Russian Tax and Legal News
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- Katrin Schmid
- vor 8 Jahren
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1 Aktuelle Informationen zu Recht und Steuern in Russland Russian Tax and Legal News Juni 2014 Reform der russischen Zivilgesetzgebung: Modernisierung des Gesellschaftsrechts Seit dem Jahre 2013 wurde in Russland eine große Reform der russischen Zivilgesetzgebung in mehreren Teilschritten umgesetzt. Der letzte nunmehr am 5. Mai 2014 verabschiedete Teil bezieht sich auf das Gesellschaftsrecht, die meisten Änderungen treten am 1. September 2014 in Kraft. 1. Neues Konzept der Rechtsformen juristischer Personen Alle juristischen Personen unterteilen sich nun in sog. Korporationen und unitäre juristische Personen. Neu: Korporationen Bei den ersteren haben deren Gesellschafter gesellschaftsrechtliche ("korporative"), d.h. Mitgliedschaftsrechte, während sich unitäre juristische Personen dadurch auszeichnen, dass ihre Gesellschafter Sachenrechte am Vermögen der juristischen Person innehaben (Art. 48 des Zivilgesetzbuches der Russischen Föderation - ZGB RF - in seiner neuen Fassung). Gewerblich tätige juristische Personen werden zudem unterteilt in Wirtschaftsgenossenschaften, Gesellschaften, Bauernwirtschaften / Farmwirtschaften, Wirtschaftspartnerschaften, Produktionskooperativen sowie staatliche und kommunale unitäre Unternehmen. Geschlossene Aktiengesellschaft (ZAO) wird abgeschafft Durch das Änderungsgesetz werden einige bisher bestehende Gesellschaftsformen abgeschafft, insbesondere die geschlossene Aktiengesellschaft (ZAO) sowie die Gesellschaft mit zusätzlicher Haftung (die in der Praxis bereits keine Bedeutung mehr hatte). Aktiengesellschaften (AO) bzw. generell Korporationen existieren nunmehr als öffentliche (d.h. börsennotierte) und nicht-öffentliche Gesellschaften. Anpassung bei bestehender ZAO mit erster Satzungsänderung Bestehende geschlossene Aktiengesellschaften und Gesellschaften mit zusätzlicher Haftung bedürfen jedoch keiner Umregistrierung beim Einheitlichen Staatlichen Register der juristischen Personen. Vielmehr werden auf sie die Vorschriften des ZGB RF über die neuen Organisationsformen angewendet. So müssen die bisherigen Gesellschaften mit zusätzlicher Haftung nunmehr als Gesellschaften mit beschränkter Haftung behandelt werden. Auf geschlossene Aktiengesellschaften werden die Vorschriften über die nichtöffentlichen Aktiengesellschaften angewendet, soweit sie von ihrer Tätigkeit her nicht den öffentlichen Aktiengesellschaften entsprechen. Mit der ersten Satzungsänderung sind die Gründungsdokumente an die neuen Regelungen anzupassen, was dann ins Einheitliche Staatliche Register juristischer Personen eingetragen werden muss. Eine Registrierungsgebühr wird nicht erhoben.
2 Juni Bis zur ersten Satzungsänderung werden auf bestehende geschlossene Aktiengesellschaften zudem die Regelungen des Aktiengesetzes über geschlossene Aktiengesellschaften (weiterhin) angewendet. Weitere neue Gesellschaftsformen Größeres Risiko der Haftung von Muttergesellschaften bei Zustimmung zu Rechtsgeschäften der russischen Tochtergesellschaft Mitgliedschaft in einer Selbstverwaltungsorganisation Der Katalog nichtkommerzieller Gesellschaften ist nunmehr abschließend geregelt. Außerdem wurden einige neue Organisationsformen eingeführt, etwa die Immobilieneigentümergemeinschaft (tritt an die Stelle der ehemaligen Wohnungseigentümergemeinschaft, umfasst aber zusätzlich noch Gartenbaugenossenschaften etc.) sowie Bauer- (Farm-) Wirtschaften. Eine mögliche Haftung von Muttergesellschaften - gesamtschuldnerisch mit der Tochter - kommt nach der neuen Regelung nun ggf. eher in Betracht als früher. Der alte Art. 105 ZGB RF sah bislang vor, dass eine Muttergesellschaft für Verbindlichkeiten der Tochtergesellschaft u. a. dann gesamtschuldnerisch haftet, wenn die Tochtergesellschaft aufgrund einer Anweisung der Muttergesellschaft gehandelt hat. Nach der neuen Regelung haftet die Muttergesellschaft für die Verbindlichkeiten der Tochter auch dann, wenn die Muttergesellschaft der Handlung ihrer Tochtergesellschaft lediglich zugestimmt hat. Dies kann für viele Zustimmungserfordernisse, die bislang zur Kompetenzbeschränkung des Generaldirektors in der Satzung einer russischen Tochtergesellschaft geregelt waren, eine Haftung der Muttergesellschaft begründen. Die praktische Umsetzung dieser Norm bleibt abzuwarten, gleichwohl sollte dieses Risiko bei Strukturüberlegungen und Organgestaltungen russischer Tochtergesellschaften nun stärker als früher berücksichtigt werden. Schließlich wird die Mitgliedschaft in einer Selbstverwaltungsorganisationen (SVO) zivilrechtlich explizit geregelt. Bisher sah das ZGB RF lediglich vor, dass in gesetzlich vorgesehenen Fällen die Ausübung bestimmter Tätigkeiten nur mit einer gültigen Lizenz erfolgen darf. Nun enthält Art. 49 Punkt 3 ZGB RF n. F. eine inhaltlich ähnliche Regelung, nach welcher bestimmte Tätigkeiten, die eine SVO-Mitgliedschaft voraussetzen, nur von SVO-Mitgliedern ausgeübt werden dürfen. 2. Gründung, Reorganisation (Umwandlung) und Liquidation juristischer Personen Weitere wesentliche Änderungen betreffen die Gründung, Reorganisation (Umwandlung) und Liquidation juristischer Personen. Gründungsbeschluss ausdrücklich geregelt Mustersatzungen Reorganisationsverfahren Anforderungen an Form und Inhalt des Beschlusses zur Gründung einer juristischen Person sind nunmehr ausdrücklich geregelt (Art ZGB RF n. F.). In der Praxis waren diese Anforderungen bislang nicht immer einheitlich interpretiert worden. Der Gründungsbeschluss muss nun Angaben zur Gründung, die Annahme der Satzung, das Verfahren, Umfang und Art der Vermögensbildung und die Wahl bzw. Berufung der Gesellschaftsorgane enthalten. Die Satzung ist grundsätzlich einziges statuarisches bzw. sog. Gründungsdokument einer juristischen Person. Zur Vereinfachung des Gründungsverfahrens ist nunmehr die Verwendung von Mustersatzungen zulässig. Personengesellschaften dürfen als Ausnahme ihre Tätigkeit allein auf Grundlage eines Gründungsvertrags ausüben. Die neuen Regelungen lassen außerdem eine gemischte Reorganisation, d. h. das gleichzeitige Zusammentreffen von mehreren Rechtsformen zu (Art. 57 Punkt 1 ZGB RF n. F). Dies soll zu einer Vereinfachung der Umwandlungsverfahren führen, weil nach den bisherigen Regelungen eine gemischte Reorganisation nur begrenzt möglich war. Damit das gewollte Ergebnis erreicht wurde, mussten bislang nicht selten mehrere Reorganisationen nacheinander durchgeführt und registriert werden. Außerdem ermöglichen die neuen Regelungen eine Reorganisation zwischen mehreren Unternehmen mit unterschiedlichen Organisationsformen, z. B. Fusion einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung (OOO) und Aktiengesellschaft (AO).
3 Juni Bisher war dies nur zwischen Gesellschaften derselben Rechtsform zulässig. Dies wird allerdings nicht unbegrenzt gelten. Eine Umwandlung etwa einer nichtkommerziellen Organisation in eine kommerzielle (und umgekehrt) ist nach wie vor nicht zulässig, eben so wenig eine Fusion beider Gesellschaftsformen. Ein Reorganisationsbeschluss kann gerichtlich für unwirksam erklärt werden. Ein entsprechender Antrag ist allerdings innerhalb von drei Monaten nach der Anmeldung beim Einheitlichen Staatlichen Register der juristischen Personen beim Gericht einzureichen. Eine Unwirksamkeitserklärung des Reorganisationsbeschlusses führt jedoch nicht automatisch zur Liquidation oder Unwirksamkeit einer durch Umwandlung neu entstandenen juristischen Person. Betroffene Personen können Schadensersatz verlangen (Art Punkt 4 ZGB RF n. F.). Hingegen wird die gesamte Reorganisation rückabgewickelt, soweit sie als nichterfolgt anerkannt wird (Art ZGB RF n. F.). Hierbei ist jedoch der Kreis der klageberechtigten Personen auf Gesellschafter beschränkt, die gegen die Umwandlung oder gar nicht mitgestimmt haben. Ferner werden die Rechte der Gläubiger von reorganisierten juristischen Person neu geregelt. Die gerichtlichen Liquidationsgründe sind zudem erweitert worden. Insbesondere kann das Gericht die Liquidation einer juristischen Person anordnen, die eine Tätigkeit ohne zwingende SRO-Mitgliedschaft ausübt (vgl. Art. 61 Punkt 3 ZGB RF). 3. Mehrere gesetzliche Vertreter Mehrere gesetzliche Vertreter mit Einzel- oder Gesamtvertretungsbefugnis Weitere Anpassungen in Einzelgesetzen zu erwarten und erforderlich Ab dem 1. September 2014 können zum ersten Mal mehrere gesetzliche Vertreter einer juristischen Person bestellt werden, die - wie auch in Deutschland - Einzelvertretungsbefugnis erhalten oder nur zur Gesamtvertretung berechtigt sind. Dies stellt eine erhebliche Abkehr von der bisher zentralen und kompetenzstarken Person des Generaldirektors im russischen Recht dar. Es bleibt abzuwarten, wie dieses Konzept in der Praxis aufgenommen wird - für ausländische Gesellschafter wird die Durchsetzung des Vier-Augen-Prinzips bei russischen Gesellschaften nun wesentlich einfacher. Insgesamt fehlen aber noch entsprechende Anpassungen an die bislang nur zivilrechtlichen Änderungen in den Gesetzen über die Gesellschaften mit beschränkter Haftung und über die Aktiengesellschaften sowie in verschiedenen Sonderregelungen und Einzelbestimmungen. 4. Form von Gesellschafterbeschlüssen Besondere Bestätigung durch Notar, Aktionärsregisterführer oder sämtliche Gesellschafter erforderlich Die Beschlussfassung einer Gesellschafterversammlung sowie die an der Beschlussfassung teilgenommenen Gesellschafter müssen künftig nach dem neuen Art Punkt 3 ZGB RF stets besonders bestätigt (beglaubigt) werden. Die Bestätigung kann bei russischen Aktiengesellschaften durch die mit der Führung des Aktionärsregisters und mit der Stimmzählung beauftragte Person vorgenommen werden. Bei der neuen nichtöffentlichen AO sowie der OOO kann die Beglaubigung zudem notariell erfolgen. Für eine OOO sind zusätzlich weitere Bestätigungsmöglichkeiten zulässig, wenn diese durch die Satzung der Gesellschaft vorgesehen oder durch eine einstimmige Entscheidung der Gesellschafterversammlung beschlossen worden sind. Als (nicht abschließende) Regelbeispiele für eine solche anderweitige Bestätigung führt das Gesetz die Unterzeichnung des Versammlungsprotokolls durch sämtliche oder durch nur einen Teil der Gesellschafter auf.
4 Juni Neue Regelungen zur Stammkapitaleinzahlung Mit einem Änderungsgesetz vom 5. Mai 2014 Nr. 120-FZ wurde die Stammkapitaleinzahlung bei Gesellschaften mit beschränkter Haftung geändert. Diese neuen Regelungen sind sofort in Kraft getreten. Stammkapital einer OOO bei Neugründung ist innerhalb von 4 Monaten ab Registrierung einzuzahlen Das Stammkapital einer OOO muss nun innerhalb von 4 Monaten nach Registrierung vollständig eingezahlt sein, bislang mussten bei Registrierung mindestens 50 % eingezahlt sein (diese Regelung gilt nach wie vor für russische Aktiengesellschaften). Damit entfällt grundsätzlich das Erfordernis der Eröffnung eines Stammkapitalkontos (russ. nakopitelnyj ŝet) vor der Registrierung der Gesellschaft, da das Stammkapital nun nach der Registrierung auf das Geschäftskonto eingezahlt werden kann. In der Praxis führt das zu einer erheblichen Vereinfachung und Beschleunigung des Gründungsverfahrens. Die Gründer können aber weiterhin frei bestimmen, ob das Stammkapital ganz oder teilweise bei Registrierung eingezahlt werden soll (dann auf ein entsprechendes Sonderkonto). Sacheinlagen sind im Übrigen nunmehr grundsätzlich zu bewerten, es gelten keine Schwellenwerte mehr. 6. Neue Regelungen zur Akkreditierung von Filialen und Repräsentanzen ausländischer juristischer Personen und deren Mitarbeiter Ab dem 1. Januar 2015 sind sämtliche Repräsentanzen und Filialen ausländischer juristischer Personen in Russland ebenso wie russische juristische Personen beim Einheitlichen Staatlichen Register der juristischen Personen zu registrieren. Ausgenommen sind Filialen und Repräsentanzen ausländischer Banken und juristischer Personen im Bereich der zivilen Luftfahrt. Erstere werden bei der Zentralbank der Russischen Föderation, letztere bei der Föderalen Agentur für Luftfahrt akkreditiert. Ab 1. Januar 2015 Umregistrierungspflicht für bestehende Filialen und Repräsentanzen Vom 1. Januar 2015 an müssen sich alle bereits bestehenden ausländischen Filialen und Repräsentanzen umregistrieren, soweit sie bereits akkreditiert worden sind und ihre Akkreditierungsfrist nicht bis zum 1. April 2015 abläuft. Insgesamt ist die Neuregelung zu begrüßen, da sie erstmals überhaupt eine gesetzliche Grundlage für die Registrierung von Repräsentanzen ausländischer juristischer Personen in Russland schafft und zudem eine Verbesserung und Beschleunigung des Verfahrens zu erwarten sein kann. Wie auch juristische Personen sollen Repräsentanzen und Filialen dann auch innerhalb von fünf Arbeitstagen ab Eingang des vollständigen und richtigen Antrags registriert werden. Die Registrierung ändert aber nichts am rechtlichen Status der Repräsentanzen und Filialen - sie sind nach wie vor keine juristische Person. Zudem sind ausländische Mitarbeiter von Filialen und Repräsentanzen ausländischer juristischer Personen sowie russische Staatsangehörige, die zu Filial- und Repräsentanzleitern bestellt werden, bei der Handels- und Industriekammer der Russischen Föderation zu akkreditieren. Diese Akkreditierung ist eine der Voraussetzungen für den Erhalt einer Arbeitserlaubnis für den betreffenden ausländischen Mitarbeiter.
5 Juni Mehr Information in unserem Blog Weitere aktuelle Informationen zu rechtlichen und steuerlichen Entwicklungen in Russland finden Sie in unserem Blog. Nutzen Sie das Wissen unserer Experten und tauschen Sie sich mit ihnen und untereinander zu den Themen, die Sie interessieren, aus: blogs.pwc.de/russland-news Ihre Ansprechpartner RAin Tanja Galander Tel.: tanja.galander@de.pwc.com RAin Isabelle Weidemann,LL.M. Tel.: isabelle.weidemann@de.pwc.com RA / Advokat (RUS) Stanislav Rogojine Tel.: stanislav.rogojine@de.pwc.com Bestellung und Abbestellung Wenn Sie Russian Tax and Legal News bestellen oder abbestellen möchten, senden Sie bitte eine leere mit der Betreffzeile Bestellung bzw. Abbestellung an folgende Adresse: russland@de.pwc.com
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