ÖKONOMIE. Einführung in die Volkswirtschaftslehre. Begleitbuch
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- Rainer Hofmeister
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1 ÖKONOMIE Einführung in die Volkswirtschaftslehre 1 Begleitbuch
2 Ökonomie Urheberrecht: Dieses Begleitbuch ist zu Ihrem persönlichen und nicht kommerziellen Gebrauch bestimmt und urheberrechtlich geschützt. Jede andere Verwendung außerhalb der Grenzen des Urheberrechts ist ohne Zustimmung des Inhabers der Urheberrechte unzulässig. Insbesondere darf das Dokument nicht vervielfältigt, verbreitet oder zur öffentlichen Wiedergabe verwendet werden.
3 ÖKONOMIE Einführung in die Volkswirtschaftslehre Zeitverlag Gerd Bucerius GmbH & Co. KG
4 Impressum Zeitverlag Gerd Bucerius GmbH & Co. KG, Hamburg Wissenschaftliche Leitung Matthias Naß Readaktion Anna Marohn Autor Prof. Dr. Rüdiger Pohl Grafik, Satz und Reproduktion Zeitverlag Gerd Bucerius GmbH & Co. KG Druck und Bindung Print- und Medienproduktion Hamburg GmbH, Berliner Ufer 14, Hamburg
5 Vorwort Die Akademie, die Platon 385 v. Chr. gründete, war eine Philosophenschule. Heute gibt es Akademien der Wissenschaften und der Künste sowie eine Akademie für Sprache und Dichtung. Es gibt Evangelische und Katholische Akademien. Kunst-, Musik- oder Sport-Akademien gibt es natürlich auch. Gemeinsam ist allen, dass in ihnen gelehrt und gelernt wird. Und heftig diskutiert. Die Akademie ist ein Ort des Studiums, der Wissbegier und der intellektuellen Herausforderung. So ist es auch mit der ZEIT-Akademie. Lernen aus schierem Interesse, aus purer Neugier, aus reinem Vergnügen das möchten wir Ihnen anbieten. Endlich das nachholen, wozu bisher nie Zeit und Gelegenheit war. Sich ein neues Wissensgebiet erschließen, das Sie schon immer kennenlernen wollten. Mit der ZEIT-Akademie können Sie es nun. Philosophie, Wirtschaft, Literatur, Geschichte, Politik, Theologie, Kunstgeschichte: In diesen und vielen anderen Fächern können Sie künftig in der ZEIT-Akademie Vorlesungen und Seminare belegen. Die ZEIT hat führende Hochschullehrer eingeladen, in ganz neuer Form das Wissen unserer Zeit zu vermitteln. Wir wollen die ZEIT-Akademie Schritt für Schritt aufbauen. Am Ende sollen Sie bei uns wie an einer richtigen Universität studieren können. Nur kommt bei uns das Wissen zu Ihnen nach Hause, online und per DVD. Allerdings ist uns klar: Das Lernen macht am meisten Spaß gemeinsam mit anderen. Deshalb bietet die ZEIT-Akademie auch Seminare mit unseren Dozenten an einigen der schönsten Orte Deutschlands an. Im Dialog mit führenden Wissenschaftlern den eigenen Horizont erweitern: Dazu möchten wir Sie einladen. Wir heißen Sie in der ZEIT-Akademie herzlich willkommen! Ihr Matthias Naß Internationaler Korrespondent der ZEIT
6 Inhalt LEKTION 1 Globalisierung: Gut oder böse? 9 LEKTION 2 Bruttoinlandsprodukt: Was leistet die Wirtschaft? 13 LEKTION 3 Wachstum: Immer weiter? 17 LEKTION 4 Arbeitsteilung: Wer soll was tun? 21 LEKTION 5 Konjunkturprogramme: Wenn der Staat den Retter spielt 25 LEKTION 6 Staatsverschuldung: Wie viel ist zu viel? 29 LEKTION 7 Lohnpolitik: Ist Arbeitslosigkeit vermeidbar? 33 LEKTION 8 Zentralbank: Hüterin der Währung 38 LEKTION 9 Inflation: Heraus aus der Preisspirale 43 LEKTION 10 Geld: Womit bezahlen wir morgen? 47
7 LEKTION 11 Wechselkurse: Was treibt sie auf und ab? 51 LEKTION 12 Export: Ist viel unfair? 55 LEKTION 13 Euro: Währung auf Bewährung? 59 LEKTION 14 Prognosen: Selten richtig, trotzdem wichtig 63 LEKTION 15 Finanzkrise: Auf ein Neues? 67 LEKTION 16 Gier: Sind Spekulanten schlechte Menschen? 71 LEKTION 17 Allokation: Wie nutzen wir die Ressourcen? 75 LEKTION 18 Die unsichtbare Hand: Wie Märkte funktionieren 79 LEKTION 19 Glaubenskrieg: Markt oder Staat? 86
8 Inhalt LEKTION 20 Der Staat greift ein: Verzerrung? 90 LEKTION 21 Einkommensverteilung: Was heißt schon gerecht? 96 LEKTION 22 Homo oeconomicus: Gespenst oder Wirklichkeit? 100 LEKTION 23 Streit: Zwei Ökonomen, drei Meinungen 104 LEKTION 24 Wohlstand: Was hat reiche Länder reich gemacht? 108 Fragen zu den Lektionen 121 Literaturhinweise 125 Bildnachweise 125 Zur Person 127 8
9 LEKTION 1 GLOBALISIERUNG: Gut oder böse? Globalisierung schafft Wohlstand, sagen die Ökonomen. Globalisierung belastet viele Menschen, sagen die Kritiker. Ziel der Lektion ist es, beide Effekte Wohlstand und Lasten aus ökonomischer Sicht zu beleuchten. Globalisierung bedeutet Verschmelzung nationaler Märkte zu einem globalen Binnenmarkt. Das betrifft vor allem die Gütermärkte, die durch Exporte und Importe verbunden sind, und die Kapitalmärkte, die durch grenzüberschreitende Kapitalströme verbunden sind. Im Mittelpunkt steht hier der Kapitalmarkt. Der Kapitalmarkt (Finanzmarkt) erfasst Sparen und Investieren. Die Ersparnisse der Haushalte fließen direkt oder über die Banken an Investoren. Diese erwerben Maschinen; der Kapitalstock (Maschinenbestand) steigt. Das ermöglicht eine Ausweitung der Güterproduktion (Output). Die mit einer zusätzlichen Kapitaleinheit entstehende Mehrproduktion (Grenzproduktivität) bestimmt die Rentabilität des Kapitals und damit den Zinssatz für die Sparer. Je reichlicher Kapital verfügbar ist, umso geringer sind Rentabilität und Zins. Bei einer hohen Kapitalausstattung ist die je Arbeiter erzielbare Produktion (Arbeitsproduktivität) hoch, entsprechend hoch ist dann der Lohn. Die Globalisierung via Kapitalmarkt lässt sich am Beispiel zweier Länder, Hochland und Tiefland, erörtern. In Hochland ist die Ersparnis hoch. Das bewirkt: hohes Investitionsniveau hoher Kapitalstock hohes Produktionsniveau. Wegen des reichlich vorhandenen Kapitals sind einerseits Rentabilität und Zins niedrig, andererseits ist der Lohn hoch. In Tiefland ist die Ersparnis niedrig. Folglich sind Investitionen, Kapitalstock und Produktion ebenfalls niedrig. Wegen des sehr knappen Kapitals sind einerseits Rentabilität und Zins hoch, andererseits ist der Lohn niedrig. Zunächst haben die beiden Länder keinerlei wirtschaftliche Beziehungen (es herrscht Autarkie). Der Zins ist im kapitalreichen Hochland niedrig (3 Prozent) und im kapitalarmen Tiefland hoch (5 Prozent). Nunmehr werden die Grenzen zwischen Hoch- und Tiefland aufgehoben, freier Kapitalverkehr zwischen beiden Ländern wird möglich. Sofort fließt Kapital von 9
10 Hochland nach Tiefland, hin zu den hohen Zinsen. Die Globalisierung ist in Gang gesetzt. Die Effekte sind: sie in Tiefland. Weil die Kapitalrentabilität in Tiefland höher ist als in Hochland (5 Prozent gegen 3 Prozent), steigt die Produktion in Tiefland stärker, als sie in Hochland sinkt. Die Weltproduktion, das heißt Hoch- und Tiefland addiert, nimmt zu. Das ist das Schlüsselergebnis: Globalisierung ermöglicht, dass Kapital dorthin fließt, wo es die höchste Rentabilität erzielt. Dadurch steigt die Weltproduktion und damit der Wohlstand. talstrom wird Kapital in Hochland knapper, sodass der bisher niedrige Zins steigt; in Tiefland wird es reichlicher, der bisher hohe Zins sinkt.»vollständig verschmolzen«sind beide Kapitalmärkte, wenn Zinsgleichstand erreicht ist. hält Hochland fortan Zinszahlungen von Tiefland für das bereitgestellte Kapital. Die Zinseinnahmen überwiegen die Produktionssenkung. In Tiefland steigt wegen des Kapitalzustroms die Produktion. Doch muss Tiefland Zinszahlungen an Hochland leisten. Die Zinszahlungen sind geringer als die Produktionsausweitung. Mit Globalisierung stehen also beide Länder gemessen am Einkommen (aus eigener Produktion zuzüglich/abzüglich Zinsen) besser da als bei Autarkie. der Arbeiter und mithin deren zuvor hoher Lohn. Wegen des Kapitalzustroms in Tiefland steigt dort die Produktivität der Arbeiter und mithin deren zuvor niedriger Lohn. Die Lohnbezieher in Hochland sind Verlierer der Globalisierung. Hochland insgesamt hat zwar mehr Einkommen, die Lohnbezieher aber nicht. Protest gegen die Globalisierung wird in Hochland laut werden. So weit die Globalisierung über den Kapitalmarkt. Globalisierung an den Gütermärkten äußert sich in Form steigender Exporte und Importe von Gütern. Ein Wohlstandsgewinn entsteht, weil mit dem Abbau von Handelsschranken größere Märkte entstehen, an denen leistungsstarke Unternehmen ihre Vorteile voll ausspielen können. Ein Land wird erleben, dass seine im internationalen Vergleich besten Unternehmen ihren Weltabsatz überproportional steigern können (Exporte nehmen rascher zu als die Produktion). Dafür wird das Land verstärkt Güter importieren, bei denen 10
11 andere Länder Kostenvorteile haben, weil man diese Güter auswärts billiger beziehen, als im eigenen Land produzieren kann. Die Globalisierung ist mit Strukturwandel verbunden. Wo die Exporte steigen, wird die heimische Produktion ausgeweitet, und es entstehen mehr Arbeitsplätze. Wo die Importe steigen, wird die heimische Produktion sinken, und es werden Arbeitsplätze abgebaut. Die davon Betroffenen sehen sich als Verlierer der Globalisierung. Neben Wohlfahrts- und Verteilungseffekten kommt es durch Globalisierung zu neuen Herausforderungen: land am globalisierten Kapitalmarkt isoliert eine Kapitalertragsteuer einführen, würde es Kapitalabflüsse auslösen. Mit wirtschaftspolitischen Alleingängen kann ein Land seine Wettbewerbsfähigkeit beeinträchtigen. anders als bei Autarkie, auf das Inland übergreifen. Allerdings kann ein Land umgekehrt Störungen im eigenen Land, wie einen Einbruch der Güternachfrage, mithilfe des globalen Marktes, etwa durch verstärkten Export, abfedern. Länder auf gemeinsame Regeln verständigen: fairer Marktzugang für alle Anbieter, Schutz der Eigentumsrechte (gegen Raubkopien), Umweltschutz, kompatible Regulierungen der Finanzmärkte und anderer Märkte. Anderenfalls entstehen Wettbewerbsverzerrungen. Kritiker bemängeln, dass die Regelbildung nur langsam vorankommt und der Konflikte aus. Globalisierung zeigt sich statistisch darin, dass der Außenhandel und die grenzüberschreitenden Kapitaltitel (Forderungen und Verbindlichkeiten) rascher wachsen als die Produktion (das Bruttoinlandsprodukt), sodass die realwirtschaftliche und finanzielle»offenheit«steigt. Dass es hier seit den neunziger Jahren eine Beschleunigung gibt, zeigt die Abbildung.
12 Sie erfasst Industrieländer und Schwellenländer, wahrlich ein globales Phänomen. Ursachen für die Beschleunigung sind: tendenziell sinkende Transportkosten im Welthandel (Stichwort Container), billigere und einfachere weltweite Kommunikation (Stichwort Internet) sowie politische Entscheidungen zur Liberalisierung des Wirtschaftsverkehrs in der Welt. Globalisierung gibt es allerdings seit Menschengedenken (von den Weltreichen in der Antike über die Entdeckungsreisen im 15./16. Jahrhundert bis heute). Sie entspricht der Natur der Menschen, hemmende Grenzen überwinden zu wollen. Deswegen und weil sie den Wohlstand mehren hilft, wird sich der Prozess der Globalisierung hin zu einem Weltbinnenmarkt fortsetzen. 12
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