Depression in den Lebensphasen Im Säuglingsalter: Anaklitische Depression bei mangelnder Zuwendung nach Protest. Symptome: Stimmung
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- Martina Klein
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1 Depression in den Lebensphasen Im Säuglingsalter: Anaklitische Depression bei mangelnder Zuwendung nach Protest. Kindheitsalter: Gehemmtheit und Rückzug, Trennungsängstlichkeit und Antriebsminderung. Im mittleren Kindheitsalter: Traurigkeit und Weinen Anhedonie wird an Spielunlust, Rückgang der Phantasiefähigkeit, an sozialem Rückzug und Schlafstörungen bemerkt. Weiters auftreten können Appetitstörung, Körpergewichtsverlust, Abnahme der Schulleistungen und Klagen über Müdigkeit und Passivität Depression, Trauer und Suizidalität im Kindes- und Jugendalter Späteres Kindheitsalter: Aus Todeswünschen und Vorstellungen können sich Suizidhandlungen ergeben. Jedoch auch psychomotorische Agitation, Unruhe, Ziellosigkeit. Beginnende Adoleszenz: Schon von niedrigem Selbstwert begleitet, übersteigertes Gefühl der Sinnlosigkeit, Leere, Versagen oder Schuldgefühle. Symptome: Stimmung Anhedonie Traurig Reizbar, dysphorisch Erniedrigtes Selbstwertgefühl Hoffnungslos, verzweifelt Schuldgefühle Affektarm Interesselosigkeit, Apathie Affektlabil Innere Unruhe, getrieben manisch Psychotische Symptome bei Depression: formale Denkstörungen Gedankenabreissen Gedankeneinschiebungen Gedankendrängen Grübeln Gehemmt, verlangsamt Eingeengt Psychotische Symptome bei Depression: inhaltliche Denkstörungen Halluzinationen: einzelne Sinne bishin zu szenischen Halluzinationen Geräusche- und Stimmenhören ICD-10: Einteilung der depressiven Syndrome F 30: Manische Störungen F 31: Bipolare Störungen F32.0 Leichte depressive Episode F 32.1 Mittelgradige depressive Episode F 32.2 Schwere depressive Episode ohne psychotische Symptome F32.3 Schwere depressive Episode mit psychotischen Symptomen F33 Rezidivierende depressive Störung F34.0 Zyklothymie F34.1 Dysthymie 1
2 Depressive (Ver)stimmung Umfasst immer Traurigkeit, manchmal zusammen mit Gefühlen wie Ärger, Angst, Schuld etc. Unspezifische Zeitperiode, meist eine Reaktion auf überfordernde Belastungen des Lebens (Verlust, Misserfolg,...) Verschwindet zumeist, wenn etwas Positives geschieht Häufige Stimmung im Jugendalter Eltern-Reports: 10 20% Self-Reports: 20 40% Mädchen erfahren häufiger depressive Verstimmung als Jungen Im Alter zwischen Jahren steigt depressive Stimmung an, erreicht ihren Höhepunkt bei Jahren, danach Abfall bis auf Erwachsenenlevel Depressive Episode Klinische Depressionen unterscheiden sich von erstgenannten durch Einbeziehung körperlicher Beschwerden Diagnose von Depression erfolgt nach Schweregrad und Dauer der Symptome Kriterien für eine klinische Depression Mindestens 5 Kriterien innerhalb der letzten 2 Wochen (in einem Ausmaß, das früher nicht gegeben war) Depressive Stimmung (über ganzen Tag) Desinteresse an gewöhnlichen Aktivitäten Gewichtsverlust Schlafprobleme Müdigkeit / Energieschwund Konzentrationsprobleme / Entscheidungsprobleme Gefühl von Wertlosigkeit Gedanken an Tod (Suizidale Tendenzen) Dysthymie min. 2 Symptome müssen bei Kindern & Jugendlichen seit 1 Jahr,bei Erwachsenen seit min. 2 Jahren auftreten Niedergeschlagenheit/Hoffnungslosigkeit mangelndes Selbstwertgefühl reduzierte Konzentrations- und Entscheidungsfähigkeit Müdigkeit, Energiemangel Ess- und Schlafstörungen eher geringfügigere depressive Symptome, die aber dennoch eine wünschenswerte Lebensführung im Alltag verhindern, dafür kontinuierlicher und längerer Verlauf Komorbidität 75% - 90% komorbide Störungen Depression und Angststörung: % Depression und Verhaltensstörung: % Depression und Essstörung, vor allem bei Mädchen (negatives Körperbild) Persönlichkeitsstörungen Substanzgebrauch Suizidale Tendenzen Suizidalität Suizidalität meint die Summe aller Denk- und Verhaltensweisen eines Menschen, die in Gedanken, durch aktives Handeln oder passives Unterlassen oder durch Handelnlassen den eigenen Tod anstreben bzw. als mögliches Ergebnis eines Handlung in Kauf nehmen. Wolfersdorf 1999 Erfolgreicher Suizid Psychiatrische Diagnose 80-90% Depressive Episode 50-70% Persönlichkeitsstörungen (Impulsivität) 30% Störungen des Sozialverhaltens (Aggression) 30% Alkohol und Drogen (7 x Risiko) 30% Schizophrenie und andere Psychosen 5% 2
3 Suizidalität im KJ-Alter Bei Jugendlichen: 2.häufigste Todesursache nach Unfällen Suizidversuch:Suizid=40:1 Suizide pro Alter Häufigkeit und Risiko 1% der Todesfälle (1 von 100 stirbt an Suizid) auf Suizidversuche kommt ein erfolgreicher Suizid 8-9% der Jugendlichen verüben einen Suizidversuch (2-3% ärztlich versorgt) 1% der Kinder verüben einen Suizidversuch häufigste Todesursache bei jährigen Männern, zweithäufigste bei Frauen 1 von 1,500 Jugendlichen stirbt an Suizid Ein Suizidversuch bei Jugendlichen erhöht die Gefahr eines Suizids im Erwachsenenalter um das 100-fache. 3
4 Präsuizidales Syndrom nach RINGEL, E. (1984) SCHÜTZ, J. (1994) Suizidfantasien Jedem Suizid geht eine intensive gedankliche Beschäftigung mit negativen, düsteren und pessimistischen Gedanken voraus. Suizidfantasien können zu Zwangsgedanken werden, einhergehend mit einer Flucht aus der Wirklichkeit. SCHÜTZ (1994) legt drei Phasen dar, wie Suizidfantasien ablaufen: 1. Phase: Der Gedanke, ich möchte tot sein. Alles ist grau und sinnlos. Dieser Gedanke kann aber wieder verschwinden, wenn ein kleiner Lichtblick am Horizont auftaucht. 2. Phase: Ich könnte mich selber töten. Der Gedanke, der anfänglich noch dem Willen unterliegt, kann später gegen den eigenen Willen zu einem zwanghaften Gedanken werden und das ganze Denken beherrschen. 3. Phase: Wie werde ich es tun und wann? Die Flucht aus der Wirklichkeit hat eingesetzt, die Rückkehr fällt sehr schwer. In diesem Stadium ist höchste Gefahr geboten. Oft wird zu diesem Zeitpunkt der Suizid bereits bis in die kleinste Einzelheit geplant. Psychodynamischer Ansatz (Selbstwertkrise) nach RINGEL, E. (1984) nach HENSLER, H. (1974) nach SCHÜTZ, J. (1994) 1. Stark verunsichertes Selbstgefühls: Kränkungen und Enttäuschungen (Verlusterlebnis) lösen ein Gefühl der Angst, der Bedrohung, der Verlassenheit und der Ohnmächtigkeit aus. 2. Einsetzen von Bewältigungsmechanismen: Zum Schutz des Selbstgefühls bedient sich der angstbesetzte und innerlich bedrohte Mensch in hohem Mass der Realitätsverleugnung und der Idealisierung der eigenen Person wie der anderen Menschen. 3. Beim Scheitern der Bewältigungsmuster greift er zu Fantasien vom Rückzug in einen harmonischen Primärzustand. 4. Umsetzung der Fantasien in eine Suizidhandlung: Um sein Selbstgefühl zu wahren und zu retten, setzt er seine Fantasie in Handlung um und will Sicherheit, Ruhe und Geborgenheit gewinnen. Psychodynamischer Ansatz (Selbstwertkrise) nach RINGEL, E. (1984) nach HENSLER, H. (1974) nach SCHÜTZ, J. (1994) Der Suizid ist eine Konfliktlösung, in der ein Zustand von Harmonie und Sicherheit gesucht wird. Die massive Krise im Selbstwertgefühl betrifft im Besonderen drei Bereiche: - Zweifel bezüglich der eigenen Männlichkeit oder Weiblichkeit (Sexualität) - Zweifel bezüglich Macht und Können (Schule, Beruf) - Zweifel bezüglich der eigenen Akzeptanz in der Gesellschaft schlechthin. Lerntheoretischer Ansatz Suizidales Verhalten ist in Familien, in Jugendkreisen und in den Massenmedien erlerntes Verhalten. Der Suizid wird als mögliches Problemlösungsverhalten erfahren. Man erhofft sich dadurch mehr Aufmerksamkeit und Zuwendung. Es ist eine Tatsache, dass Suizidhandlungen gehäuft auftreten, wenn solche aus der Umgebung bekannt sind. Der lerntheoretische Ansatz dient auch bei HOLDEREGGER (1990) in seiner Erforschung der hohen Suizidrate in Appenzell Innerrhoden als einer der möglichen Faktoren für die mit Abstand höchste Suizidrate der Schweiz. In SCHÜTZ (1994) wird dieser Ansatz als «Werther-Effekt» bezeichnet. Nach dem Erscheinen von Goethes «Die Leiden des jungen Werthers» stieg die Suizidrate an. 4
5 I. Erwägung Stadienhafter Ablauf der suizidalen Krisen (nach Pöldinger, 1988) II. Ambivalenz Biologisches Erklärungsmodell Serotonin-Hypothese Psychodynamische Faktoren: Aggressionshemmung Soziale Isolierung Suggestive Momente Suizide in der Umgebung Pressemeldungen Literatur, Film etc. Direkte Suizidankündigungen Hilferuf als Ventilfunktion Kontaktsuche III. Entschluss Indirekte Suizidankündigung Vorbereitung Ruhe vor dem Sturm Asberg 1976; Mann & Malone 1997 Lebensbelastungen bei Patienten mit Suizidversuchen Modell für suizidales Verhalten (nach Blumenthal und Kupfer, 1986) 20% Abwesenheit eines oder beider Elternteile durch Trennung, Scheidung oder Tod 19% Kinder psychiatrisch erkrankter Eltern 9% Disharmonie in der intrafamiliären Kommunikation 8% Mangel an intrafamiliärer emotionaler Wärme 6% unzureichende oder inkonsistente elterliche Kontrolle Frühe Hinweise direkte Drohung mit Selbstmord oder Formulierungen wie Ich wünschte, ich wäre tot. oder Meiner Familie würde es besser gehen, wenn ich nicht da wäre. ( ), Häufige Beschäftigung mit dem Tod (z.b. in Musik, Kunst oder persönliche Aufzeichnungen), Verlust eines Familienmitgliedes, Haustieres oder Partners durch Tod oder Trennung, Gravierende Veränderung des familiären Umfeldes (z.b. Arbeitslosigkeit, schwer Krankheit, Umzug oder Scheidung), Schlaf- oder Essstörungen, Drastisch sinkende Schulnoten und nachlassendes schulisches Interesse, Deutliche Verhaltensänderungen, Starker Ausdruck von Hilflosigkeit und Hoffnungslosigkeit, Rückzug von der Familie und Freunden, Persönlich wertvolle Gegenstände werden abgegeben und Serie von Unfällen und Risikoverhalten. (Steinberg 1996, zitiert nach Grob/Jaschinski 2003: 179) 29 Reaktionen direkte, aber ruhige Frage, ob der Jugendliche darüber nachdenkt, sich selbst zu verletzen. Ernsthaftigkeit des Vorhabens durch Fragen über Gefühle und das Ausmaß der Selbstmordgedanken klären. Wenn die Pläne sehr konkret sind ( ), sollte er (der Jugendliche) nicht mehr allein gelassen werden. Professionelle Hilfe ist hier notwendig. Zuhören und Unterstützen ohne falsche Versicherungen ( Es wird doch alles wieder gut. ) Den Jugendlichen ermutigen, professionelle Hilfe zu suchen und ihn dabei unterstützen. (Grob/Jaschinski 2003: 179) 30 5
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