersätze 07/ /2000 und 01/ / Internationale Energiewirtschaftstagung an der TU Wien, Februar 2009, Wien/Österreich
9 Ergebnisse der Parameterschätzung für die identifizierten Zeitbereiche Parameter\ 07/ / / /2008 Zeitspanne κ (1/m) Geschwindigkeit der Mean Reversion 0,04 0,03 HWZ (m) Halbwertszeit eines Schocks 8,05 10,12 σ 1 (%/y 1/ ²) Jahresvolatilität Spot (%) 29,22% 38,76% σ 2 (1/m³ / ²) Volatilität des Convenience Yields 0,0046 0,0042 ρ Korrelation der Fehler 1 α (1/m) Gleichgewichtsniveau des Convenience -0,0284-0,0172 Yields μ (1/m) Deterministischer Trend des Spotpreises -0,0192 0,0048 λ (1/m²) Marktpreis des Convenience-Yield-Risikos 0 r (% p.m. // % p.a.) Risikofreier Zinssatz 0,327 // 4,0 Geringere Geschwindigkeit der Mean Reversion κ ; Anstieg der Halbwertszeit eines Schocks von rund 8 auf gut 10 Monate. Jahresvolatilität des Spotpreises σ 1 ist von 29,22% auf 38,76% gestiegen. Deterministischer Preistrend μ sowie erwarteter durchschnittlicher Preistrend (μ-α) sind ebenfalls angestiegen. 9 Internationale Energiewirtschaftstagung an der TU Wien, Februar 2009, Wien/Österreich
10 Überprüfung der Gültigkeit der Theory of Storage Bei einem kurzfristigen Preis- oder Mengenschock lösen die Marktteilnehmer einen Teil ihrer Lager auf, um Preise bzw. Mengen zu glätten. Je kleiner der physische Lagerbestand, desto wertvoller ist der Besitz des physischen Gutes, d.h. desto höher der Convenience Yield. Modellierung des Zusammenhangs zwischen OECD-Lagerbeständen L t und Convenience Yield als AR(1)-Prozess: (***) (*) = 0,874 δ t 1-8,232 (*) Lt + ε δ, t δ t 0, Erwartungsgemäß inverser Zusammenhang zwischen Convenience Yield und Lagerständen; die Gültigkeit der Theory of Storage kann daher nicht widerlegt werden. 10 Internationale Energiewirtschaftstagung an der TU Wien, Februar 2009, Wien/Österreich
11 Erweiterung des Convenience-Yield-Modells Aufteilung in Kurz- und Mittelfristeffekte: Kurzfristige, reversible Schwankungen: Convenience Yield entsprechend der Theory of Storage. Mittel- bis langfristige Preisdeterminante: Freie Förderkapazität als Verfügbarkeitsindikator. Vorgehen: Trennung des Preisdrifts (μ-δ t ) in zwei Effekte: mit δ t monatl. (Lager-)Convenience Yield, δ t monatl. Knappheitsrendite. Die Knappheitsrendite δ t tritt erst ab 2001 auf. Für δ t wird ein linearer Trend angenommen. t t ' t ( μ δ ) = δ + δ '' t 11 Internationale Energiewirtschaftstagung an der TU Wien, Februar 2009, Wien/Österreich
12 Überprüfung des erweiterten Modells auf Konsistenz mit den empirischen Ergebnissen Die Regression des (Lager-)Convenience Yields δ t weiterhin einen negativen Trend ergeben: über die Lagerbestände muss ' (***) ' (**) t = δ t 1-6,632 (**) Lt + 0,017 δ 0,824 + ε ' δ Ergebnis: Die Theory of Storage gilt auch im erweiterten Modell. (Lager-)Convenience Yields der beiden Ansätze passen zusammen! Analog zum Convenience Yield: inverser Zusammenhang zwischen Knappheitsrendite und freien Förderkapazitäten SC t ; bei geringer freier Kapazität können Produzenten Schwankungen in Preis und/oder Menge kaum ausgleichen. '' ln( δ t ) = -0,21735 SCt + ε ''. δ, t Ergebnis: Der Trend ist negativ; die Regression bestätigt den erwarteten Zusammenhang. (***), t. 12 Internationale Energiewirtschaftstagung an der TU Wien, Februar 2009, Wien/Österreich
13 Zusammenfassung & Schlussfolgerungen Modellierung über rein stochastische Größen berücksichtigt nicht die fundamentalen Preisindikatoren diese haben jedoch u. U. einen deutlich höheren Erklärungsgehalt für die zukünftige Preisentwicklung. Kurzfristige Schwankungen lassen sich gemäß der Theory of Storage über die Lagerbewegungen bzw. den Convenience Yield erklären. Auf längere Sicht weisen die Ölpreise jedoch nicht unbedingt Mean Reversion zu einem konstanten Trend auf, da zusätzlich die Kapazitätssituation auf den Preistrend wirkt. Fundamentales Marktverständnis ist nötig, um ölpreisgebundene Investitionen, langfristige Derivate o. ä. hinreichend gut zu bewerten. 13 Internationale Energiewirtschaftstagung an der TU Wien, Februar 2009, Wien/Österreich
14 Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. 14 Internationale Energiewirtschaftstagung an der TU Wien, Februar 2009, Wien/Österreich
15 Backup-Folien 15 Internationale Energiewirtschaftstagung an der TU Wien, Februar 2009, Wien/Österreich
16 Effektiver monatlicher Spotpreisdrift (μ-δ) und durchschnittlicher erwarteter Spotpreisdrift (μ-α) 3,0% Spotpreisdrift (%) ,0% 1,0% 0,0% Dez 92 Sep 95 Jun 98 Mrz 01 Dez 03 Aug 06-1,0% μ-δ -2,0% μ-α -3,0% 16 Internationale Energiewirtschaftstagung an der TU Wien, Februar 2009, Wien/Österreich
17 Überschusskapazitäten und OPEC-Produktion OPEC-Produktion vs. freie Kapazität 8 7 Spare Capacity (mbpd) Call on OPEC (mbpd) 17 Internationale Energiewirtschaftstagung an der TU Wien, Februar 2009, Wien/Österreich
18 Preise des Convenience Yields und der freien Kapazität gegen den jeweiligen Regressor 2 Monatl. Price of Storage (USD2008/bbl) ab Januar 2001 USD2008/bbl p. m OECD Lagerbestände (mb) Monatl. Price of Spare Capacity (USD 2008 /bbl/bpd) ab Januar ,0 USD2008/bbl p. m. 2,0 1,0 0, OPEC Spare Capacity (mbpd) 18 Internationale Energiewirtschaftstagung an der TU Wien, Februar 2009, Wien/Österreich
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